Schweizer Physikolympiade Aarau, 21-22 April 2012 Teil 1: Teil 2: Teil 3: Erlaubte Hilfsmittel: 3 Probleme 2 Experimente 6 kurzen Fragen Taschenrechner ohne Formelspeiche Schreib- und Zeichenmaterial Viel Glück! Supported by: Alpiq AG Staatssekretariat für Bildung und Forschung BASF (Basel) Deutschschweizerische Physikkommission VSMP / DPK Materials Science & Technology École Polytechnique Fédérale de Lausanne ETH Zurich Department of Physics Fondation Claude & Giuliana Ernst Göhner Stiftung, Zug Hasler Stiftung Bern Merck Serono S.A. (Genf) Metrohm Stiftung, Herisau Novartis International AG (Basel) Quantum Science and Technology F. Hoffmann-La Roche AG (Basel) Schnelli Thermographie, Schaffhausen Swiss Academy of Engineering Sciences SATW Swiss Academy of Sciences Swiss Physical Society Syngenta AG Universität Bern FB Physik/Astronomie Universität Zürich FB Physik Mathematik Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 Schweizer Physikolympiade Theoretische Probleme Zeit: 120 Minuten Punkte: 48 Punkte (16 pro Problem) Bitte lösen sie jede Aufgabe auf dem dafür vorgesehenen Blatt. Falls sie nicht genug Platz haben, können sie weitere Blätter verlangen. 1. Der Eishockeyspieler Ein Spieler des EHC Langenthal trainiert im nahe gelegenen, hügeligen Emmental. Die Berge sind eisbedeckt und ihr Profil kann durch folgende Funktion beschrieben werden: y(x) = H ! h0 cos(x / l) . Der Spieler befindet sich beim Punkt ! = 0, also in der Talsohle. Er schiesst dort einen Puck der Masse m, so dass dieser eine horizontale Anfangsgeschwindigkeit !! hat. a) [0.5P] Berechnen sie die Distanz zwischen zwei benachbarten Berggipfeln? b) [1.5P] Berechnen sie die minimale Anfangsgeschwindigkeit !!"# welche ausreicht damit der Puck den ersten Hügel überqueren kann? Die Geschwindigkeit des Pucks ist zu jedem Zeitpunkt durch ! = ! ! + ! ! gegeben wobei der Punkt die Ableitung der jeweiligen Variablen nach der Zeit bezeichnet. Da die vertikale Position durch die Beziehung y(x) vorgegeben ist kann die vertikale Komponente der Geschwindigkeit als Funktion von ! angegeben werden: !" !" !" = = ! ! ! !, !" !" !" Wobei der Strich die Ableitung nach x bezeichnet. Für den Betrag der Geschwindigkeit erhält man somit: ! = ! 1 + !′(!)! . != c) [5P] Zeigen sie, dass die Bewegung des Pucks durch eine harmonische Schwingung beschrieben werden kann (falls die Anfangsgeschwindigkeit klein ist). Berechnen sie die Frequenz dieser Schwingung. Beschreiben und erklären sie alle für die Berechnung nötigen Vereinfachungen. Der Krümmungsradius einer Kurve an einem gegebenen Punkt ist gegeben durch den Radius eines Kreises dessen Tangente mit jener der Kurve in diesem Punkt übereinstimmt. Um die Zentripetalbeschleunigung eines Körpers, der sich auf einer gegebenen Kurve bewegt, zu berechnen kann man deshalb die Formel zur Berechnung der Zentripetalbeschleunigung für eine kreisförmige Bewegung verwenden, wobei der Krümmungsradius gleich dem Radius des Kreises gesetzt wird. Der Krümmungsradius !! einer Kurve welche durch kartesische Koordinaten (!, ! ! )gegeben ist kann wie folgt berechnet werden: y''(x0 ) 1 . = R0 (1+ y'(x0 )2 )3/2 1 /4 Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 d) [1P] Bestimmen sie den Krümmungsradius !! in der Talsohle, also bei !! = 0. e) [2P] Berechnen sie die Kraft welche vom Boden auf den Puck ausgeübt wird im Moment wenn dieser gerade die Talsohle durchquert mit einer Geschwindigkeit von !! ? Der Spieler steigt nun auf den Gipfel und schiesst