Physik für Elektrotechniker und Informatiker

Werbung
Physik für Elektrotechniker und Informatiker
Grundlagenvorlesung 1. & 2. Semester
Inhaltsverzeichnis
0. Allgemeine Einführung in das naturwissenschaftliche Fach Physik
0.1. Stellung und Bedeutung der Physik – Was ist Physik?
0.2. Rolle des Experimentes, Messen, Maßsysteme
0.3. Physikalische Modelle, Hypothesen, Theorien, Rolle der Mathematik
A Mechanik von Massepunkten und starren Körpern
1. Kinematik
1.1. Der Orstsvektor
1.2. Die geradlinige Bewegung = Translation
1.3. Die Kreisbewegung = Rotation
1.4. Überlagerung von Bewegungen – Superpositionsprinzip am Beispiel des Wurfes
2. Dynamik
2.1. Masse und Kraft
2.2. Die Newton‘schen Axiome – Integration der Bewegungsgleichung
2.3. Das statische Gleichgewicht – Kräfte und Drehmomente
2.4. Dichte und Massenmittelpunkt ausgedehnter Körper
2.5. Reibung
2.3. Das statische Gleichgewicht: Kräfte und Drehmomente
Greifen mehrere Kräfte F an einem Körper an, so lassen sie sich vektoriell zu einer Gesamtkraft
addieren.
Kräfte, deren vektorielle Summe verschwindet, lassen einen Körper in Ruhe.
Wir betrachten jetzt einen in 0 (Koordinatenursprung) drehbar gelagerten Körper:
Wenn der Körper K im Punkt 0 drehbar
gelagert ist, wird die Wirkung der Kraft Fges
umso größer sein, je größer die Kraft selbst
ist und umso größer der wirksame
Kraftarm r ist.
Definition des Drehmoments M:
Drehmoment  Kraft  wirksamer Kraftarm
M
F
M
rx F
M 
 Nm
 r  F  r  sin 
(5)
Greifen mehrere Drehmomente an K an, dann können sie vektoriell zu einem
Gesamtdrehmomentaddiert werden (Superpositionsprinzip, Kräfteparallelogramm(e)).
Es gilt: Ein Körper befindet sich im statischen Gleichgewicht, wenn die vektorielle Summe aller
angreifenden Kräfte und Drehmomente verschwindet.
Fges   Fi  0
i
(6)
M ges   M i  0
i
Experiment: Hebelgesetz, Drehmomente, Gleichgewichte



stabile
labile
indifferente
Gleichgewichte
V 4 / 1111
V 3 / 2101
V 3 / 2102
V 3 / 2108
V 4 / 0001
Beim stabilen Gleichgewicht bewegt sich der Körper nach kleinen Störungen infolge von
einwirkenden Kräften immer wieder in die Gleichgewichtslage zurück. Er führt dabei Schwingungen
um die ehemalige Ruhelage aus.
Beim labilen Gleichgewicht verlässt der Körper bei einer Störung sofort die (vorher instabile)
Ruhelage und kehrt nicht mehr dorthin zurück. Beim indifferenten Gleichgewicht wechselt der
Körper unter dem Einfluss von Kräften in eine neue Gleichgewichtslage.
2.4. Dichte und Massenmittelpunkt (MMP)
Körper unterschiedlicher Stoffe mit gleichen Massen besitzen i.A. unterschiedliche Volumina.
Die Stoffe werden charakterisiert durch die Stoffeigenschaft Dichte.
Definition:
mittlere Dichte 
Dimension:
Masse des Körpers
m

Volumen des Körpers
V
  
(7)
kg
m3
Bei vielen Körpern ist die Dichte an verschiedenen Stellen unterschiedlich:     x, y, z  . Solche
Körper heißen inhomogene Körper. Man muss eine lokale Dichte   r     x, y, z  definieren:
  x, y , z  
dm
dV
(8)
Die Gesamtmasse des Körpers berechnet sich dann nach:
m

