Praktikum in China, Peking bei der Firma Xanadu Im Frühjahr 2008

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Praktikum in China, Peking bei der Firma Xanadu
Im Frühjahr 2008 habe ich ein dreimonatiges Praktikum bei der französisch-chinesischen ITFirma XANADU absolviert. XANADU ist in der Softwareentwicklung tätig und hat sich
dabei auf Internet-Buchungstools in der Tourismusbranche spezialisiert. Die Gründer der
Firma haben bereits einige Firmen in Frankreich aufgebaut, die dort zu den führenden
nationalen Online-Reisebuchungsplattformen zählen.
Die Gründung einer neuen Firma in China ist deshalb interessant, da die Zahl der chiesischen
Outbound Touristen (diejenigen, die Urlaub im Ausland machen) in den letzten Jahren extrem
gestiegen ist und den Prognosen zufolge auch in Zukunft stark ansteigen wird. XANADU hat
einen Online- Katalog mit dem Namen iSunWuKongentwickelt, der bisher von mehr als 2000
Reisebüros und über 100 Reiseanbietern in China täglich genutzt wird. Alle Unternehmen der
Tourismusbranche (Hotels, Reiseanbieter usw.) können in diesem Katalog für ihre Services
und Produkte werben. Meine Funktion als Praktikantin im Marketing Department war es,
Firmen weltweit auf den Online-Katalog iSunWuKong aufmerksam zu machen und
Werbeflächen zu verkaufen.
Die Vorbereitung auf die drei Monate in China war leider nur sehr knapp, da ich mich bis
kurz vor Abflug in der Prüfungsphase befand. Da meine Universität eine Kooperation mit der
Hutongschool hat (eine Sprachschule und Vermittlungsagentur für Praktika in China), konnte
ich mich bezüglich der Organisation etwas zurücklehnen. Die Hutongschool hat mir eine
Unterkunft besorgt, mich mit der Visa-Beantragung unterstützt und mich vom Flughafen
abgeholt. Damit waren schon mal einige Barrieren beseitigt und meine Anreise konnte
vollkommen unproblematisch erfolgen.
Die Unterkunft, die von der Hutongschool organisiert wurde, lag im direkten Zentrum
Pekings und entsprach halbwegs europäischem Standard. Meine Wohnung teilte ich mit 5
Mitbewohnern aus verschiedenen Ländern, die ebenfalls ein Praktikum absolviert haben und
an der Hutongschool Chinesisch-Unterricht erhielten. Da ich einen Paketpreis für Unterkunft
und Sprachunterricht bezahlt habe (525 Euro pro Monat), kann ich die genauen Mietkosten
nur abschätzen. Mit etwa 400 Euro Mietkosten im Monat war diese Unterkunft sogar
verhältnismässig teuer. Die Wohnung war halbwegs gut ausgestattet -
warmes Wasser,
Reinigungsutensilien, Fernsehen, Internet und zwei mal im Monat wurde das Appartment von
einer Putzfrau gereinigt. Dennoch sollte man sich darauf einstellen, keinen grossen Luxus in
der chinesischen Unterkunft vor zu finden.
Meine Praktikumsstelle wurde mir ebenfalls vermittelt durch die Hutongschool. Diese hat
meine Bewerbung an XANADU weitergeleitet und einer der Geschäftsführer hat mit mir ein
ca. 20 minütiges Telefoninterview geführt. Die Betreuung in der Firma erfolgte durch den
Chef des Marketing Departments, in dem ich während des gesamten Praktikums tätig war.
Leider hat dieser nach einigen Wochen das Unternehmen verlassen und die Betreuung war
danach weniger gut, weil ein direkter Ansprechpartner fehlte. Es wurde mir sehr viel
Verantwortung übertragen, die Ergebnisse mussten stimmen, aber wirkliche Unterstützung
habe ich dabei nicht erfahren. Ganz im Gegenteil wurden mir sogar noch Aufgaben meines
ehemaligen Chefs übertragen – wie zum Beispiel neue Praktikanten einzustellen usw.. Ich
habe aber immer versucht, dies positiv im Sinne einer Herausforderung zu sehen und habe
mich in den darauf folgenden Wochen sehr bemüht. Die Geschäftsführer haben dies bemerkt,
mich dann auch motiviert und meine Anstrengungen sehr honoriert.
Meine Hauptaufgabe während des Praktikums im Marketing Department bei Xanadu bestand
darin, alle englisch- und deutschsprachigen Botschaften in Peking zu interviewen. Dies hatte
zweierlei Gründe: Einerseits benötigte die Firma generelle Informationen über die jeweiligen
Länder (um den iSunWuKong- Katalog zu vervollständigen) und andererseits wurde versucht,
über die Botschaften Kontakte zu Unternehmen in der Tourismusbranchen zu knüpfen, die in
dem iSunWuKong- Katalog werben möchten.
