Niedersächsischer Wesenstest seit Abschaffung der Rasseliste von

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Tierärztliche Hochschule Hannover
Niedersächsischer Wesenstest seit Abschaffung der Rasseliste
von Oktober 2003 bis März 2013Eine Analyse der „auffälligen“ Rassen
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer
Doktorin der Veterinärmedizin
-Doctor medicinae veterinariae(Dr. med. vet.)
vorgelegt von
Katja Riedel
Leipzig
Hannover 2014
Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. H. Hackbarth
Institut für Tierschutz und Verhalten
(Heim-, Labortiere und Pferde)
1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Hackbarth
2. Gutachter: PD. Dr. S.Schmidt
Tag der mündlichen Prüfung: 11.04.2014
ii
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
1
Einleitung
1
2
Literaturübersicht
3
2.1
Definition „gefährliche Hunde“ aus juristischer vs. ethologischer Sicht
3
2.2
Der Hund als soziales Lebewesen
6
2.2.1 Kommunikation
8
2.2.2 Emotionen
12
Aggressionsverhalten
15
2.3.1 Einteilungen von Aggressionsverhalten
19
2.3.2 Angstbedingtes Aggressionsverhalten
23
2.3.3 Körperliche/organische Ursachen für Aggression
25
2.3
(Schmerzen, Schock, Erkrankungen)
2.3.4 Aggression in Verbindung mit Erwerb und Verteidigung von
Ressourcen (auch „Rang/Statusbezogene Aggression“)
26
2.3.5 Hormonell bedingte Aggression
27
2.3.6 Frustrationsbedingte Aggression und umgerichtete Aggression
28
2.3.7 Pathologisch bedingte Aggression/“Idiopathische“ Aggression
28
2.3.8 Neurophysiologische Betrachtung
29
2.3.9 Eskalationsstufen
31
2.4
Lernkomponenten der Aggression
31
2.5
Jagdverhalten
32
2.6
Spielverhalten
33
2.7
Soziale Annäherung
34
2.8
Abgrenzung inadäquat aggressiven Verhaltens gegenüber „echten“,
2.9
Verhaltensstörungen - Ethopathien
34
2.8.1 Inadäquat aggressives Verhalten
34
2.8.2 Zur Gefährlichkeit von Hunden
35
2.8.3 „Echte“ Verhaltensstörungen
36
Leiden
39
iii
INHALTSVERZEICHNIS
2.10
Rasseabhängige Gefährlichkeit
40
2.10.1 Rassedefinition - Rasseunterschiede
40
2.10.2 „Gefährliche“ Rassen(?)
44
2.11
Verhaltenstest und das Wesen des Hundes
47
3
Material und Methoden
51
3.1
Erläuterungen zur Durchführung des Wesenstests
51
3.2
Einzelne Situationen
52
3.2.1 Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakt
52
3.2.2 Hund-Hund-Kontakt
63
3.2.3 Gehorsam
64
Bewertungssystematik
65
3.3.1 Skalierung
65
3.3.2 inadäquat/gestört aggressives Verhalten
66
3.4
Datenaufnahme
66
3.5
Beurteilung der Hunde
66
3.6
Auswertung der Daten
67
4
Ergebnisse
68
4.1
Die Hunde
68
4.1.1 getestete Hunderassen
68
4.1.2 Einteilung in Kategorien modifiziert nach RÄBER (1995)
69
Hunde mit inadäquat/gestört aggressivem Verhalten („B-Hunde“)
72
4.2.1 Kategorie „bullartige Terrier“ inklusive Mischlinge
80
4.2.2 Art des Vorfalls
81
4.2.3 Geschlechtervergleich
83
4.2.4 Altersvergleich
85
Höchste erreichte Skalierungen
85
4.3.1 Höchste erreichte Skalierung 1
86
4.3.2 Höchste erreichte Skalierung 2
88
4.3.3 Höchste erreichte Skalierung 3
90
4.3.4 Höchste erreichte Skalierung 4
91
4.3.5 Höchste erreichte Skalierung 5
92
3.3
4.2
4.3
iv
INHALTSVERZEICHNIS
4.4
4.5
4.3.6 Höchste erreichte Skalierung 6
94
Rassekategorien und die Verteilung
96
4.4.1 Bullartige Terrier - Skalierungen
96
4.4.2 Bauern-, Hirten- und Treibhunde
97
4.4.3 Mischlinge
98
4.4.4 Jagdhunde
99
4.4.5 Terrier
100
4.4.6 Hütehunde
100
4.4.7 Doggenartige
100
Verhalten der Hunde in den einzelnen Situationen
101
4.5.1 Verhalten der Hunde in den „Bedrohungssituationen“
101
4.5.2 Verhalten der Hunde in den „ungewöhnlichen Situationen“
104
4.5.3 Verhalten der Hunde in den „Alltagssituationen“
105
4.5.4 Vergleich der Skalierungen in den untersch. Situationskategorien
111
4.5.5 Aggressives Verhalten der Skalierungen 5
und 6 in Nichtbedrohungssituationen - inadäquat/gestört aggressives
Verhalten
114
5
Diskussion
116
5.1
Methoden
116
5.1.1 Rassezugehörigkeit der Hunde
116
5.1.2 Wesenstestdurchführung
116
5.1.3 Begutachtung
117
5.1.4 Auswertung der Daten
120
Diskussion der Ergebnisse
121
5.2.1 Anteil der einzelnen Rassen
121
5.2.2 Mischlinge
124
5.2.3 Inadäquat/gestört aggressives Verhalten
124
5.2.4 Skalierungsverteilung innerhalb der einzelnen Kategorien
129
5.2.5 Verhalten der Hunde in den einzelnen Situationen
131
5.2.6 Einfluss von Alter und Geschlecht
133
5.2.7 Schlussfolgerung
134
5.2
v
INHALTSVERZEICHNIS
6
Zusammenfassung
136
7
Summary
138
8
Literaturverzeichnis
140
9
Anhang
161
9.1
Datenmaterial
161
9.2
Gesetzestexte des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von
Hunden von 2002 und der Änderung aus Oktober 2003
171
9.3
Abbildungsverzeichnis
187
9.4
Tabellenverzeichnis
189
9.5
Abkürzungsverzeichnis
191
vi
EINLEITUNG
1 EINLEITUNG
In dem Zeitraum Juli 2000 bis Oktober 2003 mussten Hunde bestimmter Rassen sowie deren
Mischlinge nach der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung (GefTVO) einen Wesenstest
absolvieren. Von diesen Rassen ging nach dieser Verordnung eine besondere Gefährdung für
Mensch und Tier aus. Trotz der Nichtigkeitserklärung der Niedersächsischen GefTVO durch
das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2003 unterliegen noch heute einige Rassen den
unterschiedlichsten
Rasselisten
in
den
übrigen
Bundesländern.
Die
genetische
Grundausstattung des einzelnen Hundes spielt dabei zwar eine Rolle, jedoch keine
übergeordnete,
wie
mehrere
Untersuchungen
bestätigten
(MITTMANN
2002,
HIRSCHFELD 2005, STEINFELD 2002, BOETTJER 2003, JOHANN 2004, STUR 2001).
MITTMANN (2002) konnte zeigen, dass es keine Disposition der untersuchten fünf
Hunderassen aus den Rasselisten gab, vermehrt aggressives Verhalten zu zeigen. Bei der
Untersuchung einer Bullterrier-Zuchtlinie von HIRSCHFELD (2005) zeigten 99,75% der
Bullterrier den Situationen angemessenes Verhalten. STUR (2001) kommt zu dem Schluss,
dass
„eine
besondere
Gefährlichkeit
bestimmter
Rassen
aufgrund
rassetypischer
Wesensmerkmale somit weder von der Definition des Wesens her, noch auf der Basis
bisheriger Untersuchungen über die Beteiligung bestimmter Rassen an Beißvorfällen
zulässigerweise abzuleiten (ist)“. Zusätzlich geht eine Gefährdung des Menschen auch von
unangemessenem Beutefangverhalten („Jagdverhalten“) von Hunden aus. Dabei handelt es
sich sowohl neurophysiologisch als auch ethologisch nicht um aggressives Verhalten, sondern
um Jagdverhalten. Viele der in den Medien aufgezeigten Beißvorfälle, so auch der Tod des
kleinen Volkan in Hamburg 2000, stellten Beutefangverhalten dar (FEDDERSENPETERSEN 2008). Zugrunde liegen in der Regel unzureichende Sozialisation und oft auch
fehlende Bindung an den Menschen, was bei unseren domestizierten Hunden aber die
Voraussetzung für normales Verhalten ist. Da es sich nicht um Aggressionsverhalten handelt,
liegt in diesen Fällen auch kein „übersteigertes, inadäquates Aggressionsverhalten“ vor
(FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Die Gefahren, die somit von Hunden ausgehen können,
sind sehr vielschichtig zu betrachten und lassen sich nicht durch Festlegung „gefährlicher“
Rassen definieren. Niedersachsen ist seit 2003 das einzige Bundesland, in dem bis heute keine
Rasseliste mehr existiert. Aus diesem Grund war es das Ziel dieser Arbeit, zu untersuchen,
1
EINLEITUNG
Hunde welcher Rassezugehörigkeit in diesen Jahren überhaupt für einen Wesenstest
(aufgrund amtlich festgestellter Gefährlichkeit) am Institut für Tierschutz und Verhalten der
Tierärztlichen Hochschule Hannover vorgestellt wurden und ob bestimmte Rassen dabei
häufiger vertreten waren. Aufgrund der geringen Anzahl von nur 127 Hunden können die
Daten keine statistische Relevanz aufweisen, ein Trend sollte trotz alledem festgestellt werden
können.
Hypothese: Es wird erwartet, dass sich keine Hinweise auf Häufung bestimmter Rassen
ergeben. Mit der Methodik der vorliegenden Arbeit wäre es denkbar, alle in Niedersachsen
einem Wesenstest unterzogenen Hunde seit Oktober 2003 auf ihre Rassezugehörigkeit hin zu
analysieren, um den hier gefundenen Trend auf statistische Relevanz zu untersuchen. Sollte
der Trend statistisch signifikant sein, könnte die ethologische Unhaltbarkeit der Definition
gefährlicher Hunde anhand ihrer Rassezugehörigkeit somit auch durch statistisch relevante
Daten „auffällig gewordener“ Hunde untermauert werden.
Zielsetzung:
Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu untersuchen:
a) Welche Rassen sind seit Oktober 2003 einem Wesenstest unterzogen worden?
b) Gibt es Häufungen von bestimmten Hunderassen? Inwieweit treten „Listenhunde“
darunter auf?
c) Existieren gemeinsame Faktoren unter allen Hunden, die mit inadäquat oder gestört
aggressivem Verhalten reagiert haben und somit Risikofaktoren darstellen können?
2
LITERATUR
2 LITERATUR
2.1 Definitionen- „gefährliche“ Hunde aus juristischer versus ethologischer Sicht
-juristische Betrachtung
Die niedersächsische Gefahrtier-Verordnung vom 5.Juli 2000 besagte:
Abb.2.1- Auszug aus §1 und Anlage 1 der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung vom
5.Juli 2000
Als gefährliche Hunde galten somit Hunde bestimmter Rassezugehörigkeit. Hunde der Rassen
Bullterrier, American Staffordshire-Terrier sowie Pitbull-Terrier durften nicht mehr erworben
werden. Die weitere Haltung war nur mit einem bestandenen Wesenstest möglich und das
Führen außerhalb ausbruchssicherem Gelände nur mit einem Maulkorb und einer Leine.
Zudem bestand eine Pflicht zur Unfruchtbarmachung. Bei nicht bestandenem Wesenstest,
mussten die Hunde getötet werden. Rassen der Anlage 1 der Niedersächsischen
Gefahrtierverordnung (NMELF 2000a) mussten außerhalb ausbruchssicheren Geländes
3
LITERATUR
ebenfalls
mit
einer
Leine
und
einem
Maulkorb
geführt
werden.
Nach
der
Nichtigkeitserklärung durch das Bundesverfassungsgericht wurde am 12. Dezember 2002 ein
neues Gesetz erlassen (Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden vom
12.12.2002, NHundG), in dem sich die Definition gefährlicher Hunde auf das neue
Hundeverbringungs-
und
-einfuhrbeschränkungsgesetz
vom
12.
April
2001
(HundVerbrEinfG) beruft:
(2) Als gefährlich gelten die in §2 Abs.1 Satz1 des Hundeverbringungs- und einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12.April 2001 (BGBl.I S.530) genannten
Hunde.
In dem §2 Abs.1 Satz1 sind folgende Hunde aufgeführt:
(1) Hunde der Rassen Pitbull- Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire
Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen
Hunden.
Nach der Änderung des Gesetzes vom 30. Oktober 2003 (NHundG vom 30.10.2003), ist die
Gefährlichkeit eines Hundes jedoch nicht mehr an die Zugehörigkeit des Hundes zu einer
bestimmten Rasse geknüpft. Gefährlich ist demnach ein Hund, wenn er:
„insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß
hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat…“
Im restlichen Teil der Bundesrepublik wird die Gefährlichkeit eines Hundes jedoch weiterhin
an dessen Rassezugehörigkeit geknüpft (sogenannte „Rasselisten“ existieren derzeit in BadenWürttemberg, Bayern, Bremen, Brandenburg, Berlin, Hamburg, Hessen, MecklenburgVorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Schleswig-Holstein, Thüringen). Die aufgeführten Rassen auf diesen Listen unterscheiden
sich zum Teil erheblich in Anzahl und Art der Rassen. Derzeit werden insgesamt 22
verschiedene Rassen gelistet, wobei nicht alle eindeutig einer FCI-Klassifizierung zuzuordnen
sind. Niedersachsen ist das einzige Bundesland, welches seit 2003 durchgehend bis heute die
Gefährlichkeit von Hunden nicht mehr an dessen Rassezugehörigkeit festmacht.
4
LITERATUR
-ethologische Betrachtung
Für die objektive Beurteilung der Gefährlichkeit eines Hundes bedarf es ethologisch klarer
und eindeutig definierter Begriffe (SCHÖNING 2012a, 2012b). Diese fehlen im betreffenden
Gesetzestext, was die zweifelsfreie und objektive Einordnung eines Hundes als gefährlich aus
ethologischer Sicht formal schon unmöglich macht. Unglücklicherweise kam es im Zuge der
Gesetzgebung zu einer Vermischung bzw. Gleichsetzung der Begriffe „Aggression“ und
„Gefährlichkeit“ (FEDDERSEN-PETERSEN 2008). In der Gesetzesdefinition bleiben die
Rollen sowohl der speziellen Situation als auch des Hundehalters bzw.-führers
unberücksichtigt. Nach SCHÖNING (2012a, 2012b) bedarf eine Gefahreneinschätzung der
Betrachtung von Einflussfaktoren auf der Hundeseite, der Menschenseite (Besitzer und
geschädigtes Individuum) sowie der speziellen Situation. Die folgende Tabelle listet die
einzelnen Einflussfaktoren auf:
Tab.2.1
Einflussfaktoren
auf
die
Eintrittswahrscheinlichkeit
einer
individuellen
Gefahrensituation mit einem Hund (modifiziert nach SCHÖNING 2012a,b)
Hundeseite
Menschenseite
Menschenseite
(alle beteiligten Hunde)
(Besitzer)
(geschädigtes Individuum)
Alter, Geschlecht, Größe,
Alter, Geschlecht, Größe,
Alter, Geschlecht, Größe,
Örtlichkeit,
Gewicht
Gewicht
Gewicht
Wochentag,
Situation
Tageszeit,
Wetterverhältnisse
Phänotyp im Hinblick auf
Erfahrungen in der
Erfahrungen mit Hunden,
Anwesenheit
mögliche Einschränkungen der
Hundehaltung (Sachkunde)
Sachkunde
anderer Hunde.
Kommunikationsmöglichkeiten
Tiere, Menschen
und ihr jeweiliges
Verhalten
Grad der Sozialisation
Gesundheitszustand/Fitness
Gesundheitszustand/Fitness
Trainingsstand/Gehorsam
Individuelle Tagesform
Individuelle Tagesform
Vorerfahrung mit dieser o.
