Leseprobe - Mathe

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Begleitbuch für Mathematik Oberstufe
für die Abiturprüfung 2017
Baden-Württemberg - berufliche Gymnasien
Stochastik
Dipl.-Math. Alexander Schwarz
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.mathe-aufgaben.com
Wichtiger Hinweis:
Ich bitte den Eigentümer dieses Skriptes, weder das gesamte Skript noch
Teilauszüge daraus zu kopieren, einzuscannen oder auf andere Art und Weise
zu vervielfältigen, um es an andere weiterzugeben. Der Preis dieser Unterlagen
steht in keinem Verhältnis zu dem Zeitaufwand, den ich dafür investiert habe
und für den Inhalt, den man bekommt.
Ich bitte um Fairness und danke dafür – Alexander Schwarz
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Vorwort
Zunächst einmal bedanke ich mich bei euch für das Vertrauen, das ihr mir mit dem Kauf dieses
Buches für die Abiturprüfung in Mathematik entgegengebracht habt !
Der darin enthaltene Stoff der Stochastik ist auf die Abiturprüfung ab 2017 von BadenWürttemberg für berufliche Gymnasien abgestimmt.
Dieses Buch dient sowohl zur Vorbereitung auf die Abiturprüfung als auch auf die Klausuren in der
Oberstufe.
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, alle Themen so verständlich wie möglich darzustellen und auf
„fachchinesisch“ zu verzichten (gemäß Albert Einstein: „Alles sollte so einfach wie möglich gemacht
werden, aber nicht einfacher“).
In jedem Kapitel werden die wesentlichen Inhalte zu jedem Thema ausführlich beschrieben.
Die vielen Beispielrechnungen und Schaubilder dienen dazu, die Beschreibungen noch konkreter zu
erläutern.
Wichtige Formeln, die ihr häufig in der Prüfung benötigt oder Rechenverfahren, die ihr
auswendig lernen solltet sind in dem Buch grau hinterlegt.
Formeln, die auch in der Merkhilfe stehen, die ihr für einen Teil der Abiturprüfung nutzen
dürft, sind vermerkt mit dem Hinweis -> MERKHILFE
Nach meiner Erfahrung hilft es Schülern, wenn man nicht nur darstellt, wie etwas gemacht wird,
sondern auch, wie (und warum) etwas nicht gemacht werden darf.
Ich habe daher in dem Buch auch typische Fehler und Irrtümer dargestellt, die Schüler aufgrund
meiner langjährigen Erfahrung immer wieder machen. Sie sind durch das entsprechende Symbol am
Rand gekennzeichnet.
Wer diese "Fettnäpfchen" kennt, kann ihnen besser ausweichen.
Um zu prüfen, ob ihr den Stoff auch verstanden habt, sind in diesem Buch über 80 Übungsaufgaben
enthalten.
Die Musterlösungen aller Übungsaufgaben aus dem Buch werden als pdf-Dateien über einen
geschlossenen Download-Bereich auf meiner Homepage zur Verfügung gestellt.
Ihr habt als Besteller des Buches die Zugangsdaten zu diesem Bereich von mir per Mail erhalten.
Da der Prüfungsstoff der Stochastik mit der Abiturprüfung 2017 gegenüber früherer Abiturprüfungen
ausgebaut wird, ist das Durchrechnen von früheren Abituraufgaben zur Stochastik zwar sinnvoll, reicht
aber zur Prüfungsvorbereitung nicht aus.
Hinweis zum Taschenrechner:
Im ersten Teil der Abiturprüfung darf kein Taschenrechner und keine Merkhilfe genutzt werden.
Im zweiten Teil darf der Taschenrechner sowie die Merkhilfe genutzt werden.
Bei den Aufgaben im Buch, bei denen ihr einen Taschenrechner und die Merkhilfe verwenden könnt,
habe ich in der jeweiligen Aufgabe durch die Kennung (TR, MH) ergänzt..
Anregungen und konstruktive Kritik zu diesem Buch werden von mir gerne entgegengenommen und
bei der nächsten Aktualisierung berücksichtigt.
Viel Erfolg bei der Bearbeitung dieses Buches und alles Gute für eure Abiturprüfung !