Eine weitere Aufgabe bestand in der Erstellung und anschliessende Übersetzung von
Informationsmaterial über den Online-Katalog, sowie die Kontaktaufnahme zu diversen
Unternehmen der Tourismusbranche. Ausserdem fiel die tägliche Büroarbeit und die Auswahl
von neuen Praktikanten unter meinen Aufgabenbereich. Bei einer Messe über den
chinesischen Outbound- Tourismus in Peking durfte ich XANADU repräsentieren und
nützliche Kontakte knüpfen. Während meines Praktikums war ich zwar durchgehend sehr gut
ausgelastet, aber nicht überfordert.
Die ca. 50 Mitarbeitern der Firma waren fast alle Chinesen, davon nur ca. 8 Chinesen mit
guten Englisch-Kenntnissen. Am Anfang herrschte meist Distanz, was zu einem wesentlichen
Grund auf die Sprachbarriere zurückzuführen ist. Nach einiger Zeit lockerte sich jedoch die
Situation auf und es waren nette Gespräche mit den Kollegen möglich. Ein Betriebsausflug
(nach Feierabend wohlgemerkt) hat sicherlich auch zu mehr Offenheit beigetragen. Die
Gespräche mit den Geschäftsführern fanden auf Englisch oder Französisch statt, mit den
Kollegen auf „chinglish“ (ein Mix aus Englisch und Chinesisch).
Die Arbeitsatmosphäre würde ich als gut bezeichnen, wobei seitens der Geschäftsführer schon
ein gewisser Druck herrschte. Es wird sehr ergebnisorientiert gedacht und äussere Umstände
kaum berücksichtigt. Da dies mein erstes Praktikum in China war, kann ich nicht einschätzen
ob dies speziell an dieser Firma oder generell an der chinesischen Arbeitsmoral liegt. Ich
würde dieses Praktikum als sehr erfahrungsreich beschreiben, auch wenn ich nicht genau
beschreiben kann, was die Erfahrungen selbst sind. Zwar enthielten meine Tätigkeiten keine
wirklich neuen Erfahrungen, aber das gesamte Arbeiten mit internationalen Arbeitskollegen
und Kunden war sehr interessant und schön, so dass ich es auch gerne in Zukunft fortsetzen
möchte.
Das Leben in China unterscheidet sich sehr stark von dem Leben in Deutschland und generell
dem Leben im Westen. Egal, ob es um Essen, Mentalität, Kosten, Hilfsbereitschaft oder
Bürokratie geht, alles ist sehr anders als man es aus Deutschland kennt.
Ein wie ich finde sehr wichtiger Hinweis ist, dass Englisch vergleichsweise wenig verbreitet
ist. Meine zahlreichen Versuche, einfach nach dem Weg zu fragen oder irgendwelche
Informationen zu erhalten, haben mir deutlich gezeigt, dass nur wenige Chinesen Englisch
sprechen. Wenn man wirklich Informationen benötigt, am Besten junge Chinesen fragen, da
diese englisch in der Schule lernen (zumindest ein bisschen). Selbst in der Toruismusbranche
und in der Tourist Information kann man keinen englisch sprachigen Service erwarten.
Die Teilnahme an einem chinesisch Kurs während des China-Aufenthalts ist deshalb sehr
wichtig und kann ich nur dringend weiter empfehlen. Auch wenn die Sprache aus unserer
Sicht schwer erscheint, zeigen sich recht schnell Fortschritte und es ist möglich, nach den
Preisen zu fragen, Bestellungen aufzugeben, sich vorstellen usw.. Aufgrund der
Sprachbarriere ist es auch schwerer, Kontakte zu Chinesen zu knüpfen. Dennoch habe ich
während meiner Zeit viele nette Chinesen kennengelernt, auch wenn unser Gespräche nicht
besonders tiefgründig waren.
Generell habe ich den Eindruck, dass sich viele „Ausländer“ zusammenschliessen und
versuchen, ihre eigene Community zu gründen, anstatt mit den Einheimischen selbst in
Kontakt zu treten. Dies resultiert meines Erachtens nicht aus Antipathie, sondern ist eine
Folge der Sprachbarriere.
Es gibt viele kulturelle Unterschiede, die mich anfangs gestört haben. Dazu zählen
−
das dauernde Spucken an allen Orten (auch Restaurants und Ubahnen)
−
die Art, wie man als Fremder angestarrt wird
−
die ständige Kontrolle (mehrmals bekam ich Besuch von der Polizei, die überprüfen
wollte, wer in unserem Appartment wohnt)
−
Patriotismus
−
schlechte soziale Sicherung
Auch wenn ich immer noch Probleme damit habe, diese Unterschiede zu akzeptieren, bin ich
sehr viel toleranter geworden und versuche Vieles unter dem Deckmantel der Kultur zu
verstehen. Während einiger Ausflüge aufs Land und den Beusch einer Schulklasse (Kinder
von Wanderarbeitern) habe ich auchziemlich deutlich die Schattenseiten des chinesischen
Wirtschaftswachstums erfahren.
