Hausausgabe vom 14.11.2012 Aufgabe 1: Nehmen Sie an, die Volkswirtschaft eines Landes sei durch folgende Grössen charakterisiert: C = 500 + 0.8Y I = 250 ASt = 150 X = 100 M = 200 (Konsumfunktion) (Investitionen) (Staatsausgaben) (Exporte) (Importe) a) Berechnen Sie das gleichgewichtige Volkseinkommen. Konsumausgaben Cautonom = 500 Marginale Konsumquote c = 0.8 Für die Gesamtnachfrage gilt: Yn = C + I + ASt + (X-M) Im Gleichgewicht gilt: YA = Yn = Y Also gilt: Y = 500 + 0.8Y + 250 + 150 + (200-100) = Y-0.8Y = 800 0.2Y = 800 -> Y = 4000 b) Im Zuge einer konjunkturpolitischen Massnahme soll das Volkseinkommen um 500 Einheiten erhöht werden. Um wie viel Einheiten müssen die Staatsausgaben steigen, damit dieser Einkommensanstieg realisiert werden kann? Begründen Sie Ihr Ergebnis. Erhöhung der Staatsausgaben (A1St > A0St) ( ) Eine Erhöhung der Staatsausgaben bei einer marginalen Konsumquote von c = 0.8 erhöht das gleichgewichtige Volkseinkommen um das Fünffache des ursprünglichen Betrages der Staatsausgabenerhöhung. Um die Steigerung des Volkseinkommens um 500 Einheiten zu erreichen, müssen die Staatsausgaben also um 100 Einheiten erhöht werden. c) Welche konjunkturpolitischen Massnahmen kämen im hier behandelten Zusammenhang in Frage? Konjunkturpolitische Massnahmen zielen darauf ab Konsum und Investitionen der Haushalte zu fördern und die Nachfrage auf dem Markt zu steigern, um dadurch Wirtschaftskreislauf und Arbeitsmarkt anzukurbeln. Es kommen zwei verschiedene Kategorien von konjunkturpolitischen Massnahmen in Frage: 1. Direkte Einflussnahme durch zusätzliche Staatsausgaben zur kurzfristigen Erhöhung des BIP, beispielsweise durch - Konjunkturprogramme Investitionen in öffentliche Infrastruktur wie z.B. Strassenbau. Verschrottungsprämien 2. Indirekte Einflussnahme auf die Konsum- oder Investitionsausgaben der Privaten, beispielsweise durch - Steuersenkungen, z.B. Verringerung der Einkommenssteuer Erhöhung staatlicher sozialer Leistungen Ggf. Senkung der Zinsen durch die Zentralbank (-> mehr Investitionen, weil die Finanzierungskosten geringer sind). Darauf hat der Staat aber selbst keinen direkten Einfluss. Beispiele für konjunkturpolitische Massnahmen findet ihr in den folgenden zwei Artikeln über die USA, die 2011 ein Konjunkturpaket von 447 Mrd. US $ verabschiedeten, und Japan, die derzeit ein Konjunkturpaket planen: - http://www.nzz.ch/aktuell/international/obama-lanciert-konjunkturpaket-1.12404670 - http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/nodas-konjunkturprogramm-fuer-den-wahlkampf1.17700407 d) Erläutern Sie, warum die erforderliche Erhöhung der Staatsausgaben kleiner als der angestrebte Einkommenszuwachs ist. Durch die Erhöhung der Staatsausgaben werden selbstverstärkende Kreislaufmechanismen ausgelöst, die dafür sorgen, dass der Gesamteffekt grösser ist als der zusätzliche Ausgabenbetrag. Die Gesamtnachfrage steigt durch die Staatsausgabenerhöhung zunächst um 100 Einheiten: Bei einer marginalen Konsumquote von 0.8 werden die Haushalte 20 % des zusätzlichen Einkommens sparen und 80 % davon konsumieren: . Diese werden den 100 zusätzlichen Einheiten durch die grösseren Staatsausgaben hinzugerechnet . Diese Erhöhung wirkt wiederum auf den Konsum der privaten Haushalte, die von den zusätzlichen 80 Einheiten weitere 64 konsumieren, usw. Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Staat bei Investitionen bspw. vor allem lokale Unternehmen unterstützt, was Arbeitsplätze schafft und sichert. Die gezahlten Investitionen werden also in Form von Löhnen an die Bevölkerung ausgezahlt und stehen dieser so wieder zum Konsum zur Verfügung. Aufgabe 2: a) Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen Wirtschaftswachstum einerseits und Umweltbelastungen andererseits? Wirtschaftswachstum geht immer einher mit der Nutzung von Ressourcen. Ressourcen stehen per Definition begrenzt zur Verfügung und können verbraucht werden und stehen nach dem Verbrauch anderen nicht mehr zur Nutzung zur Verfügung. Die Nutzung natürlicher Ressourcen ist dann eine Umweltbelastung, wenn sie über das Mass hinaus betrieben wird, in dem sich die Ressource auf natürliche Weise regenerieren kann. Manche Ressourcen regenerieren sich gar nicht oder nur so langsam, dass es für den Menschen nicht ins Gewicht fällt (z.B. Erdöl). Wirtschaftswachstum korreliert meist recht hoch mit Umweltbelastungen, da die Kosten für die Belastungen nicht in die Produzierten Güter oder die Dienstleistungen nicht mit eingerechnet werden. Würden diese Kosten internalisiert werden, würden die Preise für die Güter stark ansteigen, was den Konsum dämpfen und somit das Wachstum schmälern würde. Jedoch wird durch die Knappheit der Ressourcen und damit deren steigende Preise bei hoher Ressourcennutzung ein Anreiz geschaffen, Innovationen zu entwickeln, welche weniger Ressourcen verbrauchen. Dies führt auf Dauer zu einem effizienteren Umgang mit den Ressourcen und weniger Umweltbelastung bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum. b) Erläutern Sie, ob Ihrer Ansicht nach ökonomisches Wachstum mit globaler Nachhaltigkeit vereinbar ist. Stellen Sie einige Argumente für und einige Argumente gegen Vereinbarkeit vor. Der Begriff der Nachhaltigkeit beschreibt eine Nutzung einer Ressource nicht über das Mass hinaus, in dem sich die Ressource wieder regenerieren kann. Beispielsweise wird bei nachhaltiger Fischerei nur so viel Fisch gefangen, wie sich binnen eines begrenzten Zeitraums wieder vermehren kann. Nachhaltige Ressourcennutzung verhindert auf Dauer das versiegen der Ressource. Es wäre in vielen Bereichen theoretisch möglich, dass Länder auf nachhaltiges Wachstum setzen und davon profitieren. Zum Beispiel wenn diese Länder sich darauf spezialisieren Innovationen zu entwickeln, welche sparsamer mit den genutzten Ressourcen umgehen und die Ressource deshalb nicht übernutzt wird. Die Ressource steht so theoretisch länger zur Nutzung zur Verfügung, was dem Land einen Vorteil am Markt verschaffen kann. Spricht dafür - Wachstum fördert Innovationen und kann effizientere Technologien hervorbringen - Nachhaltige Wirtschaftszweige können wachsen und Wohlstand nachhaltig erhöhen Viele Ressourcen können sich bei nachhaltiger Nutzung regenerieren und ermöglichen so eine dauerhafte Nutzung Spricht dagegen - Viele Ressourcen die als Input für die Wirtschaft gebraucht werden, regenerieren sich nicht und sind damit endlich - Exponentielles Wachstum, das auf dem Verbrauch endlicher Ressourcen basiert, ist nicht auf Dauer möglich - Kurzfristig können sich Produktionskosten erhöhen, was Firmen/Länder davon abhalten kann auf nachhaltige