über einen Defekt des transduzierenden Salmonella

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DEFEKT DES TRANSDUZIERENDEN S A L M O N E L L A -PHAGEN P 22
489
über einen Defekt des transduzierenden Salmonella-Phagen P22
Von
P e t e r S t a r lin g e r
Aus dem Botanischen Institut der Universität Köln, Abteilung für Mikrobiologie
(Z. Naturforsdig. 13 b, 489— 493 [1958] ; cingegangen am 21. A p ril 1958)
Cells of S a lm on ella ty p h i m u riu m transduced by phage P 22 are mostly lysogenic. If the cells are
infected at a low multiplicity and superinfection is excluded by antiserum, the transduced cells are
not immune and no free phage is found in a culture of these cells. It is concluded that the trans­
ducing particle is a defective phage not able to establish lysogeny in the cell.
The differences between specialized transduction with phage X and the transduction with phage
P 22 are discussed.
beschrieben im Jahre 1952
dung der Heterogenote verwendeten Lysaten und
die Fähigkeit des temperenten Phagen P 22, geneti­
von den anderen transduzierenden Phagen, bei denen
Z
in d e r
und
L
ederberg
sches Material seines Bakterienwirtes, S . typ h i m u ­
nur etwa einer von 105 Phagen die Fähigkeit zur
riu m , zu inkorporieren und es bei Infektion eines
Transduktion hat. M an führte zur Unterscheidung
neuen W irtes auf diesen zu übertragen. Sind die
dieser Aktivität die Bezeichnungen H F T -(h ig h fre­
beiden W irtszellen genetisch voneinander unterschie­
quency transducing) und L F T -(lo w frequency trans­
den, so kann dieser Vorgang zu einer Rekom bina­
ducing) Lysat ein.
tion führen 1.
Verm ehrt man derartige H FT-Lysate in sensiti­
Dieses Transduktion genannte Phänomen wurde
ven Bakterien, so findet man nicht nur eine V e r­
später auch bei anderen Phagen und anderen Bak­
mehrung der Phagen; sondern auch eine Zunahme
terienwirten gefunden.
der transduzierenden Aktivität. Diese Zunahme ist
L
ennox2
und
Ja c o b 3
unter­
suchten es bei dem Phagen P 1 und dem Bacterium
auch dann zu beobachten, wenn die zur Vermehrung
E . c o li K 12. Ihre Ergebnisse stimmen im wesentli­
benutzten Bakterien das Merkmal, welches von den
chen mit den bei Salm onella gefundenen überein.
Phagen übertragen werden soll, selbst nicht besitzen.
Auch der Phage l ist zur Transduktion von M erk ­
Dies deutet auf eine enge Verbindung zwischen dem
malen seines Bakterienwirtes E . c o li K 12 fähig, wie
übertragenen M aterial und dem Genom des trans­
M
o rse
zeigte4-7. Die Transduktion mit diesem Ph a­
duzierenden Phagen h in 8.
gen weist jedoch einige Besonderheiten auf. So trans-
W i e C a m p b e l l 9 s o w ie A r b e r , K e l l e n b e r g e r u nd
duziert A nur Galaktose-Merkmale, die dem Ort des
W e ig l e 10 zeigen k on nten , sin d die tran sdu zieren den
Prophagen l auf der Genkarte nahe benachbart sind.
Phagen
D ie anderen transduzierenden Phagen übertragen da­
nicht in d e r L a g e , sich selb stän d ig zu verm eh ren u n d
gegen fast alle bekannten Merkmale. Das von A
zu re ife n . N u r b e i A n w e s e n h e it eines n o rm ale n (u n d
in
einem
H F T -L y s a t
inkom plett.
