Konkretes Beispiel mit Lösungsschritten, bearbeitet von Verena Lindner und Nicole Schieferer, Jänner 2004 Aufgabenstellung: Löse die Gleichung 4 - / x + 2 / > 2x + 5 in G = IR und veranschauliche die Lösung grafisch; Erläuterung zu den Lösungsschritten und mathematische Kompetenzen Beim gegebenen Beispiel handelt es sich um eine BetragsUngleichung. Es sind jene Zahlen zu „suchen“, welche beim Einsetzen in die gegebene Ungleichung eine wahre Aussage ergeben. Wie bei jeder „Suchaufgabe“ sind auch in diesem Fall mit der Aufgabe drei Fragen verbunden: Was sucht man? Man sucht eben die Menge aller Zahlen, welche die gegebene Ungleichung erfüllen, welche also beim Einsetzen in die Ungleichung eine wahre Aussage ergeben. Wo sucht man? In der gegebenen Grundmenge, im konkreten Beispiel also der Menge aller reellen Zahlen. Wie sucht man? Dazu verwendet man Umformungen, mit deren Hilfe man die Ungleichung vereinfacht, bis x alleine auf einer Seite steht und die Lösung somit einfach abgelesen werden kann. Natürlich darf die Lösungsmenge im Verlaufe der Umformungen nicht verändert werden, sonst könnte ja von der am Ende gefundenen Lösungsmenge ja nicht mehr auf die ursprünglich gesuchten Lösungsmenge geschlossen werden ! Umformungen, welche dies leisten – welche die Lösungsmenge also nicht verändern – nennt man Äquivalenzumformungen !“ Mathematische Kompetenzen: Aufgabenstellung bei Ungleichungen verstehen; Begriff „Betrag einer Zahl“ verstehen und damit arbeiten können; Begriffe „Lösungs- und Grundmenge“ kennen; Unterscheidung zweier Fälle, je nachdem ob x+2 ≥ 0 (Æ Fall 1) oder x+2 < 0 (Æ Fall 2) gilt. Abhängig davon kann /x+2/ = (x+2) bzw. /x+2/ = (-x-2) gesetzt werden und somit anstelle der „unangenehmen“ Betragsungleichung mit einer einfacheren linearen Ungleichung weitergerechnet werden ! Da im konkreten Fall in der Ungleichung ein Betrag vorkommt, muss eine Fallunterscheidung angewendet werden ! Dabei wird unterschieden, ob der Ausdruck im Betrag positiv oder negativ (bzw. gleich 0) ist, denn davon hängt es ab, wie der Betrag berechnet werden kann. Beachte: Ist der Ausdruck im Betrag positiv, sind die Betragszeichen überflüssig und man kann diese einfach weglassen bzw. durch eine Klammer ersetzen, z.B.: /4/ = 4! Ist der Ausdruck im Betrag aber negativ, ändert der Betrag den Zahlenwert auf den entsprechenden positiven Wert ab. In diesem Fall erzwingt der Betrag also die Multiplikation des Ausdrucks mit –1: z.B.: /-4 /= (-4)⋅(-1) = 4 ! Also: /positive Zahl/ = Zahl selber /negative Zahl/ = Zahl ⋅(-1) Da nun x+2 aber abhängig davon, welche Zahl wir für x einsetzen, positiv oder negativ sein kann, ist nicht klar, welche Variante vorliegt, ob wir also /x+2/ durch (x+2) oder (x+2)⋅(-1) ersetzen können. Diese Entscheidung wird erst durch die Annahme zweier Fälle klar. Mathematische Kompetenzen: Wissen was der Betrag einer Zahl bedeutet; mit Beträgen rechnen können; entsprechende Fallunterscheidungen vornehmen können; Fall 1: x + 2 ≥ 0 ⇒ „Fallbedingung x ≥ - 2“ Wegen x + 2 ≥ 0 gilt /x+2/ = (x+2) und somit kann die Betragsungleichung 4 - / x + 2 / > 2x + 5 in der Form Entscheidend für die Fallunterscheidung ist also das Vorzeichen des Ausdrucks x+2. Dieser Ausdruck kann negativ, positiv oder Null sein. Im 1.Fall nehmen wir an, dass x +2 ≥ 0 ist. Für die damit angesprochenen Zahlen (x ≥ -2) können wir (weil x+2 ja als positiv bzw. Null angenommen wird) den Betrag /x+2/ einfach durch (x+2) ersetzen, wodurch aus der “unangenehmen“ Betragsungleichung eine „einfachere“ lineare Ungleichung wird. Diese können wir mit Hilfe elementarer Äquivalenzumformungen lösen. 4 – ( x + 2 ) > 2x + 5 geschrieben werden. 