Zeitgenössische Musik beim Beethovenfest Bonn 2013

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Bonn, 8. März 2013
Zeitgenössische Musik beim Beethovenfest Bonn 2013
»Musik ist überhaupt das Medium, das aus seiner ständigen Eigenverwandlung
besteht, aus seinem Eigenvollzug, aus der ständigen Umformung seiner selbst«,
beschreibt Wolfgang Rihm, und weiter: »Musik trägt sich selbst als
Verwandlungssubstanz vor. Vielleicht ist Verwandlung überhaupt ein Synonym für
Musik.« Im Auftrag des Beethovenfestes Bonn hatte Wolfgang Rihm 2008 das Werk
»Verwandlung 4« komponiert. Mit der Ausformulierung seiner Motivation zu dem
Verwandlungszyklus für Orchester umreißt der Komponist einen zentralen Aspekt
des diesjährigen Beethovenfest-Mottos.
Wolfgang Rihm erhielt 2003 den Ernst von Siemens Musikpreis für Komponisten
und Interpreten. Mit dem Preis würdigt das Kuratorium – zu dem Komponisten,
Musikwissenschaftler und Kulturmanager zählen – erbrachte Leistungen. Die Liste
der ausgezeichneten Komponisten reicht von Benjamin Britten, Olivier Messiaen und
Pierre Boulez bis hin zu Elliott Carter, Witold Lutoslawski, Karlheinz Stockhausen,
Hans Werner Henze, György Ligeti, Helmut Lachenmann, György Kurtág und
Mauricio Kagel.
In diesem Jahr feiert die Ernst von Siemens Musikstiftung ihr 40-jähriges Bestehen
mit einer Konzertreihe in neun europäischen Städten, darunter Bonn. Das
Beethovenfest Bonn veranstaltet gemeinsam mit der Bundeskunsthalle und in
Kooperation mit der Ernst von Siemens Musikstiftung am 11. September ein Konzert,
bei dem ausgewählte Werke von bisherigen Preisträgern auf dem Programm stehen.
1998 wurde György Kurtág ausgezeichnet, 2003 Wolfgang Rihm, und im vergangenen
Jahr Friedrich Cerha. Das Ensemble Modern interpretiert im Forum der
Bundeskunsthalle eine Auswahl aus Kurtágs »Signs, Games and Messages« sowie
Cerhas »Keintate« auf Wiener Sprüche von Ernst Kein, die Horst Maria Merz
rezitiert. Die »Keintate« gehört zu mehreren Zyklen für einen Chansonnier und
Ensemble, die Cerha in den achtziger Jahren komponierte und selbst als
»Annehmen und Überzeichnen der Realität« bezeichnet. Zu Cerhas Werk werden
Bilder mit Wiener Impressionen von Franz Hubmann gezeigt. Auch Wolfgang Rihm
verbindet Bild und Musik. Seine Komposition für neun Spieler »Bild« komponierte er
als konkrete Begleitmusik zu dem Stummfilmklassiker »Un Chien Andalou« von Luis
Buñuel und Salvador Dalì.
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Einer Schülerin von Wolfgang Rihm, die 2012 mit dem Ernst von Siemens
Komponisten-Förderpreis ausgezeichnet wurde, hat die Deutsche Welle einen
Kompositionsauftrag erteilt: Zeynep Gedizlioğlu schreibt ein neues Werk für den
Orchestercampus von Deutsche Welle und Beethovenfest Bonn mit dem Istanbul
University State Conservatory Symphony Orchestra. Ramiz Malik Aslanov dirigiert
die Uraufführung beim Campuskonzert am 3. Oktober in der Beethovenhalle. Die
1977 in Izmir geborene Gedizlioğlu lebt in Istanbul und Berlin, und hat bereits
Kompositionsaufträge von renommierten Ensembles wie dem Arditti Quartett
erhalten. Impuls und Nachklang, Aktion und reflektierendes Innehalten,
Verdichtungen und Überlagerungen bestimmen die Instrumentalwerke von
Gedizlioğlu. Sie bezieht elektronische Musik mit ein, mit der sie sich bei ihren
Aufenthalten am Musikstudio Rendezvous Musique Nouvelle und bei IRCAM in Paris
beschäftigte. Vor der Uraufführung interpretiert das Istanbul University State
Conservatory Symphony Orchestra das Violinkonzert von Ulvi Cemal Erkin. Erkin
zählt zu den »Turkish Five«, einer Gruppe von Komponisten, die in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts erstmals eine national geprägte symphonische Musik
schrieben. Solistin in Erkins Violinkonzert ist die 1973 in Istanbul geborene Geigerin
Bahar Biricik.
