9. Optische Fasern 1 von 16 Optische Fasern – physikalische Grundlagen und Anwendungen Axel Donges, Isny im Allgäu Die zunehmende Nutzung von Online Video, Internet-TV und Cloud-Services (z. B. Dropbox) befeuert die Nachfrage nach superschnellen Breitbandverbindungen. Die herkömmlichen kupferkabelbasierten Netze mit maximalen Geschwindigkeiten von 12–16 Mbit/s werden dem steigenden Kapazitätsbedarf schon lange nicht mehr gerecht. Hingegen bieten Glasfasernetze Bandbreiten mit Geschwindigkeiten von 0,1 bis zu 1 Gbit/s. © Pearl GmbH Behandeln Sie, um der Bedeutung der Glasfaser – nicht nur für die heutige Nachrichtentechnik, sondern z. B. auch für die Medizin (Endoskopie) – gerecht zu werden, das Thema „optische Faser“ in Ihrem Unterricht. II/D T H C I S N A R O V Abb. 1: Faserlampe Mehr als 90 % aller Daten werden in Glasfasern transportiert. Pro Sekunde werden weltweit mehr als 1 km Glasfaserkabel neu verlegt! Der Beitrag im Überblick Klasse: 10–12 Inhalt: Dauer: • Reflexion, Transmission, Totalreflexion 4 Stunden Ihr Plus: • Stufenindex- und Gradientenfaser üAktuelles Thema • Single- und Multimodefaser üFachübergreifender Unterricht (Erdkunde, Biologie) • TAT-14 • Endoskop 40 RAAbits Physik August 2015 9. Optische Fasern 3 von 16 Manfred Börner (1929–1996) realisierte ein optisches Weitverkehrs-Übertragungssystem, das Laserdioden (als Sender), Glasfasern (als Übertragungsmedium) und Laserdioden (als Empfänger) nutzte und das 1966 zum Patent angemeldet wurde. 1966 entdeckten Charles Kuen Kao (geb. 1933) und George Hockham (1938–2013), dass Unreinheiten im Glas zu Verlusten bei der Übertragung führen. Dafür erhielt Charles Kuen Kao 2009 den Nobelpreis für Physik. 1970 entwickelte und produzierte das amerikanische Unternehmen Corning Inc. eine optische Faser, mit der Licht über eine längere Strecke ohne größere Verluste übertragen werden konnte. Die optischen Fasern wurden stetig verbessert. 1985 übertrug die British Telecom erstmals Signale ohne Zwischenverstärkung über eine Strecke von 250 km. Heute erreichen optische Fasern im nahen Infrarot-Bereich Dämpfungen von weniger als 0,2 dB/km. Das bedeutet: Bei einer Faserlänge von 1 km kommen noch mehr als 98 % der eingespeisten Leistung am Faserende an. II/D Hinweise zur Gestaltung des Unterrichts Einstieg In dieser Unterrichtseinheit bildet den Einstieg eine Farbfolie (M 1) mit Anwendungsbeispielen von Glasfasern. Werfen Sie sie mit dem OHP an die Wand und fragen Sie Ihre Schüler, ob sie erkennen können, was dargestellt ist. Vielleicht kennt der ein oder andere Schüler die Endoskopie. Dann erklären Sie, wie diese funktioniert. T H C I S N Aufbau der Unterrichtseinheit Anschließend wiederholen Ihre Schüler zunächst im Material M 2 die Reflexion und Brechung an dielektrischen Grenzschichten. Sie erarbeiten sich im Material M 3 das physikalische Phänomen Totalreflexion. Zum besseren Verständnis führen sie drei Demonstrationsexperimente zur Totalrelexion durch (M 4). A R O In den Materialien M 5 und M 6 wird die Funktionsweise der Stufenindex- und der Gradientenfaser geometrisch-optisch erklärt. Material M 7 erläutert den Unterschied zwischen Single- und Multimodefasern. In den Materialien M 8 und M 9 stellen wir zwei Anwendungen vor. M 8 hat ein Tiefseekabel, das Europa und Nordamerika verbindet, zum Gegenstand. Dieses Material kann auch außerhalb des Physik-Unterrichts (Erdkunde, Gemeinschaftskunde etc.) behandelt werden. Material M 9 stellt das Endoskop vor, was auch für den Biologie-Unterricht interessant sein dürfte. V Bezug zu den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz Allg. physikalische Kompetenz F 1, F 3, E 4 Inhaltsbezogene Kompetenzen Die Schüler … Anforderungsbereich … wiederholen die Phänomene Reflexion und Brechung, I, II F 1, F 3, F 4, E 1, E 3, E 4, E 7 … erarbeiten sich die Totalreflexion, I–III F 1, F 3, F 4, E 1, E 3, E 4 … verstehen die Funktionsweise von optischen Fasern, I–III … üben sich im Experimentieren. I–III F 1, F 4, E 7 Für welche Kompetenzen und Anforderungsbereiche die Abkürzungen stehen, inden Sie auf der beiliegenden CD-ROM 40. 