Ostsee-Sprotte gültig 06/2013 - 06/2014 ÖKOREGION Ostsee FANGGEBIET Ostsee (22-32) FAO 27 ART Sprattus sprattus 1 BESTANDSZUSTAND Wiss. Begutachtung Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk Methode, Frequenz Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und zweier unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen (Hydroakustik). Nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages sind zwei Referenzwerte definiert (Btrig und Fmsy). Nach Vorsorgeansatz sind nun wieder alle Referenzwerte für die Laicherbiomasse (Bpa und Blim) und für die fischereiliche Sterblichkeit (Fpa und Flim) festgelegt. [621] [630] Wesentliche Punkte 2013 wurde die Berechnungsmethode für diesen Bestand grundlegend überprüft und revidiert. Das führte zu einer Neudefinition verschiedener Referenzpunkte und einer Veränderung der Wahrnehmung der historischen Bestandsentwicklung. Der Bestand wird nachhaltig bewirtschaftet, allerdings hat die Laicherbiomasse erneut leicht abgenommen, und die fischereiliche Sterblichkeit ist etwas gestiegen. [621] [630] Bestandszustand Bestandsentwicklung Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) Fischereiliche Sterblichkeit volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz) nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz) Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag) angemessen (nach höchstem Dauerertrag) Die Größe des Sprottbestandes in der Ostsee hängt über Räuber-Beute Beziehungen von der Größe des Dorschbestandes ab. Aufgrund der abnehmenden Dorschbiomasse und günstigen Bedingungen für die Nachwuchsproduktion für Sprotte wuchs der Bestand seit Ende der 1980er Jahre stark an und erreichte 1996 ein historisches Hoch. In den folgenden Jahren sank die Bestandsgröße, schwankt seit 2003 auf vergleichsweise hohem Niveau, nimmt aber im Moment ab, jedoch langsamer als aufgrund des großen Nahrungsbedarfs des Ostseedorschs erwartet. Die fischereiliche Sterblichkeit (F) nahm in den 1990ern mit den steigenden Fangmengen zu, liegt aber inzwischen nach allen Managementansätzen wieder im grünen Bereich. Die Nachwuchsproduktion schwankt stark mit den klimatischen Bedingungen. Seit 2009 gab es keinen starken Jahrgang. [93] [621] [630] Ausblick Die weitere Entwicklung der Fangmöglichkeiten hängt beträchtlich von der Nachwuchsproduktion ab, die im Moment nicht besonders stark ist. Bei weiter anwachsendem Dorschbestand werden die Fangmengen von Sprotte weiter langsam gesenkt werden müssen, um eine nachhaltige Bewirtschaftung des Bestandes sicherzustellen. [630] Umwelteinflüsse auf den Bestand Sprotte lebt in der Ostsee an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze, und klimatische Faktoren können sich vor allem auf den Reproduktionserfolg auswirken. Dieser wird von hohen Wassertemperaturen und milden Wintern gefördert. Bei höheren Temperaturen ist die Sterblichkeit der Eier geringer, und die Häufigkeit bevorzugter Nahrungsorganismen nimmt zu. Die Biomasse der Sprotten hängt außerdem auch von der Räuber-Beute Beziehung zum Dorsch ab („Dorsch-Sprott-Schaukel“, siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). [93] [142] [463] [630] 2 FISCHEREIMANAGEMENT Wer und Wie Differenz zwischen Wissenschaft und Management Karten Die Bewirtschaftung von Sprotte in der Ostsee erfolgt über Quoten und Maschenweitenregulierung. Seit Auflösung der „International Baltic Sea Fishery Commission“ (IBSFC) und Aufgabe des IBSFCManagementplanes 2006 legen die Europäische Union und Russland autonome Quoten fest. Ein Managementplan für alle pelagischen Bestände der Ostsee ist seit 2008 entwickelt, aber auch 2012 nicht eingerichtet worden; die EU präferiert inzwischen die Entwicklung eines Mehrarten-Managementplanes. Gemischte Fänge von Hering und Sprotte dürfen in der EU nur in Häfen angelandet werden, in denen ein Stichprobenkontrollprogramm zur Überwachung der angelandeten Arten durchgeführt wird. Seit 2010 ist auch in der Ostsee das „Highgrading“ (Verwerfen legal anlandbarer Fische, um den Fangertrag zu optimieren) verboten. [206] [241] [630] [631] Die festgesetzten Fangmengen (TACs) bzw. ab 2007 die Summe der Quoten (EU + Russland) lagen bis 2012 mit wenigen Ausnahmen immer über den wissenschaftlichen Empfehlungen des ICES. Die Differenz zwischen Empfehlungen und TACs war allerdings sehr unterschiedlich. 