Körper
dm     x, y, z  dV     x, y, z  dxdydz
(9)
V
Bei der Beschreibung der Bewegung von Körpern kann man die Verteilung der Masse auf ein
ausgedehntes Volumen oft außeracht lassen und sie sich in einem Punkt konzentriert denken: dem
Massenmittelpunkt MMP (Konzept des Massenpunktes (MP)).
Der MMP besitzt darüber hinaus bei vielen mechanischen Problemen eine ausgezeichnete Bedeutung.
Seine Lage (Ortskoordinaten) lässt sich experimentell und (zumindest in einfachen Fällen) rechnerisch
bestimmen.
Wir betrachten zunächst den eindimensionalen Fall (1D):
An einer masselosen Stange (Modell) sind an den Stellen xi die Masse mi befestigt.
Die Koordinate des Massemittelpunktes (MMP) ergibt sich als gewichtetes Mittel aller Koordinaten
xi (i = 1, …, n):
xs 
m3
m1
m2
x1 
x2 
x3
m1  m2  m3
m1  m2  m3
m1  m2  m3
oder allgemein
n
xs  
i 1
mi
n
 mj
j 1
xi
(10)
Beim 3D-Fall gilt analoges für die Koordinaten y und z. Vektoriell zusammengefasst ergibt sich als
Ortsvektor des Massemittelpunktes R
R
m r   m r
M
m
i i
i
(11)
i
j
r   xi , yi , zi 
R   xs , ys , zs 
M   mj
Gesamtmasse
Experimente: Schwerpunktmodelle
V 3 / 1501
V 3 / 1502
V 3 / 1503
Im Falle der kontinuierlichen Masseverteilung wird dieser gedanklich in (kleine) Massenelemente dm
aufgeteilt.
Aus der Summation über einzelne Massepunkte wird dann eine Integration über den gesamten Köper
R
 r m
i
i

1
1
lim  r i mi 
rdm
M m0
M
(12)
1
rdm
M
Mit Hilfe der Dichte ergibt sich ein Volumenintegral  dm   dV , wenn   const 
R
1
r  dV
M
(13)
Beispiel zur Bedeutung des Massemittelpunktes:
masselose Stange mit den zwei Massen
m1 und m2
Frage: An welchen Stellen xs müsste eine Gegenkraft F an der Stange angreifen, die der gesamten
Gewichtskraft G  G1  G2 das Gegengewicht hält und den Gesamtkörper in der waagerechten Lage
belässt?
Die Gleichgewichtsbedingungen (vgl. Gleichung (2.7)) fordern:
-
für die Kräfte:
 F  0 und
i
i
-
für die Drehmomente:
M
i
0
i
D.h. für unser Beispiel:

F   G1  G2

und
G1  xs  x1   G2  x2  xs 
oder
xs 
x1G1  x2G2 x1  m1  g  x2  m2  g m1 x1  m2 x


G1  G2
m1 g  m2 g
m1  m2
Die Koordinaten des Angriffspunktes xs der Kraft F muss also gerade die des Massemittelpunktes
(Schwerpunktes (SP)) sein!
Allgemein: Im Gleichgewicht kann die Resultierende paralleler Kräfte im Massemittelpunkt
angreifend gedacht werden bzw. ein im Massemittelpunkt (SP) unterstützender Körper ist in jeder
Lage im statischen Gleichgewicht.
2.5. Reibungskräfte zwischen festen Körpern





