110 ] Eingriffe am Daumen Arthrodese des Daumensattelgelenkes ] Prinzip Versteifung des Daumensattelgelenkes in Funktionsstellung. ] Indikation Arthrose oder Instabilität des Daumensattelgelenkes bei jungen, handwerklich tätigen Patienten, z. B. als Folge einer Bennett-Fraktur oder fehlgeschlagener Bandplastik. Ziel der Operation ist, einen kraftvollen und schmerzfreien Griff zu bekommen. Spastische oder schlaffe Lähmung mit Adduktionskontraktur, ischämische Kontraktur sind weitere Indikationen. gung der Osteophyten und plane Resektion der Gelenkflächen mit dem Meißel. 3. Der entstandene Defekt wird mit einer kortikospongiösen Scheibe aus dem distalen Radius oder aus dem Beckenkamm ergänzt. Sicherung der Daumenposition mit einem K-Draht: Abduktion und palmare Flexion um jeweils 408 und Opposition, wobei die Daumenkuppe der Mittelfingerkuppe gegenüberstehen sollte. Bewegungsprobe, dann Osteosynthese mit einer T-Platte. Röntgenkontrolle. Entfernung des K-Drahtes. ] Kommentar Das Daumensattelgelenk ist für die Handfunktion sehr wichtig. Durch die Arthrodese wird das Nachbargelenk (SkaphotrapezialGelenk) mehr bewegt und beansprucht; dazu kommt die Verlängerung des Hebelarmes, was der ST-Gelenksarthrose Vorschub leistet. Beim Vorliegen einer Arthrose des ST-Gelenkes verbietet sich diese Operation. ] Technik 1. L-förmiger Hautschnitt auf der radialen Seite des Handgelenkes, wobei der waagerechte Schenkel knapp distal der Spitze des Proc. styloidei radii liegt. Die Endäste des Nervus radialis und die Arteria radialis werden freipräpariert, mobilisiert und zur Seite gehalten. 2. In der Tabatière wird das CM-Gelenk eröffnet, die Gelenkkapsel mit den Bändern abpräpariert und zurückgehalten. Abtra- Sehne des M. extensor pollicis brevis N. digitalis dorsalis proprius Sehne des M. abductor pollicis longus A. radialis R. superficialis n. radialis Arthrodese des Daumensattelgelenkes ] ] Komplikationen Oft bleibt der knöcherne Durchbau aus. Es kommt zum Bruch des Osteosynthesematerials und zur Bildung einer Pseudarthrose. Die Schraubenspitze darf die Gelenkfläche des Trapeziums nicht tangieren. ] Nachbehandlung 6–8 Wochen Handschuhgips oder Daumenmanschette. Danach Krankengymnastik. Erst im 4. Monat und nach Röntgenkontrolle ist die volle Belastung möglich. ] Ergebnisse Die Bewegungseinschränkung des Daumens fällt im Alltag nicht auf und wird durch vermehrte Bewegung des ST-Gelenkes kompensiert. Der Spitzgriff mit den ulnaren Fingern ist kaum möglich. Der Grobgriff ist kraftvoll durchführbar. ] Alternative Technik Anstelle der T-Platte kann auch eine Zuggurtungs-Osteosynthese mit 2 × 1,4 dicken K-Drähten und 1 mm starker Drahtschlinge verwendet werden. Hierfür wird das ST-Gelenk eröffnet; in Flexionsstellung können die Drähte schräg von proximal–dorsal vom Trapezium nach distal–palmar in den Mittelhandknochen gebohrt werden. Die gebogenen Drahtenden dürfen das ST-Gelenk nicht irritieren. Bei dieser Technik ist eine aktive Bewegung nach 4 Wochen erlaubt, da die Zugkräfte der Daumenbeuger mehr Kompression an der Arthrodese erzeugen. Anstelle von Drahtstiften können zwei kanülierte Schrauben verwendet werden. ] Literatur Heim U, Pfeiffer KM (1988) Periphere Osteosynthesen, 3. Aufl. Springer, Heidelberg, S 184–185 111 28 ] Eingriffe am Handgelenk Karpaltunnelspaltung ] Prinzip ] Kommentar Das Engpass-Syndrom im Karpaltunnel entsteht durch Volumenzunahme des Kanalinhaltes, am häufigsten durch chronische Synovialitis der Beugesehnen. Die Nervendekompression wird durch Spaltung des Retinaculum flexorum mit eventueller Tenosynovialektomie bewerkstelligt. Anschließend sollte der Nervus medianus inspiziert werden. Bei extremer Einengung mit Verdickung des Epineuriums empfiehlt sich die Spaltung und Teilresektion der Nervenhülle (Lupenbrille!) aber keine innere Neurolyse. Maßgeblich für die Diagnosestellung ist die klinische Untersuchung. Hierfür sind insbesondere das Tinel-Hoffmann-Zeichen und der Phalen-Test wichtig. Weitere pathologische Veränderungen im Handgelenksbereich wie rheumatische Arthritis, Arthrose des Handgelenkes – insbesondere des Mediokarpalgelenkes und Polyneuropathie sollen differentialdiagnostisch mitberücksichtigt werden. Auch eine Fehlstellung des Radius in Folge distaler Radiusfraktur kann auslösender Faktor sein. Die Nervenkompression kann aber auch proximal liegen, z. B. in der Pronatorenloge oder im HWS-Bereich. Die konservative Behandlung mit einer Ruhigstellung auf einer Unterarmgipsschiene in leichter Streckstellung in Kombination mit einem Antiphlogistikum ist nur im Anfangstadium und für eine begrenzte Zeit gerechtfertigt. Die lokale Kortisoninjektion darf zwar als unterstützende Maßnahme für die Schienenbehandlung verwendet, aber nicht wiederholt werden. ] Indikation Die klinischen Symptome eines Karpaltunnelsyndroms (KTS) rechtfertigen die OP-Indikation. Hierzu zählen: Nächtliche Parästhesie, Parästhesie beim Beugen des Handgelenkes, wie z. B. beim Autofahren, Zeitunglesen und Phalen-Test, verbunden mit einem positiven Tinel-Hoffmann-Zeichen. Die permanente Sensibilitätsstörung im Medianusausbreitungsgebiet ist eine absolute OP-Indikation. Motorische Ausfälle und Muskelatrophie sprechen für ein langes Bestehen der Kompression und deshalb auch für eine schlechte Prognose. Die elektrophysiologische Untersuchung dient, vor allem bei unklarer Symptomatik, dazu, die klinische Diagnose zu bestätigen. Außerdem sind die Daten für die Dokumentation und Nachprüfung wichtig. Karpaltunnelspaltung ] Technik Die offene Methode: 1. Ca. 2 cm langer Längsschnitt im proximalen Anteil der Hohlhand zwischen Thenar und Hypothenar im Verlauf des Ringfingers. 2. Ein Teil der Palmaraponeurose wird entfernt, anschließend Darstellung des distalen Randes des Retinaculum flexorum. Im distalen Anteil der Wunde kann der oberflächliche Hohlhandbogen beobachtet werden. 3. Mit Präparierschere und Dissektor wird das Retinaculum flexorum einerseits vom subkutanen Gewebe, andererseits von der Beugesehnenscheide freipräpariert. Man bleibt im ulnaren Anteil des Karpalkanals, um eine Verletzung des palmaren Astes zu vermeiden. 4. Eine Sonde wird unterhalb des Retinakulums eingeführt, deren Spitze proximal des Handgelenkes unter der Haut getastet wird. Jetzt kann das Retinakulum mit dem Messer oder mit einer Schere gespalten werden. Die beiden Ränder gehen auseinander, und der Inhalt des Karpaltunnels kann begutachtet werden. 