473_535_BIOsp_0513_473_535_BIOsp_0513 19.08.13 10:55 Seite 528 528 W I S S E N SCH AFT · JOU R NAL CLUB ÿ Wolbachia stoppt die Plasmodienreifung im Mücken-Wirt ÿ Vielfältige Umwelt beeinflusst Entwicklung bei Zwillingsmäusen ÿ Perforierung der Zellwand ermöglicht Zell-Zell-Kommunikation ÿ Neurexine und das Zusammenspiel von Neuronen Lothar Jaenicke Jochen Graw Christoph Mayer Andreas Reiner Wolbachia stoppt die Plasmodienreifung im Mücken-Wirt Das Bakterium Wolbachia ist ein symbiotischer Insektenparasit, der in deren Weibchen reift. Das ist nicht nur insektenbiologisch interessant, sondern auch nutzbar, weil die Weibchenwirte durch die Bakterieninfektion für andere Kommensalen zytoplasmatisch inkompatibel werden. Dadurch werden beispielsweise Malariaplasmodien in Anopheles-Mücken an ihrem mückeninternen Reifungzyklus verhindert, sodass deren Stich ohne Erkrankungsfolgen bleibt. ó Allerdings ist dies für eine sichere Malariaprophylaxe nicht hundertprozentig; denn bislang gab es keine Wolbachia-Stämme, die die Infektion erblich übertragen, sodass Statistik ins Spiel kommt. G. Bian et al. (Science (2013) 349:748–751) haben durch genetisches Manipulieren eine stabil infizierende Wolba- chia(wAlbB)-Mutante bei A. stephensi, dem Überträger der mittel- und ostasiatischen Malaria, konstruiert. Die ausgefeilten Mikroextraktions- und -injektionsmethodik, sowie die Differentialfärbungs- und PCR-Analysenverfahren sind tatsächlich beeindruckend. Uninfizierte Malariamücken-Populationen werden von einer infizierten wAlbB-Mutanten nach sechs bis sieben Generationsrunden vollständig „durchseucht“. Das Artefakt wAlbB erzeugt nicht nur perfekte Transmission mütterlicherseits, sondern auch sehr hohe zytoplasmatische Histoinkompatibilitätstiter. Die Gesamtpopulation ist dann, wie die künstliche Mutante, in Ookineten, Oocysten und Sporozoiten vollständig gegen das menschenpathogene Plasmodium falciparum resistent. WAlbB induziert die Bildung von ROS (O2-Radikalspezies) in den Geweben hochsignifikant. Ver- mutlich ist dies die Ursache der Hemmung der Plasmodien-Infektion. Die wAlbB-Mutante findet sich weit überwiegend (>65 %) im Fettkörper des Anopheles-Gewebes, gefolgt von Ovar (ca. 10 %), Speicheldrüsensystem (<10 %) und Mitteldarm (ca. 5 %). Wolbachia-wAlbB hat also hohe Affinität für den Fettkörper, geringe für die ausführenden Gewebe. Das gleicht der Verteilung bei A. gambiae in anlogen Studien. Y Es ist somit gelungen, einen WolbachiaStamm durch Genmanipulation zu erzeugen, der alle Voraussetzungen für die stabile Symbiose mit Anopheles-Weibchen bietet. Sein Erfolg beruht auf der erhöhten Resistenz gegen die eignen Plasmodium-Parasiten. wAlbB ist ausreihend invasiv, ohne letal zu sein und hat sich in einem Feldversuch bereits bewährt. Wenn sich das bestätigt, wäre es ein großer Erfolg gegen die Malaria. Lothar Jaenicke ó Vielfältige Umwelt beeinflusst Entwicklung bei Zwillingsmäusen Eineiige Zwillinge gelten gemeinhin als Synonym für (genetische) Gleichheit – und trotzdem entwickeln sie sich unterschiedlich. Die Gruppe von Gerd Kempermann (Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Dresden) hat nun in einem interdisziplinären Ansatz unter Beteiligung von Gruppen aus Berlin, Münster und Saarbrücken mit Mäusen eines Inzucht-Stammes dieses Phänomen genauer untersucht (Freund F et al., Science (2013) 340:756–759). ó Dazu wurde eine Gruppe von 40 weiblichen Mäusen im Alter von vier Wochen in ein Gehege mit einem reichhaltigen Angebot an Beschäftigungs- und Erkundungsmöglichkeiten gebracht; darin konnte jede Maus ihre ganz in- dividuellen Erfahrungen machen. Die Mäuse waren alle mit entsprechenden Sendern ausgestattet, sodass ihr Aufenthaltsort einfach bestimmt werden konnte. Im Laufe des dreimonatigen Experiments unterschieden sich die Mäuse immer mehr hinsichtlich ihres Aufenthaltsbereichs und ihres explorativen Verhaltens. Nach drei Monaten wurden sie mit ihren genetisch identischen Geschwister-Mäusen verglichen, die in einer vergleichsweise unattraktiven Umgebung lebten. Dabei zeigte sich, dass die Tiere des Geheges größere Variationen im Körper- und Gehirngewicht aufwiesen als die Kontrollgruppe. Um spezifische Einflüsse der abwechslungsreichen Umwelt auf die Neubildung von Nervenzellen zu bestimmen, wurden den Tieren im Alter von 17 Wo- chen das