Die Verfeinerung der Kristallstruktur von UTe 2 Refinement of the Crystal Structure of UTe : H. P. Beck* und W. Dausch Institut für Anorganische Chemie der Universität Erlangen-Nürnberg, Egerlandstraße 1. D-8520 Erlangen Z. Naturforsch. 43b, 1547-1550 (1988); eingegangen am 25. Juli 1988 Crystal Structure. Single Crystal Investigation, Actinide Chalcogenides The crystal structure of U T e : has been refined with single crystal data. The structure model proposed by Klein Haneveld and Jellinek on the basis of powder data could be verified (Sp. Gr. Immm, a = 415.9(1) pm, b = 612.4(2) pm, c = 1394.5(9) pm). Oxidation states are discussed on the basis of interatomic distances. Einleitung Im Jahre 1969 beschrieben Klein Haneveld und Jellinek [1] UTe 2 als orthorhombisch kristallisierende Verbindung (R. Gr. Immm, a = 416,17 pm, b = 612,76 pm, c = 1396,5 pm), für die sie aufgrund ihrer röntgenographischen Untersuchungen an Pulvern einen Strukturvorschlag gaben. Die Zugehörigkeit zum orthorhombischen Kristallsystem konnten später auch Ellert et al. [2] bestätigen. Sie leiteten allerdings aus ihren Einkristallaufnahmen die Raumgruppe Pnnn ab. Eine Verfeinerung der Struktur mit der vollen Information des reziproken Gitters ist bislang nicht erfolgt. Im Rahmen unserer Untersuchungen zur Kristallchemie von Lanthaniden- und Actiniden-Dichalkogeniden haben wir die Verfeinerung der Struktur mit Einkristalldaten durchgeführt. Experimentelles und Ergebnisse UTe 2 wurde durch eine chemische Transportreaktion aus den Elementen dargestellt. Uranmetall lag in Form von Metallbrocken bzw. -spänen vor. Zur Entfernung der störenden Oxidschicht (geringe Mengen Oxid führen stets zur Bildung des sehr stabilen UOTe) wurde es nach Weigel [3] mit 50-proz. HNO, behandelt, mit Wasser gewaschen und mit Aceton getrocknet. (Bei unseren ersten Versuchen zur Reinigung und Aktivierung des Urans im Rahmen eines Hydrierungs-Dehydrierungszyklus [3] trat bei der Umsetzung mit Te stets UOTe in größeren Mengen auf. Wir führen dies auf Reste von Wasserstoff im Uranmetall zurück, die bei der anschließenden Transportreaktion in Kieselglasampullen zur * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. P. Beck. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/1200 -15 79/$ 01.00/0 Reduktion des Si0 2 beitragen, das somit zum Sauerstofflieferanten wird. Wir haben dagegen unter Verzicht auf eine solche Aktivierung stets ein reines Produkt erhalten.) Stöchiometrische Mengen von U und Te wurden in evakuierten Kieselglasampullen unter Zugabe von TeBr 4 als Transportmittel bei 900 °C umgesetzt. UTe 2 bildete sich im Verlauf mehrerer Tage im kälteren Teil der Ampulle bei etwa 700 °C in Form mmgroßer, schwarz-glänzender, dreieckiger oder quaderförmiger Kristallplatten. Zur weiteren röntgenographischen Untersuchung wurden diese in MarkRöhrchen eingeschmolzen. Anhand von Buerger-Präzessions-Aufnahmen (MoKä) der 0kl-, hkO-, hk 1-, hk2-, h0\- und h02Reflexe konnten die Auslöschungsbedingungen der Raumgruppe Immm bestätigt werden. Die Gitterkonstanten wurden aus 25 Reflexen des Vorstrahlbereichs, die auf dem Vierkreis-Diffraktometer (Philips PW 1100) mit AgKa-Strahlung vermessen wurden, mit dem Programm GIVER [4] verfeinert: a = 415,9(1) pm, b = 612,4(2) pm, c = 1394,5(9) pm. Da