40 RAAbits Physik August 2015 9. Optische Fasern 4 von 16 Materialübersicht · V = Vorbereitungszeit SV = Schülerversuch Ab = Arbeitsblatt/Informationsblatt · D = Durchführungszeit LV = Lehrerversuch Fo = Folie WH = Wiederholungsblatt M1 Fo Beispiele für die Anwendung von Glasfasern – Einstieg M2 WH Reflexion und Brechung – frische dein Wissen auf! · D: 30 min M3 Ab Die Totalreflexion · D: 45 min II/D M4 SV Demonstrationsexperimente zur Totalreflexion · V: 15 min rHalbzylinder aus Plexiglas mit Haltevorrichtung rGebogener zylindrischer Stab aus Plexiglas rRechtwinkliges Prisma aus Plexiglas rLaserpointer · D: 15 min M5 Ab T H C Die Stufenindexfaser · D: 30 min M6 Ab, LV Die Gradientenfaser · V: 15 min rZuckerlösung rWasser · D: 5 min I S N A R O M7 Ab Single- und Multimodefasern · D: 30 min M8 V M9 rKüvette rLaser Ab TAT-14 – ein gigantisches Tiefseekabel · D: 15 min Ab Endoskopie – ein Blick ins Körperinnere · D: 30 min Die Erläuterungen und Lösungen zu den Materialien finden Sie ab Seite 14. Mediathek Internet-Adressen zu M 1 und M 2: http://www.walter-fendt.de/ph14d/brechung.htm zu M 3 und M 4: http://www.wfu.edu/physics/demolabs/demos/avimov/optics/iber_optics/lighttie.mpg 40 RAAbits Physik August 2015 9. Optische Fasern M1 5 von 16 Beispiele für die Anwendung von Glasfasern – Einstieg Optische Fasern werden heute hauptsächlich – zu Beleuchtungszwecken (a), – zur Bildübertragung (b), – in der Messtechnik (c) oder – in der optischen Nachrichtentechnik (d) eingesetzt. Dabei bildet das zuletzt genannte Gebiet den Anwendungsschwerpunkt. II/D A R O Abb. 4: Beispiel zu a: Faserlampe © Foto: fos4X V Abb. 5: Beispiel zu b: Anwendung optischer Fasern in der Endoskopie © Rainer Grothues – Fotolia.com © Pearl GmbH I S N Abb. 6: Beispiel zu c: Ein Faser-Bragg-Sensor (Glasfaser mit integrierten Bragg-Relektoren) verändert sein wellenlängenabhängiges Relexionsvermögen, wenn er einer mechanischen Zugbelastung ausgesetzt wird. © Thinkstock/Hemera T H C Abb. 7: Beispiel zu d: Ohne Lichtwellenleiter wäre der heutige Datenverkehr nicht mehr zu bewältigen. 40 RAAbits Physik August 2015 9. Optische Fasern M3 7 von 16 Die Totalreflexion 1. Aufgabe Ein Lichtstrahl, der sich zunächst in Glas (n1 = 1,5) ausbreitet, tritt aus der Glasplatte aus und läuft dann in Luft (n2 = 1,0) weiter. Berechnen Sie für die Einfallswinkel α1 = 0o, 10o, 20o, 30o, 40o, 50o, 60o, 70o und 80o (im Glas) die zugehörigen Winkel α2 der gebrochenen Strahlen (in Luft). Ist das für alle Winkel möglich? Stellen Sie das Ergebnis grafisch in einem α1- α2-Diagramm dar. α1 Glas Luft α2 Abb. 9: Brechung eines Lichtstrahls beim Übergang von einem optisch dichteren zu einem optisch dünneren Medium Schlussfolgerungen T H C Die von Ihnen zuvor bearbeitete Aufgabe zeigt: • Für die Winkel α1 = 10o, 20o, 30o und 40o ist der zugehörige Winkel α2 stets größer als α1. I S N • Für die Winkel α1 = 50 , 60 , 70 und 80 kann kein zugehöriger Winkel α2 berechnet werden (der Taschenrechner zeigt „Error“ an). n • Wird das Brechungsgesetz nach sin(α2) aufgelöst, ergibt sich: sin(α 2 ) = 1 sin(α1) . Da n2 n n sin(α 2 ) = 1 sin(α1) ≤ 1 sein muss, muss auch stets sin(α1) ≤ 2 gelten. Für den größten n2 n1 Einfallswinkel α1, für den sich im Fall n2 < n1 noch ein Winkel α2 berechnen lässt, gilt o o o o A R O somit V sin(α1,max ) = II/D n2 <1 . n1 • Übersteigt der Einfallswinkel α1 den Winkel α1,max, so kann der Lichtstrahl nicht vom Glas in die Luft übertreten. Der einfallende Lichtstrahl wird dann vollständig reflektiert. Man spricht dann von Totalreflexion. α1,max heißt Grenzwinkel der Totalreflexion. 