einen Puck entlang des Bergkamms (welcher als pefekt planar angenommen werden kann). Der Puck bewegt sich entlang eines Profils welches durch eine horizontale Linie welche durch einen nach unten ins Tal abfallenden Viertelkreis mit Radius R gegeben ist (siehe Schema). Der Puck gleitet reibungsfrei auf dem Bergkamm bis zum Viertelkreis. Je nach Startgeschwindigkeit, verliert der Puck früher oder später auf seiner Bahn durch den Viertelkreis den Kontakt mit dem Boden (das heisst er hebt ab) und fliegt nachher weiter bis zum Boden (die Bewegung kann ab diesem Punkt als freier Wurf angenommen werden). f) [4P] Bestimmen sie den Punkt bei welchem der Puck den Viertelkreis verlässt als Funktion der Anfangsgeschwindigkeit. Hinweis: Benutzen sie den Winkel ! (zwischen der Vertikalen und der Position des Pucks, siehe Schema) als Koordinate um die Bewegung auf dem Viertelkreis zu beschreiben. g) [1P] Für welchen Geschwindigkeitsbereich hebt der Puck direkt beim Punkt an dem der Viertelkreis beginnt ab? h) [1P] Für welchen Geschwindigkeitsbereich gleitet der Puck ohne den Kontakt mit dem Boden zu verlieren entlang des ganzen Viertelkreises? 2. Die drehende Leiterschleife Eine kreisförmige Leiterschleife mit Radius ! und Widerstand ! dreht sich um den eigenen Durchmesser mit Winkelgeschwindigkeit !, wie in der Skizze rechts dargestellt. Die Leiterschleife befindet sich in einem konstanten, homogenen Magnetfeld !! , welches in die positive !-Richtung zeigt. Es soll angenommen werden, dass sich die Leiterschleife zur Zeit ! = 0 vollständig in der !-!-Ebene befindet. Die Selbstinduktion der Leiterschleife kann in der gesamten Aufgabe vernachlässigt werden. Radius der Leiterschleife ! = 5 cm Widerstand der Leiterschleife ! = 1.2 mΩ Winkelgeschwindigkeit ! = 6 rad s!! Magnetfeld !! = 0.7 T 2 /4 Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 a) [2P] Berechne die auf die Leiterschleife induzierte Spannung als Funktion der Zeit. b) [2P] Die Leiterschleife wird von einem Elektromotor mit einem Wirkungsgrad von 85% angetrieben. Mit welcher durchschnittlichen elektrischen Leistung muss der Elektromotor betrieben werden, damit die Winkelgeschwindigkeit der Leiterschleife konstant bleibt? c) [1P] Wie viel schneller würde sich die Leiterschleife drehen, wenn der Elektromotor mit der doppelten Leistung betrieben würde? ! d) [3P] In welche Richtung fliesst der Strom zur Zeit ! = !!? Erkläre dies anhand einer Skizze, welche die !-!-Ebene abbildet. e) [5P] Leite einen Ausdruck für das Magnetfeld her, welches durch den induzierten Strom am Mittelpunkt der Leiterschleife hervorgerufen wird. Zeichne auf zwei verschiedenen Graphen die !- und !-Komponente dieses induzierten Magnetfelds als Funktion der Zeit. Hinweis: 2 sin ! cos ! = sin(2!) f) [3P] Eine kleine, magnetisierte Nadel wird nun in der !-!-Ebene im Mittelpunkt der Leiterschleife platziert. Die Nadel kann sich frei um die !-Achse drehen, ist aber zu träge um der Rotation der Leiterschleife zu folgen. Berechne den Winkel ! zwischen der Nadel und der !-Achse. 