Alexander Schwarz
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Inhaltsverzeichnis
1. Einstufige Zufallsexperimente
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
Ergebnismengen, Ereignisse, Gegenereignisse
Absolute und relative Häufigkeiten
Berechnung von Wahrscheinlichkeiten von Laplace-Experimenten
Gegenereignis
Wahrscheinlichkeitsverteilungen und deren graphische Darstellung
Übungsaufgaben zu Kapitel 1
2. Mehrstufige Zufallsexperimente
2.1 Baumdiagramme
2.2 Pfadregeln
2.3 „Dreimal mindestens“- Aufgaben
2.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 2
3. Verknüpfung von Ereignissen
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.5
Schnitt und Vereinigung zweier Mengen
Additionssatz für Wahrscheinlichkeiten
Vierfeldertafeln
Bedingte Wahrscheinlichkeiten
Unabhängigkeit von Ereignissen
Übungsaufgaben zu Kapitel 3
4. Zufallsvariablen, Erwartungswert, Standardabweichung
4.1
4.2
4.3
4.4
Zufallsvariablen
Erwartungswert einer Zufallsvariablen
Varianz und Standardabweichung einer Zufallsvariablen
Übungsaufgaben zu Kapitel 4
5. Kombinatorik – Urnenmodelle
5.1
5.2
5.3
5.4
Allgemeines Zählprinzip und Permutation
Formeln der Kombinatorik und Binomialkoeffizient
Spezielles Urnenmodell zur Ziehung mit einem Griff
Übungsaufgaben zu Kapitel 5
6. Binomialverteilung
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
Binomialverteilte Zufallsvariablen
Kumulierte / Aufsummierte Binomialverteilungen
Erwartungswert und Varianz von Binomialverteilungen
Sigma-Regeln
Übungsaufgaben zu Kapitel 6
7. Vertrauensintervalle (Konfidenzintervalle)
7.1 Bildung von Vertrauensintervallen
7.2 Stichprobenumfang und Länge des Vertrauensintervalls
7.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 7
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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1. Einstufige Zufallsexperimente
Unter Zufallsexperimenten versteht man Experimente, bei denen vor der Durchführung des
Experimentes zwar bekannt ist, welche Ergebnisse prinzipiell möglich sind, aber der
Ausgang des Experimentes nicht vorhersagbar ist und vom „Zufall“ abhängt.
Zufallsexperimente treten im täglichen Leben auf, da fast alle Geschehnisse mit einer
gewissen Unsicherheit behaftet sind. Zufallsexperimente treten nicht nur bei Glücksspielen
wie Lotto, Würfeln oder Roulette auf, sondern auch in der Medizin (Beurteilung von der
Wirksamkeit von Medikamenten), in der Wirtschaft (Verlauf von Börsenkursen) oder bei
Versicherungen (Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens).
Ein Zufallsexperiment nennt man einstufig, wenn das Experiment nur einmal durchgeführt
wird (z.B. es wird einmal gewürfelt, einmal eine Kugel aus einer Urne gezogen)
Die Stochastik (auch Wahrscheinlichkeitstheorie genannt) ist die Mathematik des Zufalls.
Nach eingehender Beschäftigung mit diesem Themengebiet erkennt man, dass auch der
Zufall mathematischen Gesetzmäßigkeiten unterliegt.
Als Experte auf diesem Gebiet wird man zwar künftig auch nicht mit höherer Sicherheit einen
Sechser im Lotto erreichen, man kann aber dann berechnen, wie viel Euro eines LottoSpieleinsatzes als Verlust im Mittel einkalkuliert werden muss.
1.1 Ergebnismengen, Ereignisse, Gegenereignisse
Um den Zufall mathematisch erfassen zu können, müssen wir bestimmte Begriffe im Vorfeld
definieren.
Als Beispiel soll das einmalige Werfen eines üblichen Würfels dienen.
In der Ergebnismenge S werden alle Ergebnisse aufgezählt, die bei dem Zufallsexperiment
auftreten können. Bei dem Würfelwurf wäre dies die Menge S = {1,2,3,4,5,6}
Die Anzahl der Ergebnisse, die sich in der Menge S befinden, nennt man die Mächtigkeit und
wird mit S bezeichnet. Für den Würfelwurf gilt S = 6 .
