— F O K U S : P R I VAT E R W O H N B A U IN DEX 31 33 34 36 EFH ST EC K B R I E F I N T E RV I EW E N E RG I EKO N ZE PT 37 FA ZI T Holz mit Ausblick Eine Wand, zwei aufeinandergestapelte Winkel – und schon ist das Haus fertig. Die Wahl verschiedener Materialien bringt zusätzlich Spannung in den Entwurf. text: Christina Vogt | fotos: k_m architektur Ansicht Ost 30 4 | 2014 3 P R OJ E K T EFH in Schaan E I N FA M I L I E N H A U S E in Grundstück in perfekter Lage, an einem nach Süden abfallenden Hang in der dörflichen Umgebung des Orts Schaan in Liechtenstein: Für diesen besonderen Platz, umgeben von der umliegenden Bergregion des Rheintals, entwarfen die Architekten von k_m Architektur ein Wohnhaus, das sich perfekt in die Umgebung einfindet. Mit diesem Bau bleiben die Planer ihrem Zugang zu Architektur und ihrer Philosophie des nachhaltigen Bauens treu. Das Haus erschließt sich von Süden her. Von einem Vorplatz mit Garagenzufahrt ausgehend, schiebt sich eine lange, einläufige Treppe zwischen Garage und Wohnhaus. Parallel zu ihr und damit quer zum Hang verläuft eine hohe Wandscheibe aus Beton, die den Zufahrtsbereich vom privaten Teil des Gartens und der Terrasse trennt. Ganz klar dominiert sie auch den ersten Eindruck, den man vom Gebäude gewinnt. Die parallel zur Höhenlinie komplett in den Hang eingeschobene Garage sowie ein vom Vorplatz nicht einsehbarer Pool in Verlängerung bilden den Sockel des Gebäudes. Die eingeschobene Lage im Hang gibt das Baumaterial vor: Nicht nur diese beiden Elemente, sondern auch die senkrecht im Hang stehende rückwärtige Stützmauer bestehen aus Beton. Zusammen bildet das Gefüge ein stabiles Auflager für den darüber liegenden Baukörper aus Holz. Dessen Grundidee haben die Planer deutlich sichtbar umgesetzt: Zwei versetzt zueinander angeordnete Winkel fügen sich zu einem Baukörper zusammen. Optisch heben sie sich deutlich voneinander ab: Holzschindeln aus heimischer Weißtanne kennzeichnen den unteren Bereich, Ansicht West ZEICHNUNGEN: K_M ARCHITEKTUR Ansicht Süd www.lignardo.de 4 | 2014 31 F O K U S : P R I VAT E R W O H N B A U Dachaufbau Systemschnitt Kiesschüttung Dachbahn grau Grobspanplatte Keillattung Hinterlüftung Unterdach Holzfaserplatte Vollholzträger/Isolierung Dampfsperre Sparschalung Gipskarton Deckenaufbau Parkett Heizestrich PE-Folie Trittschall/Schüttung Betondecke Sparschalung Akustikvlies schwarz Holzschalung Bodenaufbau Estrich geschliffen PE-Folie Dämmung Feuchtigkeitssperre durchgehend WU-Beton Sauberkeitsschicht Rollierung Kupferbleche rahmen den Teil ein, der das Obergeschoss umschließt und das Haus nach oben abgrenzt. Der obere Baukörper schiebt sich umlaufend über das Erdgeschoss und schafft damit überdachte Außenbereiche und einen wettergeschützten Zugang zum Haus. Klare Linien und wenige, kompakte Bauteile bestimmen den Eindruck. Hat man die Treppenanlage zum Eingangsgeschoss hinter sich gelassen, wird der Besucher von einem großzügigen Eingangsbereich mit Garderobe empfangen. Eine 32 4 | 2014 »Umlaufende Terrassenflächen sorgen auf allen Ebenen für einen großzügigen Raumeindruck.