Erfahrungen mit dem
Erfahrungen mit dem
ähnlichen
individuellen Hund
individuellen Hund,
Situationen/Individuen
Vorerfahrungen mit
Situation
Individuelle Tagesform
Vorerfahrungen mit dieser
Aktuelle Tätigkeit z.Zt. des
o. ähnlichen Situationen
Schadeneintritts
5
LITERATUR
Ein Hund kann sowohl für Tiere, als auch für Menschen allein aufgrund von Bestandteilen
seines normalen Verhaltensrepertoires zur Gefahr werden. Neben dem Aggressionsverhalten
gehört hierzu allen voran das Jagdverhalten. Abgesehen davon kann ein Hund auch bedingt
durch ein ungünstiges Größenverhältnis durch Verhaltensweisen der sozialen Annäherung
(siehe unter 2.7) und durch Spielverhalten (siehe unter 2.6) eine Gefahr für Kinder oder
körperlich beeinträchtigte Menschen werden. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein
sehr großer Hund ein Kind auf hundetypische Art begrüßen möchte und nicht gelernt hat,
dieses Verhalten gegenüber Menschen zu unterlassen. Als die im Gesetz „über das natürliche
Maß hinaus [gehendes Verhalten]“ bezeichnete Gefährlichkeit eines Hundes, ist nach
FEDDERSEN-PETERSEN (2008) allein derartig aggressives Verhalten anzusehen, welches
nicht mehr situationsadäquat auftritt und seiner natürlichen Steigerung entbehrt, vielfach als
„plötzlich“ auftretendes Aggressionsverhalten bezeichnet. Vor der Analyse „gestört“
aggressiven Verhaltens bedarf es aber einer ethologisch fundierten Betrachtung des
Aggressionsverhaltens im Rahmen des Normalverhaltens. Denn das Aggressionsverhalten ist
Bestandteil des normalen Verhaltensrepertoires des Hundes (FEDDERSEN-PETERSEN
1990, FEDDERSEN-PETERSEN 2004, FEDDERSEN-PETERSEN 2008, JONES 2009,
SCHÖNING 2000, 2001, OVERALL 1993, 1997, IMMELMANN 1982). Der Hund ist wie
der Wolf ein hochsoziales Lebewesen, wenngleich gerade im Sozialverhalten große
Unterschiede zwischen beiden bestehen vor allem bedingt durch die Domestikation des
Hundes.
2.2 Der Hund als soziales Lebewesen
So kann das Verhalten des Haushundes ohne seinen Sozialpartner Mensch nicht ausreichend
analysiert werden (FEDDERSEN-PETERSEN 1991b, FEDDERSEN-PETERSEN 2001b,
MIKLOSI 2011, SCHÖNING 2001). Als sozial werden zunächst alle Lebewesen bezeichnet,
deren Individuen sich zu Gruppen zusammenschließen und deren wichtigstes Merkmal ein
Mindestmaß an Kooperation unter den Gruppenmitgliedern darstellt (WUKETITS 1997).
Auch hier unterscheidet sich der Haushund elementar vom Wolf, dessen Gruppe vor allem
gemeinsam jagt und die Jungen gemeinsam aufzieht. Der Haushund bevorzugt nach
jahrhundertelanger Domestikation den Menschen als wichtigsten Sozialpartner, was sich
6
LITERATUR
sogar auf die Motivation, bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen, auswirkt (FEDDERSENPETERSEN 2008). Diese werden allein gezeigt, um am sozialen Leben mit seinem
Bindungspartner Mensch teilhaben zu dürfen (COPPINGER und COPPINGER 2001,
FEDDERSEN-PETERSEN 2004). FEDDERSEN-PETERSEN (2004) spricht hier auch von
der ausgeprägten Sozialappetenz des Hundes, die der Lernmotivation des Hundes zugrunde
liegt und sehr viele Übereinstimmungen zum Spielverhalten aufweist. COPPINGER und
COPPINGER (2001) bezeichnet das Ziehen der Schlitten durch den Schlittenhund, das Hüten
der Schafe durch den Border-Collie daher auch als „Spiel“ mit dem Menschen.
Gerade beim jungen Hund kommt es unweigerlich zu Assoziationen mit menschlichem
Verhalten als Konsequenz eigenen Handels. Fehler oder Inkonsequenz der Hundehalter
führen so zu unerwünschtem Verhalten bzw. Problemverhalten. Gerade Hunde sind „anfällig“
für derartige Assoziationen ihres eigenen Handelns mit menschlichem Verhalten aufgrund
ihrer ausgeprägten sozialen Appetenz (FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
Das Leben in einer sozialen Gruppe funktioniert weder ohne Kooperation, noch ohne
Wettbewerb. Kooperation bedeutet dabei, dass die Individuen ihr Verhalten aufeinander
abstimmen und auf diese Weise ein bestimmtes (gemeinsames) Ziel erreichen (WUKETITS
1997). Die Ressourcen, die jedes Individuum für sich zum Überleben beansprucht (Nahrung,
Territorium, Fortpflanzungspartner), sind begrenzt und der Zugang zu diesen muss klar
geregelt sein. Jedes Individuum einer sozialen Gruppe strebt nach der Weitergabe der eigenen
Gene und nicht wie irrtümlich angenommen der Erhaltung der Art. Die „individuelle Fitness“
wird bestimmt durch die Anzahl der Nachkommen, die ein Tier in der nächsten Generation
hervorgebracht hat (WUKETITS 1997, JONES 2009, FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
Dafür sind die Erhaltung der Unversehrtheit des eigenen Körpers, sowie die Sicherung der
notwendigen Ressourcen oberstes Prinzip und das jeweilige Bestreben des einzelnen nach
Erlangen und Erhalt der Ressourcen wird als Ressource-Holding-Potential (RHP) bezeichnet
(JONES 2009). Es entstehen innerhalb der sozialen Gruppe unweigerlich Konflikte um den
Zugang zu Ressourcen. Es bedarf daher eines sozialen Regulativs, um die Hierarchie
innerhalb der Gruppe aufrecht zu erhalten und eine Ressourcenverteilung zu ermöglichen. Als
solches dient Aggressionsverhalten, in dem es im innerartlichen Kontext als aggressive
Kommunikation funktioniert und dafür über eine Vielzahl feinabgestufter Signale verfügt
7
LITERATUR
(FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Die soziale Hierarchie in einer Gruppe basiert auf frühen
Erfahrungen und Lernvorgängen, es kommt zur Ausbildung einer Hierarchie mit dominanten
(ranghohen) und subdominanten (rangniederen) Mitgliedern, innerhalb derer der Zugang zu
Ressourcen klar geregelt ist. Lebewesen mit einem hohen Ressource-Holding-Potential
(RHP) haben einen hohen Rang und damit einen ungehinderten Zugang zu Ressourcen
(JONES 2009). Nicht jedes Mitglied innerhalb einer sozialen Gruppe hat ein gleiches
Bestreben, bestimmte Ressourcen zu erlangen bzw. zu erhalten. Je nach individueller
Gewichtung der jeweiligen Ressource wird Energie für den Erhalt bzw. das Erlangen der
Ressource im Sinne einer ökonomischen Kosten-Nutzen-Rechnung eingesetzt (WUKETITS
1997, JONES 2009). Erkennbar wird dabei die individuelle Bereitschaft (Motivation),
Energie einzusetzen im Ausdrucksverhalten des Hundes (JONES 2009). TSCHANZ (1993)
hat im Zusammenhang mit der Kosten-Nutzen-Rechnung das Prinzip der Bedarfsdeckung und
Schadensvermeidung geprägt. Beide dienen der Erhöhung der individuellen Fitness und
stellen die Grundmotive jeden Handelns dar (TSCHANZ 1993, SCHÖNING 2001). Jeder
Hund hat daher ein natürliches Rangbestreben in seinem sozialen Verband, er braucht eine
stabile Rangordnung mit übersichtlichen Regeln, um Sicherheit und Klarheit im Umgang
miteinander zu erlangen. Dieses Bedürfnis ist genetisch verankert und jeder Hund zeigt aus
diesem Grund mehr oder weniger sozial expansives Verhalten innerhalb der sozialen Gruppe
(SCHÖNING 2001).
Über das Ausdrucksverhalten werden Emotionen und Handlungsbereitschaften mitgeteilt,
Kommunikation hat damit sowohl für den Wettbewerb, als auch die Kooperation eine
essentielle Funktion, ohne die ein Leben in sozialen Gruppen nicht möglich ist
(FEDDERSEN-PETERSEN 2008, SCHÖNING 2001, APPLEBY 2010).
2.2.1 Kommunikation
Kommunikation kann als Gesamtheit aller Verhaltensweisen aufgefasst werden, die der
Verständigung sowohl innerhalb, als auch zwischen den Arten (bezogen beispielsweise auf
die Hund-Mensch Kommunikation) dienen und dafür besonders differenziert wurden
(FEDDERSEN-PETERSEN, 2004). Es kommt zu einer wechselseitigen Form der
Informationsübertragung, bei der die Signale des Absenders eine Verhaltensänderung beim
8
LITERATUR
Empfänger bewirken (IMMELMANN 1982, MC FARLAND 1999, ABRANTES 2001, 2005,
FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Kommuniziert wird dabei über alle Sinnesorgane - visuell,
olfaktorisch, auditiv sowie taktil. Die einzelnen Signale werden zu Bedeutungseinheiten
zusammengefasst und als Display bezeichnet (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995).
Über ihr Ausdrucksverhalten übermitteln Hunde Emotionen, Stimmungen und Absichten. Das
Ausdrucksverhalten stellt somit einen sehr wichtigen Indikator zur Beurteilung der
Befindlichkeit dar. Vor allem können mögliche Abweichungen bzw. Störungen in der
Verhaltenssteuerung ermittelt werden (FEDDEREN-PETERSEN 1990, 1996, 1998, 2004,
2008). Hunde verstehen aber auch über ihre Artgrenzen hinweg menschliches
Ausdrucksverhalten und haben sich im Laufe der Domestikation so angepasst, dass ihre
Kommunikation immer spezieller an den Menschen ausgerichtet wurde (FEDDERSENPETERSEN 2004, 2008). Die Kommunikation der Hunde ist die wichtigste Voraussetzung
für eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit der individuellen Umwelt des Hundes
(FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
Optisches Ausdrucksverhalten
Die Übertragung des optischen Ausdrucks bei Hunden erfolgt durch Mimik und Gestik, somit
durch Ausdrucksbewegungen des Gesichts und denen des übrigen Körpers (IMMELMANN
1982, ABRANTES 2005). FEDDERSEN-PETERSEN (2004) beschreibt unter anderem
folgende Signaleinheiten aus Mimik und Gestik:
Ausdruck eines umweltsicheren und sozial neutralen Hundes:
-
gehobener Kopf
-
leichte Winkelung der Gliedmaßen im Stand (je nach Rasse unterschiedlich)
-
rassetypische entspannte Rutenhaltung
-
rassetypische entspannte Ohrenhaltung
9
LITERATUR
Umwelt- bzw. soziale Unsicherheit
-
straff gespannte Gesichts- und Kopfhaut, wodurch die Augen weiter auseinander
liegend erscheinen
-
unruhiger, leicht ungerichteter Blick
-
verlängerter Lippenspalt (Mundwinkel nach hinten gezogen), als „submissive
grin“ bezeichnet
-
Ohren/Ohrwurzeln nach hinten mit seitlich gerichteter Öffnung
-
gesenkter Kopf
-
eingeknickte Gliedmaßen
-
Schwanz eingeklemmt
Imponieren
Imponierverhalten wird in der Literatur sehr unterschiedlich definiert und nicht einheitlich
verwendet. Nach FEDDERSEN und OHL (1995) sowie FEDDERSEN PETERSEN (2004;
2008) wird Imponieren häufig gezeigt, wenn sich zwei Rüden begegnen. Imponierverhalten
ist zunächst ungerichtet, beinhaltet aber eine latente Drohung und dient der Demonstration der
eigenen Stärke. Auf Imponieren folgt häufig Drohverhalten (FEDDERSEN und OHL 1995,
FEDDERSEN-PETERSEN 2004; 2008), es kann aber auch zum Abwenden beider
Interaktionspartner
voneinander
kommen.
SCHÖNING
(2001)
bezeichnet
Imponierbewegungen auch als „Ranganzeigende Verhaltensweisen“.
Nach FEDDERSEN-PETERSEN (2004, 2008) wird Imponieren durch folgende mimische
bzw. gestische Komponenten ausgedrückt:
-
kein Blickkontakt zum Gegenüber
-
Ohrwurzeln nach vorne
-
Durchdrücken aller Gelenke, daher steifer Gang
-
Rute hoch getragen (je nach Rasse)
-
Hals steil nach oben, Kopf und Schnauze waagerecht
10
LITERATUR
Drohverhalten
Hier gilt es offensives (sicheres) und defensives (unsicheres) Drohen zu unterscheiden:
Angriffsdrohen (offensives Drohen)
Körpersignale:
-
Haaresträuben, meist vor allem Hals-Nackenregion
-
maximal gestreckte Gliedmaßen
-
Rute weit über Rückenlinie angehoben
Mimik:
-
Zähneblecken im vorderen Bereich- kurze, runde Mundwinkel, die bei Zeichen
leichter Unsicherheit durch die Verlängerung des Lippenspaltes kürzer werden
-
Starres Fixieren des Gegners
-
Ohren nach vorne gerichtet
-
Oft akustische Untermalung mit Knurren/Bellen
Defensivdrohen
Körpersignale
-
Variabel, generell eher auf Rückzug: leichtes bis starkes Einknicken der Beine
-
Rute häufig eingeklemmt
Mimik
-
langer Lippenspalt, lange, spitzwinklige Mundwinkel mit „Voll- Zähneblecken“ ,
wobei häufig das Zahnfleisch sichtbar ist
-
Ohren eng angelegt
Von einem defensiv drohenden Hund geht eine deutlich größere Gefahr für den Menschen
aus, da dieser aus Angst eher zubeißt, als von einem offensiv drohendem Hund. Aus diesem
Grund geht von unsicheren, wenig sozialisierten Hunden eine erhöhte Gefährlichkeit aus
(FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008; SCHÖNING 2000, 2012a).
11
LITERATUR
Aufgrund der domestikationsbedingten Veränderungen im Ausdrucksverhalten vermögen
viele Rassen keine dauerhafte hierarchische Rudelbildung mehr wie der Wolf zu gestalten.
Die Ursachen liegen in einer Reduktion des visuellen Ausdrucksverhaltens (Wollhaare,
Faltenbildung, Ohrenformen, Brachycephalie, etc.) (FEDDERSEN-PETERSEN und OHL
1995, FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Für einen angemessenen Umgang mit Artgenossen
müssen Hunde daher möglichst frühzeitig Erfahrungen mit der Mimik und der Körpersprache
anderer Rassen machen (JONES 2009, FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Im Laufe der
Domestikation kam es zu einer verstärkten Ausrichtung des hundlichen Ausdrucksverhaltens
auf die Kommunikation mit dem Menschen (OHL 1999, FEDDERSEN-PETERSEN und
OHL 1995, FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008, COPPINGER und COPPINGER 2001,
COPPINGER und SCHNEIDER 1995, MIKLOSI 2011, TOPAL et al. 1997). Fundiertes
Wissen über das spezifische Ausdrucksverhalten ist von immenser Bedeutung für die
Beurteilung tierischer Befindlichkeit und das Ausdrucksverhalten kann als Indikator für
Leiden herangezogen werden; es gibt Auskunft darüber, inwieweit ein Tier sich an seine
Umwelt noch anpassen kann oder ob eine Überforderung der (sozialen) Anpassungsfähigkeit
an seine Umwelt vorliegt (FEDDERSEN-PETERSEN 2004, TSCHANZ 1993). Dazu ist es
jedoch essentiell, immer die gesamte Umwelt des Hundes in die Beurteilung einzubeziehen,
auch den jeweiligen Hundehalter als wichtigsten Sozialpartner des Hundes (FEDDERSENPETERSEN 2004). Selbst bei guter Kenntnis des Ausdrucksverhaltens kann es innerhalb von
Sekundenbruchteilen zu Gefühlsänderungen und damit auch einer Änderung der
Körpersignale kommen. Hinzu kommt, dass eine zuverlässige Beurteilung und Einordnung
des Verhaltens allein anhand der Gesamtheit aller Signalanteile erfolgen kann (JONES 2009).