S ie
sin d
übertragene M aterial wird nicht stabil eingebaut, was
dam it nicht tra n sd u z ie re n d e n )
aus der Tatsache hervorgeht, daß die transduzierten
chen
Zellen für den übertragenen und den ursprünglich
ren d e P h a g e sich verm e h ren u n d reife n . A r b e r , K e l ­
vorhandenen Charakter segregieren können. Benutzt
lenberger
man derartige „heterogenotische“
Zellen zur P r o ­
tion sverlust a u f dem V e rlu s t eines T eile s des P h a g e n ­
duktion neuer Phagen, indem man sie einer Induk­
g e n o m s beru ht. E in a n d e re r T e il des P h a g e n g e n o m s
tion durch ultraviolettes Licht unterwirft, so sind die
ist erh alten , w as sich auch in der Tatsache ausdrückt,
Z e lle
k an n
und
auch
W e ig l e
der
P h a g e n in d e r g le i­
inkom plette
zeigten,
daß
transdu zie-
dieser
Funk­
neugebildeten Phagen etwa zu 50% transduktions­
d a ß diese P h a g e n noch zu V e r m e h ru n g u n d R e ifu n g
aktiv. Sie unterscheiden sich damit von den zur Bil-
im stan de sin d, w e n n ein a n d ere r P h a g e die fe h len d e
1 N. D. Z i n d e r u. J. L e d e r b e r g , J. Bacteriol. 64, 679 [1 9 5 2 ].
2 E. S. L e n n o x , Virology 1, 190 [1 9 5 5 ].
3 F. J acob, Virology 1, 207 [1955].
4 M . L . M o r s e , Genetics 39, 984 [1 9 5 4 ].
5 M . L . M o r s e , Genetics 40. 586 [1 9 5 5 ].
6 M . L . M o r s e , E. L e d e r b e r g u. J. L e d e r b e r g , Genetics 41,
o r s e , E. L e d e r b e r g u . J. L e d e r b e r g , Genetics 41,
758 [1956].
8 J. W e i g l e , Virology 4, 14 [1957].
9 A . C a m p b e l l , Virology 4, 366 [1957].
10 W . A r b e r , G. K e l l e n b e r g e r u . J. W e i g l e , Schweiz. Z. allg.
Pathol. Bakteriol. 20, 659 [1957].
7 M . L. M
142 [1 9 5 6 ].
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung
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490
P. STARLINGER
Funktion beisteuert. Ebenso sind sie in der Lage, in
den Zustand des Prophagen überzugehen, und sich
in diesem synchron mit der Zelle zu vermehren. Z e l­
len, die für einen solchen inkompletten k lysogen
sind, werden dadurch immum gegen eine Super­
infektion mit l . UV-Induktion dieser Zellen ist m ög­
lich, führt aber nur dann zur Bildung reifer Phagen,
wenn die Zellen nach der Infektion mit einem n or­
malen / überinfiziert werden.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu unter­
suchen, ob sich ein ähnlicher Defekt auch bei dem
transduzierenden S a lm o n ella - Phagen P 22 findet.
der Platte lysieren und die transduzierten Zellen
nachinfizieren.
Um
diese
folgende
Nachinfektion
auszuschließen, wurde
Versuchsanordnung
getroffen:
Bakterien
des Stammes hi-22 vom T iter 109 wurden mit Pha­
gen gemischt
(Infektionszahl = 0,01)
und 10 Min.
bei 37" adsorbiert. Anschließend wurden die Zellen in
Antiserum vom A:-Wert 150 verdünnt und in diesem
Medium für 6 h bei 3 7 ° inkubiert. W ährend dieser
Zeit vermehren sich die Zellen, die infizierten Zellen
lysieren und die Phagen werden inaktiviert. Nach
A blau f der 6 h wurde die Mischung zentrifugiert, in
7 io Vol. Antiserum aufgenommen und auf M inim al­
M a te ria l und M eth o d e n
platten
gebracht,
die
m it
Antiserum
vorplattiert
waren. Nach 48 h fanden sich auf einem Untergrund
Der verwendete Phage war P 22 und eine Virulenz­
mutante H 5 dieses Phagen. Als Bakterien wurden die
Stämme L T 2 (Prototroph), hi-22 (histidin-abhängig)
und meth-6/gal-24 (methionin-abhängig, unfähig zur
Verwertung von Galaktose) benutzt. A lle Stämme
stammten aus der Sammlung des Dept, of Genetics,
Carnegie Institution of Washington, Cold Spring Har­
bor, N. Y . Ihre Vermehrung und die Durchführung
von Transduktionen erfolgte, soweit nicht im Text an­
ders angegeben, in der von H a r t m a n beschriebenen
W eise11. Lediglich die Verdünnung der Rezeptorbakte­
rien wurde nicht in synthetischem Medium, sondern in
Bacto Nutrient Broth (Difco) durchgeführt.
