Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Merkblatt Amerikanische Kirschfruchtßiege ein neuer Schädling in Thüringen Im Sommer 2005 wurde in verschiedenen Thüringer Kirschplantagen ein neuer Schädling, die Amerikanische Kirschfruchtßiege (Rhagoletis cingulata), erstmals nachgewiesen. Kirschfruchtßiegen schädigen dadurch, dass sie ihre Eier an Kirschen ablegen, in denen sich ihre Larven als „Made“ entwickeln. Beschreibung und Schadbild Die Amerikanische Kirschfruchtßiege gehört zur selben Gattung wie die einheimische Europäische Kirschfruchtßiege (Rhagoletis cerasi), unterscheidet sich von dieser aber u.a. in einer etwas anderen Flügelzeichnung und einer etwas abweichenden Biologie. So ßiegt die Amerikanische Kirschfruchtßiege ca. 3 Wochen später im Jahr als die uns bisher bekannte europäische Art. Damit wird der Madenbefall von Kirschen nicht mehr nur auf die zeitlich früher reifenden Süßkirschen beschränkt bleiben, sondern sich zusätzlich auch auf die Sauerkirschen ausdehnen. Mit Larven der Kirschfruchtßiegen befallene Kirschen werden nicht vorzeitig ab- Amerikanische Kirschfruchtßiege Europäische Kirschfruchtßiege (Rhagoletis cingulata) mit ihrer (Rhagoletis cerasi) typischen Flügelzeichnung Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt Amerikanische Kirschfruchtßiege (Rhagoletis cingulata) F R EI S TAAT T H ÜR I NG EN geworfen, sondern zeigen äußerlich nur eingefallene Bereiche. Bereits verlassene Früchte besitzen ein Ausbohrloch. Befallene Kirschen faulen schnell. Wenn die Kirschen reif sind, fallen die dann ausgewachsenen Larven mit den Kirschen zu Boden. Die Larven verpuppen sich in der Bodenoberßäche. Die Überwinterung erfolgt im Puppenstadium. Im Frühjahr schlüpfen die Fliegen. Pro Weibchen der Amerikanischen Kirschfruchtßiege werden insgesamt ca. 300 bis 400 Eier auf die Oberßäche von noch unreifen Kirschen abgelegt. Bei der Europäischen Kirschfruchtßiege ist bekannt, dass das Weibchen die Kirsche, auf die sie ein Ei gelegt hat, markiert, um eine Mehrfachbelegung zu vermeiden. Bei der Amerikanischen Kirschfruchtßiege werden jedoch Mehrfachbelegungen ein- und derselben Kirsche beschrieben. Wenn nach fünf bis acht Tagen die Larven schlüpfen, fressen sie sich einen Gang bis zum Stein der Kirsche, zerfressen das Fruchtßeisch und nehmen an Größe zu. Diese Entwicklungsphase dauert bei 25 °C ca. 11 Tage. Neben Süß- und Sauerkirschen befällt die Amerikanische Kirschfruchtßiege gern auch die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) - übrigens ein ebenfalls eingeschlepptes Gehölz, welches zunehmend einheimische Gehölze verdrängt. Auch Vogelkirschen, Pßaumen, Steinweichsel und die heimische Traubenkirsche werden befallen. Die Amerikanische Kirschfruchtßiege wurde in Europa erstmals 1983 in der Schweiz, danach 1993 in Süddeutschland, 1998 in Norditalien, 2001 in den Niederlanden und 2005 in Thüringen und Sachsen-Anhalt nachgewiesen. Bekämpfungsansätze Die Bekämpfung von Kirschfruchtßiegen gestaltet sich schwierig, da in Deutschland im Bereich Haus- und Kleingarten keine Insektizide mehr für diese Anwendung zugelassen sind. Durch das Auftreten der Amerikanischen Kirschfruchtßiege wird die zunehmende Befallssituation noch deutlich verschärft. Aus Amerika gibt es Angaben, dass in unbehandelten Anlagen 70 bis 90 % der Kirschen befallen sind. Die Kirschfruchtßiegen werden auch von sattgelben Flächen angelockt, an denen sie mit Insektenleim gefangen werden können. Zur Bekämpfung sollten, je nach Größe des Baumes, zwei bis zwanzig solcher Leim-Gelbtafeln pro Baum aufgehängt werden, sobald die ersten Kirschen gelb werden. Eine wirksame Befallsreduzierung durch Gelbtafeln ist allerdings nur sehr eingeschränkt möglich. Weitere Ansätze zur Bekämpfung sind • vollständiges Abernten der Kirschen • sofortiges Außesen und Vernichten heruntergefallener Kirschen (auch mit Hilfe von Schafen und Hühnern möglich) • Süßkirschen: Bevorzugung früher Sorten, um der Kirschfruchtßiege zuvorzukommen Adresse: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Referat Pßanzenschutz Kühnhäuser Straße 101, 99189 Erfurt-Kühnhausen Ansprechpartner: Eveline Maring, Dr. Ralph-Peter Nußbaum Telefon: (03 61) 5 50 68 - 0, Telefax: (03 61) 5 50 68 - 140 e-Mail: [email protected] Jena, im Juli 2007