HIV X-Chromoson: Variante verzögert AIDS Bei Frauen sorgt eine genetische Variante im Geschlechtschromosom X dafür, dass bei einer HIV-Infektion sich das Auftreten von AIDS verzögert. Das haben Forscher vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen in einem internationalen Forscherteam herausgefunden. Plakate der AIDS-Hilfe: Bei Frauen verläuft die Erkrankung oft anders als bei Männern. © Surrey Bei Versuchen mit Rhesusaffen stellten die Wissenschaftler fest, dass das X-Chromosom bei infizierten Tieren den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflusst. Darauf basierend konnte die genetische Variante auf dem X-Chromosom entdeckt werden, die bei HIV-infizierten frauen, aber nicht bei Männern, mit einem verlangsamten Verlust von Immunzellen im Zusammenhang steht. Die Wissenschaftler veröffentlichten jetzt die Ergebnisse ihrer Untersuchungen. Diese bestätigen Vermutungen, dass auch genetische Faktoren den unterschiedlichen Verlauf von der HIV-Infektion bis zur AIDS-Erkrankung beeinflussen. Die Suche erfolgte mithilfe eines Tiermodells für die AIDS-Erkrankung und beruht auf der relativ engen evolutionären Verwandtschaft zwischen Mensch und Rhesusaffe (Macaca mulatta). Genetische Faktoren, die eine Virus-Infektion beim Rhesusaffen beeinflussen, sollten demnach auch eine Entsprechung bei der HIV-Infektion des Menschen haben, so die Hypothese des Forscherteams. „Am DPZ haben wir seit über 15 Jahren Proben von Rhesusaffen gesammelt, die an Immundefizienzviren erkrankt waren, und von uns sehr umfassend charakterisiert worden sind“, erklärt Immungenetikerin Dr. Ulrike Sauermann aus Göttingen. „Mit diesen einzigartigen Proben konnten wir im Genom von Rhesusaffen nach Veränderungen fahnden, die mit unterschiedlich schnellen Krankheitsverläufen einhergehen“, so der Humangenetiker Prof. Peter Nürnberg (Köln). Variante in Asien häufiger Überrascht waren die Forscher auch darüber, dass nach bald 30 Jahren HIV- und AIDSForschung bislang kein Hinweis für die Beteiligung eines Geschlechtschromosoms am Krankheitsverlauf gefunden worden sei, so der Genomik-Experte Dr. Matthias Platzer von der Jenaer Arbeitsgruppe am Leibniz-Institut für Altersforschung. Bekannt war nur, dass manche Frauen nach einer HIV-Infektion eine deutlich geringere Virenzahl und eine höhere Zahl an CD4-Immunzellen als infizierte Männer aufweisen. CD4-Zellen sind wichtig für das intakte Immunsystem und werden vom humanen Immundefizienz-Virus (HIV) hauptsächlich infiziert und zerstört. Wegweisend für dieses Forschungsergebnis ist der erstmalige Beweis, „dass eine Veränderung an nur einem einzigen Nukleotid-Baustein, ein sogenannter ,single nucleotide polymorphism’ (SNP), des Geschlechtschromosoms X mit einem verlangsamten Verlauf der HIV-Infektion bei Frauen einhergeht“, so der Molekulargenetiker Dr. Roman Siddiqui aus Jena. SNP liegt zwischen zwei Genen in einer zwischen Mensch, Schimpanse, Rhesusaffe und Maus nahezu unveränderten Region. des X-Chromosoms Die wenig bekannte Funktion der benachbarten Gene wird nun daraufhin untersucht werden, ob und wie sie den verlangsamten Immunzellverlust nach HIV-Infektion verursachen und das Erkranken an AIDS verzögern kann. Bemerkenswerterweise ist die vorteilhafte Variante in Asien deutlich häufiger vertreten als in der afrikanischen und europäischen Bevölkerung. Während von bislang untersuchten HIVinfizierten Patienten europäischer Herkunft nur ein Anteil von etwa 20% den „vorteilhaften“ SNP trägt, dürfte dieser bei der Mehrheit der asiatischen Frauen vorkommen. Mit den Erkenntnissen der im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Studie eröffnen sich neue Wege, die Entstehung und Behandlung von AIDS auch unter geschlechts-spezifischen Aspekten zu erforschen. AIDS/HIV „Acquired Immunodeficiency Syndrome“ ist die englische Bezeichnung des Kürzels AIDS und bedeutet „Erworbenes Immunschwächesyndrom“. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist AIDS eine unheilbare Krankheit und wurde zum ersten Mal 1981 diagnostiziert. Die Ansteckung erfolgt durch das Human Immunodeficiency Virus (HIV). Die häufigste Ansteckungsquelle ist der Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Person. Weitere Übertragungswege sind eine Infektion durch verseuchtes Blut oder der gemeinsame Gebrauch von Spritzen und Spritzen-Zubehör unter Drogenabhängigen. Von Angela Brünjes