Antiserum wurde durch Immunisierung von Kanin­
chen hergestellt, die eine Serie von Injektionen mit
Lysaten des Phagen P 22 erhielten. Die Lysate waren
durch drei aufeinanderfolgende Zyklen von hoch- und
niedertouriger Zentrifugation gereinigt und hatten einen
Titer von etwa 3 • 1012. Der A:-Wert des benutzten
Serums lag bei 1500.
von konfluentem Wachstum, das von den M angel­
mutanten
herrührt,
etwa
40 — 100 K olonien,
die
das Aussehen transduzierter Kolonien hatten. Diese
wurden in Antiserum abgeim pft, und auf Platten mit
komplettem Medium, die m it Antiserum vorplattiert
waren, ausgestrichen. Diese Reinigung wurde noch
einmal wiederholt, die Zellen dann auf ihren Geno­
typ geprüft und auf Lysogenie und Immunität ge­
testet. D ie Zellen erwiesen sich ausnahmslos als W ildtyp.
U n tersu ch u n g d er transduzierten Zellen au f L y s o ­
g e n ie :
D ie transduzierten Zellen wurden auf zwei
Eigenschaften geprüft.
1. Im m u n itä t. Zu diesem Zweck wurde ein T ro p ­
fen der Suspension der Kolonien gegen die Virulenz­
mutante H 5 von P 22 ausgestrichen.
2. F re ie P h a gen . D ie Suspension der Kolonien
E rgeb n isse
wurde mit sensitiven Zellen plattiert.
transduzierenden
Ein großer Anteil der Zellen war weder immun,
Phagen untersucht werden sollen, darf die transdu-
noch konnten freie Phagen nachgewiesen werden.
W enn
die
Eigenschaften
der
zierte Zelle von keinem anderen Phagen infiziert
Der Anteil der lysogenen Zellen schwankte in den
werden. Man muß daher mit kleiner Infektionszahl
einzelnen Versuchen zwischen 3 und 20 Prozent.
(m ultiplicity o f infection) arbeiten. D a es aber bei
N a ch p rü fu n g einer S u p e rin fe k tio n : Es wurde an­
P 22 keine HFT-Lysate gibt, und nur auf etwa 10')
genommen, daß das Auftreten dieser lysogenen Zel­
Phagen eine transduzierte Zelle kommt, ist man ge­
len unter den Prototrophen auf eine trotz des A n ti­
zwungen, große Zellzahlen zu plattieren. Bei einer
serums stattgefundene Superinfektion zurückzufüh­
Infektionszahl von 0,01 und einer Transduktions­
ren sei. Aus diesem Grund wurde folgende Kontrolle
aktivität von IO -5 muß man schon 108 Zellen auf
des Versuches durchgeführt:
die Platte bringen um 10 Kolonien transduzierter
Zellen zu erhalten. Von diesen 108 Zellen sind 106
mit aktiven Phagen infiziert, und diese können auf
11 P. H a r t m a n , Carnegie Inst. Wash. Publ. No. 612. 36
[1956].
D ie Infektion der Rezeptorbakterien und ihre V e r­
dünnung in Antiserum war die gleiche wie in dem
oben beschriebenen Versuch. Unmittelbar nach der
Verdünnung in das Antiserum wurde diesem eine
kleine M enge von Zellen des Typs meth-6/gal-24 zu-
491
DEFEKT DES TRANSDUZIERENDEN S A L M O N E L L A -P H A G E N P 22
gesetzt. Ihre Zahl war in einem Vorversuch so be­
serum fort, so kam es zu einer massiven Lyse auf
stimmt worden, daß beim Plattieren die Zahl der zu­
der Platte und W ildtypkolonien wurden nicht gefun­
gesetzten Zellen und der transduzierten Zellen un­
den.
gefähr gleich war. Nach der Inkubation bei 37
wurde die Mischung wie oben zentrifugiert und dann
Diskussion
auf Minimalplatten gebracht, denen 20 y Methionin/
ml zugesetzt war. Der weitere Versuch war wie oben
In den geschilderten Versuchen wurde gezeigt, daß
angegeben, die isolierten Zellen wurden geprüft, ob
auch der transduzierende P 22 einen Defekt aufweist,
sie
Prototrophe
oder
methionin-abhängig
waren.