Basenanalogon BrdU appliziert (Bromdesoxyuridin) und nach drei Wochen der Einbau von BrdU in die DNA des Hippocampus gemessen. Es zeigte sich, dass die Tiere aus der Gehegegruppe auch mehr Neurogenese im Erwachsenenalter zeigen als die Kontrollen; aber auch innerhalb der Gehegegruppe korreliert das Ausmaß der Neurogenese positiv mit dem explorativen Verhalten. Y Das Experiment zeigt deutlich, dass verschiedene individuelle Erfahrungen zu einer unterschiedlichen Plastizität des Hippocampus in genetisch identischen Tieren führen. Damit ist ein Modell etabliert, um diese Einflussgröße genauer zu untersuchen. Die Zwillingsforschung am Menschen wird von derartigen Ergebnissen sicherlich enorm profitieren. Jochen Graw ó BIOspektrum | 05.13 | 19. Jahrgang 473_535_BIOsp_0513_473_535_BIOsp_0513 19.08.13 10:55 Seite 529 529 Thomas Lang Volkmar Braun Tilo Pompe Johannes Sander Thomas Vogt Marco Girhard Perforierung der Zellwand ermöglicht Zell-ZellKommunikation Multizelluläre Cyanobakterien wie Nostoc punctiforme bilden lange Filamente aus unterschiedlich spezialisierten und miteinander kommunizierenden Zellen. Die Fähigkeit, Metabolite und Signalmoleküle zwischen den Zellen auszutauschen, ist die Voraussetzung für die Differenzierung einzelner Zellen im Zellverband als Reaktion auf Umweltreize und die Zellsynchronisierung. ó J. Lehner et al. aus der Gruppe von Iris Maldener, Universität Tübingen, zeigten mithilfe von Fluoreszenz- und Elektronenmikroskopie, dass die Multizellularität von N. punctiforme abhängig von der Fähigkeit ist, gezielt Löcher (Nanoporen) in die Peptidoglykan-Zellwand zu bohren (FASEB J (2013) 27:2293–2300). Die Zwischenwand zweier Zellen (Septum) ist von 140–160 Nanoporen mit jeweils 20 nm Durch- messer durchsetzt. Die Perforierung der Septen ist abhängig von einer speziellen Peptidoglykan-Amidase (AmiC2). Mutationen in AmiC2 führen zu einem klumpigen Zellwachstum, dem Erliegen der Zell-Zell-Kommunikation und der Unfähigkeit zur Zelldifferenzierung. Die Nanoporen scheinen einem Entwicklungszyklus zu unterliegen. Bislang ist nicht klar, wie AmiC2 gezielt Löcher in das Peptidoglykangerüst schneidet, ohne dieses komplett aufzulösen, und ob die Nanoporen mit (Transport-)Proteinen gefüllt oder leer sind. Y Damit konnte jetzt eine neue Funktion von Peptidoglykan-Amidasen, die Bildung von Kommunikationsstrukturen bei mehrzelligen, filamentösen Cyanobakterien, aufgezeigt werden. Aufbau und Genese dieser faszinierenden Porenstrukturen müssen weiter aufgeklärt werden. Christoph Mayer ó Neurexine und das Zusammenspiel von Neuronen Zelladhäsionsproteine organisieren den Aufbau von Synapsen. Nun wurde untersucht, welchen Einfluß das Spleißen von Neurexinen auf die funktionellen Eigenschaften von Synapsen hat. ó Neurexine sind Zelladhäsionsproteine, die an der Oberfläche von präsynaptischen Neuronen exprimiert werden. Sie vermitteln stabile Zell-Zellkontakte, indem sie mit komplementären Adhäsionsproteinen auf der postsynaptischen Seite, z. B. Neuroligin und Leucin-reichen repeat-Transmembranproteinen, interagieren. Interessanterweise werden die drei Neurexingene an mehreren Stellen alternativ gespleißt, sodass eine Vielzahl möglicher Proteinvarianten entsteht. Dies hat zu der Hypothese geführt, dass dieses, offensichtlich streng regulierte, alternative Spleißen als Code zur Bildung spezifischer Interaktionen zwischen Neuronen dienen könnte, und damit eine wichtige Rolle bei der Reifung von Synapsen spielt. Mithilfe eines eleganten genetischen Ansatzes haben J. Aoto et al. (Cell (2013) 154:75–88) nun getestet, ob BIOspektrum | 05.13 | 19. Jahrgang verschiedene Spleißformen von Neurexin 3 auch funktionelle Konsequenzen für die synaptische Signalleitung haben. Die Autoren finden, dass die präsynaptische Expression einer verlängerten Neurexinform die synaptische Signalleitung reduziert, indem auf der postsynaptischen Seite weniger Glutamatrezeptoren bereitgestellt werden, um den ausgeschütteten Neurotransmitter Glutamat zu detektieren. Ferner führt die verminderte Bereistellung dazu, dass die Synapsen nicht, wie in Gegenwart der kurzen Form, durch wiederholte Anregung gestärkt werden. Dieser neu aufgezeigte Mechanismus gibt auch mögliche Anhaltspunkte für die Entstehung von Krankheitsbildern, die im Zusammenhang mit Neurexinen stehen, insbesondere