2. Aufgabe Berechnen Sie für n1 = 1,5 und n2 = 1,0 den Grenzwinkel der Totalreflexion. Merke: Die Totalreflexion a) Ein Lichtstrahl kann nur dann von einem optisch dichteren in ein optisch dünneres Medium übertreten, wenn der Einfallswinkel α1 kleiner als der Grenzwinkel der Totalreflexion (α1,max) ist. b) Hierbei ist das optisch dichtere (dünnere) Medium dasjenige Medium mit der größeren (kleineren) Brechzahl. c) Beim Übergang des Lichts vom optisch dünneren ins optisch dichtere Medium tritt das Phänomen der Totalreflexion nicht auf. 40 RAAbits Physik August 2015 9. Optische Fasern Endoskopie – ein Blick ins Körperinnere © Kalumet/Wikimedia Commons. Lizenz: CC BY-SA 3.0 M9 13 von 16 Bei der Endoskopie (aus dem Altgrie, chischen endon : innen; skΟpein ͗ ˜ : sehen) handelt es sich um ein Verfahren, mit dem das Innere von Hohlräumen – z. B. Magen, Darm oder auch technische Hohlräume – untersucht oder gar manipuliert werden kann. Umgangssprachlich wird eine endoskopische Untersuchung auch als Spiegelung (z. B. Magenspiegelung) bezeichnet. II/D Abb. 24: Flexibles Endoskop Bei der sogenannten lexiblen Endoskopie kommen optische Fasern zum Einsatz. Zum einen wird das Licht einer Kaltlichtquelle mit optischen Fasern zu Beleuchtungszwecken in den Hohlraum geführt. Andererseits wird mithilfe von optischen Fasern das Bild des Hohlrauminneren nach außen geleitet. T H C Für die Bildübertragung werden dabei sog. Bildleiter verwendet, die aus vielen Tausenden von Einzelfasern (Durchmesser jeweils 7–10 µm) bestehen. Dabei ist jeweils eine Faser für einen Bildpunkt (Pixel) zuständig, d. h., die Anzahl der Bildpunkte entspricht der Anzahl der einzelnen Fasern. I S N A R O Abb. 25: Funktionsprinzip eines Bildleiters. Der Gegenstand wird mit einer Linse auf den Eingang des Bildleiters abgebildet. Das dort entstehende Bild wird dann in den verschiedenen Fasern weitergeleitet. © Splarka, Quelle: Splarka/Wimimedia Commons V Bildleiter (Faserbündel) Linse Objekt Abb. 26: Endoskopischer Blicks ins Innere einer mechanischen Uhr Die Endoskopie dient jedoch nicht nur der Diagnostik. Sie wird auch zur Therapie eingesetzt. Dazu wird das Endoskop erweitert – z. B. um miniaturisierte Greif- und Schneidewerkzeuge oder einen Laserstrahl, der ebenfalls über eine optische Faser eingekoppelt wird –, sodass man Operationen (z. B. Blinddarm-OP) durchführen kann (minimal-invasive Eingriffe). 40 RAAbits Physik August 2015 9. Optische Fasern 14 von 16 Erläuterungen und Lösungen M1 Beispiele für die Anwendung von Glasfasern – Einstieg Glasfasern spielen im Alltag eine bedeutende Rolle. Zeigen Sie Ihren Schülern, wo. M2 Relexion und Brechung – frische dein Wissen auf! sin(α 2 ) = n 1,0 n1 = 0,6 sin(α1) mit 1 = n2 1,5 n2 II/D α1 in ° 0 20 40 60 80 α2 in ° 0,0 13,2 25,4 35,3 41,1 T H C Winkel des gebrochenen Strahls in Grad 45 I S N 40 35 30 25 A R O V 20 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Winkel des einfallenden Strahls in Grad Abb.27 M 3 Die Totalrelexion 1. n1 = 1,5 ; sin (α 2 ) = 1,5 sin (α1) n2 α1 in ° 0 10 20 30 40 50 60 70 80 α2 in ° 0,0 15,1 30,9 48,6 74,6 keine Lösung keine Lösung keine Lösung keine Lösung 40 RAAbits Physik August 2015