Personalistische Bioethik im Verhältnis zum menschlichen Leichnam Zusammenfassung Die Geschichte der Menschheit ist von Anbeginn eine Geschichte ununterbrochener Konfrontation des Menschen mit seiner Vergänglichkeit und dem Sterben, dessen materielles Pendant der menschliche Leichnam ist. In verschiedenen Epochen hat man in unterschiedlicher Weise das Verhältnis zu den Verstorbenen zum Ausdruck gebracht. Man hat sich veränderlicher Rituale bedient. Grundsätzlich aber war das Verhältnis zum menschlichen Leichnam nicht neutral. Die Universalität des Ablebens, welches allen Generationen, Völkern und Rassen zuteil ist, und die phänomenologische Komplexität des menschlichen Leichnams bewirkten, dass das Problem der sterblichen Überreste auf interdisziplinärer Ebene zu untersuchen ist Neben der sachlichen Bedeutung der Thematik verlangt die Befassung mit der thanatologischen Problematik gründliche Selbstbesinnung intellektueller, und emotionaler Art, um das Trauma zu überwinden, welches mit dieser Dimension menschlicher Existenz verbunden ist, die wir als Vergänglichkeit, Kontingenz und Endlichkeit bezeichnen. Die Lebenspraxis zeugt darüber hinaus, wie wichtig die Erarbeitung von durchdachten Haltungen gegenüber den Verstorbenen ist, damit unsere Handlungen sowohl subjektiv als auch objektiv sich als menschenwürdig erweisen. Einen Indikator der Zivilisation und der Menschlichkeit bildet der Umgang mit den Verstorbenen – sowohl im Sinne des Leichnams als auch im Sinne des Gedenkens an sie. Der Mangel an Interesse an den Verstorbenen entlarvt einen Krisenzustand der Kultur und der Menschlichkeit. Der Umgang mit den Verstorbenen ist vielsagend über den Umgang der Menschen mit dem Tod, mit der eigenen Sterblichkeit, wie auch mit den Mitgliedern der Gesellschaft. Wo den Verstorbenen die Achtung verweigert wird, wo der tote Körper instrumentalisiert wird, dort sind zunächst die Sterbenden, denen eine ähnliche Behandlung droht, in Gefahr. Dies betrifft in weiterer Folge auch die schwächeren Mitglieder der Gesellschaft. Eine Zivilisation, die kein Interesse an ihren Vorfahren hat, trennt sich von der Vergangenheit und hat keine Zukunft. Alle die Gründe haben dazu beigetragen, dass das Forschungsobjekt dieser Arbeit der menschliche Leichnam geworden ist, - genauer: die Handlungen, die am toten Körper unternommen werden. Das Aufgreifen der Frage nach dem geeigneten Umgang mit dem menschlichen Leichnam scheint um so dringender und notwendiger, weil es über Jahrhunderte ein Randthema war. Der Durchbruch in der Erforschung dieser Problematik erfolgte erst in den letzten Jahrezehnten. Die gegenwärtige Reflexion über den Leichnam hat in einer sachlichen Diskussion nicht nur den Randcharakter der Thematik des toten Körpers, sondern auch die Technisierung des Umgangs mit dem Leichnam als solchem zu bewältigen. Eine Voranzeige einer solchen Einstellung ist sowohl die Verdrängung des toten Körpers hinter die „Kulisse des Lebens“ - in die Räumlichkeiten der Bestattungsinstitute, die Verwandlung der Leichen in ein abstraktes Phänomen ohne realen Bezug in einem nicht endenden Zug „medialer Leichen“, wie auch die Banalisierung des Ablebens in Computerspielen oder virtuellen Übertragungen. Wenn man hinzufügt, dass die Nekrophobie – die Angst vor der Leiche – faktisch existiert und kein seltenes Phänomen ist und der Leichnam unverändert das „größte Tabu“ im Bereich des Todes ist, lohnt es, sich der Herausforderung der Forschung zu stellen, um dem modernen Menschen die erlangten Ergebnisse „zu widmen“. Dem Menschen, den der Wahn des Aktivismus umnachtet, der so lebt, als ob niemand mehr sterben würde, der für keinen Augenblick sein Lebenstempo drosseln möchte, auch dann nicht, wenn eine ihm nahestehende Person gestorben ist. Gegenwärtig entfaltet sich ein neues technisch-pragmatisches Paradigma, das den toten menschlichen Körper betrifft, welches sich im heutigen Wertesystem als ein realer „Wert“ konstituiert. Nicht ohne sachlichen Grund bezeichnet man den Leichnam als „einen Schatz des XXI. Jahrhunderts“ und es geht dabei um dessen vielfältige pragmatische Verwendung in der Wissenschaft, Forschung und Industrie. Das menschliche Gewebe stellt nach Verarbeitung einen nicht zu unterschätzenden Marktwert dar. Es stellt sich somit heraus, dass der neue „Wert“ des Leichnams – ausschließlich als Rohstoff- und Wirtschaftswert oder ästhetischer Wert – sich weit entfernt hat vom traditionellen, symbolischen und religiös-emotionalen Wert der Ehrerbietigkeit den Verstorbenen gegenüber. Um den modernen Umgang mit dem toten menschlichen Körper zu verstehen, musste man auf sehr unterschiedliche Einstellungen zum Leichnam sowohl in der Geschichte der Menschheit als auch in der Geschichte der Medizin zurückgreifen, weil viele der früheren Formen des Umgangs mit den Toten bis auf den heutigen Tag ihren Nachklang in Haltungen, Glaubensüberzeugungen und Stereotypen sowie in der Bewertung des toten Körpers haben. Die Erforschung dieses Problemfeldes führt zu der erstaunlichen Entdeckung, dass wir nicht mit einer eingleisigen Entwicklung von Haltungen nach einem bestimmten Schema zu tun haben – und zwar, vom religiös-okkulten „Obskurantismus“ der früheren Jahrhunderte zum aufgeklärten, um die medizinischen Errungenschaften bereicherten Umgang. Es scheint, dass wir vielmehr mit einer merkwürdigen Koexistenz diverser – manchmal widersprüchlicher und sich gegenseitig ausschließender – Auffassungen und Standpunkte zu tun haben. In Konsequenz ist in den Diskussionen der bioethischen Probleme die Berücksichtigung dieser Tatsache erforderlich, d.h. der kulturell-geschichtlichen Elemente, die weiterhin wirken und vielfach sogar irritieren, weil die Wissenschaft schon seit langem die Phänomene definitorisch bestimmt hat, die gesellschaftlichen Positionen dagegen als Spiegelbild der Überzeugungen aus den vergangenen Jahrhunderten bestehen bleiben. Die englisch- und deutschsprachige wissenschaftliche Umwelt kennt deutlich das vorhandene Defizit an Reflexion über den toten menschlichen Körper, dessen Ausdruck in den letzten zwei Jahrzehnten das Aufgreifen des Problems des Umgangs mit dem Leichnam und dessen Stellenwert ist. Sowohl das Phänomen der Tabuisierung des Leichnams als auch der Umgang mit dem menschlichen Körper nach dem Tod erfordern nicht nur eine soziopsychologische und geschichtlich-kulturelle Reflexion, sondern auch eine ethische und moraltheologische Forschung. Der Pluralismus der Verhaltensweisen und Wertvorstellungen fordert ethische Analysen heraus, die wiederum in pluralistische Denkmodelle umgesetzt werden. In der Vielzahl der Denkrichtungen besteht die Aufgabe der Ethik selbstverständlich nicht darin, konkrete (einzig korrekte) Handlungsoptionen zu verordnen, sondern eine Hilfestellung bei selbständiger Wahl und Entscheidungsfindung denjenigen zu geben, die verantwortlich handeln müssen. Diese Monographie ist hervorgegangen aus der Überzeugung über den unverkennbaren Bedarf ethischer Reflexion, über den komplexen Kontext von Relationen zum toten Körper – unter Berücksichtigung des pluralistischen Umgangs mit dem menschlichen Leichnam sowie der in diesem Bereich fungierenden positiven und negativen Denkschemata, Glaubensund Aberglaubensmechanismen. Das Forschungsobjekt dieser Arbeit ist der gegenwärtige Umgang mit dem menschlichen Leichnam, nicht so sehr intuitiv, als vielmehr bewusst und überlegt. Es besteht kein Zweifel daran, dass wir in diesem Fall mit einem Thema von hoher universeller Brisanz zu tun haben, welches den gemeinsamen Weg aller menschlichen Wesen betrifft – den Weg über den Zustand als Leichnam, und zuvor über die permanente Erfahrung des Todes, der uns die Nächsten wegholt. Da es sich wirklich um ein allgemeines Thema handelt, hat man beim Einstieg in die Problematik diverse Standpunkte und Perspektiven berücksichtigt. Als führend hat man die Perspektive