Beide wurden auf ihre Lysogenität untersucht. Tab. 1
wie ihn
A
rber,
K
und
ellenberger
W
e ig l e
bei dem
transduzierenden X gefunden hatten. Der Funktions­
verlust ist bei P 22 sogar stärker. Es soll versucht
Exp. Nr.
Transduzierte
werden, aus der A rt der Defekte der beiden Phagen
m et7gal“
Kolonien
einige Unterschiede zu erklären, die sich in ihrem
Transduktionsverhalten zeigen.
1
2
3
insg.
lysog.
sens.
insg.
lysog.
sens.
12
20
21
1
3
1
11
17
20
11
20
58
2
5
1
9
15
57
Tab. 1. Verhältnis der lysogenen zu den nicht lysogenen Zel­
len in verschiedenen Versuchen.
gibt das Verhältnis der lysogenen zu den nicht lyso­
genen Zellen in verschiedenen Versuchen. Aus der
Tabelle geht hervor, daß die erst nach der Zugabe
des
Antiserums
zugesetzten
Zellen
der
D oppel­
mutante im gleichen Maße lysogen wurden wie die
transduzierten Zellen. Dies macht es wahrscheinlich,
daß auch diese nicht bei der Transduktion lysogen
wurden, sondern ebenfalls durch eine spätere Super­
infektion.
Transduktion m it der viru len ten M u ta n te : Bereits
in den ersten Untersuchungen von
Z
in d e r
12
Diese Unterschiede lassen sich, wie folgt, zusam­
menfassen:
P 22
1. Die transduzierte Zelle
wird lysogen für den defek­
ten transduzierenden Pha­
gen.
Die transduzierte Zelle ist
nicht lysogen.
2. Die transduzierte Zelle
ist zunächst heterogenot für
das übertragene Merkmal,
erst sekundär findet eine
Segregation und damit ein
stabiler Einbau statt.
Die transduzierte Zelle ist
entweder stabil, oder sie ist
abortiv transduziert13. Heterogenoten werden nicht be­
obachtet.
3. Die Induktion einer
transduzierten Zelle führt
unter geeigneten Bedingun­
gen zur Entstehung eines
HFT-Lysates.
Die Induktion einer trans­
duzierten Zelle führt nur
dann zum Ziel, wenn diese
einen normalen Prophagen
trägt. Das entstehende Lysat
weist keine Bevorzugung in
der Transduktion des über­
tragenen Merkmale auf 14.
4. Ein LFT-Lysat erhält
man nur durch Induktion
einer lysogenen Zelle, nicht
durch Vermehrung der Pha­
gen auf sensitiven Zellen.
Das HFT-Lysat kann man
dagegen auch lytisch ver­
mehren.
Normale LFT-Lysate wer­
den durch lytische Vermeh­
rung wie auch durch Induk­
tion lysogener Zellen erhal­
ten.
5. Es wird nur das Merk­
mal gal übertragen, das dem
Ort des Prophagen von X
nahe benachbart ist.
Mit geringen Ausnahmen
werden alle bekannten Merk­
male übertragen. Der Ort des
Prophagen von P 22 ist
unbekannt.
war ge­
zeigt worden, daß virulente Mutanten des Phagen
P 22 zur Transduktion verwendet werden können,
wenn man eine Lyse der Zellen ausschließen kann.
Dies geschah, indem man lysogene, also immune
Rezeptorzellen verwendete, oder indem man m it der
Infektion einen großen Überschuß von temperenten,
aber nicht transduzierenden Phagen zugab. W enn die
oben geschilderte Vorstellung zutrifft, sollte man er­
warten, daß virulente Mutanten von P 22 auch dann
zur Transduktion geeignet sein sollten, wenn man
sie mit kleiner Infektionszahl anwendet und eine
Superinfektion durch Antiserum ausschließt.
