Prof. Dr. V. Schmidt G. Gaiselmann, A. Spettl WS 2010/2011 17.02.2011 Lösungsvorschlag Probeklausur zur Elementaren Wahrscheinlichkeitsrechnung Hinweis: Der Umfang und Schwierigkeitsgrad dieser Probeklausur muss nicht dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der richtigen Klausur bzw. Nachklausur entsprechen. Aufgabe 1 In einer Klasse seien 17 Mädchen und 13 Jungs. Unter diesen 30 Schülern werden vier Tafeln Schokolade ausgelost. Dabei sei P (Ak ) das Ereignis, dass genau k dieser vier Tafeln Mädchen erhalten (k = 0, 1, 2, 3, 4). Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit P (Ak ) für k = 0, 1, 2, falls (a) jede(r) Schüler(in) höchstens eine Tafel erhält bzw. (b) jede(r) Schüler(in) mehrere Tafeln erhalten kann. Lösungsvorschlag: Urne mit 2 Merkmalsgruppen (’Mädchen’, ’Jungen’) N = 30 (Objekte insgesamt) davon S = 17 (Mädchen) und R = 13 (Jungs). n = 4 -mal Ziehen ohne Beachtung der Reihenfolge (a) Ziehen ohne Zurücklegen: → Hypergeometrische Verteilung N −S S · n−k k P (Ak ) = = N n 13 4 30 4 P (A0 ) = P (A1 ) = P (A2 ) = = 17 k 13 4−k · 30 4 , k = 0, 1, 2, 3, 4 13! · 26! = 0.0261 30! · 9! 13·12·11 3! 30 4 17·16 13·12 · 2! 2! 30 4 17 · = 0.1774 = 0.3871 (b) Ziehen mit Zurücklegen: → Binomialverteilung k n−k k 4−k n S S 4 17 13 P (Ak ) = · · 1− = · · , k = 0, 1, 2, 3, 4 k N N k 30 30 4 13 ≈ 0.0353 P (A0 ) = 30 3 13 4! 17 ≈ 0.1844 P (A1 ) = 1!3! 30 30 2 2 4! 17 13 P (A2 ) = ≈ 0.3618 2!2! 30 30 Aufgabe 2 Vor Ihnen stehen zwei Urnen (A und B). In Urne A befinden sich 10 weiße und 5 schwarze Kugeln. In Urne B sind 4 weiße und 8 schwarze Kugeln enthalten. Aus Urne A werden rein zufällig 3 Kugeln gezogen und in Urne B gelegt (das Ergebnis dieser Ziehung ist nicht bekannt). Anschließend werden aus Urne B rein zufällig 2 Kugeln gezogen. (a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide aus Urne B gezogenen Kugeln weiß sind? Runden Sie das Ergebnis auf die vierte Nachkommastelle. (b) Aus Urne B wurden 2 weiße Kugeln gezogen. Welche Farbkombination der vorher hineingelegten Kugeln ist dann am wahrscheinlichsten? Wie groß ist diese Wahrscheinlichkeit? Lösungsvorschlag: Urne A: 10 weiße, 5 schwarze Kugeln Urne B: 4 weiße, 8 schwarze Kugeln 3-mal Ziehen ohne Zurücklegen aus A 2-mal Ziehen ohne Zurücklegen aus B Wähle z. B. Ω = {(ω1 , ω2 ) ∈ Ω : ω1 = Anzahl weiße Kugeln in Urne B, ω1 ∈ {4, 5, 6, 7} , ω2 = Anzahl der aus B gezogenen weißen Kugeln, ω2 ∈ {0, 1, 2}} Definiere: Ak = {(ω1 , ω2 ) ∈ Ω : ω1 = 4 + k} = {k weiße Kugeln wurden aus Urne A gezogen, } k=0,1,2,3. Dann gilt P (Ak ) = Ω = A0 ∪ . . . ∪ A3 . 