Mai 2010 – Mai 2011 ÖKOREGION BESTAND FANGGEBIET ART OSTSEE Ostsee-Sprotte Ostsee (22-32), FAO 27 Sprattus sprattus 1 BESTANDSZUSTAND WISS. BEWERTUNG Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk METHODE, FREQUENZ Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und drei unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen (Hydroakustik). Aufgrund langfristiger Veränderungen von Umweltbedingungen und Nahrungsgefüge ist der Vorsorgereferenzwert für die Biomasse nicht mehr verwendbar. Nur der Referenzpunkt für die fischereiliche Sterblichkeit nach Vorsorgeansatz (Fpa) ist definiert, MSY-Referenzpunkte werden derzeit entwickelt. [131] WESENTLICHE 2010: Erwartungsgemäß reagiert der derzeit sehr starke Sprottbestand der Ostsee auf den erhöhten PUNKTE Nahrungsbedarf eines schnell wachsenden Dorschbestandes. Die Sprottbiomasse nimmt schnell ab und die natürliche Sterblichkeit zu, da Sprotte ein wesentliches Beutetier des Dorsches ist. Die fischereiliche Sterblichkeit liegt über dem Vorsorgereferenzwert (Fpa). Der Bestand wird nicht mehr nachhaltig bewirtschaftet. [131] BESTANDSZUSTAND - Fischereiliche Sterblichkeit erhöhtes Risiko (nach Vorsorgeansatz) nicht definiert (nach Vorsorgeansatz) ? nicht definiert (nach Managementplan) nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag) ? - nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag) Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) ? ? 22-32 0,54 Fischereil. Sterblichkeit Laicherbiomasse 0.6 0.5 1500 Fpa 825 kt 1000 0.3 0.2 500 0.1 0 0.0 Gesamtfang (1.000 t) 1980 500 1990 2000 2010 Gesamtfang 1980 1990 2000 2010 Nachwuchsproduktion 200 400 407 kt 300 100 200 100 0 1980 1990 Jahr 2000 2010 1980 1990 Jahr 2000 2010 0 Fischereil. Sterblichkeit (F3−5) Nachwuchsproduktion im Alter 1 (Mrd) Laicherbiomasse (1.000 t) Sprotte Ostsee 2000 BESTANDS- Die Größe des Sprottbestandes in der Ostsee hängt über Räuber-Beute Beziehungen von der Größe des ENTWICKLUNG Dorschbestandes ab. Aufgrund der Ende der 1980er Jahre abnehmenden Dorschbiomasse und günstigen Bedingungen für die Nachwuchsproduktion für Sprotte wuchs der Bestand stark an und erreichte 1996 mit fast 1,7 Mio. Tonnen ein historisches Hoch. In den folgenden Jahren sank die Bestandsgröße und schwankt seit 2003 auf vergleichsweise hohem Niveau. Die fischereiliche Sterblichkeit (F) nahm in den 1990ern parallel mit den steigenden Fangzahlen zu und stieg 2009 auf den zweithöchsten für den Bestand je ermittelten Wert. Sie liegt weit über dem Vorsorgeansatz-Referenzwert. Die Nachwuchsproduktion schwankt stark mit den klimatischen Bedingungen. [131] [93] AUSBLICK Durch die schnell abnehmende Biomasse und den steigenden Wegfraß durch Dorsche verringert sich die für die menschliche Entnahme zur Verfügung stehende Menge. Die EU reduziert daher die Fangquoten für 2011 um 24%; weitere Kürzungen der Fangmenge in den folgenden Jahren sind absehbar. [141] UMWELTEINFLÜSSE Sprotte lebt in der Ostsee an ihrem nördlichen Verbreitungslimit, und klimatische Faktoren können sich vor AUF DEN BESTAND allem auf den Reproduktionserfolg auswirken, der von hohen Wassertemperaturen und milden Wintern gefördert wird. Bei höheren Temperaturen ist die Sterblichkeit der Eier geringer und die Häufigkeit bevorzugter Nahrungsorganismen nimmt zu. Die Biomasse der Sprotten hängt außerdem stark von der Räuber-Beute Beziehung zum Dorsch ab („Dorsch-Sprott-Schaukel“, siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). [131] [93] [142] © 2010 Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Institut für Ostseefischerei, Rostock http://fischbestaende.portal-fischerei.de, email: [email protected] Mai 2010 – Mai 2011 BESTAND Ostsee-Sprotte 2 FISCHEREIMANAGEMENT WER & WIE Die Bewirtschaftung von Sprotte in der Ostsee erfolgt über Quoten und Maschenweitenregulierung. Seit Auflösung der „International Baltic Sea Fishery Commission“ (IBSFC) und Aufgabe des IBSFCManagementplanes 