Beispiel 1.1:
a) Bei der Ziehung eines Loses in einer Tombola kann eine Niete oder ein Gewinn gezogen
werden. Eine mögliche Ergebnismenge lautet S = {Gewinn, Niete} mit S = 2
b) Beim Werfen einer Münze kann Zahl oder Wappen fallen.
Eine mögliche Ergebnismenge lautet S = {Zahl, Wappen} mit S = 2
c) Eine Urne enthalte rote, blaue und schwarze Kugeln. Aus der Urne wird eine Kugel
gezogen. Eine mögliche Ergebnismenge lautet S = {blau, rot, schwarz} mit S = 3
Bei der Festlegung einer Ergebnismenge müssen wir darauf achten, dass alle möglichen
Ergebnisse eines Zufallsexperiments auch in der Ergebnismenge berücksichtigt werden.
Es wäre also z.B. falsch, in Beispiel 1.1c) als Ergebnismenge S = {blau, rot} zu wählen.
Jeder mögliche Ausgang des Experiments muss aber auch eindeutig einem Element aus
der Ergebnismenge S zugeordnet werden können.
In Beispiel 1.1 c) wäre die Ergebnismenge S = {blau, rot, schwarz, nicht rot} falsch, da man
beim Ziehen der schwarzen Kugel sowohl „schwarz“ als auch „nicht rot“ zuordnen könnte.
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Beachte:
In Beispiel 1.1 wird immer von einer „möglichen Ergebnismenge“ gesprochen. Dies liegt
daran, weil die Angabe einer Ergebnismenge nicht eindeutig ist.
Für das einmalige Werfen eines Würfels gibt es viele Möglichkeiten, eine Ergebnismenge
aufzustellen:
S1 = { gerade Zahl, ungerade Zahl}
S 2 = {Primzahl, keine Primzahl}
S 3 = { Augenzahl kleiner 4, Augenzahl größer gleich 4}
S4 = {1,2,3, 4,5,6}
Nun kommen wir zu dem Begriff des Ereignisses.
Unter einem "Ereignis" versteht man in der Stochastik eine Menge, in der einzelne
Ergebnisse der Ergebnismenge enthalten sind.
Beim Wurf eines Würfels mit der Ergebnismenge S = {1,2,3,4,5,6} gibt es beispielsweise
folgende Ereignisse:
Ereignisbeschreibung
Augenzahl ist gerade
Augenzahl ist eine Primzahl *)
Augenzahl kleiner als 3
Augenzahl ist größer als 5
Augenzahl ist größer als 6
Augenzahl ist kleiner als 7
Ereignis als Menge
A = {2, 4, 6}
B = {2, 3, 5}
C = {1, 2}
D = {6}
E={ }
F = {1, 2, 3, 4, 5, 6}
*) Hinweis: Eine Primzahl ist eine natürliche, die genau 2 Teiler besitzt (also nur durch 1 und sich selbst teilbar
ist). Die ersten Primzahlen lauten 2, 3, 5, 7, 11,...
Man sagt, dass ein Ereignis "eingetreten" ist, wenn eine Zahl, die in der Ereignismenge
enthalten ist, gewürfelt wird.
Wird zum Beispiel die Augenzahl 2 gewürfelt, sind die Ereignisse A, B, C und F eingetreten.
Wird zum Beispiel die Augenzahl 6 gewürfelt, sind die Ereignisse A, D und F eingetreten.
Die Ergebnismenge S eines Zufallsexperiments ist die Menge, in der alle Ergebnisse
aufgeführt sind, die bei dem Experiment eintreten können.
Ein Ereignis A ist eine Menge, in der ausgewählte Ergebnisse aus der Ergebnismenge S
enthalten sind. -> MERKHILFE
Sonderfälle:
1.) Enthält ein Ereignis A alle Ergebnisse aus der Ergebnismenge, ist also spricht man vom
sicheren Ereignis. (siehe Ereignis F in der Tabelle oben)
2.) Enthält ein Ereignis A kein Ergebnis aus der Ergebnismenge, spricht man vom
unmöglichen Ereignis. (siehe Ereignis E in der Tabelle oben)
Endet die Durchführung des Zufallsexperiments mit einem Ergebnis, das in einem Ereignis A
enthalten ist, so ist das Ereignis A eingetreten.
Ein wichtiger Begriff im Zusammenhang mit Ereignissen ist das Gegenereignis A eines
Ereignisses A.
