Weg der Demokratie beim Beethovenfest Bonn 2009 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Die Grundsteine der parlamentarischen Demokratie wurden 1948 und 1949 in Bonn gelegt. Das Beethovenfest Bonn nutzt seit Jahren politisch bedeutungsvolle Orte in Bonn wie das Alte Wasserwerk und das Palais Schaumburg als Konzertspielstätten. Zum 60. Jahrestag der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. September 1949 stellt das Beethovenfest Bonn die sechs Jahrzehnte der Bundesrepublik Deutschland musikalisch vor. Was prägte die Musik der 60er Jahre? Oder schlug sich die Politik der 80er Jahre in den Kompositionen der Achtziger nieder? An sechs politisch bedeutsamen Orten in Bonn wird am 6. September jeweils ein Jahrzehnt musikalisch lebendig. Der Besucher kann sich seinen eigenen Weg durch die Demokratie bahnen und aus vierzehn einstündigen Konzerten sein Jubiläumsprogramm zusammenstellen. Was politisch das jeweilige Jahrzehnt geprägt hat, schildern Paten aus dem politischen Leben: Dr. Hildegard Hamm-Brücher für die 50er Jahre, Dr. jur Volker Busse, Ministerialdirigenten a.D. für die 60er Jahre, Otto Graf Lambsdorff für die 70er Jahre, Dr. Rudolf Seiters für die 80er Jahre, Prof. Ursula Lehr für die 90er Jahre und Andrea Fischer für die aktuelle Dekade. Die Paten werden an den jeweiligen Spielstätten aus ihren persönlichen Erfahrungen aus der jeweiligen Dekade berichten. Im Museum Alexander Koenig trat 1948 der parlamentarische Rat zusammen, um das Grundgesetz zu beraten. Hier, wo die Parlamentarier die Wurzeln unserer Verfassung legten, werden um 11 und 15 Uhr die 50er Jahre abgebildet. Benny Goodman, Duke Ellington, Charlie Parker, Miles Davis und Dave Brubeck prägten den Swing, Bebop und Modern Jazz dieser Zeit. Der Bassist John Goldsby führt mit seinem Quintett das Publikum zurück in dieses Jahrzehnt, in dem Karlheinz Stockhausen seine elektronischen Werke von dem Einfluss der Kölner Schule Elektronischer Musik löste. In „Gesang der Jünglinge“ versuchte Stockhausen, 1956 gesungene Töne mit elektronisch erzeugten in Einklang zu bringen. Es entstand das erste elektro-akustische Werk, das den Raum als musikalischen Parameter organisierte. Die Konzerte im Museum Koenig werden überraschend Querverbindungen zwischen dem Jazz der 50er Jahre und Stockhausens hochartifiziellen Werken offenbaren. 2 In den 60er Jahren bestimmten die „enfants terribles“ Helmut Lachenmann, John Cage und Karlheinz Stockhausen die E-Musik-Szene. Der Pianist Stefan Litwin lässt deren Musik im Palais Schaumburg lebendig werden. György Ligeti komponierte 1962 erstmals rein mechanische Musik: Er ersetzte menschliche Musiker durch 100 Metronome, für die er sein selten aufgeführtes „Poème symphonique“ schrieb. Dort, wo Konrad Adenauer seine Kabinettssitzungen abhielt und heute noch der zweite Dienstsitz des Bundeskanzlers ist, werden mit Hilfe von Solisten der musikFabrik am 6. September um 13, 17 und 21 Uhr 100 Metronome ticken – ein einmaliges Klangerlebnis. 