2013 ist die Summe der Quoten etwas niedriger als die Empfehlung. Die TACs bzw. Quoten wurden mit Ausnahme von 2009 und 2012 nie ausgefischt, die Nachfrage an Fisch für industrielle Zwecke und für die Nutztierzucht ist allerdings derzeit so hoch, dass eine Nutzung der Quoten in Zukunft wahrscheinlich ist. Der ICES empfiehlt die Einrichtung eines regionalen Managementplanes, der die Konkurrenz zwischen Fischerei und dem Dorschbestand der östlichen Ostsee minimiert, hierfür werden von Seiten des Managements derzeit keine Anstrengungen unternommen. [630] Verbreitungsgebiet Managementgebiet Der Bestand ist in der gesamten Ostsee verbreitet; der Schwerpunkt befindet sich in den letzten Jahren in den ICES-Gebieten 28, 29 und 32. Die Bewirtschaftung erfolgt seit 2007 getrennt durch die EU und Russland (Ausschließliche Wirtschaftszone EU rot, Russland gelb). [630] Anlandungen und TACs (in 1.000 t) IUU-Fischerei Gesamtfang 2012: 230,9 (davon Russland 25,0 in Gebiet 26); überwiegend pelagische Schleppnetze Quote EU/Russland 2008: 454/? 2009: 399/? 2010: 380/40 2011: 289/34 2012: 225,2/30,1 2013: 250,0/25.4 [620] [630] Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. Durch die gemischte Fischerei mit Hering kann es zu falschberichteten Fangzusammensetzungen kommen, zumal die Heringsquote meist ausgefischt wird, die Sprottquote jedoch nicht. Die Anlandung gemischter HeringSprott-Fänge ist in der EU verboten, wenn kein System zur Feststellung der Artenzusammensetzung zur Verfügung steht (Stichprobenskontrollprogramm). Das führte wahrscheinlich zu einer Reduzierung der falschberichteten Fänge. [206] [621] [630] 3 FISCHEREI UND ÖKOLOGISCHE EFFEKTE Struktur und Fangmethode Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete Fischereien auf Ostseesprotte. Hauptfanggerät sind pelagische Schleppnetze, in einigen Gebieten kommen auch Grundschleppnetze zum Einsatz. Die Sprottfischerei findet das ganze Jahr über statt, Hauptsaison ist jedoch in der ersten Jahreshälfte, sofern es die Eisbedeckung zulässt. Sprotten werden für die Fischmehlproduktion, als Nahrung für Nutztiere und in geringerem Umfang für den menschlichen Konsum angelandet. [621] [630] Beifänge und Rückwürfe Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt Rückwürfe sind in der Sprottfischerei vernachlässigbar, denn kleine Tiere und mindere Qualität werden in die Fischmehlproduktion gegeben. Daten zur Menge der Rückwürfe stehen noch nicht zur Verfügung, es wird aber an einer Quantifizierung der Rückwürfe gearbeitet. Je nach Saison und Gebiet kann es in der Sprottfischerei zu Heringsbeifängen kommen, gemischte Fänge dürfen aber nur unter bestimmten Bedingungen angelandet werden. Durch das Verbot des „Highgradings“ (Verwerfen legal anlandbarer Fische, um den Fangertrag zu optimieren) ist für quotierte Arten ohne Mindestanlandelänge (z.B. Hering und Sprotte in der Ostsee) der Rückwurf in EU-Gewässern faktisch verboten. [206] [241] [621] [630] [631] Die Sprotte ist gemeinsam mit Hering eine Hauptnahrungsquelle für Dorsch, Dorscheier sind wiederum Nahrung für die Sprotte. Die Sprottfischerei kann daher indirekt den Dorschbestand beeinflussen, denn ein kleinerer Sprottbestand bedeutet weniger Nahrung für Dorsche, aber auch einen geringeren Räuberdruck auf Dorscheier. Die pelagische Schleppnetzfischerei beeinflusst den Meeresboden kaum (weil sie ihn in der Regel nicht berührt). [30] [630] 4 ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN Biologische Besonderheiten Ein wichtiger Faktor mit Einfluss auf die Bestandsgröße der Sprotte ist die Größe des Dorschbestandes. Beide Bestände beeinflussen sich gegenseitig über ihre Räuber-Beute-Beziehung. Es entsteht die sogenannte „Dorsch-Sprott-Schaukel“, in der entweder der eine oder der andere Bestand dominiert. Als eine der wesentlichen Beutearten des erwachsenen Dorschs hat die Sprotte lange Zeit direkt vom schlechten Zustand der Dorschbestände profitiert. Hohe Wassertemperaturen und milde Winter haben die Nachwuchsproduktion der Sprotte zusätzlich gefördert. Infolgedessen ist der Sprottbestand der Ostsee in den letzten zehn Jahren auf ein hohes Niveau angewachsen und konkurrierte mit den verbliebenen Dorschlarven um deren bevorzugte Nahrung. Außerdem fraßen die erwachsenen Sprotten die ohnehin nur noch spärlich vorhandenen Dorscheier und hatten aufgrund ihrer enormen Anzahl plötzlich einen zusätzlichen negativen Effekt auf den Dorschbestand. Mit dem wachsenden Dorschbestand nimmt die Sprottbiomasse zwar wieder ab, ein deutlicher Einfluss ist aber nur dort festzustellen, wo beide Arten gemeinsam vorkommen (ICES-Gebiet 25 und 26). Weiter östlich und nördlich gibt es relativ wenig Dorsch und der Sprottbestand dort wird kaum beeinflusst. [93] [142] [621] [630] Zusätzliche Informationen Sprotten sind in der gesamten Ostsee verbreitet, hohe Konzentrationen von Jungtieren werden küstennah gefunden. Sowohl im offenen Meer als auch küstennah treten das ganze Jahr über gemischte Schwärme von Hering und Sprotte auf. [621] Zertifizierte Fischereien Soziale Aspekte Bestandsübersicht Marktdaten Bislang ist keine Fischerei auf Sprotte in der Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Eine Fischerei befindet sich seit vielen Jahren ohne wesentlichen Fortschritt in der Bewertung für das Nachhaltigkeitszertifikat des Marine Stewardship Councils (MSC). [4] Siehe http://www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/sppo-baltic-herring-and-sprats Zum Einsatz kommen vor allem kleine und mittlere Fangschiffe, in einigen Ländern auch Schiffe über 40m Länge. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen nach Landesregeln. [13] [462] Sprotte 2012 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 1.434 (2011: nicht verfügbar), Marktanteil: 0,1% [13] [14] Laicherbiomasse (in 1.000 t) Fänge (in 1.000 t) Anlandungen (in 1.000 t) Laicherbiomasse Zustand Nordsee (IV) 107,1 107,1 217,2 Ostsee (22-32) 230,9 230,9 883,0 Schwarzes Meer 87,0 - ? Skagerrak/Kattegat (IIIa) 10,4 10,4 ? kelt. See, westl. Schottl. (VI, VIIa-cfk) 11,4 - ? 4,4 4,4 ? Ärmelkanal (VIIde) Fischereiliche Sterblichkeit Anmerkungen (insbesondere Managementplan) Gültigkeit Anl dg. und Fang i m Begutachtungsjahr 06/2013 06/2014 06/2013 06/2014 Anl dg. 2011 12/2012 12/2013 06/2013 06/2014 Anl dg. vorl äufi g 06/2013 06/2014 06/2013 06/2014 Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES oder analog zu dessen Einteilung: Symbol Biomasse innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert Bewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit) angemessen oder unternutzt außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert übernutzt Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten Literaturquellen Autor Ostsee-Sprotte Jahr Titel Quelle msc.org [4] Marine Stewardship Council (MSC) Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischerei [13] B LE Bundes ans t al t für Landwi rt s chaft und Ernährung, Re ferat 523 [14] FIZ e.V. Fi s ch-Informat i ons z ent rum e .V. fischinfo.de [30] Food and Agriculture Organization (FAO) FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010] fao.org [93] Möllmann C, Kornilovs G, Fetter M, Köster FW 2005 Cl i mat e, z oopl ankt on, and pel agi c fi s h growt h i n t he cent ral Bal t i c Se a ICES Journal of Marine Science 62: 1270-1280 [142] Steputtis D, Hinrichsen H-H, Böttcher U, Götze E, Mohrholz V 2010 An example of meso-scale hydrographic features in the central Baltic Sea and their influence on the distribution and vertical migration of sprat, Sprattus sprattus balticus (Schn.) Fisheries Oceanography, 20 (1): 82–88 [206] Europäische Union (EG) 2005 Verordnung (EG) Nr. 2187/2005 des Rates vom 21. Dezember 2005 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen in der Ostsee, den Belten und dem Öresund, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1434/98 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 88/98 europa.eu [241] Europäische Union (EG) 2011 Verordnung (EU) Nr. 579/2011 des europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) Nr. 1288/2009 des Rates zur Festlegung technischer Übergangsmaßnahmen für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011 europa.eu [462] ICES 2012 Report of the Baltic Fisheries Assessment Working Group 2012 (WGBFAS), 12 - 19 April 2012, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2012/ACOM:10. 841 pp. 7 Sprat in Subdivisions 22-32 (update assessment) ices.dk [463] Voss R, Köster FW, Dickmann M 2003 Comparing the feeding habits of co-occurring sprat (Sprattus sprattus) and cod (Gadus morhua) larvae in the Bornholm Basin, Baltic Sea. Fish. Res. 63: 97-111 [620] Europäische Union (EU) 2012 Verordnung (EU) Nr. 1088/2012 des Rates vom 20. November 2012 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2013) europa.eu [621] ICES 2013 Report of the Baltic Fisheries Assessment Working Group (WGBFAS), 10 - 17 April 2013, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2013/ACOM:10. 738 pp. ices.dk [630] ICES 2013 Report of the Advisory Committee, 2013. Book 8. Baltic Sea. 8.4.15. Sprat in Subdivisions 22–32 (Baltic Sea) ices.dk [631] Europäische Union (EU) 2013 Verordnung (EU) Nr. 227/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) Nr. 1434/98 des Rates über die zulässige Anlandung von Hering zu industriellen Zwecken ohne Bestimmung für den unmittelbaren menschlichen Verzehr europa.eu © 2013 Thünen-Institut für Ostseefischerei http://www.fischbestaende-online.de, E-Mail: [email protected]