Dieser Versuch wurde durchgeführt und lieferte
Zu 2. Durch die A rb eit von
A
rber,
K
ellenberger
transduzierte Kolonien in gleicher Anzahl wie eine
und
Kontrolltransduktion mit der gleichen Anzahl von
rende Phage mit dem übertragenen Merkmal eine
temperenten Phagen. Ließ man dagegen das Anti-
Einheit bildet. Bei der Lysogenisierung einer Zelle
W
e ig l e
ist gezeigt worden, daß der transduzie­
mit einem derartigen Phagen wird das Merkmal zu­
12 N. D. Z i n d e r , J. cellular, comparat. Physiol. 45, Suppl. 2,
23 [1955].
nächst nicht in das Genom des Bakteriums eingebaut,
sondern es bleibt im Genom des Prophagen. Da eine
492
D E FE K T DES T R A N S D U Z IE R E N D E N S A L M O N E L L A -P H A G E N P 22
derartige Lysogenisierung bei P 22 nicht gefunden
wird, kann man auch diesen Effekt nicht erwarten.
Es ist aber zu diskutieren, ob
duzierenden Phagen auch bei einer lytischen V e r­
mehrung vor sich geht.
die sog. abortive
Es ist daher an die Möglichkeit zu denken, daß bei
Transduktion ein ähnliches Phänomen widerspiegelt.
P 22 die transduzierende Struktur kein Phagengenom
Man könnte dann annehmen, daß das abortiv über­
mehr enthält, sondern nur noch eine Phagenhülle, in
tragene Stüde im Verbände des nicht einbaufähigen
der sich ein T eil des Bakteriengenoms befindet. Dies
Phagen in der Zelle persistieren kann, ohne sich zu
würde an das seit längerer Zeit bekannnte phenoty­
vermehren. In Zusammenhang mit dem Genom des
pic m ixing erinnern 15 und würde den Befund ver­
Bakteriums kann es dagegen nur durch den stabilen
ständlich
Einbau kommen.
P 22 keine genetischen Phageneigenschaften wahr­
Zu 3. Die Vermehrung der heterogenoten Zelle
führt zu einer gleichzeitigen Vermehrung des transduzierenden Phagen
im
Stadium
machen,
daß
an
dem
transduzierenden
genommen werden können.
A u f der anderen Seite muß man aber auch daran
des Prophagen.
denken, daß es sich bei dem transduzierenden P 22
Da das übertragene Merkmal an dem Phagen h af­
um eine ähnliche Struktur wie bei dem transduzie­
tet, entstehen in jeder Tochterzelle wieder die trans­
renden /. handeln könnte, also um einen defekten
duktionsfähigen Strukturen. Die Lyse einer solchen
Phagen, der mit dem zu übertragenden Stück ver­
Population nach Induktion führt also unter den B e­
bunden ist. D er andersartige Funktionsverlust würde
dingungen, die die Reifung des defekten Phagen
sich dann aus der anderen Lage des genetischen
zulassen, zu einer großen Zahl solcher Strukturen,
Defektes ergeben. So würde z. B. ein Defekt in der
auch wenn die erste Entstehung einer derartigen
c -R egio n 16,11 zu
Struktur ein seltenes Ereignis ist. Bei P 22 geht
rungsfähigkeit führen. W ürde sich der Defekt auch
dagegen
einem
Verlust
der
Lysogenisie-
das transduzierende Phage nicht in den
auf Gebiete außerhalb der c-Region erstrecken, so
Zustand des Prophagen über. Daher ist seine V e r­
wäre es möglich, daß ein derartiger Phage auch die
mehrung nicht möglich und die Entstehung der trans-
Fähigkeit zur Vermehrung verloren hätte.
duzierenden Struktur ist auf das seltene erste E reig­
Die geschilderten Versuche bieten keine M öglich­
nis beschränkt. Dies stimmt mit der Beobachtung
keit, zwischen diesen beiden Annahmen zu entschei­
Z el­
den. Es sind aber Versuche möglich, bei denen man
len, die gleichzeitig durch Superinfektion lysogen ge­
die Rezeptorzelle gleichzeitig mit dem transduzieren­
überein,
daß
eine
Population
transduzierter
worden sind, nach einer Induktion kein H FT-Lysat
den Phagen und einem genetisch markierten, nor­
liefern.
malen
Zu 4 und 5. Die
Bedeutung
der
beiden
Phagen
infiziert.