5. Inspektion und Mobilisation des Nervus medianus. Zeigt der Nerv eine massive Einengung, so empfiehlt sich die Epineurotomie oder die partielle Epineurektomie im Bereich der Einschnürung. Der motorische Ast soll insbesondere bei Muskelatrophie freigelegt werden. 6. Liegt eine deutliche Verdickung der Sehnenscheide vor, so wird eine partielle Synovialektomie vorgenommen. 7. Inspektion des Karpusbodens, um eventuelle pathologische Veränderungen zu beurteilen und zu beseitigen, wie z. B. Ganglion, Osteophyten, etc. ] 29 30 ] Eingriffe am Handgelenk ] Komplikationen ] Ergebnisse Eine Verletzung des Hohlhandbogens ist leicht vermeidbar. Der palmare Ast des Nervus medianus liegt in der Regel auf der radialen Seite, jedoch sind Varianten bekannt, die eine Gefahrstelle bilden. Rezidive können bei unvollständiger Spaltung oder Übersehen eines raumfordernden Prozesses vorkommen. Eine Narbe nah der Handgelenksbeugefalte kann hyperplastisch werden und lange Zeit druckempfindlich bleiben – „pillar pain“. In der Regel verspüren die Patienten direkt nach der Operation eine deutliche Besserung. Die nächtliche Parästhesie verschwindet. Die Sensibilität bessert sich langsam, die Motorik kann sich erholen, solange der Muskel nicht irreversibel geschädigt ist. Insgesamt hängt die Erholungsmöglichkeit und -geschwindigkeit von Dauer und Grad der Nervenkompression ab. Eine Normalisierung der elektrophysikalischen Werte kann 2–4 Monate dauern. ] Nachbehandlung ] Alternative Technik Wir stellen das Handgelenk für 10 Tage in einer Gipsschiene ruhig, dadurch wollen wir eine Luxation des Nervs in die Retinakulumlücke und spätere Vernarbungen vermeiden. Bei Rezidivoperation oder bei rheumatischer Arthritis. Wird der Hautschnitt bajonettförmig proximal der Handgelenksbeugefalte verlängert, um ausreichende Übersicht zu bekommen, so kann die Neurolyse von proximal nach distal im Gesunden anfangen, ebenso kann die Tendosynovialektomie ausgiebig vorgenommen werden. Weitere Veränderungen im Karpus, wie Subluxation und scharfe Knochenkanten werden beseitigt. Endoskopische Dekompression ] Indikation Idiopathisches KTS. Kein Rezidivfall und kein Verdacht auf weitere Veränderungen des Handgelenkes. ] Kommentar Die Vorteile gegenüber dem offenen Vorgehen: ] kleinere Narbe ] geringeres Trauma ] schnellere Rehabilitation. Nachteile: ] Eine Inspektion des Nervs und des Karpaltunnelinhaltes ist nicht möglich. Weitere Operationsschritte, wie Synovialektomie entfallen. ] Die Sicht ist nicht immer gut. Hier können Sehnen-, Nerven- und Gefäßverletzungen vorkommen. Eine Lernkurve mit der Gefahr von OPKomplikationen ist beachtenswert. ] Technik ] Two portal – Methode nach Chow 1. Ca. 1 cm langer Längsschnitt in der Hohlhand an der Kreuzungsstelle der Ringfingerachse und der Verlängerungslinie des abgespreizten Daumens. Ungefähr 1 cm langer Querschnitt 1 cm proximal der Handgelenksbeugefalte ulnar der PL-Sehne. Aus der Unterarmfaszie wird ein kleiner distal gestielter Lappen gebildet. Unter Karpaltunnelspaltung diesem Lappen ist der Zugang zum Karpalkanal sicher: Der Lappen wird mit einer Klammer gefasst und hochgehalten. 2. Einführung eines stumpfen Trokars vom proximalen zum distalen Schnitt unterhalb der Unterarmfaszie und des Retinaculum flexorum im ulnaren Anteil des Karpalkanals. Danach Einführen des geschlitzten Führungsrohres. Die Öffnung zeigt nach ulnar-palmar. 