Aus deutscher Sicht sind die Preise in China sehr niedrig. Für ca. 1 Euro kann man eine
vollständige Mahlzeit bekommen. Es gibt auch einige Supermärkte, die westliche Produkte
verkaufen wie Brot, Müsli usw., allerdings sind diese vergleichsweise teuer. Bezahlungen
erfolgen überwiegend mit Bargeld und kaum mit Kreditkarte. Mit meiner deutschen EC-Karte
konnte ich bei sehr vielen Banken Geld beziehen, allerdings berechnen einige eine
Servicegebühr. Es gibt sogar einige Niederlassungen der Deutschen Bank in Peking, wo man
keinerlei Gebühren bezahlen muss.
Alle Warnungen und Vorurteile bezüglich des Essens haben sich für mich nicht bestätigt. Ich
habe während meines gesamten Aufenthaltes nie irgendwelche Probleme aufgrund des Essens
gehabt, trotz Restaurantbesuchen und Fastfood in den Strassen. Solange man dort isst, wo viel
Kunden sind oder man die Zubereitung sieht, sollte es keine Probleme geben.
Das Stadtprofil Pekings ist sehr modern, wenn es auch nicht dem Deutschlands entspricht. Im
Zuge der olympischen Spiele diesen Sommer wurde die Stadt ziemlich schnell modernisiert.
Es gibt einige Ubahn-Linien, die die wichtigsten Plätze im fünfminuten Takt anfahren. Zudem
gibt es an allen Ecken und zu jeder Tageszeit Taxis, die erheblich billiger sind als in
Deutschland. Auch das Busnetz ist sehr gut ausgebaut.
Um die Luftverschmutzung in Peking zu reduzieren, wurden alle öffentlichen Verkehrsmittel
verbilligt – eine Ubahnfahrt kostet beispielsweise 20 cent, eine Busfahrt 10cent. Trotz
Überfüllung ist die Ubahn und der Bus eine sehr gute Möglichkeit, sich in der Stadt fort zu
bewegen. Aber auch das Fahrrad ist wirklich empfehlenswert und kann manchmal schneller
sein als ein Taxi.
Das Klima in China unterscheidet sich aufgrund der geografischen Grösse des Landes sehr
stark. In Peking herrscht überwiegend kontinental geprägtes Monsunklima, das im Sommer
sehr heiß und reich an Niederschlägen ist, die Winter sind sehr streng und schneearm.
Da ich mein Praktikum im Frühling gemacht habe, war das Wetter vergleichbar mit Frühling
in Deutschland. Die letzten Wochen im Mai waren aber überraschend heiß, sodass man sich
über jedliche Klimaanlagen freut.
Zusammenfassend kann ich meine Zeit in China einfach nur als unglaublich bezeichnen. Man
hat wahrscheinlich nicht oft die Möglichkeit, so viele Eindrücke zur gleichen Zeit zu
sammeln. Mein Praktikum würde ich als sehr interessant und herausfordernd bezeichnen, der
Sprachkurs hat wirklich Spaß gemacht und schnelle Fortschritte gezeigt. Das Leben in Peking
war sehr aufregend, abwechslungsreich und bewegend. Ich bin ehrlich gesagt sogar traurig,
jetzt wieder nach Hause zu gehen...
Da mir die Geschäftsführer eine Übernahme angeboten haben, werde ich im kommenden
Januar nach Beendigung meines Studiums wieder nach Peking gehen, zumindest für einige
Zeit.
Meine Erfahrungen mit China waren durchwegs positiv und ich kann Jedem empfehlen, dort
hinzugehen – egal ob Praktikum, Sprachkurs, Auslandssemester oder nur Urlaub. Die
Verbindung von Praktikum und Sprachkurs ist zwar anstrengend aber durchaus lohnenswert.
Ich persönlich würde allerdings empfehlen, erst nach China zu gehen, wenn bereits andere
Auslandserfahrungen gesammelt wurden, da es starke Unterschiede in allen Bereichen des
täglichen Lebens gibt, die einen evtl. schockieren könnten.
China hat viel zu bieten und ich schätze es als eine wertvolle Erfahrung ein – unabhängig
davon, wie die individuellen Zukunftspläne aussehen.
Zum Schluss noch einige Tipps, die ich an andere Stipendiaten weitergeben kann:
−
auch wenn der Anfang schockierend sein kann, nicht frustrieren lassen – nach einiger Zeit
sieht alles ganz anders aus!
−
Nicht zu sehr von Vorurteilen beeinflussen lassen
−
es lohnt sich immer, bei den Preisen zu verhandeln, egal wo!
−
Unbedingt mal aus Peking, oder aus der Stadt wo man ist, herausfahren um andere
Eindrücke zu bekommen
−
Vorsicht im Straßenverkehr – die Autos bremsen nicht, auch nicht bei Zebrastreifen!
Es lohnt sich!
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