der personalistischen Bioethik erachtet. Die Platzierung der Person im zentralen Punkt ist eine eindeutige Erklärung, die sich auf den ü- bergeordneten Wert und den fundamentalen Standpunkt bezieht, von dem aus alle Entscheidungen ausgehen – es geht um den Grundwert der Person. Angesichts dessen sind verschiedene Auffassungen und Herangehensweisen an die untersuchte Thematik zu Wort gekommen mit der lediglich sachlichen Beschränkung auf die Standpunkte, die die Würde der menschlichen Person bejahen, d.h. die vom fundamentalen Prinzip der besonderen Stellung des Menschen unter den Lebewesen ausgehen. Die Analyse und Bewertung der Probleme und Handlungen, die am menschlichen Leichnam unternommen werden, ist ein durchdachter Eingriff im Rahmen der Bioethik, d.h. der Ethik des Lebens. Einerseits bestätigt die Analyse der Problematik, dass es eine relativ beträchtliche Anzahl von Themen, Problemen und Aktivitäten gibt, die unbestrittenerweise zum Bereich der Bioethik gehören und den menschlichen Leichnam als Gegenstand haben. Andererseits geht es nicht zwangsläufig um das bloße „Leben des Forschungsgegenstandes“, sondern um Handlungen, die das Leben (des Menschen) betreffen, die die moralische Qualität des handelnden Subjekts bestimmen und auf den toten Körper bezogen sind. Aus diesem Grund, dass der Autor ein Theologe ist, ergibt sich weder die Dominanz der katholischen Auffassung noch die Apriori-Präferenz bestimmter weltanschaulicher Lösungen. Es geht nämlich um einen Dialog und die Möglichkeit einer Konstruktion von ethischen Modellen, die in konkreten Situationen, die eine Wahl erfordern, als Hilfeleistung dienen könnten. Den angewandten Prozeduren ist die Überzeugung zugrunde gelegt worden, dass moralische Probleme mit Hilfe von Vernunftargumenten zu lösen sind, die das Ergebnis des praktischen Vernunft sind, und nicht durch Rückgriff auf eine konkrete Tradition. Das heißt aber nicht, dass man die Bedeutung einzelner konfessioneller oder religiöser Traditionen in einer pluralistischen Gesellschaft ignoriert bzw. verneinen möchte. Von daher hat man in der Arbeit – bei Einhaltung der methodologischen Offenheit auf die Vielfalt der ethischen und juristischen Optionen in der besprochenen Problematik – keinen sachlichen und normativen Synkretismus angewendet. Der Autor blieb eindeutig bei seinen Ansichten als Bioethiker katholischer Prägung, der sich das Recht vorbehält, seinen eigenen Standpunkt zu präsentieren. In der einschlägigen Literatur können wir mehr oder weniger dicke Bände antreffen, die die empirischen Erfahrungen und kulturellen Darstellungen der Begräbnisrituale aber auch den menschlichen Leichnam selbst beschreiben. Es gibt aber viel weniger Versuche einer normativen Reflexion über den korrekten Umgang mit dem Körper des verstorbenen Menschen, der Gegenstand dieser Arbeit ist. Noch seltener sind Versuche einer möglichst ganzheitlichen Erfassung dieser Problematik anzutreffen, wobei die in dem Begriff „möglichst“ wiedergegebene mangelnde Präzision, die sich auf die Sache bezieht, beabsichtigt ist, weil eine totale und ausschöpfende Bearbeitung dieses Forschungsgegenstandes nicht umzusetzen wäre. Die Monographie stellt also eine theoretische Bearbeitung eines Problemkomplexes dar, dessen Fokus sich auf den menschlichen Leichnam richtet. Die Vielfalt der Themen in dem Problemkomplex hat jedoch dazu beigetragen, dass es notwendig geworden ist, das eigentliche Forschungsspektrum auf einige klar bestimmte Gebiete zu beschränken. Somit warten die übrigen Aspekte der Thematik – hier nur angedeutet – weiterhin darauf, dass sie aufgenommen werden, zumal in der polnischen Fachliteratur das Thema bisher nicht ausreichend entdeckt und bearbeitet worden ist. Die Arbeit ist in vier Kapitel gegliedert worden, die man von der Betitelung her wie folgt wiedergeben kann: I - Der Status des menschlichen Leichnams; II - Das Begräbnis; III Medizinische Verwendbarkeit; IV - Die Ausstellung des Leichnams. Kapitel I: Der Status des menschlichen Leichnams. Die Antwort auf die Frage nach dem Status des Leichnams ist auf der ontologischen, ethischen, theologischen, juristischen und schließlich auf der anthropologischen Ebene formuliert worden, obwohl – wie es scheint – wir nicht mehr mit einem Menschen zu tun haben. Das Bewusstsein der in diesem Bereich bestehender Kontroversen und fundamentaler Uneinigkeiten erforderte eine Konfrontation der strittigen Standpunkte und Ansichten miteinander, um annähernd den Status des Leichnams für die hier durchgeführte Forschung ausreichend zu bestimmen. Im Rahmen der Analyse des Status des menschlichen Leichnams ist die Relation zum personalen Kontext, in dem der tote Körper verbleibt und reflektiert werden sollte, wie ein Motto mehrfach zurückgekehrt. Wenn der tote menschliche Körper einen Wert aus dem Bereich der personalistischen Werte darstellt, dann bedarf jede Handlung, die sich auf den Leichnam bezieht, einer ethischen Legitimation und Beurteilung. Der Leichnam ist kein „gewöhnlicher Gegenstand“, auch wenn man ontologisch diese Klassifizierung aufrechterhalten will, erfordert er auf der imperativen Ebene eine achtende Haltung ihm gegenüber. Die Legitimation einer solchen Verpflichtung ist lediglich auf der Grundlage der zutreffenden Anthropologie möglich, also des Verstehens des Stellenwertes des Körpers in der Gesamtheit der lebenden Person, die den ontologisch-ethischen Stellenwert des Leichnams mitbestimmt. Wie es sich ergab, schützt nur die integrale Anthropologie – die einen dualistischen Standpunkt ablehnt, der die Seele und den Leib gegeneinander ausspielte – den Leichnam des Menschen nach dessen Tod vor einem unwürdigen Umgang. Die Norm oder Haltung der Pietät, die den korrekten Umgang mit dem toten Körper regelt, fand viele Begründungen und Auslegungen, sowohl ethischer als auch juristischer Art. Kapitel II: Letzter Dienst gegenüber dem toten Körper. Der Schlüssel zur Systematisierung weiterer Etappen des Forschungsprozesses ist das Begräbnis des menschlichen Leichnams. Unabhängig von der Größe der Pflichten, die man mit der Pietät in konkreten Formen assoziiert, ist die erste, universale und fundamentale Verpflichtung die würdige Bestattung. Gegenwärtig spricht man von epochalem Wandel in der Begräbniskultur oder von einer Herausforderung für den Personalismus, die in den neuen Begräbnistrends verschlüsselt ist. Aus diesem Grunde sind Haltungen, Formen und neue Strömungen im Rahmen der Bestattung einer Analyse unterzogen worden. Besondere Aufmerksamkeit gilt – außer der Veränderung von Begräbnisformen selbst – der Motivations-, Argumentations- und Interpretationsebene, weil erst diese Perspektive den Einblick gewährt, was sich in Wirklichkeit in der Begräbniskultur abspielt, und die Verifizierung der These von einer sich vollziehenden „Revolution“ ermöglicht . Kapitel III: Menschlicher Leichnam in der Medizin. Dieses Kapitel bildet den größten Problemblock in der Monographie. Die Darstellung der historischen Wurzeln der gegenwärtigen Probleme und Praktiken erschließt den Zugang zur gegenwärtigen Denk- und Handlungsweise. Der unverhältnismäßig große Umfang dieses Kapitels ergibt sich aus dem enormen Volumen der Themen, die einer Überprüfung und Bewertung bedürfen. Die zu behandelnden medizinischen Themen sind folgende: geschichtliche Angaben zum Stellenwert des Leichnams für die Erkenntnis und Therapie des menschlichen Körpers: die Präsentation der aktuell praktizierten Obduktion samt ihrer Bedeutung und die Erörterung der Kontroversen, die im Zusammenhang mit der Obduktion entstanden sind; das Problem der öffentlichen Aufklärung über die medizinische Nutzung des toten Körpers; technische und ethische Probleme der Gewinnung von Leichen für medizinische Zwecke; konkrete Forschungen, in denen Leichen verwendet werden, mit dem Ziel der Krankheitsprophylaxe und