Schizophrenie und Autismus. Y Die Arbeit zeigt, dass verschiedene Spleißformen eines präsynaptischen Zelladhäsionsproteins die Rezeptorzusammensetzung und Plastizität auf der postsynaptischen Seite beeinflussen können. Andreas Reiner ó Gerald Thiel Sarah Leist Kurz gefasst ó Umgekehrt passt’s besser! Bakteriozide Antibiotika aus der Gruppe der Aminoglykoside (AG) verursachen Translationsfehler. Die daraus folgenden defekten Membranproteine aktivieren das Cpx-Zweikomponenten-System (CpxA/CpxR). Nach bisheriger Lehrmeinung führt dies über die Freisetzung von Sauerstoffradikalen zum Tod der Zellen. Laut T. F. Mahoney und T. J. Silhavy (J Bacteriol (2013) 195:1869–1874) führen Nullmutationen im cpxA-Gen zwar zur Resistenz gegen AG und Hydroxyharnstoff (HU), allerdings nicht über eine Cpx-Inaktivierung, sondern über eine Aktivierung: CpxA hat nicht nur die Aufgabe, den Response-Regulator CpxR bei Bedarf anzuschalten, sondern muss ihn bei Abwesenheit eines Signals durch seine Phosphataseaktivität auch in einem inaktiven Zustand halten. Unklar ist, wieso das Cpx-System auch vor HU, nicht aber vor anderen bakteriziden Antibiotika schützt. Johannes Sander ó Natürlicher Selektionsdruck und Evolution humanpathogener Bakterien Bakterien in der Umwelt müssen sich vor dem Fraß durch Protisten und andere Eukaryoten schützen. Dieser ständige Kampf ums Überleben hat im Laufe der Evolution zu einer vielfältigen Entstehung von Abwehrreaktionen geführt. Dazu gehören auch eine Reihe von Virulenzfaktoren. M. Erken et al. (Microb Ecol (2013) 65:860–868) erläutern in Ihrem Review den Zusammenhang zwischen der Entstehung von Virulenzfaktoren und dem Selektionsdruck durch Fraß am Beispiel mariner Bakterien und heterotropher Protisten. Ferner wird in der Arbeit diskutiert, inwieweit diese Mechanismen zur Entstehung neuer humanpathogenen Bakterien beitragen können. Michael Schloter ó Kovalente Neuraminidase-Inhibitoren zur Behandlung der Influenza Influenzaviren können hochgefährliche Pandemien auslösen. Daher werden effiziente Arzneistoffe gegen die Influenza benötigt. Die virale Neuraminidase spielt bei der Infektion der Wirtszellen eine Schlüsselrolle. J.-H. Kim et al. (Science (2013) 340:71–75) haben eine neue Klasse von 2,3-Difluorsialinsäure-basierten Neuraminidase-Inhibitoren entwickelt, die das Enzym über eine kovalente Stabilisierung des Transitionszustandes hemmen. Die neuen Inhibitoren wirken auch in Zellkultur- und Tiermodellen; ebenso bei Resistenz gegen konventionelle Neuraminidase-Inhibitoren. Die Arbeit zeigt sehr schön die Interdisziplinarität der Pharmakologie auf: Kristallographie, Medizinische Chemie und Zellbiologie gehen hier Hand in Hand. Roland Seifert 473_535_BIOsp_0513_473_535_BIOsp_0513 20.08.13 08:20 Seite 530 530 W I S S E N SCH AFT · JOU R NAL CLUB ÿ NTCP, ein neuer Membranrezeptor für das humane Hepatitis B- und D-Virus ÿ Palaeogenomik des Lepra-Bazillus enthüllt tausendjährige Stabilität ÿ Weiche Hydrogelpartikel erkennen Zucker ÿ Virulenz-relevantes CRISPR/Cas-System NTCP, ein neuer Membranrezeptor für das humane Hepatitis B- und D-Virus Das humane Hepatitis B-Virus (HBV) ist eine Hauptursache für die Entstehung von Leberkrebs oder einer Leberzirrhose mit Organversagen und ca. eine Million Menschen weltweit versterben jährlich an den Folgen. Zwei unabhängige Forschergruppen haben praktisch zeitgleich einen wichtigen Mechanismus des HBV-Replikationszyklus aufgedeckt: den Membranrezeptor für HBV, der wiederum eine spezifische Peptidsequenz im HBV erkennt (Yan H et al., Elife (2012) 1:e00049; Meier A et al., Hepatology (2013) 58:31–42). ó Bis vor kurzem gab es nur wenige experimentelle Hinweise darauf, wie das humane HBV in Leberzellen eindringt und warum HBVInfektionen auf Mensch, Schimpanse und Spitzhörnchen (Tupaia) begrenzt war. Übereinstimmend wurde nun eine kurze und völlig konservierte Peptidsequenz in der preS1Domäne des HBV-envelope-L-Proteins identifiziert. Diese Peptidsequenz, so vermuteten die Forscher, müsse wohl den Rezeptor erkennen. Insbesondere H. Yan et al. konnten zeigen, dass ein Natrium-abhängiger Gallensalztransporter-Rezeptor (NTCP, sodium taurocholate cotransporting polypeptide), vorwiegend in der Leber exprimiert, spezifisch die Fusion der Zelle mit dem HBV ermöglicht. Ein ähnlicher Mechanismus für den