Unter dem Gegenereignis A versteht man die Menge, in der alle Ergebnisse enthalten sind,
die in der Ergebnismenge S enthalten sind, aber nicht im Ereignis A.
Das Gegenereignis beschreibt somit genau das Gegenteil von dem, was das Ereignis A
beschreibt.
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Beispiel 1.2:
In einer Urne sind 10 Kugeln, die mit 1 bis 10 durchnummeriert sind.
Aus der Urne wird 1 Kugel gezogen und die Nummer notiert.
Die Ergebnismenge ist S = {1,2,...10}.
Ereignis A: "Kugelnummer ist größer als 7", also A = {8, 9, 10}
Gegenereignis A : "Kugelnummer ist kleiner oder gleich 7", also A = {1,2,3,4,5,6,7}
Ereignis B: "Kugelnummer ist höchstens 4", also B = {1,2,3, 4}
Gegenereignis B : "Kugelnummer ist größer als 4", also B = {5,6,7,8,9,10}
Ereignis C: "Kugelnummer ist durch 3 teilbar", also C = {3, 6, 9}
Gegenereignis C : "Kugelnummer ist nicht durch 3 teilbar" , also C = {1,2,4,5,7,8,10}
Bei der Formulierung eines Gegenereignisses passieren gerne Fehler, wenn Begriffe wie
"mindestens" oder "höchstens" ins Spiel kommen.
Daher sollte man sich die Beispiele in der Tabelle klarmachen.
Zufallsexperiment: Drehen eines Glücksrad mit den Feldern 1 - 12.
Ereignis A
Feldzahl ist > 7 ("größer als 7")
Feldzahl ist ≥ 7 ("mindestens 7")
Feldzahl ist < 7 ("kleiner als 7")
Feldzahl ist ≤ 7 ("höchstens 7")
Gegenereignis A
Feldzahl ist ≤ 7 ("höchstens 7")
Feldzahl ist < 7 ("kleiner als 7")
Feldzahl ist ≥ 7 ("mindestens 7")
Feldzahl ist > 7 ("größer als 7")
1.2 Absolute und relative Häufigkeiten
Das Ergebnis eines Zufallsexperiments können wir nicht sicher vorhersehen.
Wir können aber Aussagen darüber treffen, wie wahrscheinlich es ist, dass man ein
bestimmtes Ergebnis erhält. Diese Wahrscheinlichkeit hängt eng mit der relativen Häufigkeit
zusammen, mit der ein Ergebnis bei einem Zufallsexperiment auftritt.
Um die absolute und relative Häufigkeit von Ergebnissen zu bestimmen, wird ein
Zufallsexperiment mehrmals hintereinander ausgeführt und die einzelnen Ergebnisse notiert.
Beispiel 1.3:
Ein Würfel wird mehrmals geworfen. In der ersten Versuchsreihe wird der Würfel 40 mal
geworfen, in der zweiten Versuchsreihe wird der Würfel 500 mal gewürfelt und die einzelnen
Ergebnisse werden notiert. In der folgenden Tabelle ist dargestellt, welche Augenzahlen mit
welcher Häufigkeit aufgetreten sind:
Augenzahl
1.Versuchsreihe
Absolute Häufigkeit
2.Versuchsreihe
Absolute Häufigkeit
1
2
3
4
5
6
7
4
3
10
12
4
80
86
78
84
90
82
Die 2. und 3. Zeile der Tabelle gibt die absoluten Häufigkeiten der Augenzahlen an.
Die absolute Häufigkeit eines Ergebnisses sagt aus, wie oft das einzelne Ereignis bei der
mehrmaligen Ausführung des Zufallsexperiments aufgetreten ist.
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Die Summe der absoluten Häufigkeiten der einzelnen Ergebnisse muss die Anzahl aller
Versuche ergeben (in der 1.Zeile die Summe 40, in der 2.Zeile die Summe 500)
Die Information darüber, dass in der 1.Versuchsreihe 10 mal die Augenzahl "4" gewürfelt
wurde, ist alleine nicht viel wert, da in der Anzahl "10" nicht die Aussage enthalten ist, wie oft
insgesamt gewürfelt wurde.
Um beurteilen zu können, ob man in einem Versuch nun besonders häufig bzw. besonders
selten eine bestimmte Augenzahl gewürfelt hat, benötigt man die relative Häufigkeit der
einzelnen Ergebnisse.