Voraussagen bezüglich der möglichen Gefahr, die von einem auffällig gewordenen Hund
ausgeht, erscheinen dadurch nicht nur aufgrund des multifaktoriellen und stark
situationsabhängigen Geschehens kaum möglich (FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
2.2.2 Emotionen
Dass Tiere über Emotionen verfügen, ist mittlerweile wissenschaftlich anerkannt (APPLEBY
2010). Emotionen entstehen durch die Übereinstimmung oder ein Ungleichgewicht zwischen
den aktuellen Gegebenheiten, der Umwelt und den individuellen Interessen des Tieres und
12
LITERATUR
können daher als positiv im Falle der Übereinstimmung oder negativ im Falle der
Abweichung empfunden werden (APPLEBY 2010). Die Empfindung positiver bzw. negativer
Emotionen beruht auf der Aktivierung des parasympathischen bzw. sympathischen
vegetativen Nervensystems. Über Emotionen sollen die Motivationen und Bedürfnisse eines
Organismus mit der Realität in Eintracht gebracht werden. Im Zuge dessen, dienen Emotionen
als Vermittler zwischen den aktuellen Ereignissen und dem Ziel sowie den dadurch
aktivierten Bedürfnissen des Tieres. Durch Emotionen erfolgt eine Anpassung des Verhaltens,
des hormonalen und physiologischen Zustandes an sich ändernde Gegebenheiten. Schließlich
kommt
es
mithilfe
der
Emotionen
zur
Herstellung
der
Handlungsbereitschaft;
Handlungsabsicht und Verhaltensweisen werden dadurch abgestimmt. Der emotionale Status
eines Tieres wird über das Verhalten, die Körpersprache und Laute ausgedrückt. Die
Mitglieder der sozialen Gemeinschaft können durch den Ausdruck des emotionalen Zustandes
die beabsichtigten Handlungen des anderen ablesen. (FEDDERSEN-PETERESEN 2004,
APPLEBY 2010). Über Emotionen werden alle äußeren Reize individuell bewertet, diese
Bewertung erfolgt im Limbischen System (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Hier
entscheidet sich, ob ein Reiz als angenehm oder unangenehm empfunden wird und wie das
Tier reagieren muss, um seinen Zustand des Wohlbefindens wieder herzustellen. Jeder Reiz,
der das innere Gleichgewicht kippt und zur Beeinträchtigung des aktuellen Wohlbefindens
führt, stellt für das Tier einen Konflikt dar, der subjektiv unabhängig von der tatsächlichen
Existenz einer Bedrohung empfunden wird (JONES 2009) und den es zu beseitigen gilt, um
die emotionale Homöostase wieder herzustellen. Ein solcher Konflikt kann auf vier Wegen
gelöst werden, den sogenannten vier „F’s“ (Flight - Fliehen, Freeze - Erstarren/Einfrieren,
Fight - Kämpfen und Flirt - Übersprungshandlungen) (ARCHER 1979, BERNAUER-MÜNZ
und QUANDT 1995), subsummiert unter dem Begriff der Agonistik (siehe unter 2.3). Für
welche der vier Lösungsmöglichkeiten sich ein Hund entscheidet, hängt nicht nur von der
speziellen Situation und dem körperlichen Zustand des Hundes, sondern vor allem von den
individuellen Lernerfahrungen (siehe unter 2.4) des Hundes ab (LINDSAY 2000,
FEDDERSEN-PETERSEN 1997b, 2004, 2008, SCHÖNING 2000, 2001, JONES 2009,
OVERALL 1997). Trotz gleich ablaufender Mechanismen sind Emotionen subjektiv. Sie
hängen
neben
der
Gehirnentwicklung,
genetischen
der
Ausstattung
vergangenen
und
der
Lernerfahrung
13
Umweltsituation
und
der
von
der
komplexen
LITERATUR
Informationsverarbeitung im Gehirn ab. Die Verarbeitung im Gehirn hängt davon ab, wie die
verschiedenen jeweils zuständigen Gehirnbereiche auf bestimmte Stimuli und Kontexte
reagieren.
Der genetische Einfluss auf die Entstehung von Emotionen liegt vor allem im
Erregungspotential und dem generellen emotionalen Status eines Tieres. Diese Unterschiede
bestehen sowohl auf Rassenebene, als auch auf individueller Ebene. Außerdem werden sie
beeinflusst durch den emotionalen Status der Mutter während der Trächtigkeit oder der Lage
der Frucht im Mutterleib (APPLEBY 2010).
Bestimmte Stimuli rufen eher als andere eine emotionale Reaktion im Organismus hervor. Es
handelt sich dabei in der Regel um Reize, die lebensbedrohlich sein könnten und daher den
Organismus automatisch in einen emotionalen Zustand versetzen, der hilft, schneller auf den
Stimulus zu reagieren (APPLEBY 2010). Man spricht in der Ethologie auch von der
„Preparedness-Hypothese“ (SELIGMANN 1971). Für andere Stimuli erfolgt dagegen durch
klassische Konditionierung eine Verknüpfung mit bestimmten emotionalen Zuständen des
Individuums. So kann eine gelernte Verknüpfung eines Reizes mit einer emotionalen
Reaktion (beispielsweise Furcht) in einem ähnlichen Kontext ebenfalls Furcht hervorrufen.
Das Tier versucht dann durch bestimmte Verhaltensweisen seine emotionale Homöostase
wiederherzustellen. Hat das Tier Bewältigungsstrategien entwickelt, die einen aversiven Reiz
minimieren oder ihn verhindern können, wird die emotionale Reaktion nicht mehr
hervorgerufen (APPLEBY 2010). Jeder Verhaltensreaktion liegt in der Regel ein
Verarbeitungsprozess im Gehirn zugrunde. Dieser setzt sich folgendermaßen zusammen:
(1) Einschätzung des Stimulus (vertraut/neu; Vergleich der Eigenschaften des
Stimulus mit denen anderer).
(2) Einschätzung des Kontexts zur Abschätzung der Möglichkeit in Anwesenheit des
Stimulus in emotionaler Homöostase bleiben zu können.
(3) Bewertung: Auf Grundlage der Informationen aus (1) und (2) wird die Bedeutung
des Stimulus ausgewertet und bestimmt die Priorität, die dem Stimulus zugeordnet
wird. Bei einer hohen Priorität wird das aktuelle Verhalten abgebrochen.
(4) Verhaltensplan: Ein Aktionsplan wird aus den vorangegangenen Informationen
erstellt.
14
LITERATUR
(5) Physiologische Veränderungen und Auswahl des Verhaltens.
(6) Das Verhalten wird ausgeführt.
Dieser Ablauf ist keineswegs linear und isoliert ablaufend zu sehen. Das Sammeln von
Informationen und die Bewertung von deren Relevanz laufen kontinuierlich ab und jedes Tier
scannt seine Umwelt im wachen Zustand ab und gleicht auftauchende Stimuli mit den eigenen
Interessen ab, die ebenfalls nicht statisch sind (APPLEBY 2010). Auch der Ablauf ist nicht
immer vollständig. Erscheint der Reiz plötzlich, sehr intensiv oder unerwartet, wird die
Einschätzung des Kontexts möglicherweise übersprungen, da eine sofortige Reaktion nötig
ist. Handelt es sich um eine angeborene Reaktion (Reflexe) oder eine sehr fest verankerte
gelernte Reaktion des einzelnen Hundes, können alle Schritte zwischen der Einschätzung des
Kontextes und dem gezeigten Verhalten ausgelassen werden (APPLEBY 2010).
Damit
wird
deutlich,
dass
dem
gezeigten
sichtbaren
Verhalten
komplexe
und
situationsabhängige Verarbeitungsprozesse auf neuronaler Ebene zugrunde liegen, die zudem
jederzeit von Umweltgegebenheiten beeinflussbar sind. Das sichtbare Verhalten unterliegt
stark situationsabhängigen Umweltgegebenheiten. Die neuronalen Verarbeitungsprozesse und
das resultierende sichtbare Verhalten basieren aber auf genetischen und vor allem durch
Lernerfahrung geprägten Faktoren. Diese unmittelbar nicht zugänglichen Informationen
werden häufig missachtet, wenn sichtbares Verhalten eines Hundes beurteilt wird.
2.3 Aggressionsverhalten
FEDDERSEN-PETERSEN (2004) unterschiedet zwischen Aggression und Aggressivität.
Aggressivität meint das Ausmaß der Angriffsbereitschaft eines Individuums, eine spezifische
Motivationslage, die von etlichen Faktoren beeinflusst wird:
-
Genetische Disposition/Rasse,
-
Umwelteinflüsse (frühe Ontogenese),
-
Sozialisation,
-
Bindung an Artgenossen/Menschen,
-
Endogene Faktoren (Läufigkeit, Trächtigkeit, Jungtiere, circadiane Rhythmik),
-
Geschlecht,
15
LITERATUR
-
Alter,
-
Rang/Erziehung,
-
Störung (z.B. Krankheit),
-
Territorium.
Das Aggressionsverhalten ist ein Teilbereich der Agonistik, die Verhaltensweisen der Flucht,
Submission
und
Aggression
zusammenfasst.
Agonistik
bezeichnet
dabei
alle
Verhaltensweisen gegenüber Artgenossen, die das eigene Verhalten störend beeinflussen
(GATTERMANN 1993, FEDDERSEN-PETERSEN 1993; 2004; 2008, BERNAUER-MÜNZ
und QUANDT 1995). Die Agonistik stellt eine der von FEDDERSEN und OHL (1995)
unterteilten Verhaltenskategorien der Caniden dar, zu denen neben der Agonistik die der
sozialen
Annäherung,
des
submissiven
Verhaltens,
des
Imponierverhaltens,
des
Spielverhaltens sowie des Sexualverhaltens gehören. Anhand der zugrundeliegenden
Motivation unterscheidet die Agonistik, das Angriffs- (oder offensive) Verhalten und das
Abwehr- (oder defensive) Verhalten sowie das Fluchtverhalten (IMMELMANN 1982,
GATTERMANN 1993, FEDDERSEN-PETERSEN 2004; 2008). Das Aggressionsverhalten
selber hat eine Distanzvergrößerung zum Ziel und kann als eine Reaktion auf eine subjektiv
empfundene Bedrohung angesehen werden. Zur Beseitigung der störenden Reize werden
bestimmte Verhaltensweisen eingesetzt. Gelingt die Wiederherstellung des subjektiven
Wohlbefindens nicht mehr und sind die Grenzen des Reaktionsvermögens auf störende Reize
überschritten, resultiert Stress (ARCHER 1979). Die Grenzen dieser Anpassungsreaktionen
(„Coping-Mechanismen“)
sind
individuell
verschieden
und
abhängig
von
der
psychologischen Konstitution des Individuums. Reize, die bei einem Individuum Stress
erzeugen, rufen bei einem anderen möglicherweise Befriedigung hervor (ARCHER 1979).
In der wissenschaftlichen Literatur findet sich eine Vielzahl an Definitionen und Einteilungen
von Aggressionsverhalten beim Hund. Nicht alle diese Einteilungen sind hinsichtlich der
Beurteilung der eventuellen Gefahr, die von einem Hund ausgehen kann, sinnvoll. Vor allem
die Einteilungen beruhend auf Ursache, dienen hauptsächlich der Verhaltenstherapie, zur
Einschätzung eines Hundes innerhalb der Gefahrenbeurteilung sind sie nur bedingt geeignet,
16
LITERATUR
da sich die zugrundeliegenden Motivationen innerhalb von Sekundenbruchteilen ändern
können.
Der Terminus „Aggressionsverhalten“ leitet sich ab vom lateinischen „aggredior“ (an etwas
herangehen, sich nähern) (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Aggressionsverhalten muss
immer im Zusammenhang mit dem Interaktionspartner, auf den es gerichtet ist, betrachtet
werden. Dabei bilden beide komplexe Funktionseinheiten, deren Rollen (Angreifer und
Verteidiger) jederzeit wechseln können. Dem offensiven Aggressionsverhalten liegt ein
affiner innerer Zustand zugrunde, der eine Abstandsverminderung zum Ziel hat, während die
defensive Aggression eine Abstandsvergrößerung, beruhend auf einem diffugen inneren
Zustand, bezweckt. Der jeweilige innere Zustand (affin oder diffug) wird mittels des
Ausdrucksverhaltens kommuniziert. Dem eigentlichen Angriffsverhalten liegt immer ein
affiner innerer Zustand zugrunde. Die folgende Tabelle zeigt die einzelnen Verhaltensweisen
des offensiven und defensiven Aggressionsverhaltens bei zunehmend affinem Status (nach
FEDDERSEN-PETERSEN 1998):
17
LITERATUR
Tab. 2.2 offensives und defensives Aggressionsverhalten nach FEDDERSEN-PETERSEN
(1998)
Aggressionsverhalten
OFFENSIV
Drohen
Gehemmt
DEFENSIV
Anschleichen
Drohen
Gebißklappen
Blickkontakt
Wegsehen
Überfalldrohung
Abwehrschnappen
Haarsträuben
Haaresträuben
Knurren
Knurren
Vorn-Zähneblecken
Voll-Zähneblecken
Beißdrohstellung
Abwehrdrohen
Über die Schnauze Beißen
Gehemmt
Abwehr mit
Gegenstand abnehmen
gekrümmten Hals
Schieben Anrempeln
Abwehrkreisel
Aufreiten Runterdrücken
Abwehr auf dem
Umstellen Überfall
Rücken
Vorderbeinstoßen
Abwehrstoßen
Anspringen Hochkampf
Rückenbiss Verfolgen
Frei
Angriff
Frei
Abwehrbeißen
Beißen
Ernstkampf
Evolutionsbedingt haben sich arttypische ritualisierte Gesten entwickelt, die es beispielsweise
durch Intentionsbewegungen oder Andeutungsbewegungen (Zähneblecken, Maulaufreißen)
ermöglichen, Rangstreitigkeiten unblutig zu regeln und sich so zu Drohsignalen ritualisiert
haben. Bei Hunden sind diese Gesten im Vergleich zum Wolf zum Teil vergröbert oder
weniger abgestuft. Je nach Hunderasse ergeben sich dabei aber zum Teil erhebliche Defizite
im mimischen Ausdrucksbereich, so dass daraus Verständigungsprobleme und eventuell auch
18
LITERATUR
schneller aggressives Verhalten resultieren können (FEDDERSEN-PETERSEN 1998,
FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008).
2.3.1 Einteilungen aggressiven Verhaltens
Aggressives Verhalten definiert FEDDERSEN-PETERSEN (1998) als „Sammelbezeichnung
für alle Elemente des Angriffs-, Verteidigungs- und Drohverhaltens, die auch das
Beschädigungsbeißen einschließt (intraspezifische/innerartliche Aggression)“. Den Menschen
ordnet FEDDERSEN-PETERSEN (1998) dabei in den Bereich der innerartlichen Aggression
ein, da er Sozialpartner des Hundes ist und Aggressionen von Hunden gegenüber Menschen
nur unter diesem Gesichtspunkt sinnvoll zu analysieren sind. Ein aggressiver Hund befindet
sich dabei in einer spezifischen Motivationslage, welche einer Vielzahl von exo- und
endogenen Einflussfaktoren unterliegt (FEDDERSEN-PETERSEN 1998). Wie unter
„Emotionen“ bereits beschrieben, ist auch aggressives Verhalten als ein beobachtbares
Verhalten in einer ganz bestimmten Situation von zahlreichen Einflüssen und Reizen
abhängig und drückt den inneren Zustand in diesem Moment aus. Jede Verhaltenskategorie
unterliegt einer bestimmten inneren Motivationslage. Die verschiedenen Motivationslagen
sind dabei nicht nur von verschiedenen (äußeren und inneren) Faktoren, sondern auch
voneinander abhängig. Zu den äußeren und inneren Faktoren zählen vor allem die circadiane
Rhythmik, die Jungenaufzucht, die Sexualität, der Rang, die Erfahrung eines Tieres und
dessen Territorialität (FEDDERSEN-PETERSEN 1998, BEAVER 1983). Hinzu kommt nun,
dass auch die einzelnen Formen des aggressiven Verhaltens aus verschiedenen Motivationen
und Emotionen gespeist werden. Die früheren monokausalen Theorien, nach denen von einem
Aggressionstrieb die Rede ist, gelten heute als überholt (HASSENSTEIN 1987,
GATTERMANN 1993). Betrachtet man das Individuum, so kann auch dessen aggressives
Verhalten nicht auf jede Situation extrapoliert werden und ist somit nicht unbedingt typisch
bzw. kennzeichnend für das jeweilige Tier, es handelt sich immer um situatives Verhalten.