viralen Eintritt wird auch für das Hepatitis D-Virus, ein kleiner Satelliten RNA-Virus des HBV, erwartet. Die Funktion von NTCP als fungierender Rezeptor für HBV wurde untermauert durch NTCPKnock-down-Experimente in humanen Leberzellen, was in einer stark reduzierten Infektionsanfälligkeit für HBV resultierte. Darüber hinaus erlangen für HBV-Infektionen normalerweise nicht empfängliche humane Hepatomazellen (HepG2, Huh7), welche NTCP nicht exprimieren, bei exogener Expression von NTCP ihre Empfänglichkeit für eine effiziente HBV-Infektion zurück. Außerdem wurde die kritische Region im NTCP (Aminosäuren 157-165) für Virusbindung und Infektion identifiziert. Wenn man diesen Bereich im nicht-funktio- nellen NTCP in Affen mit ihrem humanen Gegenstück ersetzt, erlangen diese ebenfalls ihre virale infektiöse Fähigkeit wieder. Y Die Entdeckung von NTCP als der lang gesuchte Rezeptor für HBV und die Etablierung geeigneter in vitro-Infektionssysteme und Tiermodelle ist ein wesentlicher Fortschritt in diesem Forschungsfeld und wird einen großen Einfluss auf die klinische Hepatitis-Forschung haben. Mit der Verfügbarkeit einer Rezeptorsequenz ist der Schritt zur Entwicklung von blockierenden Substanzen des Viruseintritts möglich. Hierzu eignet sich z. B. Myrcludex B, ein synthetisches Lipopeptid, das von der preS1Untereinheit des viralen L-Proteins abgeleitet werden konnte und mit dem Virus um die Rezeptorbindung konkurriert (Volz T et al., J Hepatol (2013) 58:861–867; Schieck A et al., Hepatology (2013) 58:43–53). Ein zukünftiger therapeutischer Einsatz beim Menschen ist wahrscheinlich. Thomas Lang ó Palaeogenomik des Lepra-Bazillus enthüllt tausendjährige Stabilität Lepra war einst weltweit eine häufige bakterielle Infektionserkrankung, verschwand aus unbekannten Gründen aus der westlichen Welt, verblieb aber mit zehn bis 15 Millionen Fällen in Ländern der Dritten Welt, und wurde in den letzten 20 Jahren mit einer Mehrfachmedikamententherapie auf 225.000 Neuerkrankungen pro Jahr reduziert. ó Der Vergleich der Genome von Mycobacterium tuberculosis mit M. leprae hatte das überraschende Ergebnis, dass die Hälfte des Genoms von M. leprae aus Pseudogenen besteht, die bis zu 40 Stopcodons enthalten. Daraus wurde eine hohe genetische Diversität unter Leprastämmen vorhergesagt, jedoch das Gegenteil gefunden. Vier sequenzierte Stämme aus unterschiedlichen Ländern waren zu 99,995 % identisch. Die Gewinnung von DNA zur Sequenzierung ist schwierig, da M. leprae nicht in synthetischen Medien, sondern nur in Gürteltieren vermehrt werden kann. V. Schuenemann et al. (Science (2013) 340:12781282) untersuchten 22 Skelette aus mittelalterlichen Gräbern aus Nordeuropa mit Lepratypischen osteologischen Läsionen auf M. leprae. Aus den Proben wurden M. leprae-DNAFragmente durch Hybridisierung gefischt. Unerwartet entsprach eine Probe zu 40 % der M. leprae-DNA, mit der eine 100fache Absicherung der gesamten DNA-Sequenz de novo erreicht wurde. Der ungewöhnlich hohe Gehalt an Mykolsäuren (langkettige Lipide), schützte offensichtlich die DNA vor Abbau. Drei der antiken Stämme aus Europa bilden eine Gruppe, wie man sie heute in der Türkei und im Iran findet. Eine weitere M. leprae-Gruppe findet man in Europa, nicht jedoch im mittleren Osten. Die Ähnlichkeit antiker Stämme mit solchen aus den USA spricht für einen europäischen Ursprung der Lepra in den amerikanischen Ländern. Der Vergleich von 15 Genomen zeigt eine geringe Mutationsrate von 6,13 × 10–9 Substitutionen pro Stelle pro Jahr, die der von M. tuberculosis (5,4 × 10–9) entspricht. Am stärksten variabel ist ein Serin-reiches Zelloberflächenantigen mit elf Punktmutationen, was wahrscheinlich die Reaktion von M. leprae auf das Wirtsimmunsystem widerspiegelt. Y Die Genomsequenzierung antiker Bakterienproben gibt Hinweise auf den Ursprung moderner pathogener Human-Stämme, ihre genomische und physiologische Entwicklung und ihre geografische Verteilung. Das reduzierte Genom von M. leprae erlaubt u. a. nur einen geringen Katabolismus und einen eingeschränkten Energiemetabolismus, was das sehr langsame Wachstum mit einer Verdoppelungszeit von 14 Tagen erklärt. Daran hat sich in einer tausendjährigen Geschichte nichts geändert. Volkmar Braun ó BIOspektrum | 05.13 | 19. Jahrgang 473_535_BIOsp_0513_473_535_BIOsp_0513 19.08.13 10:55 