« einläufige Treppe führt von hier ins Obergeschoss, ein schmaler Streifen Oberlichter lässt von der hangzugewandten Seite Licht in den Flur. Hybrid mit nachhaltigem Grundgedanken Das Gebäude wurde als Hybridbau ausgeführt. Während im Untergeschoss das anstehende Erdreich des Hangs mit Betonmauern abgefangen wird und die sichtbaren Elemente in Sichtbeton ausgeführt sind, wurden die Obergeschosse aus vorgefertigten und mit Mineralwolle ausgefachten Holzbauelementen gebaut und mit Gipsfaserplatten beplankt. Neben den Wandelementen nehmen auch vertikale Stahlstützen die abzutragenden Lasten auf. Entlang des Fensterbands sind sie dezent in Schwarz gehalten und fallen selbst dem aufmerksamen Betrachter erst auf den zweiten Blick auf. Die Fenster sind mit einer Dreifachverglasung ausgestattet, ihre Rahmen aus Weißtanne gefertigt. Für die Bodenbeläge und Lattenroste der Terrassenflächen wurde Eiche verwendet. Die Planer legten großen Wert darauf, auf Lacke und Schutzanstriche zu verzichten. - ZEICHNUNG: K_M ARCHITEKTUR — 3 P R OJ E K T EFH in Schaan ← Drei Elemente bestimmen das Antlitz des Hauses: ein Sichtbetonbügel, ein Kupferund ein Holzwinkel. ST ECK BRIE F 1.271 M³ UMBAUTER RAUM 251 M² NUTZFLÄCHE www.lignardo.de Einfamilienhaus in Schaan, Liechtenstein BAU W EI SE: Hybridbauweise, Betonkonstruktion mit Holzständerwerk H O L ZBAU STATI K: Kaspar Greber Holz- und Wohnbau GmbH, A-6870 Bezau, www.kaspargreber.at EN ERG I ESTA NDARD: nicht zertifiziert H AU STEC H N I K: Batliner & Hasler AG, FL-9492 Eschen SP EZ I F I SC H ER WÄRM E BE DARF: 35 kWh/(m²a) BAU Z EI T : April 2012 bis Mai 2013 H O L ZBAU : Kaspar Greber Holz- und Wohnbau GmbH, A-6870 Bezau, www.kaspargreber.at FE N STE RBAU : Tischlerei Herbert Feuerstein, A-6874 Bizau, www.feuerstein-tischlerei.at P LAN ER/ARC HI TE KT: k_m architektur, Arch. DI Daniel Sauter, A-6900 Bregenz, www.k-m-architektur.com 4 | 2014 33 — F O K U S : P R I VAT E R W O H N B A U I N T E RV I E W »Wir haben den Vorentwurf eins zu eins umgesetzt.« Die Bauten des Büros k_m architektur vertrauen dem Material Holz. Daniel Sauter berichtet von seinem Verhältnis zum Baustoff Holz und seiner Bürophilosophie, die sich an den Kriterien der Nachhaltigkeit orientiert. Nordansicht 34 4 | 2014 1 Welche äußeren und inhaltlichen Vorgaben lagen der Planung des Einfamilienhauses in Schaan zugrunde? Die Vorgaben bei diesem Projekt waren überschaubar. Budget und Raumprogramm waren durch die Bauherren vorgegeben. Ansonsten hatten wir keine formalen Vorgaben, was die Architektur anging. Die Bauherren hatten sich für unser Büro entschieden, weil sie sich von unserem Zugang zur Architektur angesprochen fühlten. So kam es auch, dass wir den Vorentwurf fast eins zu eins mit nur ganz wenigen Änderungen umgesetzt haben. 3 P R OJ E K T EFH in Schaan 2 Hatten die Themen Ökologie und Nachhaltigkeit Einfluss auf die Wahl der Bau­materialien? Ökologie und Umweltverträglichkeit stehen für uns bei allen Bauprojekten an erster Stelle. Unsere Projekte stehen für innovative Lösungen, die achtsam mit der sozialen Verantwortung für die Umwelt umgehen. So haben wir es auch in unserer Bürophilosophie niedergeschrieben. Deshalb verwenden wir möglichst immer natürliche Baustoffe. Aus dem ökologischen Gedanken heraus vermeiden wir auch Lacke und Schutzanstriche und setzen auf unbehandeltes Holz. Auch bei diesem Haus sind alle Konstruktionshölzer, die Fassadenschindeln, Fensterrahmen und Terrassenflächen unbehandelt. 