Die relative Häufigkeit eines Ergebnisses gibt das Verhältnis der absoluten Häufigkeit des
Ergebnisses zu der Anzahl der Versuche an:
absolute Häufigkeit des Ergebnisses
relative Häufigkeit =
Anzahl aller Versuche
-> MERKHILFE
Für die obigen Augenzahlen ergeben sich folgende relativen Häufigkeiten:
Augenzahl
1
2
3
4
5
6
1.Versuchsreihe
Relative
Häufigkeit
2.Versuchsreihe
Relative
Häufigkeit
7
= 17,5%
40
4
= 10%
40
3
= 7,5%
40
10
= 25%
40
12
= 30%
40
4
= 10%
40
80
= 16%
500
86
= 17,2%
500
78
= 15,6%
500
84
= 16,8%
500
90
= 18%
500
82
= 16,4%
500
Betrachten wir die 1.Versuchsreihe:
Die unterschiedlichen relativen Häufigkeiten der einzelnen Augenzahlen liegen natürlich an
der Zufälligkeit beim Würfeln. Wenn man nochmals 40 mal würfeln würde, kann es
vorkommen, dass die Augenzahl "5" kaum mehr auftaucht und dafür die Augenzahl "3" sehr
häufig.
Wenn wir ein Experiment jedoch sehr häufig durchführen (wie zum Beispiel dass 500malige
Würfeln in der 2.Versuchsreihe) können wir feststellen, dass sich die relativen Häufigkeiten
zwischen den einzelnen Augenzahlen nur sehr gering unterscheiden.
Würde man nochmals 500mal würfeln, kann man davon ausgehen, dass die relativen
Häufigkeiten der einzelnen Ergebnisse wiederum sehr nahe beieinander liegen.
Da aufgrund der Symmetrie eines Würfels keine bestimmte Augenzahl beim Würfeln von
vornherein bevorzugt wird, kann man beim zufälligen Werfen des Würfels davon ausgehen,
dass jede Augenzahl mit der gleichen Häufigkeit auftreten wird.
Den Verlauf der relativen Häufigkeiten bei zunehmender Versuchsanzahl wird nun anhand
des Wurfes einer idealen Münze mit den Ergebnissen "Wappen" und "Zahl" untersucht.
Anzahl Versuche
Absolute Häufigkeit
Wappen
Absolute Häufigkeit
Zahl
Relative Häufigkeit
Wappen
Relative Häufigkeit
Zahl
50
29
21
500
265
235
10.000
4950
5050
29
= 58%
50
265
= 53%
500
4950
= 49,5%
10000
21
= 42%
50
235
= 47%
500
5050
= 50,5%
10000
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Es ist zu erkennen, dass mit der Zunahme der Versuchsanzahl die relative Häufigkeit für
Wappen und Zahl jeweils auf ungefähr 50% stabilisiert.
Der Sachverhalt, dass die relativen Häufigkeiten der einzelnen Ergebnisse bei sehr häufiger
Durchführung eines Experiments jeweils eine stabile Zahl ergeben, wird als das Gesetz der
großen Zahlen bezeichnet
Die relative Häufigkeit eines Ergebnisses ist keine stabile Größe, sondern immer abhängig
vom konkret durchgeführten Experiment. Man kann also keine relative Häufigkeit eines
Ergebnisses angeben, ohne das Experiment selbst durchgeführt zu haben.
Anhand der relativen Häufigkeit bei einer großen Versuchsanzahl kann der Wert der
Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses bestimmt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Münzwurf Wappen fällt, beträgt 0,5.
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Münzwurf Zahl fällt, beträgt ebenfalls 0,5.
Auch im Falle des obigen Würfelwurfs kann man anhand der relativen Häufigkeiten der
einzelnen Ergebnisse bei einer großen Versuchsanzahl deren Wahrscheinlichkeit
bestimmen. Da die relativen Häufigkeiten der einzelnen Augenzahlen bei den 500 Versuchen
alle ähnlich sind, ist es sinnvoll anzunehmen, dass die Wahrscheinlichkeitswerte für die
einzelnen Augenzahlen alle gleich groß sind.