5 (10k )·(3−k ) > 0 für k = 0, 1, 2, 3 und Ak ∩ Al = ∅ für k 6= l, 15 (3) Bn = {(ω1 , ω2 ) ∈ Ω : ω2 = n} = {n weiße Kugeln wurden aus Urne B gezogen, } n=0,1,2. (a) Gesucht: P (B2 ) Mit Zerlegung An sind alle Voraussetzungen für den Satz der totalen Wkt. erfüllt ⇒ P (B2 ) 10 5 (4+k 2 ) ( k )(3−k) 15 15 k=0 ( ) (3) 2 10 5 (4+k)(3+k) ( k )(3−k)3! Satz der tot. Wkt. = = = P3 P3 k=0 15·14 15·14·13 120 2000 6750 5040 + + + 95550 210·455 95550 95550 ≈ 0.1456. = 13910 95550 (b) Gesucht: P (Ak |B2 ) k = 0, 1, 2, 3 Weil P (B2 ) > 0 nach Teil (a), kann man schreiben: P (Ak |B2 ) = P (B2 |Ak )P (Ak ) P (B2 ) ist maximal, falls Zähler maximal ist: k = 0 : P (B2 |A0 )P (A0 ) = 120 95550 2000 95550 6750 k = 0 : P (B2 |A2 )P (A2 ) = 95550 5040 k = 0 : P (B2 |A3 )P (A3 ) = 95550 k = 1 : P (B2 |A1 )P (A1 ) = ⇒ wahrscheinlichste Farbkombination: 6750 ’2 weiß, 1 schwarz’ mit P (A2 |B2 ) = 13910 ≈ 0.4853. Aufgabe 3 Es sei (Ω, F, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum. Beweisen oder widerlegen Sie, dass es Ereignisse A und B ∈ F gibt mit 0 < P (B) < 1, P (A | B) = P (A) und P (A ∪ B) = P (A ∩ B). Lösungsvorschlag: Annahme: es gibt A, B mit 0 < P (B) < 1 und P (A | B) = P (A) P (A ∪ B) = P (A ∩ B) (i) (ii) Dann: P (A ∪ B) = P (A) + P (B) − P (A ∩ B) (i) P (A ∩ B) = + P (B) − P (A ∩ B) P (B) (ii) ⇐⇒ 1 2− P (A ∩ B) = P (B) P (B) | {z } | {z } ≤P (B) <1, P (B)<1 ⇒ P (B) < P (B) Dies ist ein Widerspruch, entsprechend ist die Annahme falsch und die Behauptung widerlegt. Aufgabe 4 Zwei Studenten wollen sich zwischen 12 und 13 Uhr an der Mensa treffen. Die beiden kommen innerhalb der angegebenen Stunde rein zufällig an. Die Ankunftszeit des einen hat dabei keinen Einfluss auf die Ankunftszeit des anderen. Keiner der beiden ist jedoch bereit, länger als 10 Minuten auf den anderen zu warten. (a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit kommt es zu einem gemeinsamen Treffen? (b) Wie lange müssten die Studenten bereit sein, aufeinander zu warten, damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich treffen, mindestens 0.7 beträgt? Lösungsvorschlag: Ω = {(x, y) ∈ [0, 60]2 }, A = {(x, y) ∈ Ω : |x − y| ≤ d = 10} 60 60−d A d 0 d 60−d 60 (a) P (Treffen) = P (|Ankunft X − Ankunft Y | ≤ 10) |A| = |Ω| 60 · 60 − 50 · 50 = 60 · 60 ≈ 0.3056 (b) 60 · 60 − (60 − d) · (60 − d) 60 · 60 2 ! d ≥ 0.7 , d ∈ (0, 60] = 1− 1− 60 P (Treffen bei d Minuten warten) = ⇔ ⇔ d 1− 60 1− ⇔ 2 ≤ 0.3 √ d d ≤ ≥ 0) 0.3 (denn 1 − 60 60 √ d ≥ 1 − 0.3 · 60 ≈ 27.1366 Aufgabe 5 Der Zufallsvektor (X, Y ) sei absolutstetig mit gemeinsamer Dichte ( 1 (x + y) e−(x+y) , falls x > 0, y > 0, 2 f(X,Y ) (x, y) = 0, sonst. (a) Bestimmen Sie die Dichte von X + Y . (b) Bestimmen Sie die Kovarianz Cov(X + Y, X − Y ). Lösungsvorschlag: (a) Die Dichte von X + Y ist für z > 0 gegeben durch: Z ∞ fX+Y (z) = f(X,Y ) (t, z − t) dt −∞ Z z 1 z>0 = (t + z − t)e−(t+z−t) dt z>0⇒t>0,z−t>0 2 0 Z z −z 1 1 dt = e · ·z· 2 0 | {z } =z 1 2 −z z e , z>0 2 1 2 −z z e 1I{z>0} 2 = ⇒ fX+Y (z) = d (b) Es gilt X = Y , denn Z ∞ fX (x) = f(X,Y ) (x, y) dy f(X,Y ) (x,y)=f(X,Y ) (y,x) Z ∞ = −∞ f(X,Y ) (x, y) dx = fY (y) −∞ ⇒ Var(X) = Var(Y ) Damit: Cov(X + Y, X − Y ) = Cov(X + Y, X) − Cov(X + Y, Y ) = Cov(X, X) + Cov(Y, X) − Cov(X, Y ) − Cov(Y, Y ) | {z } | {z } | {z } =Var(X) =Cov(X,Y ) =Var(Y ) = 0 Aufgabe 6 Die Konzentration von Kohlenmonoxid im Abgas eines Heizwerkes wird gemessen. Der Messwert wird durch eine Zufallsvariable X mit E X = µ (in (g/cm3 )) und Var X = 0.0001 gut beschrieben. Wieviele unabhängige Messungen müssen durchgeführt werden, so dass mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 0.97 das arithmetische Mittel der Messungen vom Erwartungswert µ um maximal 0.003 (g/cm3 ) abweicht? Beantworten Sie die Frage (a) mittels des Tschebyschev-Ungleichung, (b) mittels des zentrales Grenzwertsatzes. Lösungsvorschlag: d E X = µ, VarX = σ 2 = 0.0001, Xk i.i.d., Xk = X n 1 P Xk − µ ≤ 0.003 ≥ 0.97. Gesucht: n so, dass P n k=1 Beachte: n E( 1X Xk ) = µ n k=1 n 1 1X · VarX ≤ ∞ Xk ) = Var( n k=1 n (a) Tschebyschev-Ungleichung: ! n 1 X P Xk − µ ≤ 0.003 n ! n 1 X Xk − µ > 0.003 n k=1 1−P = k=1 Tschebyschev-Ungl. ≥ Var( n1 1− 1− Xk ) k=1 0.0032 Vor. erfüllt, ε=0.003 = n P 0.0001 1 · 2 |0.003 {z } n ! ≥ 0.97 100 9 ⇔ 0.03 · ⇔ 9 100 n 1 n 370.37 ≥ ≥ ⇒ Es müssen mindestens n = 371 Messungen durchgeführt werden. (b) Zentraler Grenzwertsatz: n ! 1 X P Xk − µ ≤ 0.003 n = k=1 σ=0.01 = ≈ √ 2Φ(0.3 n) − 1 ≥ 0.985 ≥ ≥ 2.17 52.32 ZGWS ⇔ Φ(2.17)=0.985, Φ↑ ⇔ √ Φ(0.3 n) √ 0.3 n ⇔ n ! n 1X P −0.003 ≤ Xk − µ ≤ 0.003 n k=1 n P 1 Xk − µ n 0.003 0.003 k=1 √ ≤ √ √ P − ≤ 0.01/ n σ/ n 0.01/ n Vor. erfüllt ! ≥ 0.97 ⇒ Es müssen mindestens n = 53 Messungen durchgeführt werden. Aufgabe 7 Sei {Xn } eine Folge von unabhängigen Zufallsvariablen mit Xn ∼ U [0, 1] und X ∼ U [0, 1] unabhängig von der Folge {Xn }. Ferner sei Z = − log(X) und Yn = n · (1 − max{X1 , . . . , Xn }) für alle n ≥ 1. Berechnen Sie die Verteilungsfunktionen von Yn , n ≥ 1 und Z. Lösungsvorschlag: Die Verteilungsfunktion von Z ist gegeben durch: FZ (x) = log ↑ = = = = P (− log X ≤ x) P (X ≥ e−x ) 1 − P (X < e−x ) (1 − e−x )1I(0,∞) (x) 1 − e−x , falls x > 0, 0, sonst. Die Verteilungsfunktion von Yn , n ≥ 1, ist gegeben durch: FYn (x) = = = = i.i.d. = = P (n · (1 − max{X1 , . . . , Xn }) ≤ x) x P (max{X1 , . . . , Xn } ≥ 1 − ) n x 1 − P (max{X1 , . . . , Xn } < 1 − ) n x x 1 − P (X1 < 1 − , . . . , Xn < 1 − ) n i n h x n 1 − P (X1 < 1 − ) n falls 1 − nx > 1 ⇔ x < 0, 0, 1 − (1 − nx )n , falls 0 ≤ nx ≤ 1 ⇔ 0 ≤ x ≤ n, 1, falls 1 − nx < 0 ⇔ x > n.