Daher erscheint die Einteilung aggressiven Verhaltens in Aggressionsformen nicht hilfreich
und häufig auch verwirrend, in einigen Fällen auch subjektiv. Die Einteilung in Formen
widerspricht der Lehre von der doppelten Quantifizierung in der Verhaltensbiologie. Danach
liegen den meisten Verhaltensweisen äußere und innere Bedingungen zugrunde, so dass
19
LITERATUR
gleiche oder ähnliche Verhaltensformen auf verschiedenen inneren Bedingungen beruhen
können. Das gilt besonders für das Gebiet der Aggressivität (FEDDERSEN-PETERSEN
1998). Die meisten Einteilungen von Aggressionsverhalten basieren auf den verschiedenen
Ursachen, die sich jedoch von Autor zu Autor unterscheiden (SCHALKE und
HACKBARTH, 2006). APPLEBY (2010) weist darauf hin, dass die vielen Einteilungen nicht
zweckdienlich sind und reduziert Aggression, betrachtet vom biologischen Standpunkt aus,
auf Ressourcen-bedingte-Aggression, Angstaggression und auf körperlichen Ursachen
beruhende Aggression. JONES (2009) teilt Aggression aufgrund von fünf Ursachen
folgendermaßen ein:
(1) In Verbindung mit Erwerb und Verteidigung von Ressourcen (einzelne Objekte,
Territorium,
Fortpflanzungspartner,
Schutz
der
Welpen,
körperliche
Unversehrtheit)
(2) Frustration (bei Unterbrechung bzw. Verhinderung beabsichtigter Handlung)
(3) Umgerichtete Aggression (der Zugang zu dem wirklichen Adressaten ist
verhindert.)
(4) Angstbedingt (schlechte oder mangelnde Erfahrung)
(5) Organische Ursachen (verminderte Sinnesleistungen, Erkrankungen einhergehend
mit neuronalen Veränderungen, chronische Schmerzen, Schmerz oder Schock,
Stoffwechselveränderungen).
Diese entspricht bis auf die neuen Punkte (2) und (3) der Einteilung von APPLEBY (2010),
wobei es sich bei (3) hinsichtlich der Motivation, auch um eine Form von Frustration handelt.
Andere Einteilungen für aggressives Verhalten richten sich nach dem jeweiligen Auslöser,
speziellen Faktoren, die direkt für das gezeigte Verhalten verantwortlich sind. Diese Faktoren
gehen dem aggressiven Verhalten unmittelbar voraus bzw. sind immer vorhanden, wenn
selbiges auftritt. Zum Auslöser kann prinzipiell jeder Stimulus werden, der über die
Sinnesorgane des Hundes aufgenommen werden kann (JONES 2009). Aufgrund der
unterschiedlichen Sinnesleistungen von Mensch und Hund muss ersterer diese Reize somit
nicht zwangsläufig wahrnehmen können, was eine Identifizierung der Auslöser sehr schwierig
macht. Das Auslösen des Verhaltens hängt von der Stärke und Nähe des Auslösers ab, mit
20
LITERATUR
zunehmender Stärke und abnehmender Entfernung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das
Verhalten gezeigt wird. Diese Distanzen sind individuell verschieden und bestehen aus drei
Kreisen, der äußeren Fluchtdistanz, der mittleren kritischen Distanz und der innersten
Intimsphäre. Die Unterschreitung des mittleren Kreises durch einen beunruhigenden Stimulus
führt zu Drohverhalten oder sogar zu einem Angriff. Der innere Kreis, die Intimsphäre, kann
nur von sehr vertrauten Personen bzw. Tieren unterschritten werden. Die Kreise grenzen bei
einem selbstsicheren Hund deutlich enger und dichter an dessen Körper, umgekehrt
vergrößern sich die Kreise mit zunehmender Unsicherheit des Hundes. Verkompliziert wird
das Ganze dadurch, dass mehrere Auslöser dem aggressiven Verhalten zugrunde liegen
können. Treten mehrere dieser Auslöser gleichzeitig oder kurz nacheinander auf, kommt es zu
einer gesteigerten Aggressionsbereitschaft des Hundes, JONES (2009) bezeichnet das als
Reaktivität. Oft erklärt sich von Besitzern oder Opfern geschildertes scheinbar unprovoziertes
aggressives Verhalten aus dieser Summation der Stimuli, vor allem wenn zusätzliche
Stressoren
anwesend
sind,
wie
belastende
Geräusche
oder
unangenehme
Umgebungstemperaturen. Natürlich spielt hier auch die fehlende Wahrnehmung der Auslöser
durch den Menschen eine Rolle, entweder weil sinnesphysiologisch nicht möglich (Gerüche)
oder aber durch fehlende Aufmerksamkeit für diese (JONES 2009). Aus diesem Grund
scheint auch die Einteilung von Aggressionsformen nach Auslösern für die Beurteilung der
möglichen Gefährlichkeit eines Hundes nicht praxistauglich.
Tabelle 2.3 Klassifikation des Aggressionsverhaltens am Beispiel einiger Autoren nach
BRUNS (2003):
VOITH u.
BORCHELT
(1996)
OVERALL (1997)
Angst bedingte
Angst bedingte
Aggression
BEAVER (1999)
SCHÖNING
JONES-BAADE
(2001)
(2001)
Angst bedingte
Angst bedingte
Angst bedingte
Aggression
Aggression
Aggression
Aggression
Dominanz-
Dominanz-
Dominanz-
Dominanz-
Dominanz-
Aggression
Aggression
Aggression
Aggression
Aggression
Schutz-Aggression
Territorial-
Territorial- /.-
territorial
Territorial-
Aggression
Schutz-Aggression
bedingte
Aggression
Aggression
21
LITERATUR
VOITH u.
BORCHELT
(1996)
OVERALL (1997)
Spiel-Aggression
Schutz-Aggression
Schutz-Aggression
BEAVER (1999)
Spiel-Aggression
SCHÖENING
JONES-BAADE
(2001)
(2001)
spielerische
Aggression im
Aggression
Spiel
Besitzer beschützende
Aggresion
Besitz-Aggression
Besitz-Aggression
Objekt beschützende
Aggression zur
Aggression
Verteidigung /
Erwerb einzelner
Objekte
umgerichtete
umgerichtete
umgerichtete
umgerichtete
Aggression
Aggression
Aggression
Aggression
Futter bezogene
Futter bezogene
Aggression
Aggression
mütterliche
mütterliche
mütterliche
hormonell
mütterliche
Aggression
Aggression
Aggression
bedingte
Aggression
Aggression der
Hündin post
partum
bzw. in Lactatio
falsa
idiopathische
idiopathische
idiopathische
Aggression
Aggression
Aggression
Intermale
Hund-Hund-
Intrasexuelle
hormonell
hormonell bedingte
/interfemale
Aggression
Aggression; Intermale
bedingte
Aggression
/interfemale
Aggression
- zwischen
Aggression
- der Hündin
Hündinnen
Dominanz-Aggression
- des Rüden
- zwischen Rüden
durch Krankheit
pathologisch
Aggression
bedingte Aggression
bedingte
aufgrund
Aggression
org. Erkrankungen
Aggression
gegen andere Hunde
durch Bestrafung
ausgelöste
Aggression
Erlernte Aggression
22
LITERATUR
VOITH u.
BORCHELT
(1996)
OVERALL (1997)
Jagd-Aggression
Jagd-Aggression
BEAVER (1999)
Jagd-Aggression
SCHÖNING
JONES-BAADE
(2001)
(2001)
KEINE
unangemessenes
Aggression
Jagdverhalten
2.3.2 Angstbedingtes Aggressionsverhalten
Die bei weitem häufigste Ursache für aggressives Verhalten beim Hund stellt Angst dar. Aus
diesem Grund soll auf Angst als Ursache sowie Auslöser aggressiven Verhaltens näher
eingegangen werden.
Den Zustand der Angst kennzeichnet das Fehlen verfügbarer Verhaltensprogramme zur
Beseitigung derselben. Ursächlich für das subjektive Fehlen der Verhaltensprogramme in der
speziellen Situation sind entweder eine mangelnde Reizidentifikation oder aber tatsächlich
fehlende Verhaltensprogramme (TEMBROCK 1992). Aus diesem Grund weisen reizarm
aufgezogene Hunde auch eine erhöhte Angstbereitschaft gegenüber ihnen unbekannten
Reizen auf. Eine erhöhte Angstbereitschaft kann Ausdruck finden in einer allgemein
gesteigerten Angriffsbereitschaft (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Nach REISNER et al.
(1996) kann Angst bei jeder Aggressionsform die Hemmschwelle, aggressives Verhalten zu
zeigen, senken. Wie bei jedem Verhalten liegen der Entwicklung von Angst sowohl
genetische, als auch erfahrungsbedingte Ursachen zugrunde. Es gibt sowohl Rassen,
als auch Individuen mit einer gewissen Veranlagung, schneller Angst zu empfinden.
Bezüglich der Rassen seien beispielsweise die Hütehund-Rassen genannt, deren Selektion zur
Zusammenarbeit über Pfeifsignale mit dem Schäfer eine höhere Geräuschempfindlichkeit zur
Folge hat. REISNER et al. (1996) gehen von einer genetischen Disposition zur
angstbedingten Aggression bei Hunden der Rasse Deutscher Schäferhund, Australian
Shepherd und Border-Collie aus. Eine besondere Bedeutung kommt jedoch der Lernerfahrung
und hier im speziellen der Verhaltensontogenese des Hundes zu: Die Entwicklung eines
Lebewesens von der befruchteten Eizelle bis zu dessen Tod wird als Ontogenese bezeichnet
(IMMELMANN
1982).
SCOTT
und
FULLER
(1965)
unterscheiden
typische
Entwicklungsphasen der Ontogenese, die einem genetisch terminierten Zeitplan folgen. Die
wichtigste Phase für die Ausbildung des späteren Verhaltens stellt die Sozialisierungsphase
23
LITERATUR
(etwa 3.- 12./14. Lebenswoche) dar. In dieser Phase verfügt der Organismus über eine hohe
Neuroplastizität (FEDERSEN-PETERSEN 2004), mithilfe derer soziale und physische
Elemente der Umwelt verarbeitet werden (SCOTT u. FULLER 1965, SCHÖNING 2001,
FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Mithilfe der Qualität und Quantität, der in dieser Phase
erfahrenen Umwelteindrücke, bildet der Hund ein Referenzsystem aus, welches bei allen
späteren Entscheidungen als Vergleich herangezogen wird (FEDDERSEN-PETERSEN 2008,
SCHÖNING 2001, APPLEBY et al. 2002, APPLEBY 2010).
Besonders gravierend wirken sich Versäumnisse in der Sozialisationsphase mit dem
Höhepunkt in der 6.-8. Woche aus (BORCHELT und VOITH 1996). Durch Reizarmut,
Isolation oder grobe Behandlung kommt es zur Abnahme der Sozialisationsfähigkeit
einhergehend mit später gesteigerter Angriffs- und schnellerer Verteidigungsbereitschaft. Nur
in dieser frühen Phase der Sozialisation ist das Gehirn und hier vor allem das Limbische
System (emotional) sensibel genug zur Ausbildung emotionaler Bindungen, damit im
Gegenzug aber auch anfälliger für psychische Fehlbildungen durch mangelnde oder
inadäquate Reizstimulation (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Der Hund muss in dieser Zeit
lernen, wie er später in seiner belebten und unbelebten Umwelt ohne Ängste leben kann. Die
erwähnte Reizarmut führt zu einer erhöhten Ängstlichkeit gegenüber der Umwelt. Erfährt ein
Hund mittels von ihm gezeigter Drohgebärden Hilfe in angstauslösenden Situationen, wird
dieser aggressiv reagieren, wenn er sich unsicher fühlt, was in der Zukunft zu
hochgefährlichen Situationen führen kann (FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
Hunde aus großen kommerziellen Zwingeraufzuchten weisen sehr häufig eine soziale
Deprivation auf und bilden dadurch den Grundstock der später potentiell gefährlichen Hunde
(FEDDERSEN-PETERSEN 1991b). Somit stellen entweder mangelnde oder schlechte
Erfahrungen die Hauptursachen für Angst dar.
LANDSBERG et al. (2003) gehen von einem genetischen Einfluss auf das angstbedingte
Aggressionsverhalten über die Erniedrigung der Schwelle für Angst aus. Auch OVERALL et
al (2006) postulieren die Vererbarkeit von erhöhter Ängstlichkeit, die in bestimmten Linien
einiger Rassen vertreten ist. Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss der Mutterhündin. Ist
24
LITERATUR
diese eher ängstlich, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer erhöhten Ängstlichkeit
der Welpen (DEL AMO u. BEHR 2013).
2.3.3 körperliche/organische Ursachen für Aggression (Schmerzen, Schock,
Erkrankungen)
Für den Erhalt der Unversehrtheit des eigenen Körpers, stellt Aggressionsverhalten eine
genetisch eng fixierte Verhaltensweis dar (SCHÖNING 2001). Es gilt das Prinzip der
Schadensvermeidung nach TSCHANZ (1993). Kommt es durch äußere Reize zu Schmerzen
oder einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens, hat der Hund grundsätzlich vier
Möglichkeiten der Reaktion (4 „F“s). Ist die Fluchtdistanz unterschritten und eine der anderen
beiden Möglichkeiten nicht gegeben bzw. nicht zielführend, wird der Hund mit großer
Wahrscheinlichkeit aggressives Verhalten zeigen (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Aus
diesem Grund können alle äußeren Einflüsse, die mit Schmerzen oder einer Beeinträchtigung
des Wohlbefindens verbunden sind, aggressives Verhalten hervorrufen (LANDSBERG et al.
2000). Hinzu kommt, dass Schmerzen die Schwelle, jegliche Formen aggressives Verhalten
zu zeigen, absenken (LANDSBERG et al. 2000).
Hat ein Hund einmal in einer Situation aufgrund von Schmerzen mit aggressivem Verhalten
reagiert, beinhaltet dies unter Umständen bereits eine beträchtliche Lernerfahrung (siehe unter
2.4), die bedingt, dass der Hund in einer ähnlichen Situation beim nächsten Mal schon früher
oder mit größerer Intensität aggressives Verhalten zeigt (SCHÖNING 2000, 2001,
FEDDERSEN-PETERSEN 2004, JONES 2009). Beschriebenes gilt auch, wenn der Hund in
der Ausbildung Schmerzen oder Unwohlsein erfährt und aggressives Verhalten zur
Schadensvermeidung gezeigt wird. Jegliche Form von Strafe sollte aus diesem Grund in der
Therapie von aggressivem Verhalten Tabu sein (FEDERSEN-PETERSEN 2004).
25
LITERATUR
2.3.4 Aggression in Verbindung mit Erwerb und Verteidigung von Ressourcen
( auch „Rang/Statusbezogene Aggression“)
Wie unter 2.2 beschrieben, dient Aggression als Regulativ innerhalb einer sozialen Gruppe,
innerhalb derer jeder nach der Optimierung seines Zustands und nach dem Erwerb bzw. der
Erhaltung für ihn lebenswichtiger Ressourcen strebt (FEDDERSEN-PETERSEN 2004,
SCHÖNING 2000, 2001, JONES 2009, LINDSAY 2000, LANDSBERG et al. 2003).
Der Rang eines Individuums in einer sozialen Gemeinschaft ist gekennzeichnet durch vier
Kriterien: Erstens der prioritären Nutzung begrenzter Ressourcen; zweitens der Bereitschaft,
anderen Individuen auszuweichen; drittens der Fähigkeit, andere Individuen einzuschränken
und viertens dem Erfolg bei agonistischen Auseinandersetzungen (TEMBROCK 1992).
Jedoch lassen sich weder aus der Qualität, noch aus der Quantität aggressiver
Auseinandersetzungen eines Individuums Schlüsse auf dessen Ranghöhe ziehen. Es ist sogar
vielmehr so, dass ranghöhere Tiere weniger in aggressive Interaktionen verwickelt sind und
rangniedere Tiere schneller und mit größerer Intensität aggressiv auf die Bedrohung einer für
sie wichtigen Ressource reagieren. Für das rangniedere Tier wiegt der Verlust von
Ressourcen schwerer (SCHÖNING 2001, JONES 2009, FEDDERSEN-PETERSEN 2004,
HURD 2006).
Die individuelle Motivation eines jeden Tieres bezüglich einer Ressource unterscheidet sich
ebenso wie das Bestreben, diese Ressource gegenüber anderen Individuen zu verteidigen
(Ressource-Holding-Potential, RHP, PARKER 1974). Aus diesem Grund sind Konflikte um
Ressourcen immer situationsbezogen, auf diese Ressource und gegenüber diesem
Sozialpartner (FEDDERSEN-PETERSEN 2004, SCHÖNING 2000, 2001, JONES 2009,
LINDSAY 2000). Das starre Konzept des „dominanten“ Hundes bedarf einer Änderung, da
jeder Hund je nach Ressource und Gegenüber aus der individuellen Kosten-Nutzen-Rechnung
die Entscheidung für eine aggressive Auseinandersetzung fällt. Hinzu kommt außerdem, dass
diese Entscheidung auch noch von internen Faktoren in diesem Moment abhängt, wie dem
gesundheitlichen Zustand und der Hormonlage des Organismus (FEDDERSEN-PETERSEN
2004, SCHÖNING 2001, JONES 2009, LINDSAY 2001, APPLEBY 2010).