1969 nahmen die Beatles im Studio in der Londoner „Abbey Road“ das gleichnamige Album auf. Es war das letzte Album, das die Beatles gemeinsam produzierten, bevor sie sich trennten. Komplexe Songs bestimmen die Platte, das ursprünglich als letzter Track geplante Lied hieß „The End“. Das Atrium Ensemble präsentiert am 6. September um 13 und 21 Uhr die Songs aus „Abbey Road“ a cappella im Alten Wasserwerk, dem ehemaligen Plenarsaal des Bundestages. Dort, wo die Parlamentarier ab Mitte der 80er Jahre ersatzweise auf engem Raum tagten, macht das Beethovenfest Bonn 2009 die Dekade von 1969 bis 1979 hörbar. In den 80er Jahren schwappte von Argentinien eine Tango-Nuevo-Welle nach Deutschland. Die Kompositionen Astor Piazzollas wurden weltweit bekannt. Von 1982 bis 1984 schrieb Wolfgang Rihm drei „Fremde Szenen“ für Klaviertrio, die der Komponist bei der Uraufführung aller drei Stücke 1984 im Untertitel „Versuche über Klaviertrio, erste Folge“ nannte. Das Klaviertrio bezeichnete Rihm als „jene möbellastige Besetzung, die es nicht mehr gibt, die aber noch herumsteht. Wie in verlassenen Räumen kann hier Unerlaubtes geschehen. Wir werden Zeugen befremdlicher Szenerien“. Das Beethoven Trio Bonn interpretiert die „Fremden Szenen“ und Werke Piazzollas am 6. September um 15, 17 und 19 Uhr im „Schürmann-Bau“. Dieser sollte Ende der 80er Jahre der neue Amtssitz für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden, ein Rheinhochwasser beschädigte den 1989 begonnenen Bau jedoch derart, dass eine Nutzung zunächst nicht möglich war. Heute wird das Gebäude durch die Deutsche Welle genutzt. Musikalisch keine Grenzen gesetzt waren den DJs und den Komponisten der 90er Jahre. Dieter Schnebel nutzt in seiner „Bauernszene“ Teller, Gläser, Flaschen und Besteck, die auf einem Tisch aufgelegt sind. Auch laute Stimmen kommen hinzu. Das Stück gehört zu den „Museumsstücken I“, einem Zyklus von Klangbildern. Die „Bauernszene“ beschreibt Schnebel selbst als „eine Art musikalischer Breughel“. Auch Thierry de Mey bezieht den Tisch mit ein in „Musique de Tables“ für drei Paar Hände und drei Tische, die für Table-Percussion genutzt werden. In Richard Barretts „Interference“ muss der Kontrabassklarinettist zusätzlich eine „pedal bass drum“ bedienen. Das Motto „Aus fast Nichts fast Nichts machen“ haben die DJs des Instituts für Feinmotorik. Ihr Interesse an akustischen Phänomenen ähnelt dem der musikFabrik, die die Werke Schnebels, de Meys und Barretts am 6. September um 3 11 und 15 Uhr interpretieren. Mitglieder der musikFabrik und die DJs treffen sich an den Tischen im Plenarsaal des Bundesrates, die sie in ihre Performances mit einbeziehen. Im Haus der Geschichte endet der Weg der Demokratie beim Beethovenfest Bonn 2009: die Dekade zwischen 1999 und heute wird im Saal des Museums abgebildet. Die Schauspielerin, Stimmkünstlerin, Sängerin und Cellistin Salome Kammer sprengt in ihren Programmen alle Grenzen. Ihr Repertoire umfasst AvantgardeGesang und virtuose Stimmexperimente, klassisches Melodram, Liederabende, Oper, Dada-Lyrik, Jazzgesang oder Broadwaysongs. Zwischen den Ausstellungsstücken im Haus der Geschichte, die die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland veranschaulichen, stellt Salome Kammer ihr ganz persönliches Porträt der Moderne vor. In „Chansons bizarres“ streifen der Komponist und Pianist Peter Ludwig und Salome Kammer durch die jüngere Musikgeschichte. Für den Weg der Demokratie beim Beethovenfest Bonn hat Peter Ludwig im Auftrag des Beethovenfestes „Kanzlerwahl - VS-str.geh.“ getextet und komponiert, das Werk bringt Salome Kammer am 6. September um 13 und 19 Uhr im Haus der Geschichte zur Uraufführung.