Seite 531 531 Weiche Hydrogelpartikel erkennen Zucker Für das rationale Design von Zuckerwirkstoffen werden Immunoassays oder markierungsfreie Screeningmethoden benötigt, die bislang jedoch für diese schwachen Wechselwirkungen recht ungenau und oft aufwendig und teuer sind. D. Pussak et al. (Angew Chem Int Ed Engl (2013) 52:6084–6087) präsentieren einen neuen Ansatz für die markierungsfreie Wirkstoffanalyse, der sich insbesondere für schwache Wechselwirkungen wie bei Zuckeranalyten eignet. ó Zucker sind nicht bloße Nährstoffe, sondern enthalten oftmals Informationen, die spezifische Zellprozesse wie Signalübertragung oder Immunabwehr modulieren. Diese eigentlich alte Erkenntnis bringt neuen Schwung in die chemische Synthese multivalenter, pharmazeutisch aktiver Zuckerstrukturen. In der neuen Analysemethode wird zunächst ein Ligand an ein mechanisch leicht deformierbares Mikrogelpartikel gekoppelt und in Kontakt mit einer Rezeptoroberfläche gebracht, um die Affinität von pharmazeutisch aktiven Zuckerliganden zu bestimmen. Durch die Interaktion von Liganden und Rezeptoren kommt es zu Adhäsion und Bildung einer charakteristischen Kontaktfläche des Partikels auf der Rezeptoroberfläche. Die Kontaktfläche und damit auch die zugrundeliegende Ligand-Rezeptor-Bindungsenergie lässt sich durch einfache optische Mikroskopie ermitteln. Was diesen Ansatz interessant für die Wirkstoffanalyse macht, ist die Möglichkeit, dass zugegebene Zuckerwirkstoffe an der Rezeptoroberfläche kompetitiv binden und zu einer Veränderung der Kontaktfläche des Partikels führen. Aus der Veränderung der Kontaktflächen in Abhängigkeit der Analytkonzentration konnten so die inhibitorischen Konzentrationen verschiedener Mannose-basierter Modellwirkstoffe gegenüber dem Mannose-spezifischen Lektin ConA bestimmt werden. Y Mit diesem verblüffend einfachen Messprinzip sind D. Pussak et al. in der Lage, multivalente Zuckerstrukturen zu unterscheiden, die nur geringe Unterschiede in der Anordnung von z. B. Mannose-Einheiten auf einem Oligomer aufweisen. Zudem heben die Autoren hervor, dass mit diesem Assay auch grundlegende Erkenntnisse über spezifische Bindungen an weiche Oberflächen, wie z. B. Zelle-Matrix- und Zell-Zell-Interaktion gewonnen werden können. Tilo Pompe ó Virulenz-relevantes CRISPR/Cas-System Erregertypische Substanzen wie bakterielle Lipoproteine (BLPs) oder Flagelline kennzeichnen die Anwesenheit von Bakterien in Wirtsorganismen. Sie rufen als Pathogen-assoziierte molekulare Muster (PAMPs) bei Pflanzen und Tieren nach Bindung an Muster-Erkennungsrezeptoren (PRRs) eine erste, wenn auch noch recht unspezifische Abwehrreaktion hervor. Francisella novicida kann jedoch seine BLP-Synthese unterdrücken und so die Aktivierung des Rezeptors TLR2 dämpfen. ó Interessanterweise ist das zur BLP-Repression benötigte Protein FTN_0757 ein Cas9-Protein und somit Teil eines CRISPR/Cas-Systems, das viele Prokaryoten zur Abwehr von Phagen einsetzen (Sampson TR et al., Science (2013) 497:254–257). FTN_0757/Cas9 kann zusammen mit zwei kleinen CRISPR/Cas-codierten RNA-Molkülen (tracrRNA, scaRNA) die mRNA des BLP-Proteins FTN_1103 abbauen. Dabei hybridisiert die scaRNA an ihrem 3′-Ende mit der FTN_1103-mRNA und an ihrem 5′-Ende mit der BIOspektrum | 05.13 | 19. Jahrgang tracrRNA. Durch die spezifische Induktion von cas9, tracrRNA und scaRNA während der intrazellulären Infektion kann F. novicida so die TLR2-Aktivierung und damit auch die Freisetzung des entzündungsfördernden Cytokins IL-6 beim Wirt verringern. Cas9 und scaRNAs spielen wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Pathogenese von Neisseria meningitidis und Campylobacter jejuni. Y Es mehren sich Hinweise, dass CRISPR/ Cas-Systeme über ihre eigentliche Funktion bei der Abwehr von Fremd-DNA hinaus auch die DNA-Reparatur und Biofilmbildung beeinflussen. Das geschilderte CRISPR/Cas-System hilft den Bakterien mit einer nicht-CRISPR-targetingRNA (scaRNA), durch Eingriff in die Genregulation der Wirtsabwehr zu entkommen. Da viele Pathogene cas9-Gene besitzen, könnte es sich dabei um einen verbreiteten Mechanismus handeln. Interessanterweise eignen sich Δcas9-, ΔtracrRNA- und ΔscaRNA-Mutanten als Vakzine. Johannes Sander ó Kurz gefasst ó Neue Strategie zur Überlistung der Arzneistoffresistenz von Tumorzellen Es ist immer wieder