26
LITERATUR
Betrachtet man Territorium ebenfalls als Ressource, lässt sich die territoriale Aggression
ebenfalls unter der Ressourcen-bedingten Aggression einordnen. Auch für das Territorium
gilt wieder die individuelle Wichtigkeit der Ressource und die Situationsabhängigkeit. Laut
SCHÖNING (2001) besteht eine genetische Prädisposition für bestimmte Herdenschutzsowie Hütehundrassen bezüglich des territorialen Aggressionsverhaltens.
VAN DOORN et al (2003) sehen sogar das Konzept des RHP (Ressource-Holding-Potentials)
als zu starke Vereinfachung bezüglich der Aufweichung des starren „Dominanz“ Konzeptes.
Das Zeigen aggressiven Verhaltens in einem Konflikt liegt nach VAN DOORN et al (2003) in
den bisherigen Lernerfahrungen und der speziellen Situation. Eine Ressource kann für einen
Hund in einem anderen Kontext durchaus eine andere Wichtigkeit haben (VAN DOORN et al
2003).
2.3.5 Hormonell bedingte Aggression
Bei beiden Geschlechtern steigern Hormone die Bereitschaft zu aggressivem Verhalten. Bei
der Hündin zeigt sich dies um den Östrus herum, sowie während einer Scheinträchtigkeit, bei
Rüden mit Eintritt der Geschlechtsreife (JONES 2009, SCHÖNING 2001). Allerdings wird
der Hormoneinfluss in der innergeschlechtlichen Aggression erst mit Erreichen der sozialen
Reife deutlich, die rassebedingt mit eineinhalb bis drei Jahren erreicht wird (SCHÖNING
2001, OVERALL 1997, LANDSBERG et al. 2003). Unter dem Einfluss von Testosteron
erhöht sich die Bereitschaft, aggressives Verhalten zu zeigen. Das gezeigte aggressive
Verhalten wird unter Testosteron moduliert und ist in der Ausprägung intensiver und länger
andauernd
(OVERALL
1997,
SCHÖNING
2001).
Das
sogenannte
„Androgenisierungsphänomen“ von Hündinnen wird von OVERALL (1997) beschrieben.
Diese Hündinnen weisen in Bezug auf ihr Aggressionsverhalten deutlich rüdentypisches
Verhalten auf. Eine sorgfältige Sozialisation mit Hunden und Menschen mindert hormonell
moduliertes Aggressionsverhalten im Allgemeinen (SCHÖNING 2001).
27
LITERATUR
2.3.6 Frustrationsbedingte Aggression und umgerichtete Aggression
Wird eine beabsichtigte Handlung unterbrochen oder verhindert, resultiert Frust. Aus dieser
Emotion heraus kann aggressives Verhalten gezeigt werden. Umgerichtete Aggression tritt
auf, wenn der Adressat des aggressiven Verhaltens nicht zugänglich ist. Das Verhalten kann
sich dann gegen einen in unmittelbarer Nähe befindlichen Unbeteiligten oder sogar
Gegenstände richten (JONES 2009, SCHÖNING 2001, FEDDERSEN-PETERSEN 2004,
2008).
2.3.7 Pathologisch bedingte Aggression/“Idiopathische“ Aggression
Sehr selten und nach SCHÖNING (2001) nur in weniger als einem Prozent der Fälle liegt
gesteigerter Aggression eine pathologische Ursache zugrunde (SCHÖNING 2001,
OVERALL 1997, LANDSBERG et al. 2003). SCHÖNING (2001) und OVERALL (1997)
kritisieren die zu schnelle Diagnose der „Idiopathischen Aggression“, vor allem wenn der
Hund vorberichtlich „plötzlich“ und „unvorhergesehen“ aggressiv war und kein Auslöser zu
erkennen war. Fehlendem Drohverhalten und damit „plötzlich“ erscheinendem aggressivem
Verhalten liegen viel häufiger vorangegangene Lernerfahrungen des Hundes zugrunde, der
gelernt hat, dass Drohen nicht zum Erfolg führt oder sogar mit Bestrafung einhergeht und aus
diesem Grund kein Drohverhalten mehr zeigt. Ebenso wird Drohverhalten, obwohl
vorhanden, häufig nicht als dieses erkannt. Ursächlich sind mangelnde Kenntnisse des
hundlichen Ausdrucksverhaltens und möglicher Auslöser für aggressives Verhalten. Bei
bestimmten Rassen lässt sich Drohverhalten nur noch schwer erkennen, beispielsweise
aufgrund von durch Haare verdeckten Augen (FEDDERSEN-PETERSEN 2008, JONES
2009).
Beispiele für Erkrankungen, die mit aggressivem Verhalten einhergehen sind limbische
Epilepsie, Serotoninmangel oder Stoffwechselstörungen, ebenso Infektionskrankheiten wie
Staupe, Aujetzkysche Krankheit, Tollwut oder Borreliose (LINDSAY 2000, LANDSBERG et
al. 2003). Schilddrüsenerkrankungen, wie eine Über- oder (häufiger) eine Unterfunktion,
können ebenso zu vermehrt aggressivem Verhalten führen, hier empfiehlt sich jedoch die
Diagnose durch einen Fachtierarzt, da nur die Kombination bestimmter Blutparameter
28
LITERATUR
sinnvoll und aussagekräftig ist. In der Vergangenheit wurde häufig das Krankheitsbild der
„subklinischen Schilddrüsenunterfunktion“ für vermehrt ängstliches sowie aggressives
Verhalten verantwortlich gemacht. Hier ist ebenso Vorsicht geboten und eine genaue
verhaltenstherapeutische Diagnostik heranzuziehen.
2.3.8 Neurophysiologische Betrachtung
Basierend auf einem funktionellen Ansatz unterteilen JUHR und BRAND (2003) aggressives
Verhalten in instrumentelle und nicht instrumentelle Aggression. Unter instrumenteller
Aggression
ist
hierbei
eine
effektorientierte
Aggression
zu
verstehen,
die
der
Schadensabwendung und Zielerreichung dient und nicht affektorientiert ist. Nicht
instrumentelle Aggression lässt sich in affektive und nicht affektive Aggression unterteilen.
Nach O’HEARE (2003) verläuft nicht affektives Aggressionsverhalten ohne emotionale
Erregung und ohne Aktivierung des sympathischen Nervensystems ab. In diese Kategorie fällt
daher das Jagdverhalten, die sogenannte Beuteaggression (O’HEARE 2003). Jagdverhalten
weist neuronal erhebliche Unterschiede zum affektiven Aggressionsverhalten auf und operiert
unabhängig von diesem (PANKSEPP 1998). Als affektive Aggression bezeichnen JUHR und
BRAND (2003) hormonell bedingte sowie territoriale Aggression, denen gemeinsam ist, dass
sie im Rahmen des Sozialverhaltens ablaufen und Elemente der innerartlichen
Kommunikation enthalten. Als entscheidenden Faktor für das Auftreten und den Grad der
Aggression nennen JUHR und BRAND (2003) Erfahrung in Form von Erfolg oder
Misserfolg. Für die Ausprägung sozialkompetenter Fähigkeiten ist die Sozialisationsphase
entscheidend. Hier kommt es zur wiederholten Prüfung der Neuronenverknüpfungen auf
deren Nützlichkeit; nicht notwendige Verbindungen veröden; individuell nützliche setzen sich
durch und hypertrophieren unter Umständen (JUHR und BRAND 2003). Ohne soziale
Einweisung oder das Erlernen von Regeln wird aus situationsadäquater Aggression unter
Umständen eskalierende Aggression (MICZEK et al. 2002), die das arttypische Maß
übersteigt oder Aggression mit fehlender Impulskontrolle (OVERALL 1997). Impulskontrolle
muss ebenso wie Beißhemmung erlernt werden. Auf neurophysiologischer Ebene ist das
Verhältnis der einzelnen Neurotransmitter zueinander entscheidend, hier vor allem der von
Dopamin und Serotonin (JUHR und BRAND 2003, ROSADO et al. 2010). Niedrige Serum-
29
LITERATUR
Serotonin Konzentrationen stehen im Zusammenhang mit abgesenkten Reizschwellen für
aggressives und impulsives Verhalten (REISNER et al. 1996). Dopamin fungiert im zentralen
Nervensystem vor allem als Neurotransmitter für emotionales Verhalten, kognitive Funktion
und Gedächtnis sowie die Ausprägung der Verhaltensantwort durch die Verstärkung der
Glutamatwirkung und der Anregung neuer Verknüpfungen (JUHR und BRAND 2003) Durch
Dopamin kommt es zu einer Senkung der Reizschwelle gegenüber eingehenden Reizen
(O’HEARE 2003), diese werden im Cortex (kognitive Beurteilung), Hippocampus
(Gedächtnis) und der Amygdala (emotionale Bedeutung) anhand vorliegender Erfahrungen
geprüft (O’HEARE 2003) und bei Projektion zum Nucleus accumbens im ventralen
Tegmentum wird Dopamin freigesetzt (O’HEARE 2003). Die Dopaminfreisetzung im
Nucleus accumbens ist vermutlich auch hauptsächlich verantwortlich für die positive
Belohnung zielgerichteten Verhaltens und damit der Erfahrung von Erfolg, der Voraussetzung
für Lernvorgänge (JUHR und BRAND 2003). Die Dopamin-Dysfunktionshypothese der
Aggression geht daher von einer erhöhten Dopaminaktivität infolge fehlender frontaler
Hemmung aus (JUHR und BRAND 2003). Zusätzlich fördert die Ausschüttung von
Endorphinen die Freisetzung von Dopamin und führt zu einem Belohnungseffekt.
Gleichzeitig mit der Aktivierung von Dopamin erfolgt eine Hemmung von Serotonin (5Hydroxytryptamin) (JUHR und BRAND 2003). Während das Belohungssystem auch an Teile
außerhalb der Amygdala gekoppelt ist (Cortex, Teile des limbischen Systems, Substantia
nigra) entsteht „erlernte“ Angst vor allem in der Amygdala und hier im speziellen dem
lateralen Teil. Ein traumatisches Ereignis reicht hier aus, damit dieser Reiz in das
Langzeitgedächtnis gelangt, während im Belohnungssystem die intermittierende Belohnung
eines Verhaltens nötig ist, um eine Speicherung im Langzeitgedächtnis zu erreichen, genannt
Aktivitäts-abhängige Plastizität der Synapsen. Es kommt durch wiederholte Stimulation von
cyklischem
Adenosinmonophosphat,
einem
second-Messenger,
zur
Bildung
des
Wachstumsfaktors BDNF (Brain derived neurotrophic factor) vor allem in der Region des
Hippocampus. Die Bildung dieses Wachstumsfaktors auch in der lateralen Amygdala ist eine
mögliche Erklärung für die Ausbildung der „erlernten Angst“ (OVERALL 2011).
30
LITERATUR
2.3.9 Eskalationsstufen
Normalerweise erfolgt vor einem Ernstkampf in aggressiven Auseinandersetzungen eine
abgestufte Steigerung derselben. Dabei werden zunächst die Drohsignale stärker. Der
anschließende Verlauf ist fließend und kann auf jeder Stufe enden.
Die Eskalationsstufen nach FEDDERSEN-PETERSEN (2004) umfassen drei Stufen mit
jeweils zwei Schritten. Auf Stufe I erfolgt zunächst nur Drohen, im ersten Schritt aus der
Distanz und im zweiten Schritt nach Distanzunterschreitung mit gelegentlichem
Körperkontakt. Auf Stufe II erfolgen dann zunächst noch Drohungen mit Körperkontakt und
und
anschließend
zusätzlich
eine
Einschränkung
der
Bewegungsfreiheit
des
Interaktionspartners. Auf dieser Stufe erfolgen maximal Verhaltensweisen des gehemmten
Aggressionsverhalten (vergleiche Tabelle 2.2). Zu einer Beschädigung kommt es auf Stufe
III, in Schritt fünf zunächst noch gehemmt (vergleiche ebenfalls Tab. 2.2) und schließlich im
sechsten Schritt ungehemmt beispielsweise durch Beißen oder Beißschütteln.
Die Eskalationswahrscheinlichkeit sinkt mit zunehmender Drohintensität bei sicheren Tieren,
umgekehrt wächst das Risiko einer Eskalation bei einem submissiven Hund, der zunehmend
droht. Dabei erfolgt die Eskalation bei letzteren vor allem auf der Stufe des Drohens mit
Distanzunterschreitung, während ein sicherer Hund meist im fünften Schritt zum Angriff
übergeht (FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
2.4 Lernkomponenten der Aggression
Wie jedes Verhalten unterliegt auch aggressives Verhalten einer erheblichen und immer zu
berücksichtigenden Lernkomponente (FEDDERSEN-PETERSEN 2004, SCHÖNING 2000,
2001, JONES 2009, LINDSAY 2000). Bezüglich der Darstellung der Lerntheorien wird auf
MITTMANN (2002) verwiesen. Entsprechend der instrumentellen Konditionierung wird
Verhalten, welches für den Hund in einer bestimmten Situation positive Auswirkungen hatte,
häufiger in einem ähnlichen Kontext gezeigt. Im Falle aggressiven Verhaltens spielt das
Verhalten des Besitzers oft eine entscheidende Rolle. Strafen oder Schimpfen des Besitzers
bedeuten Aufmerksamkeit und diese ist in der Regel positiv für den Hund, so dass er
31
LITERATUR
daraufhin möglicherweise häufiger aggressives Verhalten zeigt. Problematisch ist jedoch das
Bestrafen des Drohverhaltens eines Hundes. Um den Schmerzreiz oder die Angst in diesem
Moment zu verhindern, aber trotzdem den eigentlichen Konflikt zu beseitigen, reagiert der
Hund möglicherweise mit einem Angriff, ohne vorheriges Drohverhalten zu zeigen, denn der
ursprüngliche Konflikt, auf den der Hund das Drohverhalten hin zeigte, ist für den Hund noch
vorhanden (JONES 2009, SCHÖNING 2001).
2.5 Jagdverhalten
Bei Jagdverhalten handelte es sich um eine natürliche Verhaltensweise aller Caniden mit dem
ursprünglichen Zweck der Nahrungsgewinnung (BORCHELT 1983, BORCHELT und
VOITH
1985).
Jagdverhalten
unterliegt
anderen
neuronalen
Grundlagen
als
Aggressionsverhalten und gehört aus diesem Grund auch eigentlich nicht zum
Aggressionsverhalten, so dass es getrennt von diesem betrachtet werden sollte (JONES 2009,
FEDDERSEN-PETERSEN 2008, LINDSAY 2000, PANKSEPP 1998). Im Gegensatz zum
Jagdverhalten erfolgt beim Aggressionsverhalten eine Aktivierung des sympathischen
Nervensystems. Die Strukturen, die im Hypothalamus erregt werden, unterscheiden sich
ebenfalls. Während allen aggressiven Verhaltensweisen eine Erregung des medialen
Hypothalamus zugrunde liegt, werden beim Jagdverhalten laterale Bereiche stimuliert.
(LINDSAY 2000, 2001).
Jagdverhalten beinhaltet die folgenden Elemente:
-
Witterung aufnehmen
-
Suchen/Nachfolgen/ Stöbern
-
Erstarren
-
Fixieren
-
Lauern
-
Anschleichen
-
Verfolgen/Hetzen
-
Angreifen der Beute
-
Töten der Beute
32
LITERATUR
-
Fressen der Beute
(LINDSAY 2000, FEDDERSEN-PETERSEN 2004, JONES 2009).
Im Unterschied zum Aggressionsverhalten findet beim Jagdverhalten keine Kommunikation
mit der Beute statt. Aus diesem Grund findet sich auch kein aggressives Display im
Ausdrucksverhalten.
(FEDDERSEN-PETERSEN
2004).
