Wahrnehmung von Kräften Es gibt Kräfte, die an jedem einzelnen Atom eines Körpers angreifen und solche, die an einem bestimmten Punkt eines Körpers angreifen. Der menschliche Körper empfindet eine Kraft, wenn im eigenen Körper eine Spannung (Zugspannung oder Druckspannung) auftritt (vgl. Kapitel Elastizität). Spannungen treten nur auf, wenn unterschiedliche Kräfte an verschiedenen Orten des Körpers angreifen. Man spürt seine eigene Gewichtskraft, weil die Gewichtskraft überall angreift und die Kompensationskraft nur an den Füßen angreift. 193c Im Zustand des freien Falls spürt man die eigene Gewichtskraft nicht. Verblüffend: Im Zustand der Ruhe ist die Gesamtkraft auf den eigenen Körper Null, man spürt aber eine Kraft. Im Zustand des freien Falls wirkt die Gewichtskraft und bewirkt eine Beschleunigung, man spürt aber keine Kraft Erklärung: Im freien Fall greifen an jedem Atom des Körpers gleiche Kräfte an, so dass es nicht zu einer Spannung (Zug-, Druck-) im Körper kommt. 193d Greifen an verschiedenen Orten des Körpers äußere Kräfte an, ergibt sich eine Spannung im Körper. → Kraftempfindung Wird der eigene Körper durch eine punktuelle Kraft beschleunigt, ergibt sich eine Verspannung, weil die Kraft auf die anderen Atome „verteilt“ werden muss und sich dadurch eine Spannung ergibt. im Inertialsystem im beschleunigten Bezugssystem 193e Wahrnehmung von Scheinkräften Körper kreist im Gravitationsfeld Sonne im Inertialsystem Die Gravitation greift an jedem Atom an, so dass keine Spannung im Körper verursacht wird. Eine Kraft würde nicht wahrgenommen. 193f Wahrnehmung von Scheinkräften Körper kreist im Gravitationsfeld Sonne im rotierenden Bezugssystem Die Gravitation und die Zentrifugalkraft greift an jedem Atom an, die Gesamtkraft ist null. Eine Kraft würde nicht wahrgenommen. 193g Wahrnehmung von Scheinkräften Auto Kurvenfahrt im Auto im Inertialsystem Die Kraft wird von der Wand des Autos punktuell auf den Körper übertragen und bewirkt eine Zentripetalbeschleunigung. Die Kraft wird wahrgenommen, da sie punktuell angreift. 193h Wahrnehmung von Scheinkräften Kurvenfahrt im Auto Auto im rotierenden Bezugssystem Es wirkt die Zentrifugalkraft und eine Kraft von der Wand des Autos punktuell auf den Körper. Die Gesamtkraft auf den Körper ist Null, aber es wird eine Kraft wahrgenommen, da eine Spannung im Körper entsteht. 193i Wahrnehmung von Scheinkräften Schleudern einer Masse am Seil Es wirkt Kraft und Gegenkraft im Sinne des Reaktionsprinzips Person im Inertialsystem Die Person, die in der Mitte steht spürt die Gegenkraft zur Zentripetalkraft, da das Seil punktuell am Körper der Person eine Kraft angreifen lässt. 193j Wahrnehmung von Scheinkräften Schleudern einer Masse am Seil Es wirkt Kraft und Gegenkraft im Sinne des Reaktionsprinzips und zusätzlich eine Zentrifugalkraft Person auf die Masse. im rotierenden Bezugssystem Die Person, die in der Mitte steht spürt die Gegenkraft zur Zentripetalkraft, da das Seil punktuell am Körper der Person eine Kraft angreifen lässt. Für die Person kein Unterschied zur Behandlung im Inertialsystem. 193k Resümee Scheinkräfte ergeben sich aus der Wahl des Bezugssystems, nicht aus der Art der Bewegung selbst. Die Wahl des Bezugssystems kann die Wahrnehmung der Kräfte nicht beeinflussen. Sie hat auch keinen Einfluss auf physikalische Messungen. Ob Kräfte auf den eigenen Körper wirken oder nicht, ist manchmal nicht offensichtlich. Die Gesamtkraft hängt davon ab, ob ein Inertialsystem oder ein beschleunigtes Bezugssystem gewählt wird. 193l