dasselbe Spiel: Ein neuer Arzneistoff zur Behandlung von Tumorerkrankungen wird erfolgreich in die Therapie eingeführt, aber nur kurze Zeit später kommen die ersten Meldungen über resistente Tumoren. Die Mechanismen, über die Tumoren resistent gegen Arzneistoffe werden, können sehr unterschiedlich sein. Im Falle von Kinase-Inhibitoren sind es häufig Mutationen in Enzymen, die dazu führen, dass die Bindungsaffinität des Inhibitors reduziert wird. M. Das Thakur et al. (Nature (2013) 494:251–255) zeigen nun, dass bestimmte Melanomzellen Mutationen erwerben, die dazu führen, dass der Tumor in seinem Wachstum abhängig von dem Arzneistoff Vemurafenib wird, der den BRAF → MEK → ERK-Signalweg hemmt. Durch eine diskontinuierliche Therapie mit Vemurafenib lässt sich das Tumorwachstum besser hemmen. Die Arbeit zeigt sehr schön, dass weniger Therapie mehr wert sein kann. Roland Seifert ó Adipositas-Kontrolle durch Akkermannsia municiphila Die Häufigkeit des Mucin-abbauenden Darmbakteriums Akkermannsia municiphila ist umgekehrt proportional zum Körpergewicht und zu Diabetes. A. Everard et al. (PNAS (2013) 110:9066–9071) zeigten, dass lebende Zellen von A. municiphila Einfluss auf die Schleimbarriere des Darms, Stoffwechsel und Entzündungsreaktion nehmen und so das Übergewicht selbst sowie Adipositas-assoziierte Erkrankungen begünstigen können. Eine Mittlerrolle spielen dabei wahrscheinlich das Endocannabinoid-System und von diesem System kontrollierte Glukagon-ähnliche Peptide. Präbiotika, die auf unbekannte (möglicherweise indirekte) Weise die Zellzahl von A. municiphila erhöhen (z. B. Oligofructose), könnten sich so gesundheitsfördernd auswirken. Johannes Sander ó Mechanismus der Nebenwirkungen von Sulfomamiden im ZNS Das Sulfonamid Sulfamethoxazol wird in Kombination mit Trimethoprim in hohen Dosen zur Behandlung von Infektionen mit dem Pathogen Pneumocystis carinii eingesetzt. Die Therapie mit Sulfamethoxazol wird häufig von Nebenwirkungen im ZNS wie Nervosität, Schwindel und Tremor begleitet. H. Haruki et al. (Science (2012) 340:987– 991) zeigen nun, dass Sulfamethoxazol die Sepiapterinreduktase hemmt. Dieses Enzym spielt in der Biosynthese von Neurotransmittern wie Dopamin eine wichtige Rolle. Die Arbeit ist ein schönes Beispiel dafür, dass vermeintlich unspezifische unerwünschte Arzneistoffwirkungen von pharmakologischen Oldies auf molekularer Ebene sehr gut erklärt werden können. Roland Seifert 473_535_BIOsp_0513_473_535_BIOsp_0513 19.08.13 10:55 Seite 532 532 W I S S E N SCH AFT · JOU R NAL CLUB ÿ Vitamin C und Epigenetik ÿ SLICen – Klonieren ohne zu Ligieren ÿ Diabetes mellitus: Regenerative Therapie via Betatrophin? ÿ Unterschiede im Mx1-Gen beeinflussen Infektionsverlauf Vitamin C und Epigenetik Im Gegensatz zu den meisten anderen Säugern fehlt Primaten die Fähigkeit Vitamin C (L-(+) Ascorbinsäure) zu synthetisieren. Vitamin C ist Ko-Faktor der Prolyl4-Hydroxylase, die Kollagenfasern mittels Wasserstoffbrücken mechanisch stabilisiert. Mangel an frischem Obst und Gemüse führt zu Skorbut, der alten Seefahrerkrankheit, mit Blutungen unter der Haut und Zahnfleischschwund. Skorbut endet unbehandelt immer mit dem Tod. ó E. A. Minor et al. (Journal of Biological Chemistry (2013) 288:13669–13674) haben jetzt Belege dafür gefunden, das Vitamin C neben dieser strukturgebenden Funktion auch einen regulatorischen Einfluss auf das Methylierungsmuster der DNA, und damit auf die Fähigkeit von Zellen haben kann, auf äußere Einflüsse zu reagieren. Entsprechende Experimente wurden von den Autoren an Zellkulturen von Maus-Fibroblasten durchgeführt, die Kollagen synthetisieren können. In diesen Zellen beschleunigt die Zugabe von Ascorbinsäure auch die Hydroxylierung von 5-Methylcytosin zu 5-Hydroxymethylcytosin (5-hmC), wahrscheinlich über Reduktion des Fe3+ der hydroxylierenden 2-Oxoglutarate abhängigen Methylcytosin Dioxygenase. Genau diese Fe2+-regenerierende Funktion von Vitamin C ist vom Mechanismus der Prolyl-4-Hydroxylase bei der Kollagenmodifizierung bekannt. 