die Flächen des verwendeten Kristalls gut ausgeprägt waren, konnten sie indiziert und vermessen werden für eine analytische Absorptionskorrektur (ju = 455,0 cm - 1 ). Die Intensitäten von 5142 Reflexen (davon 2506 beobachtet) wurden in den Oktanten hkl, hkl, hkl und hkl im Winkelbereich 2 < 9 < 30° im «-scan gemessen. Nach den üblichen Korrekturen blieben gemittelt 640 symmetrieunabhängige Reflexe zur Verfeinerung der Parameter mit dem Programmsystem SHELX-76 [5] bis zu einem Gütefaktor Rw = 0,046 (w = 0,3156/(o 2 (F))), wobei ein empirischer Extinktions-Parameter berücksichtigt wurde. Die Atomkoordinaten und Temperaturfaktoren sind in Tab. I zusammengefaßt. Die früher aus Pulverdaten abgeleiteten Werte stimmen damit erstaunlich gut überein. Die Struktur ließe sich nach einer Nullpunktverschiebung um [1/4, 1/4, 1/4] ebenso in der Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. 1548 Atom U Te(l) Te(2) H. P. B e c k - W . Dausch • Die Verfeinerung der Kristallstruktur von UTe X y 0.0000 0.5000 0.0000 0.13524(5) 0,0000 0,2978(1) 0,2509(2) 0,5000 0.000 z Tab. I. Atomkoordinaten und Temperaturfaktoren von UTe^. u„ U22 u„a 169(3) 206(5) 194(5) 190(3) 194(5) 185(5) 168(3) 180(5) 184(5) Angegeben in pm. von Ellert et al. [2] vorgeschlagenen Raumgruppe Pnnn beschreiben. Da darin aber nur die speziellen Lagen 4k, 41 und 4 j besetzt sind, ergäbe sich ebenfalls die integrale Auslöschungsbedingung h + k+l = 2n+l. Es bleibt unklar, weshalb diese den genannten Autoren entgangen ist. Diskussion Hervorstechendes Merkmal der UTe 2 -Struktur sind die Kationen-Koordinationspolyeder in Form zweifach überkappter, trigonaler Prismen, die über die freie, nicht überkappte Rechtecksfläche zu Doppelprismen verknüpft sind. Solche Einheiten sind über gemeinsame Dreiecksflächen zu Säulen längs [100] gestapelt. In der b,c-Projektion (s. Abb. 1) erkennen wir längs b Reihen solcher Säulen. Längs c sind diese Reihen auf Lücke und um all gegeneinander verschoben, so daß Atome aus den freien Endkanten der einen Reihe die überkappenden für die Prismen der anderen darstellen. Eine ideale AB 2 -Struktur dieser Art läßt sich nach den Prinzipien eines Hartkugelmodells aufbauen (s. Abb. 2), wobei sich alle Kugeln innerhalb einer Reihe von Doppelprismensäulen berühren. Diese Reihen sind in [001]-Richtung so aufeinander zugeschoben, daß ebenfalls Kontakt zwischen den Kugeln in den freien Endkanten der einen Reihe (Typ 1) und denen in den gemeinsamen Prismenflächen innerhalb der anderen (Typ 2) besteht. Die Typ-l-Kugeln benachbarter Säulen berühren sich dabei nicht. Die Strukturparameter eines solchen Modells berechnen sich zu: a = 2r, b = 4r. c = 2(Vr2-(-"V/_3)r; R. Gr. Immm; A 0 0 0,125 (im Schwerpunkt der umgebenden Kugeln); B(l) 1/2 0 0,27526 (A 3/2{Vl+V2))\ B(2) 0 1/4 1/2. O O o u Abb. 1. UTe : -Struktur in der Projektion längs [100] (große Kreise Te, kleine Kreise U; die Höhen x = 0 bzw. x = 1/2 sind durch die Strichstärke differenziert). Abb. 2. Idealstruktur des UTe 2 -Typs nach dem Hartkugel modell (dargestellt sind nur die Anionen). 