Eine
eventuelle Prä-Pro-
letzten
phagen-Rekombination zwischen den beiden Struk­
Punkte ist nicht erklärt. Offenbar ist die Entstehung
turen würde dann zu einem Prophagen führen, der
eines transduzierenden X an die räumliche Nachbar­
auch Merkm ale des transduzierenden Phagen tragen
schaft des zu übertragenden Merkmals in der geneti­
würde, und damit die Frage im Sinne der zuletzt
schen Struktur gebunden. Dies zeigt sich sowohl in
diskutierten M öglichkeit entscheiden. Derartige V e r­
der Tatsache, daß nur die nahe benachbarte gal-
suche werden zur Zeit durchgeführt.
Marke bisher erfolgreich mit diesem Phagen trans-
Nach Abschluß der Versuche wurde eine Arbeit
duziert worden ist, als auch in dem Befund, daß nur
von
aus dem Prophagenzustande heraus die erste Bildung
halten des Phagen P 1 bei der Transduktion unter­
des transduzierenden l
sucht wurde. Auch hier zeigte es sich, daß das trans­
erfolgt. Ist eine derartige
Adam s
und
L u r i a 18
bekannt, in der das V e r­
Struktur dagegen einmal gebildet, so kann sie auch
duzierende Teilchen nicht mehr die Fähigkeit hat,
lytisch weitervermehrt werden.
die von
Bei P 22 ist der Ort des Prophagen unbekannt. Er
Adam s
ihm
und
infizierte Zelle
L u r ia
lysogen zu machen.
diskutieren in ihrer Arbeit die
scheint aber bei der Bildung des transduzierenden
Möglichkeit, daß ein T eil der sensitiven transduzier-
Phagen auch keine Rolle zu spielen, da alle M erk­
ten
male übertragen werden, und die Bildung der trans-
lysogenisierten Zelle zu erklären sei. Dies konnten
13 H. O z e k i . Carnegie Inst. Wash. Publ. No. 612, 9 7 [ 1 9 5 6 ] .
14 P. S t a r l i n g e r , unveröffentlichte Versuche.
15 A. N o v ic k u . L. S z i l a r d , Science [Washington] 113, 3 4
16 M.
[1 9 5 1 ],
Zellen
durch
Segregation
einer
ursprünglich
L e v in e , Virology 3, 22 [1957],
D. K a is e r Virology 3, 42 [1957].
18 J. N. A d a m s u . S. E. L u r i a , Proc. nat. Acad. Sei., im Druck.
17 A .
493
A G G R E G A T E B E IM V IR U S DER A N S T E C K E N D E N S C H W E IN E L Ä H M U N G
Nachweis des Funktionsdefektes des transduzieren-
sie aber in ihrem Falle ausschließen, da mit P 1
infizierte Zellen entweder lysieren oder reine Klone
den Phagen ergibt sich ferner eindeutig aus dem
von lysogenisierten Zellen ergeben. Derartige V er­
Verhalten der virulenten Mutante bei der Trans­
suche wurden in der vorliegenden A rbeit nicht durch­
duktion.
geführt. D ie gute Übereinstimmung der Zahl der
Die D e u t s c h e F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t
unterstützte diese Arbeit durch eine Sachbeihilfe, wofür
an dieser Stelle gedankt sei. Ferner danke ich den
Herren Prof. W e i g l e , Prof. K e l l e n b e r g e r , Dr. A r b e r ,
Prof. D e l b r ü c k , Prof. B r e s c h , Prof. D o e r m a n n und Dr.
T r a u t n e r für anregende Diskussionen.
lysogenen Zellen unter den transduzierten Zellen und
den Kontrollzellen macht es aber unwahrscheinlich,
daß sich eine größere Zahl von prim är lysogenen
Zellen unter den transduzierten Zellen befindet. Der
Experimentelle Untersuchungen über das Auftreten von Aggregaten
beim Virus der ansteckenden Schweinelähmung
(Tesdiener Krankheit)
A
V on T h .
Z
im m e r m a n n
Aus der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere in Tübingen a. N.