Produktionsweisen zu setzen Aufgabe 3: Welche Effekte bleiben bei der Multiplikatoranalyse ausser Acht und welche Einschränkungen der Aussagekraft von Multiplikatoren ergeben sich hieraus? Die Multiplikatoranalyse berechnet lediglich den idealen Effekt der Erhöhung der Staatsausgaben und trifft dabei Annahmen, die ggf. nicht realistisch sind. So wird angenommen, dass alle Haushalte die gleiche Konsumstruktur aufweisen. Also dass für alle Haushalte der gleiche marginale Konsumquote gilt. Ausserdem wird angenommen, dass es infolge des höheren Konsums nicht zu Preis- oder Lohnanpassungen auf dem Markt kommt, welche die Effekte der erhöhten Staatsausgaben schmälern könnten. In der Multiplikatoranalyse wird ausserdem nicht bedacht, wie die zusätzlichen Ausgaben finanziert werden, ob zum Beispiel dafür Schulden aufgenommen werden oder ob die Staatsausgaben durch Steuern finanziert werden. Im Falle einer steuerfinanzierten Erhöhung der Staatsausgaben kommt es zum sog. Haavelmo-Effekt: Da die höheren Staatsausgaben durch eine höhere Steuer finanziert werden, erhöht sich das Volkseinkommen nur um den Betrag der Staatsausgaben. Weitergehende Muliplikatoreffekte fallen nicht an, da das zusätzliche Geld, welches der Bevölkerung zum Konsum zur Verfügung steht, der Steuererhöhung zum Opfer fällt. Aufgabe 4: Suchen Sie die HDI-Werte ausgewählter Länder heraus und vergleichen Sie das Ranking dieser Länder mit dem entsprechenden Ranking gemäss BIP/Kopf. Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse. Der Human Development Index ist ein Wohlstandsindikator für Länder und wird seit 1990 jährlich veröffentlicht. Er berücksichtigt vier Indikatoren, die auf drei Dimensionen entfallen: Lebenserwartung bei der Geburt Mittlere Dauer der Schulbildung Erwartete Dauer der Schulzeit Einkommen pro Kopf Gesundheit Bildung Gesundheit Human Development Index Lebensstandard Der HDI nimmt Werte zwischen 0 und 1 an und wird in 4 Kategorien eingeteilt: - Länder mit sehr hoher menschlicher Entwicklung Länder mit hoher menschlicher Entwicklung Länder mit mittlerer menschlicher Entwicklung Länder mit geringer menschlicher Entwicklung (Quelle: www.hdr.undp.org Abrufdatum : 21.11.2012) Tabelle 1: Ranking von HDI und BIP/Kopf ausgewählter Länder. Very High Human Development Norwegen Australien Schweiz Katar High Human Development Kuba Mexico Medium Human Development China Namibia Indien Low Human Development Pakistan Mali HDI Weltrang (Inequality adjusted) BIP/Kopf Weltrang 0.943 0.929 0.903 0.831 1 2 11 - 54 600 $ 41 000 $ 42 600 $ 179 000 $ 7 18 17 1 0.776 0.770 56 9 900 $ 13 9000 $ 109 85 0.687 0.625 0.547 70 99 93 7 600 $ 6 900 $ 3 500 $ 125 132 163 0.504 0.359 101 - 2 500 $ 1 200 $ 182 207 Quellen: HDI: UNDP (2011). Human Development Report 2011. http://hdr.undp.org/en/media/HDR_2011_EN_Summary.pdf Abrufdatum: 19.11.2012 BIP: Lexas. Buttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf – weltweiter Länderüberblick. http://www.laenderdaten.de/wirtschaft/BIP_pro_kopf.aspx Abrufdatum: 19.11.2012 Wie in Tabelle 1 deutlich wird, besteht ein recht hoher positiver Zusammenhang zwischen dem HDI und dem BIP. Dies kommt nicht zuletzt daher, dass das Einkommen ein Kriterium für den HDI darstellt. Allgemein korreliert Wohlstand aber auch positiv mit Lebenserwartung und Bildung.