Die Wahrscheinlichkeit einer einzelnen Augenzahl wäre daher
1
= 16,67%
6
Natürlich ist es nicht möglich, von einem Zufallsexperiment zunächst viele Versuche
durchzuführen, bevor man anhand der relativen Häufigkeiten den Wert einer
Wahrscheinlichkeit erhält.
Im Kapitel 1.3 wird dargestellt, wie man bei bestimmten Zufallsexperimenten auch ohne
Berechnung von relativen Häufigkeiten Wahrscheinlichkeiten berechnen kann.
1.3 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten von Laplace-Experimenten
Wahrscheinlichkeiten können häufig alleine durch physikalische Gegebenheiten und
vorhandene Symmetrien berechnet werden.
Bei vielen Zufallsexperimenten besitzt jedes einzelne Ergebnis der Ergebnismenge aus
physikalischen und symmetrischen Eigenschaften dieselbe Eintrittswahrscheinlichkeit.
Beispiele:
• Werfen einer idealen Münze
• Würfeln mit einem idealen Würfel
• Drehen eines Glücksrades mit lauter gleich großen Feldern
• Ziehung einer bestimmten Kugel aus einer Urne mit lauter unterschiedlichen Kugeln
Solche Experimente nennt man Laplace-Experimente.
Unter einer "idealen Münze" oder einem "idealen Würfel" versteht man solche, die
vollkommen symmetrisch sind (also nicht verbeult oder in irgendeiner Form bearbeitet sind).
Dies hat zur Konsequenz, dass jede Münzseite bzw. Würfelseite dieselbe Chance besitzt,
geworfen zu werden.
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Laplace-Experiment
Ein Zufallsexperiment ist ein Laplace-Experiment, wenn jedes Ergebnis der Ergebnismenge
S dieselbe Eintrittswahrscheinlichkeit besitzt.
Wenn die Ergebnismenge n verschiedene Ergebnisse besitzt, ist die
Eintrittswahrscheinlichkeit für jedes Ergebnis
1
.
n
Für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis A eintritt, gilt die Wahrscheinlichkeitsformel:
| A | Anzahl der Elemente in A Zahl der für A günstigen Fälle
P(A) =
=
=
| S | Anzahl der Elemente in S
Zahl aller möglichen Fälle
-> MERKHILFE
Nun einige Beispiele zu Laplace-Experimenten und deren Wahrscheinlichkeiten:
Beispiel 1.4:
Laplace-Experimente sind
a) Würfeln mit einem idealen Würfels mit Ergebnismenge S = {1,2,3,4,5,6}
Jedes einzelne Würfelergebnis besitzt die Wahrscheinlichkeit
1
6
Das Ereignis A: "Würfeln einer geraden Augenzahl" mit A = {2,4,6} besitzt die
Wahrscheinlichkeit P(A) =
3 1
= .
6 2
b) Werfen einer idealen Münze mit Ergebnismenge S = {Wappen, Zahl}
Jede einzelne Seite der Münze besitzt die Wahrscheinlichkeit
1
2
c) Einmaliges Drehen eines Glücksrades, das in 5 gleich große Felder aufgeteilt ist, die mit
den Zahlen 1 - 5 durchnummeriert sind; die Ergebnismenge lautet S = {1, 2, 3, 4, 5}
Die Eintrittswahrscheinlichkeit für jedes Feld beträgt
1
.
5
Das Ereignis B: "Drehen einer Zahl größer als 3" mit B = {4,5} besitzt die
Wahrscheinlichkeit P(B) =
2
5
d) Eine Urne enthält 20 Kugeln mit den Nummern 1 - 20. Aus der Urne wird eine Kugel
gezogen. Die Ergebnismenge lautet S = {1,2,...,20}.
Die Wahrscheinlichkeit eine Kugel mit einer bestimmten Nummer zu ziehen beträgt
1
.
20
Das Ereignis C: "Ziehen einer Kugel mit einer zweistelligen Zahl" mit C = {11,...,20}
besitzt die Wahrscheinlichkeit P(C) =
11
20
Für die Wahrscheinlichkeit P eines Ereignisses A gelten die folgenden Gesetzmäßigkeiten:
Ein Zufallsexperiment besitzt die Ergebnismenge S. Dann gilt:
• P(S) = 1
• 0 ≤ P(A) ≤ 1
-> MERKHILFE
Erklärung:
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, liegt immer zwischen 0 und 1.