4 – x – 2 > 2x + 5 2 – x > 2x + 5 -3x > 3 / : (-3) x<-1 ⇒ „Lösungsbedingung x < -1“ Elemente von L1 müssen somit insgesamt folgende Bedingungen erfüllen: Also gilt: L1 = {x ∈ IR / (x≥-2) ∧(x<-1)} L1 = [ -2; -1 [ Beachte insbesondere die letzten beiden Zeilen: da wir die Umgleichung durch eine negative Zahl dividieren, müssen wir das Ungleichheitszeichen umdrehen ! Damit die im ersten Fall untersuchten Zahlen Lösungen sind, müssen sie die also die „Lösungsbedingung x < -1“ erfüllen. Fall- und Lösungsbedingung legen gemeinsam die Lösungsmenge des 1. Falls fest. Lösungen müssen beide Bedingungen erfüllen. Für welche Zahlen dies der Fall ist, kann man mit Hilfe einer grafischen Darstellung der Bedingungen auf der Zahlengeraden leicht erkennen. Offensichtlich handelt es sich um die Zahlen zwischen –2 und – 1, sodass L1 = [-2 ; -1[ gilt. Beachte, dass –2 selber eine Lösung ist (deshalb die Klammer bei der Intervallschreibweise nach innen), -1 hingegen nicht (Klammer nach außen) ! Mathematische Kompetenzen: Lineare Gleichungen mit Hilfe von Äquivalenzumformungen lösen können; mit der Intervallschreibweise arbeiten können; eine Lösungsmenge aus zwei Bedingungen im Sinne einer „und – Verknüpfung“ bestimmen können; Fall 2: x + 2 < 0 ⇒ Nun zum zweiten Fall ! „Fallbedingung x < - 2“ In diesem Fall gehen wir von der anderen Möglichkeit aus, nämlich dass x+2 negativ ist. Anders als im 1.Fall, können wir hier den Betrag nicht einfach durch eine Klammer ersetzen, vielmehr gilt wegen x+2 < 0: / x+2/ = (x+2)⋅(-1) = (-x-2) Wegen x + 2 < 0 gilt /x+2/ = (-x-2) und somit kann die Betragsungleichung Wieder wird die resultierende lineare Ungleichung mit Hilfe von Äquivalenzumformungen vereinfacht, bis x alleine auf eine Seite steht und die Lösungsbedingung für x somit einfach abgelesen werden kann ! Wieder müssen wir am Ende mit einer negative Zahl dividieren und deshalb das Ungleichheitszeichen umdrehen ! 4 - / x + 2 / > 2x + 5 in der Form 4 – (-x - 2 ) > 2x + 5 geschrieben werden. 4 + x + 2 > 2x + 5 6 + x > 2x + 5 -x > -1 x <1 ⇒ / ⋅ (-1) „Lösungsbedingung x < 1“ Bezogen auf die im gegeben 2.Fall eingeschränkte Verknüpfung von Fall- und Lösungsbedingung legt L2 wie folgt fest: Grundmenge x < -2 sind also offensichtlich die links von –2 liegenden Zahlen Lösungen und somit Elemente von L2 ! Also: L1 = {x ∈ IR / (x<-2)} L1 = [ -∝; -2 [ Mathematische Kompetenzen: Wissen, dass bei der Multiplikation und Division einer Ungleichung mit einer negativen Zahl das Ungleichheitszeichen umgedreht werden muss ! Die Gesamtlösungsmenge umfasst nun alle im 1. oder 2. Fall gefundenen Lösungen. Es gilt also: Lges = L1 U L2. Da L2 alle Zahlen links von –2 umfasst und L1 alle anschließenden Zahlen von – 2 bis –1, umfasst Lges einfach alle Zahlen links von –1. Lges kann somit kompakter in der Form ]-∝ ; -1[ geschrieben werden ! Lges= L1 U L2 = ] - ∞ ; -1[ Mathematische Kompetenzen: Gesamtlösungsmenge aus zwei Teillösungsmengen „additiv“ (vereinigend) zusammenfassen können; Nun zur grafischen Interpretation der Lösung: Die linke Seite der Ungleichung beschreibt die Kurve y1 = 4 - /x+2/, die rechte Seite repräsentiert die Gerade g: y2 = 2x + 5. Bezogen auf den grafischen Bezug des Beispiels lautet die Frage: Wo verläuft y1 oberhalb von y2 ? ( 4 - / x+2 / > 2x + 5 )? Aus der Skizze (angefertigt mit DERIVE) ist ersichtlich, dass dies genau links von x = -1 der Fall ist. Also gilt: L = ]-∝ , -1[ was sich mit der rechnerisch erhaltenen Lösung deckt ! Vergleiche oben ! Mathematische Kompetenzen: Eine Ungleichung grafisch im Sinne der Frage interpretieren können, „Wo verläuft die eine Kurve ober- bzw. unterhalb der anderen“; Kurven mit DERIVE zeichnen können; Bestimmte Bereiche im Verlauf einer Kurve bezogen auf die x – Achse herauslesen und in Intervallschreibweise angeben können;