Die Aushandlung von Wahrheitseffekten sozio-technischer Arrangements im Marketing – Kurzgeschichten der Alltagspraxis Der wissenschaftliche Diskurs in Marketing und Marktforschung ist lange Zeit den stringenten Methoden objektiver und universeller Produktion unterworfen und gestaltet sich gleich dem Wissenschaftsbild der Moderne. Noch heute beziehen sich eine normativ arbeitende Ökonomik und Ökonomie auf die Grundlagen dieser Haltung. Der Positivismus, in all seinen an die Naturwissenschaften angelehnten Ausprägungen, ist noch immer Bezugspunkt für die Entwicklung ökonomischer Theorien und die Auffassung und Beschreibung »weltlicher Bezüge« in ökonomischen Praktiken. Bezieht man kritisch Stellung zu den ökonomischen Praktiken der Moderne, stellt man fest, dass das Fundament proklamierter Ordnung und Sicherheit stark ins Schwanken gerät. Der Perspektive einer (natur-)wissenschaftlichen Sichtweise steht eine ökonomische Welt in Bewegung gegenüber, die nicht homogen in sich geschlossen, und somit vorhersagbar, sondern vielmehr dem Chaos gleich und unsicher in ihrer Entwicklung ist. Temporär kreuzen sich im Raum verschiedenste Handlungsstränge, verschmelzen zu Einheiten, lösen sich wiederum und verzweigen sich erneut. Es ist kaum möglich, diese Effekte flüchtig zu erfassen. Eine Stabilisierung gelingt nur durch eine immer wiederkehrende Neuverhandlung des zu Erforschenden, um dauerhaft Wirksamkeit zu entfalten Durch die vereinheitlichende Sichtweise entsteht ein wirkmächtiger Diskurs der orthodoxen Ökonomik, im Begriff, die Welt nach seinen Modellen und Modellannahmen zu gestalten. Unter verschiedenen Blickwinkeln beleuchte ich, in einer poststrukturalistischen Denke, das Gespräch um Marktforschung und Marketingpraxis kritisch und bringe durch fünf Kurzgeschichten des Marketings innerhalb des wirkmächtigen Diskurses der Ökonomie multiperspektivische Sichtweisen zum Sprechen. Der Dominanz des ökonomischen Sprechens über das Marketing wird die alleinige Position im Marketingdiskurs streitig gemacht und neue Sichtweisen und Aussagen über die Art und Form des Untersuchungsobjektes nebenan gestellt. Behandelt werden in fünf Kurzgeschichten des Marketings die Dekonstruktion des Managers, die Handlungsautonomie, die Entstehung von Handlungsräumen, die Qualifizierung von Objekten sowie die Interaktionen zwischen Forschern und Forschungsobjekt. Die grundlegende Methode zur Gestaltung dieser Kurzgeschichten liegt einer teilnehmenden Beobachtung zu Grunde. Als Praktikant in Marketing und Marktforschung begleitete ich Manager, Forscher und eine Vielzahl weiterer Akteure mit der Möglichkeit, detailliert das Themengebiet ökonomischer Konstruktion zu untersuchen. In zwei Unternehmen schlüpfte ich als teilnehmender Beobachter in die Rolle eines aktiven Mitgliedes einer (Forschungs-) Gemeinschaft zur Gestaltung alltäglicher Marketing-/Marktforschungspraxis. Gemäß dem Ziel, den Wirkmächtigkeiten ökonomischer Konstruktionen nachzuspüren und kritisch hinter die Kulisse des Geschehens im Marketing zu sehen, richtete sich mein Blick auf die alltäglichen Praktiken, Gespräche und zirkulierenden Materialien im Diskurs des Marketings. Der Fokus galt den kleinen Geschichten des alltäglichen Definierens, Verbindens und Erklärens. Daraus formieren sich die Kurzgeschichten, beobachtet, erfragt, erzählt. Diese Geschichten des Marketings und der Marktforschung bilden einen periodischen Ausschnitt des Redens und Überredens alltäglicher Praxis und versinnbildlichen die vielfältigen und wirkmächtigen Prozesse in einer dominant vereinheitlichten Welt der Ökonomie. SS 2010 Sebastian Hillebrand [email protected]