1549 H. P. Beck—W. Dausch • Die Verfeinerung der Kristallstruktur von UTe 2 Die Struktur des UTe 2 unterscheidet sich von dieser Idealstruktur im wesentlichen nur in den Achsenverhältnissen ( a : b : c = 1:2:3,14 vs. 1:1,47:3,35). Die Kontraktion in 6-Richtung ist auf den hohen Kovalenzanteil in den Wechselwirkungen zwischen den Te(2)-Atomen zurückzuführen, und die Dilatation längs [001] auf die starke Repulsion zwischen den Kationen, die sich über die gemeinsame Fläche ihrer Koordinationspolyeder sehr nahe kommen. Das Abstandshistogramm der Idealstruktur (Abb. 3 a) zeigt, daß hier in der ersten Koordinationssphäre der Kationen weitere kurze Kation —Kation-Abstände hinzukommen. Durch die genannte Deformation rükken diese in der Realstruktur aus dem Bereich der Primärkoordination (Abb. 3b). In Tab. II sind die interatomaren Abstände in den ersten Koordinationssphären zusammengestellt. Die Te(2)-Atome sind fast äquidistant in Ketten angeordnet. Der geringfügig kürzere Abstand zwischen denen innerhalb des gleichen Koordinationspolyeders ist nach den Regeln von Pauling zu erklären, nach denen die Abstände zwischen Anio- Tab. II. Interatomare Abstände (pm) in UTe 2 . u-u u 376,0(1) U-Te(l) Te(2) 415,9(1) 2x Te(l)-U U Te(2) 308,0(1) 320,3(1) 382,7(1) 393,3(1) 415,9(1) 442,3(1) Te(l) Te(l) Te(l) Te(2) 2x Te(2)-Te(2) Te(2) 2x 4x U 4x Te(l) Te(2) 2x Te(l) 2x 308,0(1) 2x 319,1(1) 4x 320,3(1) 2x 305,1(2) 307,4(2) 319,1(1) 382,7(1) 415,9(1) 442,3(1) 4x 4x 2x 2x nen in gemeinsamen Kanten bzw. Flächen zweier Koordinationspolyeder verkürzt werden. Entsprechend dem formalen Ladungszustand der Anionen ergibt sich die Reihung der Te—Te-Abstände T e ( l ) - T e ( l ) > T e ( l ) - T e ( 2 ) > T e ( 2 ) - T e ( 2 ) . Die Kovalenz im Te-Teilgitter bedingt auch eine Reduktion der effektiven Kationenladung, so daß diese Verbindung als U ( 3 + ö ) Te(l) 2 ~ L[Te(2)(1+<3)] beschrieben werden kann. Ein weiterer Hinweis auf die reduzierte Ladung des Urans ergibt sich aus der Tat- 4.00 3.00 2.00 - 1.00 0.00 -1.00 -2.00 -3.00 -4.00 200 400 Atomabstand 600 [pm] 200 400 Atomabstand 600 [pm] a) b) Abb. 3. Abstandshistogramm der Koordinationssphäre um die Uran-Atome: a) Idealstruktur, b) Realstruktur (gleichsinnig geladene Nachbarn werden von der Null-Linie nach oben, entgegengesetzt geladene nach unten dargestellt: Abstandsbeziehungen in der Primärkoordination sind umrahmt). 1550 H. P. Beck—W. Dausch • Die Verfeinerung der Kristallstruktur vonUTe 21550 s a c h e , d a ß die U - K a t i o n e n d u r c h D y 3 + - K a t i o n e n substituiert w e r d e n k ö n n e n , w o b e i die Mischkristalle bis zur Z u s a m m e n s e t z u n g Uo.5Dyo.5Te2 isotyp bleib e n [6], Wir danken der Deutschen Forschungsgemeins c h a f t u n d d e m F o n d s d e r C h e m i s c h e n Industrie f ü r die G e w ä h r u n g von Sachbeihilfen. [1] A. J. Klein Haneveld und F. Jellinek, J. Less-Common. Metals 21, 45 (1970). [2] G. V. Ellert. A. A. Eliseev und V. K. Slovyanskikh. Russ. J. Inorg. Chem. 16, 768 (1971). [3] F. Weigel. in G. Brauer (Hrsg.): Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3. Aufl.. Bd. II. S. 1194. Ferdinand Enke Verlag. Stuttgart (1978). [4] G I V E R , ein Fortran-Programm zur Verfeinerung von Gitterkonstanten von K. Krogmann, Universität Karlsruhe (1980). [5] SHELX-76. Program for Crystal Structure Determination. University of Cambridge. England (1976). [6] V. K. Slovianskikh. N. T. Kusnetzow und N. V. Gratschewa. Russ. J. Inorg. Chem. 30, 314 (1985).