Die Reibung ist wichtig für viele Bewegungsabläufe.
Ohne Reibung könnte man nicht laufen, fahren, bremsen.
Reibung bei Bewegung(en) in Flüssigkeiten und Gasen wird als innere Reibung bezeichnet.
Reibung zwischen festen Körpern heißt äußere Reibung.
Die mit der äußeren Reibung verbundenen mikrophysikalischen Vorgänge sind äußerst
kompliziert.
Was geschieht auf nanoskaliger und atomarer Ebene?
 Hier sollen nur phänomenologische Beziehungen betrachtet werden; diese sind oft nur
näherungsweise gültig.
 Die Newton‘schen Axiome 1 und 2 sind Idealisierungen; im täglichen Leben beobachtet man
anderes.
 Nach dem Trägheitsprinzip sollte ein auf waagerechter Ebene rutschender Körper seine
Geschwindigkeit für immer beibehalten. Tatsächlich kommt der Körper aber früher oder später zur
Ruhe. Nach dem Aktionsprinzip sollte eine beliebig kleine Kraft einen Körper in Bewegung setzen
können. Ist jedoch Reibung mit im Spiel, dann vermag eine beliebig kleine Kraft keineswegs den
Körper zu bewegen bzw. zu beschleunigen.
2.5.1. Haftreibung:
Ein Körper haftet auf seiner Unterlage. Es gibt
nie ganz glatte Oberflächen, sondern immer
mikroskopische Verhakungen.
Kräfte, die kleiner sind als die
Haftreibungskraft, lassen den Körper in Ruhe,
siehe dazu die Skizze an der Tafel.
•
Der Körper „antwortet“ in diesem Falle nach dem Gegenwirkungsprinzip mit einer gleich großen
Gegenkraft (actio = reactio).
Experimente:
FHR  FHR  Auflagefläche 
Haftreibung unabhängig von der Größe der Auflagefläche
FHR proportional  Normalkraft 
Haftreibung ist proportional zur Normalkraft
FHR  H  FN
(14)
 H : Haftreibungskoeffizient
Anmerkung: In einigen Lehrbüchern wird die Normalkraft nach oben gerichtet gezeichnet. Das
Argument hierfür ist, dass der Körper K mit der Masse m aufgrund seines Gewichtes G in der
Unterlage versinken müsste. Dass dies nicht geschieht, sei der gegenwirkenden Normalkraft
geschuldet. Nach dem Gegenwirkungsprinzip ist actio = reactio und damit betragsmäßig die
Diskussion hinfällig, eher irreführend. In der Physik zeigt die Normalkraft immer in Richtung der
Unterlage und steht vektoriell senkrecht auf der Unterlagefläche.
Der Haftreibungskoeffizient  H lässt sich z.B. an einer schiefen Ebene ermitteln:
Winkel, deren Schenkel paarweise
aufeinander  stehen, sind gleich.
Man misst den Neigungswinkel max , bei
dem der Körper gerade zu gleiten beginnt.
(Grenzfallbetrachtung)
Hangabtriebskraft:
FH  FHR  G  sin max
Normalkraft:
FN  G  cos max
Aus FHR  H FN
Experimente:
folgt:
H  tan max
Klotz auf Wagen auf geneigter Ebene
Schüttkegel aus verschiedenen Materialien
 H : spezifisch für bestimmte Stoffpaarungen und Oberflächen
H
Stahl/Stahl
 0,5 (trocken)
 0,1 (ölschmierig)
Glas/Glas
0,9
Eis/Eis (-10°C)
0,3
2.5.2. Gleitreibung
Nach Überwindung der Haftreibung gleitet der
Körper mit der Geschwindigkeit v .
Dazu bedarf es der Kraft F , um diese
Geschwindigkeit aufrecht zu erhalten.
Die ihr entgegengesetzt gerichtete und
betragsmäßig gleich große, von der Reibung
herrührende Kraft heißt: Gleitreibungskraft FGR .
Näherungsweise ist diese geschwindigkeitsunabhängig
FGR  G  FN mit G  H
(15)
Die Richtung von Reibungskräften ist immer entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung des Körpers.
2.5.3. Rollreibung


Ohne Haftreibung könnte ein Rad auf seiner Unterlage nicht rollen, sondern nur gleiten.
Die Rollreibung hat ihre Ursache in der Deformation von Rad und Unterlage (an der
Kontaktstelle). Beide sind keine ideal festen starren Körper.
FRR  R  FN



(16)
Mitunter berücksichtigt man, dass die Rollreibung vom Radius des Rades abhängen muss. Bei
gleicher Normalkraft drückt sich ein kleines Rad tiefer in die Unterlage als ein großes.
Die die Bewegung hemmende Reibungskraft muss also für ein kleines Rad größer sein.
Eine relativ gute Annäherung an die praktische Realität gelingt mit einer entsprechend
aufgestellten Beziehung.
l
FRR  FN
r
l: charakteristische Rollreibungslänge
r: Radius des Rades
R
Autoreifen auf Asphalt
0,025
Stahl auf Stahl
0,003
l
 5 104 m
1.5.4. Seilreibung:
Experimente: Seilreibung an der Rolle, siehe auch Tafelbild(er)
Bildquelle: rechts (Atwood‘sche Fallmaschine)
http://images.google.de/imgres?imgurl=https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thu
mb/8/8b/Atwoods_machine_functionally.svg/2000pxAtwoods_machine_functionally.svg.png&imgrefurl=https://de.wikipedia.org/wiki/Atwoodsch
e_Fallmaschine&h=3818&w=2000&tbnid=RnAYKd5dCdKI1M:&vet=1&tbnh=92&tbnw=4
8&docid=tIApEIVK8Ajp0M&client=firefox-bab&usg=__mGAgV8AQvmP8NIvJA5St0s4oJ14=&sa=X&ved=0ahUKEwi2jO7BlLQAhUBrSwKHYDpBZkQ9QEIVTAI
Der Winkel α wird gemessen zwischen den beiden Punkten, an denen das Seil die Rolle gerade noch
berührt. α = 0 bedeutet punktförmige Berührung bzw. Auflage. Actio = Reactio ist sofort ersichtlich,
die Exponentialfunktion nimmt den Funktionswert 1 an. Die e-Funktion wächst mit der Windungszahl
(eine Windung bedeutet 2 * π) stark an.
Nicht verwechseln mit der Atwood‘schen Fallmaschine: Hier spielt die Reibung modellgemäß keine
Rolle.
Bewegungsgleichung: Die kleine Masse m beschleunigt durch sein Gewicht das Gesamtsystem:
;
daraus folgt
Herunterladen