Jagdverhalten
zielt
auf
Distanzverringerung zur Beute ab, während Aggression mithilfe von kommunikativen
Signalen in der Regel eine Abstandsvergrößerung zum Ziel hat (FEDDERSEN-PETERSEN
2008, JONES 2009). Als Auslöser für Jagdverhalten fungieren in erster Linie schnelle
Bewegungen. Natürliche Auslöser werden in der Regel bevorzugt, trotzdem sollte der Hund
in der Sozialisationsphase zwischen der 3. und 16. Lebenswoche lernen, dass beispielsweise
rennende Kinder, Fahrradfahrer, Skater, Jogger, kleinere Hunde oder Autos nicht als jagdbare
Objekte anzusehen sind. Lernt ein Hund dies nicht, geht nach FEDDERSEN-PETERSEN
(2004, 2008) ein erhebliches Gefahrenpotential von diesem aus, wenn dieser im Sinne von
„inadäquatem Beutefangverhalten“ Menschen oder andere Hunde als jagdbare Objekte
ansieht. Das Gefahrenpotential ist umso größer, als dass hier keine Vorwarnung im Sinne von
Drohgebärden oder ähnlichem erfolgt und dieses dann aus Sicht des Menschen plötzlich und
unerwartet erfolgt (FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008, JONES 2009, LANDSBERG et
al. 2003). Mangelhaft sozialisierte Hunde reagieren häufiger auf sich schnell bewegende
Objekte (JONES 2009). Die Entwicklung von komplexem Jagdverhalten ist rassebedingt
unterschiedlich, bei den meisten geschieht dies etwa um den 6. Lebensmonat herum
(SCHÖNING 2001, JONES 2009).
2.6 Spielverhalten
Spiel findet grundsätzlich nur im entspannten Kontext statt und zeichnet sich durch
Wiederholungen, Bewegungsluxus sowie Signalübertreibungen aus (IMMELMANN 1982,
FEDDERSEN-PETERSEN und OHL 1995, FEDDERSEN-PETERSEN 2004, FEDDERSENPETERSEN 2008). Es werden Verhaltensweisen aus allen möglichen Funktionskreisen
kombiniert
(HASSENSTEIN
1987,
FEDDERSEN-PETERSEN
FEDDERSEN-PETERSEN 2004).
33
und
OHL
1995,
LITERATUR
2.7 Soziale Annäherung
Mithilfe der Verhaltensweisen der sozialen Annäherung soll die eigene friedliche Absicht
gegenüber einem Sozialpartner (in der Regel Mensch oder Hund) vermittelt werden und
agonistisches Konfliktpotential verhindert, verringert oder beendet werden (GATTERMANN
1993). Zur sozialen Annäherung zählt FEDDERSEN-PETERSEN (2004, 2008) alle
Verhaltensweisen, die den Abstand zu einem Sozialpartner verringern, außer denen des
Spielverhaltens, des Sexualverhaltens und der Submission, wie beispielsweise Fellwittern
oder Verhaltensweisen der sozialen Fellpflege (Fellecken, Beknabbern, Fellbeißen). Sie
dienen der Begrüßung von Mitgliedern einer sozialen Gruppe und fördern dadurch den
Zusammenhalt (FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008).
2.8 Abgrenzung inadäquat aggressiven Verhaltens gegenüber „echten“,
Verhaltensstörungen - Ethopathien
2.8.1 inadäquat aggressives Verhalten
Von inadäquat aggressivem Verhalten wird gesprochen, wenn das Verhalten der jeweiligen
Situation nicht mehr angemessen auftritt. Angemessen heißt nach SCHÖNING (2012a,
2012b) nur, dass das Verhalten für den Hund bzw. aus seiner Sicht einen Nutzen hat, nicht
unbedingt aber eine Akzeptanz beim Menschen. Einen Nutzen hat das Verhalten für den
Hund, wenn es sich in der jeweiligen Situation bezüglich Ressourcenerhalt bzw. –sicherung
erfolgreich erwiesen hat (SCHÖNING 2012a, 2012b). Der Situation angemessen heißt ferner,
wenn die Mehrzahl der Hunde mit ähnlicher Erfahrung und Erziehung in der gleichen
Situation ähnlich reagieren würde. So liegen beispielsweise die Bereitschaft zu aggressivem
Verhalten und das Reaktionsniveau beim Foxterrier höher als beim Golden Retriever und ist
damit für ersteren in der „Norm“, für den Retriever hingegen nicht (ALOFF 2011). Ebenfalls
hierunter zu zählen ist „unangemessenes Jagdverhalten“ (siehe unter 2.5).
34
LITERATUR
2.8.2 zur Gefährlichkeit von Hunden
Die Gefährlichkeit von auffällig gewordenen Hunden ist vielfach nicht oder kaum
vorhersagbar, da das Aggressionsverhalten so multifaktoriell beeinflusst und zudem situativ
stark geprägt wird (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Laut FEDDERSEN PETERSEN
(1992) liegen hundlichen Angriffen auf Menschen hauptsächlich folgende Genesen zugrunde:
(1) Angst und soziale Unsicherheit und unzureichende Umweltangepasstheit
Aufgrund unzureichender oder infolge verpasster Sozialisierungsphasen oder fehlender
Bindung an einen Sozialpartner fehlt dem Hund Sicherheit im Umgang mit Hunden und
Menschen. Die kritischen Phase hierfür stellt, wie erwähnt, die Sozialisierungsphase dar, die
zum Teil stark in die Zeit beim Züchter fällt. Bei einer Aufzucht, die weitgehend isoliert vom
Menschen abläuft, wie dies der Fall in Massenzuchten oder überwiegender Zwingeraufzucht
bei wenig Menschenkontakt darstellt, sind laut FEDDERSEN PETERSEN (1992)
„zwangsläufig die Weichen für schwierige Hund-Mensch-Beziehungen gestellt.“
(2) Nicht rassegerechte Haltung von Hunderassen mit besonderen Umweltansprüchen
Jagdhunde,
Schlittenhunde,
Schutzhunderassen
sowie
Wachhunde
benötigen
laut
FEDDERSEN-PETERSEN (1992) besonderen Freiraum und körperliche Auslastung. Für die
Ausübung angeborener zielorientierter Verhaltensweisen, wie beispielsweise das Laufen und
Stöbern eines Jagdhundes, bedarf es Möglichkeiten das Appetenzverhalten (Änderung des
momentanen Aufenthaltsortes für eine neue Reizsituation) und Erkundungsverhalten
auszuleben. Fehlen diese infolge Einengung, kommt es zu Ersatzhandlungen, um die
Bedürfnisse zu befriedigen, die sich beispielsweise in Stereotypien äußern können. Hierbei ist
die Anpassungsfähigkeit des Tieres überfordert und es kommt zu einer Entkopplung von Ziel
und Funktion des Verhaltens (FEDDERSEN-PETERSEN 1992). Sowohl von restriktiv
aufgezogenen, als auch von reizarm gehaltenen Hunden geht nach FEDDERSEN-PETERSEN
(1991a) immer eine potentielle Gefährlichkeit aus.
35
LITERATUR
(3) Sozial expansive Hunde mit unklarem Rangverhältnis zu ihrem Besitzer
Hunde, die in einer labilen Rangordnung leben und eigentlich einer klaren Rangeinweisung
bedürften, beißen nicht selten Kinder oder vermeintlich Subdominante der eigenen Familie
oder Bekannte der Familie, sobald die Grenzen aus Sicht des Hundes überschritten sind. In
der Regel ereignen sich derartige Übergriffe auf dem eigenen Territorium (FEDDERSENPETERSEN 1991a, 1991b, 1992)
(4) fehlgelenkte Zuchtauslese mit Fehlentwicklungen im Sozialverhalten und “Kampfhunde“
Gemeint sind Hunde, die bewusst auf Kampfverhalten und Angriffsbereitschaft selektiert
worden sind und keiner Rasse zuzuordnen sind, da sie äußerlich sehr variabel sind. Häufig
zeigen diese Tiere schwere Ausfallserscheinungen im Sozialverhalten (FEDDERSENPETERSEN 1990, 1991b, 1996, 1998), bedingt durch Negativauslese mit gestörter
Jugendentwicklung. Es ist in diesen Fällen auch nicht mehr möglich, genetische
Dispositionen von erworbenen zu trennen.
(5) „Schutzhunde“
Das Gefahrenpotential geht hier vor allem von Hunden aus, die im Rahmen des Hundesports
infolge fehlerhafter Ausbildung „auf den Menschen“ abgerichtet werden. Vor allem, wenn
diese Hunde die „Ausbildung“ nicht abgeschlossen haben, liegt hierin ein erhöhtes
Gefahrenpotential (FEDDERSEN-PETERSEN 1991b, 1996, 1998, 2008).
2.8.3 „echte“ Verhaltensstörungen
Jegliches Verhalten im Rahmen des Normalverhaltens ist zweckgebunden nach dem
Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungsprinzip nach TSCHANZ (1993). Diese
Grundmotive tierischen Verhaltens verhindern Energieverschwendung im Sinne der KostenNutzen-Rechnung, wenn sich ein Verhalten nicht lohnt. Folgt ein Verhalten in seiner
Ausprägung oder Art und Weise diesem Prinzip nicht mehr, wird es als Verhaltensstörung
36
LITERATUR
bezeichnet. Die andere Form der Verhaltensstörung läge vor, wenn ein Verhalten gezeigt
würde, welches gar nicht Bestandteil des normalen Verhaltensrepertoires der jeweiligen
Tierart ist (SCHÖNING 2001). Für eine Beurteilung eines Verhaltens als Verhaltensstörung
bedarf es also zunächst der Definition einer Vergleichsnorm, dem Normalverhalten.
FEDDERSEN-PETERSEN (2004, 2008) weist auf die Schwierigkeit der Beurteilung von
Normalverhalten hin. Nicht nur rassebedingt sollte ein anderes Beurteilungsschema gelten,
sondern abhängig von der Umwelt, in welcher der Hund lebt. Demzufolge verhält sich ein
Hund dann ungestört, wenn sein Verhalten den entsprechenden Umweltverhältnissen
angemessen erscheint (IMMELMANN 1982, FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008). Der
Mensch muss in der Betrachtung der Umwelt eines Hundes unbedingt berücksichtigt werden,
da er für den Hund den wichtigsten Sozialpartner darstellt. Jeder Mensch stellt aber
unterschiedliche Ansprüche an seinen Hund und schafft damit ein sehr unterschiedliches
Umfeld für jeden einzelnen Hund. Zudem stellt jede Hund-Mensch-Beziehung eine sehr
individualisierte Beziehung dar, in welcher die Hunde lernen, ihr Verhalten reaktiv
anzupassen, welches wiederum großen Variationen unterliegt. Daher können sich im
Vergleich zwischen einzelnen Hunden erhebliche Abweichungen ergeben (FEDDERSENPETERSEN 1990, 1994, 1997b). Angesichts dieser extremen Variabilität zwischen den
Hundeindividuen resultieren bei Haushunden daher ständig „Verhaltensabweichungen“, die
nicht durch eine mangelnde Bewältigung der Umwelt bedingt sind, sondern Ausdruck neuer
Strategien zur Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen und den Sozialpartner
Mensch darstellen (FEDDERSEN-PETERSEN 1990, 1991b, 1996, 2008). Die Grenze
zwischen dem normalen arttypischen und dem gestörten Verhalten ist somit nicht scharf zu
ziehen, da sowohl die genetischen Anlagen, als auch die Umweltbedingungen während der
Jugendentwicklung besonders bei Haustieren einer extremen Variabilität unterworfen sind,
was die „Verhaltensindividualität“ des einzelnen Hundes bestimmt (BRUNNER 1988).
Laut FEDDERSEN-PETERSEN (1990, 1991b, 1996, 1998, 2008) liegen Verhaltensstörungen
bei Hunden stets menschliche Unzulänglichkeiten zugrunde, sei es in Form unsachgemäßer
Zucht bzw. Aufzucht oder infolge nicht hundegerechter Haltung und Erziehung. Somit lässt
sich auch gestörtes Hundeverhalten nicht ohne Einbeziehung des Menschen analysieren. Die
meisten Verhaltensstörungen äußern sich in Form gestörten Sozialverhaltens, mit der
37
LITERATUR
häufigen Folge gesteigerten, unberechenbaren Aggressionsverhaltens. In sehr vielen Fällen
liegen Deprivationsschäden in der frühen Ontogenese zugrunde (FEDDERSEN-PETERSEN
1991b, 1998, 2008). Erworbene Verhaltensstörungen entstehen durch Belastungen hochgradig
unbiologischer Umweltumstände (vor allem sozialer Bereich sowie die Ontogenese) oder aber
durch organpathologische Veränderungen (BUCHHOLTZ 1982).
Um eine Verhaltensstörung nach TSCHANZ (1993) handelt es sich, wenn die
Verhaltensänderung
des
Individuums
nicht
mehr
auf
Schadensvermeidung
und
Bedarfsdeckung abzielt. Den Großteil der Verhaltensstörungen bei Hunden verschiedener
Rassezugehörigkeit stellen erworbene Verhaltensstörungen dar, auch als Neurosen bezeichnet
(FEDDERSEN-PETERSEN 1990, 2001a). Für deren Entstehung macht FEDDERSENPETERSEN (1990, 2001a) eine reizarme Umwelt oder Umweltbelastungen verantwortlich.
Dadurch kommt es zu nachteiligen Auswirkungen von Lernprozessen vor allem in der
Sozialisationsphase.
FEDDERSEN-PETERSEN
(1990,
1996,
1998,
2001a)
teilt
Verhaltensstörungen folgendermaßen ein:
1. Frühontogenetisch erworbene Verhaltensstörungen:
Diese treten rasseunabhängig auf und sind meist gekennzeichnet durch hochstabile
Entwicklungsschäden. Darunter fallen vor allem Deprivationsschäden, das heißt Schäden
durch Erfahrungsentzug infolge fehlender sozialer Reize sowie Umweltreize. Diese Hunde
neigen
zu
defensiver
Aggression
und
unzureichender
Bindungsfähigkeit
an
Familienmitglieder. Zudem sind die Reaktionen dieser Hunde vielfach wenig vorhersehbar.
Die Folgen einer Isolation in der Jugendphase sind in der Regel nicht kompensierbar, so dass
von solchen Hunden immer ein Restrisiko und eine latente Gefahr ausgehen (FEDDERSENPETERSEN 1990, 1991b, 1996, 1998).
38
LITERATUR
2. Aktualgenetisch erworbene Verhaltensstörungen
a) Verhaltensstörungen infolge beengter und reizarmer Haltung
Diese
Störungen
umfassen
innerhalb
eines
kürzeren
Zeitraumes
erworbene
Verhaltensanomalien, die sich partiell mit Deprivationsschäden überschneiden. Ursachen
liegen in der reizarmen Umwelt, dem fehlenden Umgang mit einer Bezugsperson sowie dem
fehlenden Kontakt zu Artgenossen. Es resultieren Unfähigkeit zur sozialen Kontaktaufnahme
und Aggressivität gegenüber Menschen und Artgenossen oder aber Apathie (FEDDERSENPETERSEN 1990, 1991b, 1996, 1998).
b) Stereotypien von Bewegungsmustern
Diese sind in der Regel die Folge extrem reizarmer Haltung, es kommt beispielsweise zu
Kreislaufen oder bestimmten zwanghaften Kopfbewegungen und Bellfolgen in räumlicher
sowie zeitlicher Fixierung (FEDDERSEN-PETERSEN 1990, 1991b, 1996, 1998).
c) Traumatische Verhaltensstörungen nach Lernprozessen
Diese Störungen finden sich bei Hunden sehr häufig und resultieren aus einem oder mehreren
traumatischen Erlebnissen (Beißerei, Gewalt, Autounfall). In der Folge kommt es assoziativ
beispielsweise
zu
Nervosität,
sozialer
Unsicherheit
oder
hysterischen
Reaktionen
(FEDDERSEN-PETERSEN 1990, 1991b, 1996, 1998).
2.9 Leiden
Ist das Anpassungsvermögen sozial deprivierter Hunde überschritten, zeigen diese Hunde
selbst in normalen Situationen starke Umweltunsicherheit und ständige Fluchtbereitschaft,
vermögen sich kaum zu entspannen, da sie sich permanent durch ihre Umwelt bedroht fühlen
und leben stets in der Erwartungshaltung „drohenden Unheils“. Neben der potentiellen Gefahr
für den Menschen und Artgenossen, die von solchen Hunden ausgeht, ist hier der Tatbestand
des Leidens erfüllt (FEDDERSEN-PETERSEN 1990, 1991b, 1997a, BUCHHOLTZ 1982).
39
LITERATUR
2.10 Rasseabhängige Gefährlichkeit
2.10.1 Rassedefinition- Rasseunterschiede
Nach HERRE (1958) handelt es sich bei Rassen um „von Menschen in sexueller Isolation
gehaltene, verbreitete Unterarten einer Art, welche sich in mehreren Merkmalen und
Erbeinheiten voneinander stärker unterscheiden. Es sind Kollektiveinheiten, deren
Besonderheiten nur durch statistische Methoden wiedergegeben werden können (HERRE u.