5-Methylcytosin ist zwar nur zu 1 % in Säuger-DNA enthalten, kann aber die Expression zahlreicher Gene regulieren. Die hydroxylierte Form, 5-hmC, wird als eine wichtige Vorstufe beim Demethylierungsprozess der DNA gesehen. Dabei werden dieser Substanz regulatorische Funktionen beim RNA-Splicing und bei der Zell- und Tumorentwicklung zugeschrieben. Die auf Ascorbinsäure zurückgeführte Regeneration der aktiven Dioxygenase kann das Methylierungsmuster des Chromatins verändern. Die Ver- mutung liegt nahe, dass Vitamin C in der Epigenetik eine wichtige Rolle spielen kann, jenem Teilgebiet der Genetik, das sich mit der Weitergabe und der Veränderung der Erbsubstanz jenseits der bekannten Basenpaartrilogie beschäftigt. Die in dieser Arbeit beschriebene Funktion von Vitamin C könnte den Autoren zufolge in letzter Konsequenz eine gewisse Vermutung bestätigen, die besagt: Man ist, was man isst. Y Dies ist ein weiteres molekulares Indiz dafür, dass die Zusammensetzung unserer Nahrung die Expression unserer Gene und damit unser Leben wesentlich beeinflussen kann. Bei den Honigbienen entscheidet die Nahrung welcher Organismus zur Königin wird: das nur an Königinnenlarven verfütterte Gelee Royal enthält eine Substanz, die das Methylierungsmuster der Bienengene verändert. Etwas Ähnliches hatten wir doch gerade. Thomas Vogt ó SLICen – Klonieren ohne zu Ligieren Die klassische DNA-Klonierung mittels vier enzymatischen Schritten (Polymerase, Restriktionsendonuklease, Phosphatase und Ligase) ist zeitaufwändig und fehleranfällig. Mit SLIC (sequence and ligation independent cloning) präsentieren Mamie Li und Stephen Elledge (In: Gene Synthesis: Methods and Protocols (2012) Jean Peccoud (Hrsg), Methods in Molecular Biology 852:51–55) eine neue Methode, die diese Nachteile umgeht. ó SLIC besteht aus zwei Schritten: Im ersten Schritt wird nach Amplifikation des insert (welche klassisch mittels Polymerase erfolgt) das Exonuklease-Enzym T4 DNA-Polymerase benutzt um einzelsträngige DNA-Überhänge zu generieren. Im Anschluss werden die erzeugten DNA-Fragmente von insert und Vektor in vitro assembliert. Dieser Schritt kann entweder enzymatisch durch das Enzym RecA erfol- gen, aber auch ohne Enzym durchgeführt werden, sofern ausreichende Mengen an amplifizierter DNA (≥100 ng) verfügbar sind. Nach erfolgter in vitro-Assemblierung werden die Konstrukte in kompetente Escherichia -Zellen (z. B. DH5α oder DH10β) transformiert, wo in vivo die Reparatur von Lücken und Einzelstrangbrüchen, sowie die Erzeugung der rekombinanten DNA stattfinden. SLIC hat Vorteile gegenüber einer Reihe von früher beschriebenen Klonierungstechniken: Zum Einen kann die Länge der Einzelstrangüberhänge durch die Dauer der Inkubation mit Exonuklease gesteuert werden; dabei muss die Homologie der erzeugten Überhänge von Vektor und insert nicht absolut perfekt sein, da nicht-homologe Bereiche am Strangende nach der Transformation durch E. coli erkannt und entfernt werden. Zum Anderen werden auch längere Einzelstränge akzeptiert, wodurch eine relativ ho- he Fehlertoleranz der Methode, z. B. bei zu langem Exonuklease-Verdau, gegeben ist. Desweiteren können durch eine unvollständige PCR (incomplete PCR, iPCR) DNA-Fragmente erzeugt werden, die bereits Einzelstrangüberhänge besitzen, sodass in diesen Fällen keine Exonuklease benötigt wird. Y Die Vorteile von SLIC gegenüber klassischen Klonierungstechniken sind offensichtlich: SLIC bringt eine Zeitersparnis und ist aufgrund der reduzierten Anzahl enzymatischer Schritte weniger fehleranfällig. Insbesondere wenn mehrere Klonierungsschritte vonnöten sind (z. B. für die Herstellung künstlicher Operone), kann die Anzahl an verfügbaren Restriktionsschnittstellen schnell limitierend sein. Auch hier bietet SLIC eine vielversprechende Alternative, da bis zu fünf DNA-Fragmente gleichzeitig assembliert werden können. Marco Girhard ó BIOspektrum | 05.13 | 19. Jahrgang 473_535_BIOsp_0513_473_535_BIOsp_0513 19.08.13 10:59 Seite 533 533 Diabetes mellitus: Regenerative Therapie via Betatrophin? Diabetes mellitus zeichnet sich durch eine relative bzw. absolute Insulin-Defizienz aus und wird durch Antidiabetica bzw. Insulin-Injektionen behandelt. Die Entdeckung des Hormons Betatrophin durch die Arbeitsgruppe von D. A. Melton (Harvard Stem Cell Institute, Cambridge, USA) öffnet die Tür für eine regenerative Therapie (Peng Y et al., Cell (2013) 153:747–758). ó Ausgangspunkt für die Entdeckung des Betatrophins war der Befund, dass die Injektion eines Insulinrezeptor-Antagonisten in Mäusen eine kompensatorischen Zunahme der Anzahl der pankreatischen beta-Zellen induzierte. Eine