der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr (Crash-Tests) sowie zu Zwecken der Transplantation. Auch die Diskussion über die didaktische Unentbehrlichkeit des toten Körpers und die Verabschiedung des Leichnams, der der Medizin und dem Wohl der Kranken gedient hat, gehören in diesen Bereich. Die im Rahmen von medizinischen Handlungen ausgewiesenen Situationen und Verwendungsmodi des menschlichen Köpers nach dem Tode scheinen recht differenziert zu sein. Wenn man sich jedoch zum Bewusstsein bringt, dass es in allen Fällen zu einer totalen Desintegration oder einer partiellen Verletzung der körperlichen Integrität des Leichnams kommt, handelt es sich dann doch - trotz aller Unterschiede - um eine Problematik der gleichen Art. Kapitel IV: Ausstellung des toten Körpers. Den Gegenpol zu den Begräbnisarten bildet der Verzicht auf eine Bestattung, - genauer: der Tausch der Bestattung gegen eine mehr oder minder beständige Exposition des toten Körpers. Da die Entwicklung solcher Tendenzen und Praktiken heutzutage ungestüm ist, unternahm man hier den Versuch derer Charakteristik und der Entdeckung der treibenden Mechanismen sowie derer Bewertung. Der Ausgangspunkt war die Analyse des geschichtlichen Phänomens in der Form des Anatomie-Theaters, das gegenwärtig „wiederbelebt“ worden ist und zwar als öffentliche Obduktion. Ganze, bereits bestattete Körper oder deren Teile hat man öffentlich in Form von Reliquien (Kultobjekt) oder als Leichnam, dessen Zerfall in bestimmten Fällen auf natürliche Weise gestoppt worden ist (Mumien), zur Schau gestellt. Diese Formen der zur Schaustellung von Leichen sind ebenfalls überprüft worden. Ein toter Körper, der einer chemischen Bearbeitung (Plastination) unterzogen worden ist, kann über Jahre unzerstörbar sein. Statt bestattet zu werden, wird er zum Ausstellungsexponat. Aktivitäten, die in solchen Fällen an der Leiche vorgenommen werden, sind sowohl in technischer als auch ethischer Hinsicht bereits bekannt. Um das Phänomen der modernen Ausstellungen von Leichen näher zu beleuchten, hat man eine der „Körperwelten“ präziser analysiert, indem man sich besonders auf die dort angeführte Argumentation konzentrierte. Ein breites Spektrum ethischer Probleme, Zweifel und Fragen, die in dieser Monographie zur Sprache gekommen sind und nicht zu Ende reflektiert werden konnten, bilden ein schwieriges Erbe der Unternehmungen, die im Fokus der Aufmerksamkeit den menschlichen Leichnam positioniert haben. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass das Problem überall dort entsteht, wo die Instrumentalisierung und/oder die Betrachtung des Leichnams nur als Gegenstand einen Verstoß gegen den Respekt vor den menschlichen Überresten darstellt. Wenn es wahr ist, dass die allgemeine Forderung nach Pietät – die in vergangenen Jahrhunderten nie in Frage gestellt worden ist – auf das Gebot der würdigen Bestattung des toten Körpers sich konzentriert, dann bedürfen alle Versuche, von diesem ursprünglichen moralischen Imperativ Abstand zu nehmen, einer Legitimation. Es hat sich auch herausgestellt, dass nicht „jeder Gebrauch einer Leiche“ einer solchen Sanktionierung unterliegt, einige Handlungen jedoch direkt gegen „einen des Menschen würdigen“ Umgang mit dem toten Körper verstoßen. Die Existenz solcher Prozeduren sollte man mit Beunruhigung und Sorge zur Kenntnis nehmen, weil - wie die Geschichte lehrt - nicht jede Revolution ein menschliches Antlitz hat und die beobachtete „Bestattungsrevolution“ grundlegend auf die Infragestellung der Fundamente des würdigen Umgangs mit dem menschlichen Körper und indirekt mit der Person ausgerichtet sind. Die personalistische Sensibilität gebietet nicht nur die Beurteilung diverser Handlungen am menschlichen Leichnam und die Wachsamkeit gegenüber neuen Phänomenen, aber auch eine konsequente Bildungs- und Aufklärungsarbeit der Gesellschaft, deren Zustand man an der Haltung gegenüber den Toten erkennt. Tłum. Dr. Werner Christmann