Auch Rebecca Saunders erhielt bereits den Ernst von Siemens Förderpreis für
Komposition. 2011 fand in Bonn die Uraufführung von Rebecca Saunders‘
Violinkonzert »Still« mit der Solistin und Widmungsträgerin Carolin Widmann statt,
einem Auftragswerk von Beethovenfest Bonn und BBC Radio 3. Die Ernst von
Siemens Musikstiftung unterstützte den Kompositionsauftrag. Beim Beethovenfest
Bonn 2013 erklingt Saunders‘ »Chroma« für fünf im Raum verteilte
Instrumentalgruppen und Musikdosen. »Chroma« ist eine sich ständig verändernde
Komposition, ein »Klangprojekt auf Wanderschaft«: Die Komponistin passt das Werk,
das 2003 in der Tate Modern in London uraufgeführt wurde, als räumliche Collage
jeweils den Gegebenheiten der Spielstätte an. Die Musiker des Ensemble
musikFabrik reagieren bei der Aufführung am 22. September im Kunstmuseum
Bonn in mehreren Gruppen anhand der Spielanweisungen auf die Kunstwerke der
Ausstellung.
In diesem Jahr hat das Beethovenfest Bonn gemeinsam mit dem Institut Français
Bonn Kompositionsaufträge an Johannes Motschmann und David Chaillou vergeben.
Anlass ist das 50-jährige Bestehen des Elysée-Vertrages. Der Franzose FrançoisFrédéric Guy spielt die beiden Uraufführungen beim Jubiläumskonzert am 2.
Oktober in Bonn ebenso wie Werke von französischen und deutschen Komponisten.
Auf dem Programm stehen eine Auswahl aus Debussys Préludes, Beethovens
»Pathétique« und »Waldstein-Sonate« sowie Schönbergs Drei Klavierstücke op. 11.
Nach der gefeierten Uraufführung von George Benjamins »Written on Skin« 2012 in
Aix-en-Provence, die der Komponist selbst dirigierte, findet beim Beethovenfest die
erste deutsche Neuinszenierung der Oper statt. Der designierte Generalintendant
Bonns ab der Spielzeit 2013/2014, Bernhard Helmich, hat Alexandra Szermerdy und
Magdolna Parditka die Regie übertragen. Hendrik Vestmann dirigiert das Beethoven
Orchester, die Gesangspartien übernehmen Miriam Clark (Agnès), Terry Wey
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(Angel 1/The Boy), Susanne Blattert (Angel 2/Marie), Tamás Tarjáyi (Angel 3/John)
und Avaz Abdullayev (The Protector). Benjamin interpretiert in seiner ersten Oper
eine Sage des 13. Jahrhunderts »Guillem de Cabestanh – Le cœur mangé« neu,
Martin Crimp hat die mittelalterlichen Texte für das 21. Jahrhundert adaptiert. Die
Premiere im Opernhaus Bonn findet am 29. September statt, eine weitere
Aufführung im Rahmen des Beethovenfestes Bonn gibt es am 4. Oktober.
»Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, neue Klänge zu suchen und zu finden.
Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit
auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben… Mein derzeitiges
Schaffen ist eine Synthese«. Mit dieser Aussage beschreibt Krzysztof Penderecki
seinen Kompositionsstil im Wandel der Zeit. Einige seiner Werke hat der polnische
Komponist angesichts der Katastrophen des 20. Jahrhunderts geschrieben:
»Threnos« für 52 Streichinstrumente von 1960 ist den Opfern des Bombenabwurfs
über Hiroshima gewidmet, das Klavierkonzert »Resurrection« entstand unter dem
Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001. Die inhaltliche Verknüpfung
spiegelt sich in der instrumentalen Tonfärbung und Klangdramatik. Rudolf
Buchbinder, den ein freundschaftliches Verhältnis mit Penderecki verbindet,
interpretiert das 2002 komponierte Klavierkonzert beim Beethovenfest Bonn 2013 in
der revidierten Fassung von 2007. Penderecki selbst dirigiert die Sinfonia Varsovia
am 18. September in der Beethovenhalle.
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