3 FOTO UND ZEICHNUNG: K_M ARCHITEKTUR Die Fassade dieses Hauses besteht nicht ausschließlich aus Holz, sondern ist ein Gefüge aus unter­schiedlichen Materialien. Welche Idee steckt dahinter? Durch die differenzierte Fassadengestaltung sollten sich die Bauteile gezielt voneinander abheben. Sichtbeton, Kupfer und Weißtannenholz bestimmen in unterschiedlichen Bereichen das Bild der Fassade. Das Sockelgeschoss musste ohnehin in Beton ausgeführt werden, da es in den Hang hineingebaut ist. Die darüber liegenden Bauteile sind aus Holzelementen gefertigt. Die oberen Geschosse werden durch mehrere Winkel gebildet. Wir haben bewusst Holzschindeln und Kupfer verwendet und wissen um den stetigen Wandel der Fassaden. Das kommunizieren wir auch den Bauherren von Anfang an. Erste Veränderungen sind bei diesem Bau bereits jetzt sichtbar. 4 Ihre Entwürfe prägt der Baustoff Holz oft maßgeblich. Welchen Bezug haben Sie zu diesem Material? Unsere Entwürfe basieren auf Holz, es ist unser primärer Werkstoff. Es kommt nicht nur für konstruktive Bauteile und Fassaden zum Einsatz, denn es ist vielseitiger verwendbar. So ist eine sehr einheitliche Materialwahl auch bei der Innenausstattung möglich, was mit anderen Baustoffen nicht zu realisieren ist. Nebenbei sorgt es für ein gutes Raumklima. Bei manchen Bauherren ist es auch für Eigenleistungen sehr beliebt, weil man es leicht verarbeiten kann. - Daniel Sauter gründete 1992 das Büro k_m architektur in Bregenz und Lindau. Seine Architektur ist stets vom Nach­haltigkeitsgedanken geprägt. Für seine Bauten hat er schon zahlreiche Auszeichnungen erhalten. www.lignardo.de 4 | 2014 35 F O K U S : P R I VAT E R W O H N B A U ENERGIE KONZEPT Die ökologische Grundhaltung des Architek­ ten spiegelt sich im Energiekonzept wider: Es setzt auf Erdwärme und Solarenergie und nutzt an kühleren Tagen einen Holzofen. EINFAMILIENHAUS: GUT GEDÄMMT, ABER NICHT ZERTIFIZIERT Hochwertige Bauteile mit guten Dämmwerten prägen das Einfamilienhaus in Liechtenstein. Die Dreifachverglasung der Holzfenster hält die Wärmeverluste minimal. Die Beschattung im Sommer übernehmen die tiefen, weit auskragenden Terrassen. Im Winter steht die Sonne so tief, dass solare Gewinne zu verzeichnen sind. Auch das Heizkonzept setzt auf regenerative Energien: Mittels Erdwärmebohrung und Wärmepumpe wird das Haus beheizt, für warmes Wasser sorgt zusätzlich eine Solaranlage. Per Fußbodenheizung wird die Wärme dann ins Haus gebracht. In der Übergangszeit reicht oft auch der Holzofen, um genügend Wärme in die Räume zu bringen. Eine kontrollierte Be- und Entlüftung sorgt rund um die Uhr für gleichbleibend gute Raumluftqualität. Eine Photovoltaikanlage ist bereits vorgesehen und kann jederzeit nachgerüstet werden. Eine Zertifizierung des Energiestandards wurde nicht angestrebt, durch das umfassende Maßnahmenpaket würde der Schweizer „Minergie“-Standard, der auch im Fürstentum Liechtenstein gilt, aber sicher erreicht. ENERGIEKENNWERTE Spezifischer 35 kWh/(m²a) Wärmebedarf Heizsystem Erdwärme mit Be- und Entlüftung sowie Solar Wohnfläche 251 m² Grundstücks­ ausrichtung Süd-Ost in Hanglage Erdgeschoss ← Der lang gestreckte Wohnraum teilt sich in mehrere Zonen. 36 4 | 2014 ZEICHNUNG: K_M ARCHITEKTUR — 3 P R OJ E K T EFH in Schaan FA Z I T D ie Idee des ökologischen Bauens durchzieht dieses Projekt vom Untergeschoss bis aufs Dach. Es ist selten, dass Planer und auch Bauherren ihre Entwürfe und Vorstellungen so bedingungslos diesem Leitgedanken unterordnen. Das Projekt zeigt, dass gute Architektur, verbunden mit hoher Lebensqualität, durchaus mit einer grundsätzlich ökologischen Haltung zu vereinen ist. Das Endergebnis ist: Wohnen mit Mehrwert. - → Zwei horizontale Linien, zwei Materialien: Weißtanneschindeln und Kupferplatten. www.lignardo.de 4 | 2014 37