3. Das dröhnende Flugzeug Flugzeuge hat jeder schon einmal gesehen, und trotzdem müssen wir alle den Blick Richtung Himmel heben, sobald sich das Geräusch eines Triebwerks hörbar macht. Dabei verfehlen wir meistens mit unserem Blick das Flugzeug – wir schauen in die Richtung, von welcher wir den Schall wahrnehmen, die Schallgeschwindigkeit c ist aber endlich und sehr klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit. Das Phänomen wollen wir in dieser Aufgabe näher untersuchen. Ein Flugzeug bewege sich mit konstanter Geschwindigkeit v < c entlang der zum Erdboden parallelen x-Achse auf Höhe H. Zur Zeit t = 0 befinde sich das Flugzeug bei x = 0 direkt oberhalb eines Beobachters (s. Abbildung.) a) [1.5P]Unter welchem Winkel θ gegenüber der Vertikalen sieht der Beobachter das Flugzeug, wenn er dessen Lärm direkt von oben wahrnimmt? b) [2 P] Zu welchem Zeitpunkt t′ nimmt der Beobachter eine zur Zeit t > 0 vom Flugzeug ausgesandte Schallwelle wahr? Drücke das Ergebnis in Abhängigkeit von v, c, t und H aus. c) [1P]Wie lautet die x-Koordinate des Flugzeugs zur Zeit t′ aus b)? Drücke das Ergebnis in 3 /4 Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 Abhängigkeit von v, c, t und H aus. d) [2 P] Wir nehmen an, die vom Flugzeug ausgestrahlte Schallleistung sei zeitlich konstant. Die Intensität des vom Beobachter wahrgenommenen Schalls variiert hingegen mit der Entfernung zwischen dem Flugzeug und ihm. Mit welcher Intensität I(x) nimmt der Beobachter eine Schallwelle wahr, die das Flugzeug vom Ort x aus gesendet hat? Drücke das Ergebnis mithilfe der maximalen während des Vorbeiflugs wahrgenommenen Intensität Imax aus. e) [4 P] Das menschliche Ohr kann Schall erst oberhalb einer gewissen Schwellenintensität IS wahrnehmen. Bis zu welchem Zeitpunkt wird das Flugzeug überhaupt wahrgenommen? Das Ergebnis ist in Abhängigkeit von Imax , IS, v, c und H anzugeben. f) [4P] Wie gross ist der Winkel φ zwischen der Hör- und der Blickrichtung zum Zeitpunkt von e)? Das Ergebnis ist in Abhängigkeit von Imax , IS, v, c und H anzugeben. !"# !!!"# ! Hinweis: DieTangensfunktion erfüllt das Additionstheorem tan(! − !) = !!!"# ! !"# ! für beliebige Winkel α, β. g) [1.5 P] Schätze θ aus a) und φ aus f) numerisch und vergleiche die Ergebnisse. Nimm dabei eine maximale Lautstärke von etwa 70dB an, was einem Intensitätsverhältnis von Imax/IS = 107 entspricht. Die Schallgeschwindigkeit in Luft beträgt ungefähr ! ≈ 340 ms !! . 4 /4 Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 Schweizer Physikolympiade Theoretische kurze Fragen Zeit: 60 Minuten Punkte: 24 Punkte (4 pro Frage) Bitte lösen sie jede Aufgabe auf dem dafür vorgesehenen Blatt. Falls sie nicht genug Platz haben, können sie weitere Blätter verlangen. 1. Interferenz von Schallwellen In dieser Aufgabe widmen wir uns der Interferenz von Schallwellen. Dazu betrachten wir eine fliegende Untertasse, die in sehr grosser Höhe parallel über einer Eisfläche mit konstanter Geschwindigkeit entlang einer Geraden fliegt, wobei sie ständig einen reinen Ton der Frequenz f aussendet. Ein auf der Eisfläche unterhalb der Fluglinie stehender Beobachter wird aufgrund der Superposition direkt eintreffender mit von der Eisfläche reflektierten Schallwellen ein Interferenzmuster hören. Die Geschwindigkeit des UFOs wird als klein gegenüber der Schallgeschwindigkeit angenommen, sodass man davon ausgehen kann, dass die interferierenden Teilwellen zum selben Zeitpunkt vom UFO ausgesandt worden sind. Die Höhe der Untertasse über der Eisfläche sei zudem so gross, dass die eintreffenden Wellenfronten als parallel angesehen werden können (siehe Abbildung). a) [2P] Bestimme den Gangunterschied zwischen der direkt einfallenden und der von der Eisfläche reflektierten Welle in Abhängigkeit der Grösse h des Beobachters und des Winkels θ der vom UFO eintreffenden Wellen gegenüber der Horizontalen. Hinweis: Für beliebigeWinkel α gilt cos(2!) = 1 − 2 sin !