2006 legen die Europäische Union und Russland autonome Quoten fest. Ein Managementplan für alle pelagischen Bestände der Ostsee ist seit 2008 in Entwicklung, aber auch für 2010 nicht implementiert worden. [131] DIFFERENZ ZW. Der TAC bzw. ab 2007 die EU-Quote lagen mit Ausnahme von 2007 immer über den wissenschaftlichen WISSENSCHAFT UND Empfehlungen des ICES. Die Differenz zwischen Empfehlungen und Management war allerdings sehr MANAGEMENT unterschiedlich. Die TACs bzw. Quoten wurden mit Ausnahme von 2009 nie ausgefischt. [131] Managementgebiet(e) B re ite ( N ) Nördlicher Bottnischer Meerbusen 64˚ 31 Nördlicher Bottnischer Meerbusen 64˚ Südlicher Bottnischer Meerbusen 63˚ 62˚ B re ite ( N ) Verbreitungsgebiet KARTEN 30 61˚ 31 Südlicher Bottnischer Meerbusen 63˚ 62˚ 30 61˚ 60˚ 32 29 59˚ Skagerrak 58˚ IIIa 57˚ Kattegat IIIb (23) 56˚ 24 55˚ 54˚ IIIc (22) 53˚ 8˚ 10 ˚ 25 60˚ Finnischer Meerbusen 27 28.2 28.1 Rigaer Bucht Mittlere Ostsee 26 12 ˚ 14˚ 16 ˚ Skagerrak 58˚ IIIa 57˚ IIIb (23) 56˚ 24 54˚ IIIc (22) 53˚ 18 ˚ 20 ˚ Kattegat 55˚ Westliche Ostsee 22 ˚ 24 ˚ 26 ˚ Länge (O) 32 29 59˚ 8˚ 10 ˚ 25 Finnischer Meerbusen 27 28.2 28.1 Rigaer Bucht Mittlere Ostsee 26 Westliche Ostsee 12 ˚ 14˚ 16 ˚ 18 ˚ 20 ˚ 22 ˚ 24 ˚ 26 ˚ Länge (O) Der Bestand ist in der gesamten Ostsee verbreitet. Die Bewirtschaftung erfolgt seit 2007 getrennt durch die EU und Russland. ANLANDUNGEN UND TACS (1.000 t) Gesamtfang 2009 TACs (EU-Quote) 407 (davon Russland 25,2 in Gebiet 26); überwiegend pelagische Schleppnetze 2007: 454 2008: 454 2009: 399 2010: 380 2011: 289 [131] [141] IUU-FISCHEREI Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. Durch die gemischte Fischerei mit Hering kann es zu falschberichteten Fangzusammensetzungen kommen, zumal die Heringsquote meist ausgefischt wird, die Sprottquote jedoch nicht. Es gibt keine Informationen über die Menge der falschberichteten Fänge. [131] 3 FISCHEREI & ÖKOLOGISCHE EFFEKTE STRUKTUR & Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete Fischereien auf Ostseesprotte. Zum Einsatz kommen vor FANGMETHODE allem kleine und mittlere Fangschiffe, in einigen Ländern auch Schiffe über 40m Länge. Hauptfanggerät sind pelagische Schleppnetze. Die Sprottfischerei findet das ganze Jahr über statt, Hauptsaison liegt jedoch in der ersten Jahreshälfte, sofern es die Eisbedeckung zulässt. Die Sprotten werden für die Futtermittelproduktion und den menschlichen Konsum angelandet. [131] BEIFÄNGE & Rückwürfe sind in der Sprottfischerei vernachlässigbar, denn kleine Tiere und mindere Qualität werden in die RÜCKWÜRFE Futtermittelproduktion gegeben. Daten zur Menge der Rückwürfe stehen derzeit noch nicht zur Verfügung. Je nach Saison und Gebiet kommt es in der Sprottfischerei zu unterschiedlichen Beifangmengen von Hering. [131] [132] EINFLÜSSE DER Die Sprotte ist gemeinsam mit Hering eine Hauptnahrungsquelle für Dorsch. Die Sprottfischerei kann daher FISCHEREI AUF DIE indirekt den Dorschbestand beeinflussen. Pelagische Schleppnetzfischerei beeinflusst den Meeresboden UMWELT kaum (weil sie ihn in der Regel nicht berührt). [131] © 2010 Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Institut für Ostseefischerei, Rostock http://fischbestaende.portal-fischerei.de, email: [email protected] Mai 2010 – Mai 2011 BESTAND Ostsee-Sprotte 4 ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN BIOLOGISCHE Ein wichtiger Faktor mit Einfluss auf die Bestandsgröße der Sprotte ist die Größe des Dorschbestandes. Beide BESONDERHEITEN Bestände beeinflussen sich gegenseitig über ihre Räuber-Beute-Beziehung. Es entsteht die sogenannte „Dorsch-Sprott-Schaukel“, in der entweder der eine oder der andere Bestand dominiert. Als eine der wesentlichen Beutearten des erwachsenen Dorschs hat die Sprotte lange Zeit direkt vom schlechten Zustand der Dorschbestände profitiert. Hohe Wassertemperaturen und milde Winter haben die Nachwuchsproduktion der Sprotte zusätzlich gefördert. Infolgedessen