Mikroarray-Analyse führte zur Identifikation von Betatrophin, eines sekretorischen Proteins, das vor allem in der Leber und im Fettgewebe synthetisiert wird. Eine transiente Expression von Betatrophin in der Leber induzierte eine massive Vermehrung der beta-Zellen, führte zu einem Anstieg der beta-Zellmasse und einer Verbesserung der Glukosetoleranz. Spannende Ergebnisse bezüglich des Betatrophin-Rezeptors und der durch Betatrophin induzierten intrazellulären Signalkaskade in den beta-Zellen sind zu erwarten. Y Die Arbeit impliziert einen regenerativen Therapieansatz für die Behandlung des Diabetes mellitus: Die Injektion mit Betatrophin könnte die Anzahl der beta-Zellen bei Diabetes-Patienten erhöhen und damit die Konzentration an sezerniertem Insulin. Dadurch könnte langfristig die Glukosehomöostase wieder hergestellt werden. Gerald Thiel ó Unterschiede im Mx1-Gen beeinflussen Infektionsverlauf Das Collaborative Cross (CC) ist eine Mauspopulation, die aus acht Elternstämmen hervorgeht (siehe auch S. 502ff in dieser Ausgabe). Vor allem bei Krankheiten, die von einer Vielzahl von Parametern beeinflusst werden, ist die Analyse im Menschen problematisch. Deswegen machten sich M. T. Ferris und Kollegen die pre-CC-Maus-Population zu Nutzen, um den Einfluss der Genetik auf den Verlauf von Influenza-Infektionen zu untersuchen (PLoS Pathog (2013) 9:e 1003196). ó Sie infizierten sowohl 115 pre-CC Linien als auch die acht Elternstämme des CC mit einem mausadaptierten H1N1-Virus. Dabei stellten sie eine sehr hohe Variation innerhalb der analysierten Parameter, wie Virusreplikation, Körpergewichtsverlust und Entzündungsreaktion fest. Höchst interessant war, dass die pre-CCLinien einzigartige Phänotypkombinationen aufwiesen, die in den Elternstämmen nicht beobachtet werden konnten. Dies ist möglich, da je- de Linie ein einzigartiges Mosaik der genetischen Information der Elternstämme darstellt. QTL mapping (quantitativ trait locus mapping) identifizierte unterschiedliche genomische Regionen, die die gemessenen Parameter beeinflussten. In einer dieser Regionen ist das Mx1-Gen lokalisiert, welches schon lange als Influenza-Resistenz-Gen bekannt ist. Sequenzanalysen zeigten, dass verschiedene Mx1-Allele in den Elternstämmen vorliegen. Die Forscher beschrieben ein noch nicht bekanntes Mx1-Allel, das zwar vor Gewichtsverlust während der Infektion schützt, jedoch keine Auswirkung auf die Virusreplikation hat. Prof. Dr. Lothar Jaenicke, Institut f. Biochemie, Universität zu Köln, Zülpicher Straße 47, D-50674 Köln Prof. Dr. Jochen Graw, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH, Ingolstädter Landstraße 1, D-85764 Neuherberg, [email protected] PD Dr. Christoph Mayer, IMIT – Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin Tübingen, Auf der Morgenstelle 28, D-72076 Tübingen, [email protected] Dr. Andreas Reiner, University of California Berkeley, Department of Molecular & Cell Biology, Berkeley, USA, [email protected] PD Dr. Thomas Lang, Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie, Auerbachstraße 112, D-70376 Stuttgart, [email protected] Prof. Dr. Volkmar Braun, Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, Spemannstraße 35, D-72076 Tübingen, [email protected] Prof. Dr. Tilo Pompe, Institut für Biochemie, Universität Leipzig, Johannisallee 21–23, D-04103 Leipzig, [email protected] Johannes Sander, Falkenstraße 87, D-58553 Halver, [email protected] Dr. Thomas Vogt, Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie, Weinberg 3, D-06120 Halle/Saale, [email protected] Dr. Marco Girhard, Institut für Biochemie, Universität Düsseldorf, Universitätsstraße 1, D-40225 Düsseldorf, [email protected] Prof. Dr. Gerald Thiel, Universität des Saarlandes, Medizinische Biochemie und Molekularbiologie, Campus Universitätsklinikum, Gebäude 44, D-66421 Homburg/Saar, [email protected] Dr. Sarah Leist, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH, Infektionsgenetik, Inhoffenstraße 7, D-38124 Braunschweig, [email protected] BIOspektrum | 05.13 | 19. Jahrgang Y Analysen der Pre-CC-Linien, die das gleiche Mx1-Allel aufweisen sich jedoch in ihrem genetischen Hintergrund unterscheiden, ermöglichen es modulierende Faktoren des Mx1-Gens zu identifizieren und deren Rolle im Verlauf einer Influenza-Infektion zu bestimmen. Sarah Leist ó