(!). b) [1.5P] Ein Interferenzminimum wird erstmals wahrgenommen, wenn die Richtung der direkt eintreffenden Welle einen Winkel !! mit der Horizontalen bildet. Wie gross ist f in Abhängigkeit von h, θ0 und der Schallgeschwindigkeit c? c) [0.5P] Gib einen numerischen Schätzwert für f an, wenn θ0 ≈ 30°. Die Schallgeschwindigkeit in Luft beträgt ungefähr ! ≈ 340 m s!! . 1 /3 Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 2. Temperatur des Planeten Venus [4P] Alle Körper deren Temperatur grösser als Null ist emittieren Strahlung. Die Strahlungsleistung pro Flächeneinheit für einen Körper mit Temperatur T ist durch das Stefan-Boltzmann’sche Gesetz gegeben : ! = !"! ! , wobei ! = 1 ist für einen sogenannten ‚planckschen Strahler‘ und ! die Boltzmann-Konstante ist. Bestimmen sie die Temperatur (im Gleichgewicht) des Planeten Venus. Sie können annehmen, dass sowohl die Venus als auch die Sonne plancksche Strahler sind und dass sämtliche von der Venus aufgenommene Strahlung von der Sonne stammt. Versuchen sie zu begründen wieso die von Ihnen bestimmte Temperatur sich deutlich von der effektiven Temperatur auf der Oberfläche der Venus (700K) unterscheiden könnte (falls dies der Fall sein sollte). Données : - Radius der Sonne : !! = 6,96 × 10! km - Temperatur der Sonne : !! = 5800 K - Durchschnittlicher Abstand Sonne-Venus : !!" = 1,08 × 10! km 3. Mathematische ‘Werkzeuge’ !! a) [1P] Berechnen sie folgendes Integral: ! ! ! ! !" . b) [1P] Geben sie die allgemeine Lösung der Differenzialgleichung ! + !!! ! = 0 für die beiden Fälle !! = 0 und !! ≠ 0 an. c) [1P] Bestimmen sie die Nullstellen der quadratischen Gleichung : ! ! + 2! − 24 = 0. d) [1P] Geben sie die folgenden Grössen als Funktion von ! = ! , ! = ! und dem Winkel ! zwischen den Vektoren ! und ! an: ! ∙ ! = ? und !×! = ? 4. Wärmefluss eines runden Behälters [4P] Im Inneren eines kugelförmigen Behälters wird die Temperatur konstant auf Tin gehalten. Die Innenwand befindet sich in einem Radius rin. Eine Messung an der Aussenwand mit Radius rout > rin ergibt eine Temperatur Tout. Das Isolationsmaterial dazwischen hat eine Wärmeleitfähigkeit von λ. Wie gross ist die Wärmetauschleistung ! vom Inneren der Kugel nach aussen? Mache die gesamte Rechnung nur mit den gegebenen Konstanten, wobei Temperaturen in [K], Längen in [m], Wärmeleitfähigkeit in [W/mK] und Wärmetauschleistung in [W] dargestellt sind. 2 /3 Probleme Schweizer Physikolympiade 21 April 2012 5. Induktion Man betrachtet zwei lineare, vertikale und nicht bewegliche Leiter mit vernachlässigbarem Widerstand. An ihrem oberen Ende sind sie durch einen Widerstand R verbunden. Ein horizontaler leitfähiger Stab (Masse m, Länge l) gleitet reibungsfrei an den Leitern nach unten und bleibt hierbei ohne Unterbruch in elektrischem Kontakt mit den zwei Leitern. Der Stab wird aus der Ruheposition fallen gelassen und fällt senkrecht zu einem gleichförmigen Magnetfeld !. a) [2P] Beschreiben sie vollständig die Bewegung des Stabes indem sie eine Gleichung für dessen Beschleunigung angeben. Sie brauchen diese Gleichung nicht zu lösen. b) [2P] Welche maximale Geschwindigkeit kann der Stab erreichen? Antworten sie mit ∞ falls sie denken dass die Maximalgeschwindigkeit nicht begrenzt ist. 6. Elektrische Schaltkreise a) [2P] Berechnen sie den Gesamtwiderstand zwischen A und B ? b) [2P] Welches ist die Kapazität zwischen den Punkten A und B wenn man die 6Ω-Widerstände durch Kondensatoren mit einer Kapazität von 6F ersetzt und die 12Ω-Widerstände durch solche mit 12F? 3 /3