(Z. Naturforschg. 13 b, 493— 509 [1958] ; eingegangen am 16. A pril 1958)
Unter Verwendung zweier Verdünnungsarten, der „Eingefäßverdiinnung“ und der durch Überpipettieren hergestellten „Kontrollverdünnung“ , verschiedener Verdünnungsgrade und verschiedener
Medien wurde die Stabilität des Virus der ansteckenden Schweinelähmung untersucht. Es wurde
gefunden, daß die Verdünnungsart einen wesentlichen Einfluß auf die Stabilität des Virus in ver­
dünnten Lösungen von + 4 ° C besitzt. Die stärkere Abnahme der Infektiosität von Kontrollverdünnungen wurde durch den Pipettierungsvorgang verursacht, der das im unverdünnten Virusmaterial
anzunehmende Gleichgewicht zwischen Aggregaten und einzelnen Virusteilchen stört. Die größere
Stabilität des Virus in Eingefäßverdünnungen von + 4 ° C war auf die Erhaltung dieses Gleich­
gewichts bzw. auf Aggregate zurückzuführen.
Die Stärke der Virusaggregation in Eingefäßverdünnungen von + 4 ° C änderte sich während der
Lagerung. Dies kam durch sich wiederholende Titersteigerungen und Titerabnahmen um durch­
schnittlich 0,70 log bei Infektiositätsmessungen zum Ausdruck. Die wechselnde Stärke der Virus­
aggregation hatte auf Neutralisationsergebnisse keinen erkennbaren Einfluß, da scheinbar als Aggre­
gate vorliegende Viruspartikel in einem ähnlichen Ausmaß neutralisiert werden wie die in derselben
Lösung zu einem anderen Zeitpunkt der Lagerung vermehrt vorhandenen, einzelnen Virusteilchen.
Durch den Zusatz von Makromoll, in Form von Proteinen zu einer Viruslösung ließ sich trotz
Beibehaltung einer für reine Salzlösungen gefundenen Viskosität eine Verzögerung der Desaggrega­
tion erreichen und dadurch die Virusstabilität einer Lösung erhöhen.
Die Geschwindigkeit der Infektiositätsabnahme einer Viruslösung war außerdem abhängig vom
Volumen. Die Titerabnahme pro Tag der Fraktion einer Viruslösung mit kleinem Volumen war stets
stärker als die einer Fraktion der gleichen Lösung mit größerem Volumen. Die Volumenabhängigkeit
der Infektiositätsabnahme ließ sich ebenfalls für MKS-Viruslösungen nachweisen. Neben dem Volu­
men hatte auch die jeweilige Stärke der Virusaggregation bei Lagerungsbeginn einen Einfluß auf
die Abnahme der Infektiosität bei + 4 ° C aufbewahrter Lösungen.
Durch die Züchtung des Virus der ansteckenden
Schweinelähmung in
und
Sch w öbel4
Gewebekulturen durch
M
ayr
ergab sich die Möglichkeit, diese
eng gewählte Verdünnungsstufen von 2 : 3, entspre­
chend einem logarithmischen Abstand von 0,176, bei
den
Virustitrationen
weitgehend
auszuschalten11.
Virusart mit H ilfe des Infektiositätstestes quantita­
Als Virusm aterial dienten bereits vorverdünnte L ö ­
tiv zu untersuchen. So bestimmten
sungen, die nur ca. 103 kulturinfektiöse Dosen (K I D )
S t r o h m a ie r
und
mit H ilfe dieses Testes die Sedimen­
in 0,15 ml enthielten, so daß die zur Endpunkt­
tationskonstante von Viruspartikeln der anstecken­
bestimmung erforderlichen Verdünnungen an Zahl
den Schweinelähmung.
begrenzt bleiben. Trotz der verfeinerten Titrations-
Z
im m e r m a n n
11
Da bei der Bestimmung des Infektiositätstiters von
Viruslösungen Ungenauigkeiten in erster Lin ie bei
Benutzung
eines
zu
großen
Verdünnungsfaktors
entstehen, wurde der Versuch gemacht, diese durch
4 A. M a y r u. W.
[1957].
11 K. S t r o h m a ie r
234 f 1958].
S c h w ö bel.
u
.
Th.
Z
Zbl. Bakt., Abt. I, Orig. 168. 336
im m e r m a n n ,
Z.
Naturforschg. 13 b .
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