RÖHRS 1990). Dem subjektiven Ermessen bei der Umgrenzung und Merkmalauswahl ist ein
weites Feld gelassen“. Die Zuordnung eines Hundes zu einer Rasse geschieht ausschließlich
anhand des Phänotyps, im Rahmen einer Phänotypisierung, nicht anhand genetischer
Analysen (MITTMANN 2002). Nach EICHELBERG (2000) handelt es sich bei Rassen um
Teilpopulationen einer Art, die in der Haustierzucht durch künstliche Selektion mit
unterschiedlichen zugrundeliegenden Zuchtzielen entstanden. Dabei beziehen sich die
Rasseunterschiede heute zumeist auf morphologische Merkmale, da diese leichter zu
selektieren sind als Verhaltensmerkmale. SPADY und OSTRANDER (2008) sowie KING et
al. (2012) betonen, dass die früheren Hunde auf bestimmte Verhaltensmerkmale und
Temperament im gleichem Maße wie auf physische Merkmale, wie Fellfarbe, Felllänge,
Größe und mimischen Ausdruck, hin selektiert wurden. Die morphologische Vielfalt der
früheren Hunderassen beruhte auf der Zucht auf verschiedene Verwendungszwecke
(SERPELL u. JAGOE 1995, SPADY u. OSTRANDER 2008, OVERALL 2011). Obwohl der
Hund heute hauptsächlich Begleiter des Menschen ist, bestehen aufgrund der Selektion für
deren ursprünglichen Verwendungszweck aus wissenschaftlicher Sicht innerhalb der
einzelnen Rassen relativ stabile Veranlagungen für bestimmte Verhaltensmerkmale, die mit
einer hohen Heritabilität einhergehen (PEREZ-GUISADO et al. 2006; SPADY u.
OSTRANDER 2008; VAN DER WAAIJ et al. 2008, JENSEN 2007, KING et al. 2012).
KING et al. (2012) schlagen daher vor, in unserer modernen Gesellschaft erwünschte
Verhaltenszüge bei unseren Hunden in objektiver Form zu identifizieren, um diese dann für
die Zuchtauswahl zu nutzen. Hinsichtlich der Vererbung bestimmter rassetypischer
Verhaltensmerkmale bestehen kontroverse Ansichten unter den Wissenschaftlern.
40
LITERATUR
Nach MACKENZIE et al. (1986) sowie SCOTT u. FULLER (1965) lassen sich wenig bis gar
keine positiven Korrelationen zwischen dem Aussehen und bestimmten Verhaltensmustern
feststellen. SCOTT und FULLER (1965) fanden in ihren Studien enorme Unterschiede
innerhalb einer Rasse, so dass von typischen vererbbaren Verhaltensmustern aufgrund der
Rassezugehörigkeit eines Hundes nicht ausgegangen werden kann. Die reine Verwendung
vieler heutiger Hunde als „Begleithund“ führte zu einem Fokus auf das äußere
Erscheinungsbild statt auf Verhaltensmerkmale (KING et al. 2012). Nach LINDSAY (2000)
fiel die Zucht auf äußere Merkmale zusammen mit dem Verbot der Hundekämpfe in England
um 1850. Rassestandards wurden niedergeschrieben, in denen Richtwerte für die äußere
Erscheinung sowie das Verhalten der Hunde festgelegt waren. Die Züchter waren und sind
angehalten, sich bei ihrer Zucht eng an diese oftmals eher schwammigen Richtlinien zu
halten. Es entstanden die ersten Hundeshows, bei denen das Richten meist auf Grundlage des
Exterieurs erfolgte und erfolgt (KING et al. 2012).
Nach SVARTBERG (2006) hingegen weisen die existierenden Rassen trotz der häufig reinen
Verwendung als Begleiter des Menschen immer noch typische Charakterzüge entsprechend
dem damaligen Verwendungszweck auf. Aber nicht nur zwischen den Rassen bestehen große
Verhaltensunterschiede,
sondern
ebenso
zwischen
Individuen
der
gleichen
Rasse
(SVARTBERG 2006, SPADY u. OSTRANDER 2008). Der genetische Einfluss auf das
Verhalten des Hundes zeigt sich im „Temperament“ und der „Persönlichkeit“ eines Hundes,
in der Literatur oft synonym verwendet. Mit „Temperament“ sollen relativ konstante
Grundveranlagungen ausgedrückt werden, die in einem Individuum bereits in jungen Jahren
vorhanden sind, und die Ausprägung der Aktivität, der Reaktivität, der Emotionalität sowie
der Sozialverträglichkeit bestimmen (GOLDSMITH et al. 1987). Die Bestimmung des
Temperaments eines Hundes erfolgt experimentell durch Unterschiede auf Verhaltensebene
zwischen Individuen, die gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt sind (KING et al. 2012).
Nach WILSSON und SUNDGREN (1997) weist die Kooperativität der Labradore eine
moderat bis hohe Heritabilität auf, während die Umgänglichkeit und der Beutetrieb des
Deutschen
Schäferhundes
eine hohe Heritabilität
aufweisen.
Auch
SPADY und
OSTRANDER (2008) gehen zumindest zum Teil von einer genetischen Komponente für die
Ausprägung von Verhalten aus. Aufgrund individueller Temperamente zeigt jeder Hund auf
41
LITERATUR
Konfrontation mit verschiedenen Stimuli unterschiedliche Verhaltensantworten (KING et al.
2012). Der Ausdruck „Persönlichkeit“ wird in der Humanpsychologie verwendet, um
charakteristische Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen einer Person zu charakterisieren,
die diese von anderen unterscheidet (KING et al. 2012). Für die Entwicklung der
Persönlichkeit spielen das Temperament und die Erfahrung eine Rolle, über die das
individuelle Verhalten als Reaktion auf die umgebende Umwelt, beeinflusst wird (LEY u.
BENNETT 2007, KING et al. 2012). Mittlerweile ist wissenschaftlich anerkannt, dass auch
Hunde verschiedene Persönlichkeitsmerkmale haben (SVARTBERG u. FORKMANN 2002,
LEY
et
al.
2008),
wie
beispielsweise
„Verspieltheit“,
„Neugier/Furcht“
oder
„Umgänglichkeit“ (SVARTBERG 2006). KING et al. (2012) kommen daher ebenfalls zu
dem Schluss, dass das von unseren Hunden gezeigte Verhalten eine Kombination des
angeborenen Temperamentes, der Umwelt, in der das Individuum lebt und den bisherigen
Erfahrungen
darstellt.
Hunde
einer
Rasse
weisen
aus
diesem
Grund
ähnliche
Temperamentmerkmale auf, auch wenn deren Ausprägung zwischen den einzelnen
Individuen unterschiedlich sein mag und jeder Hund einen individuellen Charakter besitzt.
Kombiniert mit Erfahrungen resultieren verschiedene Persönlichkeitsmerkmale, welche die
Tendenz eines jeden Hundes beeinflussen, in einer bestimmten Situation in einer spezifischen,
aber dennoch einheitlichen Art und Weise auf zukünftige Stimuli zu reagieren (KING et al.
2012).
Nach EICHELBERG (2000) bestehen weniger Unterschiede im Verhalten zwischen den
Rassen, als es von ihrem Exterieur her zu erwarten wäre. Das Verhaltensspektrum einer
bestimmten Rasse ist nicht nur auf ihren ursprünglichen Verwendungszweck beschränkt, es
ist erheblich mehr Verwendungspotenz vorhanden. So kam es bei vielen Rassen zu einem
Wechsel im Verwendungszweck, wie beispielsweise beim Deutschen Schäferhund, der vom
reinen Hütehund etwa ab dem Jahre 1901 zum Polizeihund avancierte (EICHELBERG 2000).
Bezüglich der Verhaltensvariabilität bei den Haushunden spricht MIKLOSI (2011) von der
enormen verhaltensbezogenen (phänotypischen) Plastizität auf Populationsebene. Hunde
weisen über verschiedene Lebensräume hinweg ein variableres Verhaltensmuster als Wölfe
auf, sind somit „formbarer“. Erreicht wurde diese erhöhte Plastizität durch einen größeren
Einfluss der Umwelt auf das genetisch bestimmte Verhaltensprogramm. Das Merkmal ist in
42
LITERATUR
der Folge stärker umweltabhängig und der Einfluss der Erfahrung und des Lernens im Falle
von Verhalten ist verstärkt. Der Nachteil dieser Umweltabhängigkeit ist allerdings deren
Fehleranfälligkeit bei fehlender bzw. falscher Stimulation durch Umweltreize, so dass zu
wenig
angemessene
Stimulation
in
der
menschlichen
Umwelt
zu
großen
Verhaltensunterschieden führen. Die Verhaltensentwicklung von Hunden ist somit in
erheblich größerem Maße als bei Wölfen von dem sozialen Umfeld abhängig (MIKLOSI
2011).
Nach COPPINGER und COPPINGER (2001) ist eine morphologische Einheit, wie in der
Hundezucht
angestrebt,
nicht
vereinbar
mit
der
Erhaltung
der
rassespezifischen
Verhaltensmerkmale. Es existieren keine „alten“ Hunderassen in der Form, dass die
vorhandene Population einer Rasse die Genfrequenz der ursprünglichen Rasse repräsentiert.
Eine Konstanz der Genfrequenz über einen längeren Zeitraum gibt es nicht. Aus diesem
Grund ist es laut COPPINGER und COPPINGER (2001) unmöglich, spezielle Pitbull-,
Golden Retriever- oder andere Rassen-Gene zu ermitteln. COPPINGER und COPPINGER
(2001) verweisen in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die entscheidende Rolle der
Umwelt, in der sich das Individuum entwickelt und mithilfe derer die Gehirnzellen für ein
adäquates Wachstum und Entwicklung stimuliert werden. Aufgrund der Abhängigkeit der
Verhaltensentwicklung von der Umweltstimulation können sich laut COPPINGER und
COPPINGER (2001) keine zwei Individuen mit identischer genetischer Ausstattung gleich
verhalten. Die Frage „Umwelt oder Gene“ stellt sich somit nicht, da die Ausprägung der
genetischen Anlagen nur aufgrund der Umweltstimulation erfolgen kann (COPPINGER u.
COPPINGER 2001). Rasseunterschiede bestehen allerdings darin, dass sich die Fähigkeiten,
bestimmte Verhaltensweisen auszuführen, unterscheiden. Daher können schon aufgrund des
Körperbaus nicht alle Rassen gleichermaßen dieselben Aufgaben bewältigen. Theoretisch ist
es aber möglich, jeden Hund einer jeden Rasse für bestimmte Aufgaben bzw. Zwecke
auszubilden (COPPINGER u. COPPINGER 2001, EICHELBERG 2000). Bedacht werden
muss hierbei allerdings, dass erhebliche Rasseunterschiede in der Verhaltensontogenese
bestehen. So unterscheidet sich der Zeitpunkt des ersten Auftretens von Verhaltensweisen
verschiedener
Funktionskreise
(FEDDERSEN-PETERSEN
1990,
COPPINGER
u.
COPPINGER 2001). Der Border-Collie zeigt bereits mit 10 Wochen Verhaltensweisen des
„eye“, dem Fixieren von Jagdobjekten mit den Augen, eine Verhaltensweise des Jagens,
43
LITERATUR
während Vertreter der Herdenschutzhunde Elemente aus dem Jagdverhalten erst mit ungefähr
fünf Monaten zeigen, wenn das Fenster der Sozialisation bereits geschlossen ist. Aus diesem
Grund werden Sequenzen aus dem Jagdverhalten bei Border-Collies im Gegensatz zu
Herdenschutzhunden in das Spiel mit Artgenossen integriert. Nicht nur der Beginn der
Verhaltensweisen, auch deren weitere Entwicklungsgeschwindigkeit, unterscheidet sich
innerhalb der Rassen (COPPINGER und COPPINGER 2001). Beim Siberian Husky, einem
Hund
mit
ausgeprägten
Laufeigenschaften,
bezieht
sich
die
relative
Entwicklungsbeschleunigung vor allem auf den Funktionskreis der Positionen und
Lokomotion, so dass diese Rasse früher als andere eine vergleichbare körperliche
Beweglichkeit und eine entsprechende Bewegungskoordination entwickelt (FEDDERSENPETERSEN 1990). Ebenso treten bei den meisten Jagdhunderassen am frühesten in der
Ontogenese Verhaltensweisen der olfaktorischen Orientierung auf. Die beschriebenen
Unterschiede beruhen auf der Neurotransmitterzusammensetzung, Dopamin beeinflusst
beispielsweise die Erregungslage eines Hundes, so dass sich Rassen vor allem in ihrer
Erregungslage unterscheiden (COPPINGER u. COPPINGER 2001). Das Dilemma der
modernen Hundezucht liegt laut COPPINGER und COPPINGER (2001) darin, dass
Veränderungen im Aussehen auch immer Verhaltensänderungen nach sich ziehen, so dass
eine reine Zucht auf äußerliche Merkmale nicht isoliert möglich ist, ohne dass sich das Wesen
der Hunde verändert. Der Wunsch der Käufer von Hunden liegt aber darin, einen Begleithund
(„Familienhund“) mit einem bestimmten Aussehen zu erwerben. Die Zucht der Rassehunde
mit dem Ziel bestimmte äußere Merkmale zu erhalten, die möglichst unveränderlich sind,
führt so in eine Sackgasse der Inzucht mit der Folge der Produktion von „freaks of nature“
(COPPINGER u. COPPINGER 2001). MIKLOSI (2011) beschreibt die heutige Hundezucht
als ein „gefährliches Spiel“, ein „unverantwortliches Experimentieren“ mit nur einem sehr
kleinen Aspekt des Phänotyps, dem Körperbau. Dieses führt gezwungenermaßen zu Inzucht
und zum Verschwinden der rassetypischen Merkmale, sowie zu einer Verringerung der
genetischen Vielfalt (MIKLOSI 2011).
2.10.2 „gefährliche“ Rassen(?)
KING et al. (2012) weisen auf die Rolle der Medien hin, die zu einer Brandmarkung
bestimmter Rassen als gefährlicher als andere verleiten und in einigen Ländern zu einer
44
LITERATUR
rassespezifischen Reglementierung führten, auch wenn wissenschaftliche Beweise dafür nicht
vorhanden sind (SCHALKE et al. 2008).
Vielfach ist bei bestimmten Rassen die Rede von einer Hypertrophie im Bereich des
Aggressionsverhaltens. Darunter versteht FEDDERSEN-PETERSEN (2000) ein allgemein
übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten, bei dem eine aggressive Kommunikation
(beispielsweise Drohverhalten) überwiegend ausgeschlossen ist und welches schnell eskaliert
und ungehemmt gegenüber Artgenossen und Menschen auftritt. „Allgemein übersteigert“
definiert FEDDERSEN-PETERSEN (2000) anhand folgender Kriterien: der Situation nicht
angemessenes, qualitativ wie quantitativ ausgeprägtes und verändertes Aggressionsverhalten,
welches gepaart ist mit anderen Verhaltensausfällen und –einschränkungen in anderen
Funktionskreisen. Ein übersteigertes Aggressionsverhalten ist zudem weder vom Ziel, noch
von seiner Funktion her biologisch einzuordnen, leicht auszulösen und außerdem durch
Besonderheiten gekennzeichnet, denen angeborene, organische Defekte zugrunde liegen.
(FEDDERSEN-PETERSEN 2000). Solche Hunde entstehen durch Negativauslese bei der
Zucht kombiniert mit einer gestörten Jugendentwicklung und einer „speziellen Ausbildung“.
Hierbei handelt es sich rein um von bestimmten „Züchtern“ missbrauchte Hunde, deren
„Zucht“ eine erhebliche Tierschutzrelevanz aufweist (FEDDERSEN-PETERSEN 2000).
Nicht von bestimmten Rassen geht eine Gefahr aus, sondern von einzelnen Hundeindividuen.
Eine Beurteilung bestimmter Rassen als übersteigert aggressiv ist wissenschaftlich unhaltbar.
Wie unter 2.10.1 bereits ausgeführt, resultiert Hundeverhalten immer aus dem Wechselspiel
zwischen Umwelt und Erbgut. Beide unterliegen erheblichen Variationen, so unterscheiden
sich selbst innerhalb einer Rasse die genetisch fixierten Verhaltensbereitschaften und ebenso
unterliegt jeder Hund einer individuellen Haltungsumwelt (FEDDERSEN-PETERSEN 2000).