ist der Sprottbestand der Ostsee in den letzten zehn Jahren auf ein Rekordniveau angewachsen und konkurrierte mit den verbliebenen Dorschlarven um deren bevorzugte Nahrung. Außerdem fraßen die erwachsenen Sprotten die ohnehin nur noch spärlichen Dorscheier und hatten aufgrund ihrer enormen Anzahl plötzlich einen zusätzlichen negativen Effekt auf den Dorschbestand. Mit dem ansteigendem Dorschbestand nimmt die Sprottbiomasse wieder deutlich ab. [93] [131] [142] ZUSÄTZLICHE Sprotten sind in der gesamten Ostsee verbreitet, hohe Konzentrationen von Jungtieren werden küstennah INFORMATIONEN und besonders in der Nähe von Flussmündungen gefunden, wo sich Süß- und Meerwasser mischen. Sowohl im offenen Meer, als auch küstennah treten das ganze Jahr über gemischte Schwärme von Hering und Sprott auf. [132] ZERTIFIZIERTE Bislang ist keine Fischerei auf Sprotte in der Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards FISCHEREIEN zertifiziert. SOZIALE ASPEKTE Die Sprottfischerei in der Ostsee wird zum großen Teil mit mittleren bis kleinsten Fahrzeugen durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Deutschland landet den größten Teil seiner Fänge in auswärtigen Häfen an (2009: 95 %). Die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen nach Landesregeln. [13] [132] Bestandsübersicht Sprattus sprattus 2008: Verbrauch in Deutschland (Zahlen für 2009 noch nicht verfügbar): 1.248 t, Marktanteil: 0,1% [13] [14] A *F nlan än du ge ng (in en 1.0 od La 00 er (in iche t) 1.0 rb 00 iom t) a La ss e ich Zu er b sta io nd m as Fi se s St che er re bl ili ich ch ke e it MARKTDATEN Sprotte Anmerkungen (insbes. Managementplan) ÜBERSICHT ALLER BESTÄNDE Nordsee Ostsee Skagerrak/Kattegat Ärmelkanal Schwarzes Meer *133,1 *407,0 *9,2 *2,8 *91,0 ? 825,0 ? ? ? - gültig Keine Fangempfehlung des ICES 06/2010-06/2011 05/2010-05/2011 06/2010-06/2011 Keine Fangempfehlung des ICES 06/2010-06/2011 06/2010-06/2011 Klassifizierung durch den ICES Bestand hat volle Reproduktionskapazität Bewirtschaftung ist nachhaltig des Bestandes gefährdet o Reproduktionskapazität nachhaltige Bewirtschaftung gefährdet Bestand hat keine ausreichende Reproduktionskapazität Bestand wird nicht nachhaltig bewirtschaftet unklar, keine Referenzpunkte (RP) definiert ? Bestandszustand und/oder unzureichende Daten + - © 2010 Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Institut für Ostseefischerei, Rostock http://fischbestaende.portal-fischerei.de, email: [email protected] Mai 2010 – Mai 2011 BESTAND Ostsee-Sprotte QUELLEN & WEITERE [4] MSC, Marine Stewardship Council. Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischerei, INFORMATIONEN http://www.msc.org/de [13] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) , Referat 523 [14] Fisch-Informationszentrum e.V., http://www.fischinfo.de [93] Möllmann C, Kornilovs G, Fetter M, Köster FW, 2005, Climate, zooplankton, and pelagic fish growth in the central Baltic Sea, ICES Journal of Marine Science 62: 1270-1280 [131] ICES, 2010, Report of the Advisory Committee, 2010. Book 8.The Baltic Sea. 8.4.8. Sprat in Subdivisions 22-32 (Baltic Sea) [132] ICES, 2010, Report of the Baltic Fisheries Assessment Working Group (WGBFAS), 15-22 April 2010, ICES Headquarters, Copenhagen . 621 pp. 7 Sprat in Subdivisions 22-32 (update assessment) [141] Europäische Union (EU), 2010, Verordnung (EU) Nr. 1124/2010 des Rates vom 29. November 2010 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2011) [142] Steputtis D, Hinrichsen H-H, Böttcher U, Götze E, Mohrholz V, 2011, An example of meso-scale hydrographic features in the central Baltic Sea and their influence on the distribution and vertical migration of sprat, Sprattus sprattus balticus (Schn.), Fisheries Oceanography, 20 (1): 82–88 © 2010 Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Institut für Ostseefischerei, Rostock http://fischbestaende.portal-fischerei.de, email: [email protected]