Gilt P(A) = 0, dann tritt das Ereignis nie ein ("unmögliches Ereignis").
Gilt P(A) = 1, dann tritt das Ereignis immer ein ("sicheres Ereignis")
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Beispiel 1.5:
a) Aus dem Wort SCHAUFENSTERSCHEIBE wird zufällig ein Buchstabe ausgewählt.
Das Wort besteht aus 19 Buchstaben.
3
Wahrscheinlichkeit für ein „S“: P(" S ") =
(3 der 19 Buchstaben sind günstig)
19
4
Wahrscheinlichkeit für ein „E“: P("E ") =
(4 der 19 Buchstaben sind günstig)
19
Wahrscheinlichkeit für kein "E": P("kein E") =
15
(15 der 19 Buchstaben sind günstig)
19
b) Eine Lostrommel enthält 400 Lose. 200 davon sind Nieten, 160 Lose ergeben
Trostpreise, die übrigen Lose sind Gewinne. Es wird ein Los gezogen.
200 1
160 2
P(Ziehung einer Niete) =
=
P(Ziehung eines Trostpreises) =
=
400 2
400 5
40
1
P(Ziehung eines Gewinns) =
=
400 10
c) Eine Urne enthält 5 rote, 3 blaue und 2 weiße Kugeln. Es wird 1 Kugel gezogen.
5 1
P(Kugel ist rot) =
=
(5 der 10 Kugeln sind günstig)
10 2
3
2 1
P(Kugel ist blau) =
P(Kugel ist weiß) =
=
10
10 5
P(Kugel ist nicht weiß) =
5
3
4
+
=
10 10 5
d) Ein Glücksrad besteht aus zwei Feldern: Ein rotes Feld mit Mittelpunktswinkel 210° und
ein grünes Feld mit Mittelpunktswinkel 150°.
210° 7
P(Glückrad bleibt auf rotem Feld stehen) =
=
360° 12
(es stehen insgesamt 360° zur Verfügung, 210° davon sind günstig)
150° 5
P(Glücksrad bleibt auf grünem Feld stehen) =
=
360° 12
Wenn man solche physikalische Gesetzmäßigkeiten nicht mehr voraussetzen kann,
benötigen wir relative Häufigkeiten, um daraus die Wahrscheinlichkeiten berechnen zu
können.
Beispiel 1.6:
a) Bei einer Umfrage gaben 7% aller Menschen an, dass sie Linkshänder sind.
Diese Prozentzahl wird dann als Wahrscheinlichkeit interpretiert. Das heißt die
7
.
100
b) Bei einer Schraubenproduktion beträgt der Ausschuss 2%, das heißt 2% aller Schrauben
98
sind defekt. Also gilt: P(eine gezogene Schraube ist in Ordnung) =
100
c) In der Oberstufe eines Gymnasiums sind 100 Schüler, davon sind 40 Schüler 17 Jahre
alt und 60 Schüler sind 18 Jahre alt.
40
P(ein ausgewählter Schüler ist 17 Jahre alt) =
= 0,4
100
Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewählter Passant Linkshänder ist, beträgt
10
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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(...)
1.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 1
Aufgabe 1-1:
Bei der Wahl des Bürgermeisters einer Stadt gibt es 4 Kandidaten A, B, C und D.
Welcher der folgenden Mengen sind mögliche Ergebnismengen zu der Umfrage: „Welchen
Kandidaten würden Sie wählen, wenn morgen Wahltag wäre ?
a) {A, B, C, D, keinen}
b) {A, B oder C, keinen}
c) {A, nicht A, keinen}
d) {A oder B, C oder D oder keinen}
e) {A; Nicht B, B}
Aufgabe 1-2:
Ein Kasten enthält neun Kugeln mit den Zahlen 1 bis 9. Eine Kugel wird gezogen und die Zahl notiert.
Betrachtet werden die folgenden Ereignisse:
A: Die Zahl ist eine Primzahl
B: Die Zahl ist durch 5 teilbar
C: Die Zahl ist gerade
D: Die Zahl ist größer als 8
E: Die Zahl ist kleiner oder gleich 5
F: Die Zahl ist eine Quadratzahl
a) Gib die Ereignisse in aufzählender Schreibweise an. Welcher der angegebenen Ereignisse sind
eingetreten, wenn die Kugel mit der Zahl 4 gezogen wurde ?
b) Beschreibe die Gegenereignisse von A bis F in Worten und in aufzählender Schreibweise.