3. Die endoskopische Optik wird von proximal und ein Tasthäkchen von distal eingebracht. Die typischen querverlaufenden Fasern des Retinaculum flexorum können gesehen und getastet werden. Keinesfalls dürfen längsverlaufende Strukturen sichtbar sein. Im distalen Anteil kann der Retinakulumrand beobachtet werden, keinesfalls eine Gefäßstruktur. ] Os pisiforme N. ulnaris N. medianus 31 32 ] Eingriffe am Handgelenk 4. Das Tasthäkchen wird gegen ein vorwärtsschneidendes Messer getauscht, und das Retinakulum unter Sicht gespalten. Anschließend wird die Optik im Führungsrohr von proximal nach distal umgesetzt und das Retinakulum mit einem rückwärtsschneidenden Messer vollends gespalten. Die vollständige Spaltung kann optisch und mit dem Tasthäkchen beurteilt werden. 3. Einführen des Endoskops mit dem Klingenfortsatz. Anschauen des distalen Retinakulumrandes und Betasten der Endoskopspitze. Bei sicherer Position Ausfahren der Klinge und langsames Zurückziehen des Endoskops, dabei Spaltung des Retinakulum rückwärts unter Sicht. 4. Nochmalige Kontrolle des gespaltenen Retinakulum; die Ränder stehen weit auseinander, dazwischen wird das subkutane Fett sichtbar. ] One portal – Methode nach Agee 1. Ca. 1,5 cm langer Querschnitt 1 cm proximal der Handgelenksbeugefalte ulnar der PL-Sehne. Präparieren eines Lappens aus der Unterarmfaszie. Abpräparieren der Sehnenscheide vom Retinaculum flexorum mit einem Dissektor. 2. Austasten des Karpalkanals und Einführen des Trokars im ulnaren Anteil des Kanals am Hamulus hamati orientiert. ] Komplikationen Erhöhtes Risiko der Verletzung des Nervus medianus, seines palmaren Astes und des oberflächlichen Hohlhandbogens. Hohe Rezidivquote wegen unvollständiger Spaltung. Spaltung der Loge de Guyon anstelle des Karpalkanals beim ulnar gelegenen Zugang. Karpaltunnelspaltung ] ] Nachbehandlung ] Literatur Für die ersten Tage Kompressionsverband, dann Pflaster. Agee JM et al (1992) Endoscopic release of the carpal tunnel: a randomized prospective multicenter study. J Hand Surg 17 A:987–995 Benini A (1975) Das Karpaltunnelsyndrom. Thieme Stuttgart Chow JC (1993) The Chow Technique of Endoscopic Release of the Carpal Ligament of Carpal Tunnel Syndrome: Four Years of Clinical Results. Arthroscopy 9:301–314 Kröpfl A von, Gasperschitz F, Hertz H (1996) Technik, Ergebnisse und Gefahren der endoskopischen Karpaltunnelspaltung. Handchir Mikrochir Palst Chir 28:120–127 Müller LP et al (1997) Komplikationen der endoskopischen Retinakulumspaltung. Handchir Mikrochir Plast Chir 29:238–242 Plancher K, Perkh V (1998) Limited open incision carpal tunnel release. Tech Hand Upper Extr Surg 2:64–71 Stark B von, Engkvist-Löfmark C (1996) Endoskopische Operation oder konventionelle offene Operationstechnik bei Karpaltunnelsyndrom: Eine prospektive vergleichende Studie. Handchir Mikrochir Plast Chir 28:128–132 Szabo RM (1989) Nerve Compression Syndromes: Diagnosis and Treatment. Slack Thorofare N. J. ] Ergebnisse In der geübten Hand, und bei Beachtung der Indikation, ergibt die endoskopische Dekompression eine schnelle Verbesserung der subjektiven Beschwerden und kürzere Arbeitsunfähigkeit. ] Alternative Technik Offene Dekompression insbesondere schlechter Sicht oder unklarem Befund. bei 33