Aufgabe 1-5:
Timo und David streiten sich, wer der bessere Elfmeterschütze sei.
Timo: "In der letzten Saison habe ich 8 von 11 Elfmetern versenkt."
David: "Ach was da war ich besser ! Ich habe 5 von 7 Elfmetern verwandelt."
Wer ist nun der sicherere Elfmeterschütze ?
Aufgabe 1-3:
Bei einer Umfrage wurden 2000 Erwachsene zum täglichen Fernsehkonsum befragt mit folgendem
Ergebnis:
Tageskonsum
Relative Häufigkeit
Bis 1 Stunde
10%
2 Stunden
20%
3 Stunden
30%
4 Stunden
25%
über 4 Std.
15%
a) Veranschauliche die relativen Häufigkeiten durch ein Säulendiagramm. Warum können die
relativen Häufigkeiten als Wahrscheinlichkeit interpretiert werden ?
b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dass
A: eine zufällig ausgewählte Person mindestens 3 Stunden fernsieht
B: eine zufällig ausgewählte Person höchstens 4 Stunden fernsieht ?
Aufgabe 1-4:
Bei einer Klassenarbeit wurden folgende Noten geschrieben:
Note
Häufigkeit
1
3
2
6
3
8
4
9
5
4
a) Bestimme die relative Häufigkeit des Ereignisses A: "Die Note ist schlechter als 4."
b) Bestimme die relative Häufigkeit des Ereignisses B: "Die Note ist 2 oder besser."
c) Beschreibe A und B und bestimme die relativen Häufigkeiten der Ereignisse.
11
6
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1. Einstufige Zufallsexperimente
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Musterlösungen (werden als pdf-Dateien zur Verfügung gestellt)
Aufgabe 1-1:
a) Dies ist eine mögliche Ergebnismenge.
b) Dies ist keine Ergebnismange, da die Wahl von D in der Ergebnismenge nicht enthalten ist.
c) Dies ist keine Ergebnismenge. Wenn jemand nicht wählen geht, kann man sowohl das Ergebnis
"keinen" also auch "nicht A" zuordnen, was nicht erlaubt ist.
d) Dies ist eine mögliche Ergebnismenge.
e) Dies ist keine Ergebnismenge, da die Wahl von A auf zwei Elemente von S zutrifft, nämlich A und
„Nicht B“
Aufgabe 1-2:
a) A = {2,3,5,7} B = {5}
C = {2,4,6,8}
D={9}
E = {1,2,3,4,5}
F = {1,4,9}
Wenn die Kugel mit der Zahl 4 gezogen wird, sind die Ereignisse C, E und F eingetreten.
b)
A = {1,4,6,8,9} Die Zahl ist keine Primzahl
B = {1,2,3,4,6,7,8,9} Die Zahl ist nicht durch 5 teilbar
C = {1,3,5,7,9} Die Zahl ist ungerade
D = {1,2,3,4,5,6,7,8} Die Zahl ist kleiner oder gleich 8.
E = {6,7,8,9}
Die Zahl ist größer als 5
F = {2,3,5,6,7,8} Die Zahl ist keine Quadratzahl.
Aufgabe 1-3:
a)
Das Säulendiagramm hat folgende Gestalt:
Aufgrund der großen Anzahl der befragten Personen können die relativen Häufigkeiten als
Wahrscheinlichkeit interpretiert werden.
b) P(A) = P(3 Stunden) + P(4 Stunden) + P(über 4 Stunden) = 0,3 + 0,25 + 0,15 = 0,7
P(B) = P(höchstens 4 Stunden) = 1 - P(über 4 Stunden) = 1 - 0,15 = 0,85
Aufgabe 1-4:
a) 6 von 32 Schülern haben eine Note, die schlechter als 4 ist. Relative Häufigkeit von A:
b) 9 von 32 Schülern haben eine Note, die besser als 2 ist. Relative Häufigkeit von B:
c)
3 13
=
16 16
9 23
B : "Die Note ist 3 oder schlechter". Relative Häufigkeit: 1 −
=
32 32
A : "Die Note ist 4 oder besser". Relative Häufigkeit: 1 −
12
9
32
6
3
=
32 16
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