Für die Tendenz, Konfliktsituationen durch aggressives Verhalten („Kampf“) auszutragen, ist
die Individualgeschichte eines Hundes stets bedeutsam; es kommt hier zu einer Überlagerung
genetischer Dispositionen, so dass Eigenschaften, wie das Temperament, die Sicherheit und
Eigenarten im Umgang mit Sozialpartnern stark sozialisationsbedingt sind (FEDDERSENPETERSEN 2001a, 2001b). Reizarm aufgezogene Hunde zeigen häufig ein der Situation
unangemessenes, übersteigertes Angriffs- und Abwehrverhalten, wodurch es zu erheblichen
Gefahrenmomenten kommt (FEDDERSEN-PETERSEN 2001a, 2001b). Die Gefährlichkeit
45
LITERATUR
eines Hundes ist somit an individuellen Merkmalen, wie situativ unangemessenem
Aggressionsverhalten
und
(FEDDERSEN-PETERSEN
ungehemmtem
2000,
Beißen
von
Sozialpartnern
FEDDERSEN-PETERSEN
2001a,
festzumachen
2001b).
Eine
erhebliche Gefahr sieht FEDDERSEN-PETERSEN (1990) in der Problematik des
ahnungslosen Hundehalters, das „Fehlverhalten [von Menschen] erzeugt Gefahrenmomente“
und individuelle Störungen der Mensch-Hund-Beziehung, die einen jeden Hund formen,
stellen die „Hauptursache möglicher Gefährdung“ dar. Einziges rassespezifisches Problem,
welches sich möglicherweise ergibt, stellen die rassespezifischen Haltungsansprüche bzw.
Umweltansprüche dar (FEDDERSEN-PETERSEN 1990). UNSHELM (2000) spricht
außerdem von einer indirekten Beeinflussung der Rasse bezüglich der Gefährlichkeit eines
Hundes in der Form, dass große und kräftige Hunde bei einem Biss in der Regel
schwerwiegendere Verletzungen setzen. Ein weiterer indirekter Einfluss besteht in der
selektiven Auswahl bestimmter Rassen durch bestimmte, besonders aggressive und
überdurchschnittlich
ängstliche
Hundehalter.
Hier
ist
die
Möglichkeit
der
Stimmungsübertragung zwischen Halter und Hund zusätzlich zu berücksichtigen (UNSHELM
2000, UNSHELM et al. 1993). Als rassespezifisch ist ebenfalls eine bestimmte Reizschwelle
(„Erregungslage“) anzusehen. Durch gelenkte Züchtung kam es zu einer Senkung oder auch
Erhöhung der Reizschwelle zur Auslösung bestimmter Verhaltensweisen (FEDDERSENPETERSEN 1990). Laut FEDDERSEN-PETERSEN (1990) existieren zunehmend Rassen mit
einer ständigen Bereitschaft zur sofortigen Reaktion mit einem andauernd höheren
Aktionsniveau und ständiger Unruhe sowie stets hoher Fluchtbereitschaft. Diese Hunde
passen sich schwer an ihre Umwelt an und normale Reize wirken bereits in normaler
Intensität
als
psychogene
Stressoren.
Beobachtet
wurde
dies
bei
verschiedenen
Jagdhunderassen sowie Windhunden, vor allem wenn diese nicht rassegerechten gehalten
wurden und nur begrenzte Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit einer adäquaten
Umwelt hatten, wie das der Fall bei ausschließlich in der Stadt gehaltenen Jagdleistungsrassen
oder Laufhunderassen sein kann (FEDDERSEN-PETERSEN 1990).
COPPINGER und COPPINGER (2001) regen außerdem den Gedanken an, dass der Anblick
bestimmter vorverurteilter Rassen bei vielen Menschen Unbehagen oder sogar Angst auslöst.
Das Verhalten der Menschen gegenüber diesen Hunden ist dadurch im Vergleich zu anderen
46
LITERATUR
Rassen verändert. Die Hunde wiederum realisieren ein solch verändertes Verhalten und
reagieren ihrerseits darauf, eventuell auch mit vermehrt aggressivem Verhalten. So lehren die
angstbesetzten Verhaltensänderungen von Menschen Hunde bestimmter Rassen, sich
aggressiver zu verhalten (COPPINGER u. COPPINGER 2001). Die Zusammenstellung der
gelisteten Rassen in den meisten Bundesländern erweist sich als willkürlich, es gibt keine
durchgängige Gemeinsamkeit bezüglich des ursprünglichen Zuchtziels. Einige Rassen,
Nachbildungen der antiken Kriegshunde (Vorfahren der großen molossoiden Typen wie
Bullmastiff, Bordeuxdogge, Mastino Napolitano) weisen sogar charakteristisch eine sehr hohe
Reizschwelle auf, so dass ein eher träges Temperament resultiert (EICHELBERG 2000). Um
rassegebundene Ethopathien oder beginnende Fehlentwicklungen mit genetischer Disposition
zu erkennen und zu belegen, bedürfte es nach FEDDERSEN-PETERSEN (1990)
ethologischer Erkenntnisse über die verschiedenen Hunderassen, die bisher nur spärlich
vorliegen. Rassespezifische, domestikationsbedingte oder durch Zucht variierte Änderungen
im Sozialverhalten sind nach wie vor nicht genügend erforscht und untersucht. Vor allem im
Bereich der Funktion hundlichen Ausdrucksverhaltens für die Kommunikation mit dem
Menschen liegen bisher kaum wissenschaftliche Untersuchen vor (MIKLOSI 2011,
FEDDERSEN-PETERSEN 2004, FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Kritisch zu sehen ist
diese Tatsache vor allem vor dem Hintergrund, dass die Ursachen für eine Vielzahl von
Verhaltensabweichungen in einer nicht adäquaten Mensch-Hund-Kommunikation liegen
(FEDDERSEN-PETERSEN 1991b). Als Kampfhunde bezeichnet FEDDERSEN-PETERSEN
(2001a, 2004, 2008) durch starke Negativauslese einiger Rassen „gezüchtete“ Hunde, die von
bestimmten
Bevölkerungskreisen
als
besonders
„kampftriebstark“
und
„schmerzunempfindlich“ selektiert worden sind. Diese Pitbull-Terrier oder Ban-Dogs zeigen
schwere Ausfallerscheinungen im Sozialverhalten, deren genetische Grundlage aufgrund der
ebenfalls gestört verlaufenden Jugendentwicklung dieser Hunde nicht zu ermitteln ist. Hunde
dieser „Zuchten“ stellen Qualzuchten im Sinne des Tierschutzgesetzes dar (FEDDERSENPETERSEN 1991b, 1997a).
2.11 Verhaltenstest und das Wesen des Hundes
SEIFERLE und LEONHARDT (1984) bezeichnen als Wesen des Hundes die Gesamtheit
seiner Verhaltensweisen, die in der Symbiose Hund-Mensch oder für einen bestimmten
47
LITERATUR
Gebrauchszweck von Interesse sind. Nach SCHÖNING (2012a) werden unter dem Begriff
„Wesen“ alle angeborenen sowie erworbenen Verhaltensweisen eines Hundes, sein Charakter
bzw. seine Verhaltensindividualität summiert. Es sind stabil gezeigte Verhaltensmuster, die
der jeweilige Hund in bestimmten Situationen über einen längeren Zeitraum konstant zeigt
(SCHÖNING 2012a). Ziel der sogenannten Wesenstests oder Verhaltenstests ist es, anhand
der Beobachtung des Hundes in konkreten Testsituationen eine Aussage über ein mögliches
zukünftiges Verhalten auch in ähnlichen Situationen des täglichen Lebens zu machen. In der
Regel wird der Hund in den Testsituationen gezielt mit bestimmten Stressoren konfrontiert,
anschließend folgt die Messung bzw. Beobachtung, welche Toleranzgrenzen und welche
Verhaltensmuster als Reaktion auf die Stressoren der zu testende Hund aufweist
(SCHÖNING 2012a). In einem Aggressionstest werden die Toleranzgrenzen für Angst, Stress
und Frustration anhand des Auftretens von aggressivem Verhaltens gemessen bzw.
beobachtet. Ein Hund mit niedriger Toleranzgrenze und zügigem Zeigen von aggressivem
Verhalten
weist
ein
höheres
Gefahrenpotential
auf
(SCHÖNING
2012a).
Nach
FEDDERSEN-PETERSEN (2008) meint der Begriff „Wesen“ die Persönlichkeit und im
Verhaltenstest eher das situativ zu beobachtende Verhalten. Bei Tests, die vergleichbar
durchgeführt werden, können durchaus bestimmte Tendenzen im Verhalten eines Hundes
erkennbar sein (FEDDERSEN-PETERSEN, 2008). Laut FEDDERSEN-PETERSEN (2004,
2008) besteht die größte Schwäche der Verhaltenstests, vor allem derjenigen auf
„Beißbereitschaft“, in der isolierten Wertung der einzelnen Situationen in geschlossenen
Einheiten. Dabei bleibt unberücksichtigt, welche Auswirkungen vorangegangene Einheiten
auf das Verhalten des Hundes haben. Zusätzlich werden die individuelle Gestimmtheit und
Verfassung des Hundes sowie der Einfluss des Besitzers nicht berücksichtigt. Für den zu
beurteilenden Ausschnitt des Verhaltens gibt es zu viele Ursachen, die niemals alle
erschlossen werden können (FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Es existieren keine
„validierbaren, objektivierbaren Verhaltensweisen“, die für alle Haushunde Gültigkeit haben
(FEDDERSEN-PETERSEN 2008).
Gelangt ein Beißvorfall zur Anzeige und der Hund wird als gefährlich eingestuft, wird der
gesamte Test abverlangt, dabei wird meistens die Problematik, unter welcher der Hund
48
LITERATUR
auffällig geworden ist, kaum oder gar nicht berührt. Zudem werden Rassebesonderheiten
nicht oder zu wenig beachtet, da alle Hunde nach gleicher Vorgehensweise bewertet werden.
Bereits erfolgtes Training bzw. Ausbildung verhindern eine Unterscheidung in erbliche
Disposition oder nicht. Aufgrund der Verzahnung angeborener Dispositionen und des
obligatorisch stattfindenden Lernens ist diese Unterscheidung sowieso unmöglich
(FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Alle Wesenskomponenten in einer Prüfung zu erfassen,
ist nicht möglich, da das gezeigte Verhalten eins Hundes im Wesenstest von zu vielen
Variablen abhängt und das Wesen des Hundes nur eine dieser Variablen darstellt
(FEDDERSEN-PETERSEN 2008). Das in einer bestimmten Situation beobachtbare
Verhalten ist nicht beliebig extrapolierbar und muss ebenfalls nicht individualtypisch sein
(FEDDERSEN-PETERSEN 2001a, 2001b).
Ziel des Wesenstests von NETTO und PLANTA (1997), der dem Niedersächsischen
Wesenstest zugrunde gelegt wurde, war es, höchst aggressive Individuen zu selektieren, um
die Zucht bestimmter Rassen zu kontrollieren. Der Test sollte wissenschaftlich validierbar
sein und auf alle Rassen anzuwenden sein, um gefährdende Aggressionsstufen bei Hunden
feststellen zu können (NETTO u. PLANTA 1997).
SCHALKE (2012) bewertet den Niedersächsischen Wesenstest aufgrund eigener langjähriger
Erfahrungen hinsichtlich seiner Validität nur als bedingt geeignet. Wie bei jedem
Verhaltenstest wird das Tier nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort
mit speziellen Reizen und nur innerhalb einer sehr kurzen Zeit beurteilt, so dass keine
zuverlässige Aussage über das zukünftige Verhalten des Hundes getroffen werden kann.
Ebenfalls problematisch ist die gleiche Bewertung durch unterschiedliche Gutachter, so dass
die Reliabilität des Testes nur bei umfangreicher Schulung der Gutachter gegeben ist
(SCHALKE 2012).
SCHÖNING (2012b) kritisiert die Diskrepanz zwischen juristischer und ethologischer
Fragestellung sowie die fehlende Eindeutigkeit der Begrifflichkeiten, wie „inadäquat
aggressiv“ oder „übersteigert aggressiv“. HIRSCHFELD (2005) folgt der Definition von
FEDDERSEN-PETERSEN (2004) und LINDSAY (2001) und definiert „gestört aggressiv“
49
LITERATUR
als den Wegfall der Eskalationsstufen aggressiven Verhaltens. Nach SCHÖNING (2012b)
bedarf es dafür aber einer umfassenden und genauen Verhaltensanamnese, da Hunde in
bestimmten Kontexten verlernen können, die Eskalationsstufen zu durchlaufen, diese Hunde
aber in ihrem Aggressionsverhalten nicht generell als gestört zu bezeichnen wären. Die
Begriffe „gestört“ oder „inadäquat aggressives Verhalten“ spiegeln vor allem menschliche
Vorstellungen und Werte wider, ohne dass biologisch-ethologische Attribute bestimmter
Verhaltenselemente von Hunden widergegeben werden. Die Diskrepanz zwischen der
juristischen und ethologischen Fragestellung besteht vor allem darin, dass juristisch eine „JaNein-Aussage“ gewünscht ist, das Testergebnis aber immer unter ethologischen
Gesichtspunkten für den individuellen Hund in einem bestimmten Gesamtkontext betrachtet
werden muss, so dass ethologisch eine „Ja-Nein- Aussage“ nicht möglich ist (SCHÖNING
2012b).
50
MATERIAL UND METHODEN
3 MATERIAL UND METHODEN
Wesenstest nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG)
vom 12.Dezember 2002 bzw. vom 26.05.2011
Es wurden sämtliche Wesenstests seit Abschaffung der Rasseliste im Oktober 2003 bis März
2013 ausgewertet. Alle 127 Hunde sind nach dem vom Niedersächsischen Ministerium für
den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen
„Wesenstest nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Halten von Hunden vom 12.
Dezember 2002 bzw. vom 26.05.2011“ (NMELF 2002b, NHundG) getestet worden.
3.1 Erläuterungen zur Durchführung des Wesenstests
Bei der üblichen Durchführung wurden maximal vier Hund-Halter-Gespanne an einem Tag
getestet. Nach einer Allgemeinuntersuchung sowie einem Lerntest erfolgten der HundMensch-, der Hund-Umwelt- sowie der Hund-Hund-Kontakt. Im Anschluss daran wurde noch
der Gehorsam des Hundes überprüft. Ein Test dauerte ungefähr 60 bis maximal 90 Minuten
und enthielt keine längeren Pausen für den Hund. Standen geeignete Testhunde erst zu einem
späteren Zeitpunkt zur Verfügung, wurde der Hund-Hund-Kontakt zeitlich etwas nach hinten
verschoben.
Allgemeinuntersuchung und Lerntest
Der körperliche Zustand eines Hundes beispielsweise aufgrund von organischen Schäden
bzw. Erkrankungen hat immer einen Einfluss auf das gezeigte Verhalten.
Schmerzen sind ein häufiger Auslöser für aggressives Verhalten. Aus diesem Grund ging
jedem Wesenstest eine kurze Allgemeinuntersuchung der Hunde voraus, in der neben
physiologischen Parametern (Herzfrequenz, Atemfrequenz, kapillärer Füllungszeit, Farbe der
Schleimhäute,
Größe
bzw.
Tastbarkeit
der
Lymphknoten)
auch
eine
eventuelle
Schmerzhaftigkeit in der Wirbelsäule untersucht wurde. Ein Lerntest diente der Überprüfung
auf eventuell verabreichte Beruhigungsmittel, die das Lernverhalten eines Hundes
51
MATERIAL UND METHODEN
herabsetzen können. Bei diesem Lerntest (NMELF 2002b) wurde entweder ein Klicker
aufgebaut, ein Targetsticktraining durchgeführt oder aber Hörzeichen auftrainiert. Stellte sich
heraus, dass ein Hund außerdem eine herabgesetzte Frustrationstoleranz aufwies, wurde
zusätzlich ein Frustrationstest durchgeführt (NMELF 2002b).
3.2 Einzelne Situationen
3.2.1 Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontakt
Es wurde immer ein bestimmtes Hund-Halter-Gespann geprüft. Wurde ein Hund im Alltag
durch weitere Personen geführt, so wurden diese ebenfalls abwechselnd an der Durchführung
der Testsituationen beteiligt.
Für jede Testsituation galt (sofern nicht jeweils anders angegeben):
-
Der Hund wurde an einer maximal 2 m langen Leine und einen Stoff- oder
Lederhalsband geführt. Die Länge der Leine sollte während des gesamten Tests
gleich bleiben, damit die Testpersonen sich auf einen entsprechenden
Sicherheitsabstand einstellen konnten.
-
Die Durchführung erfolgte an einem Ort, welcher dem Hund nicht bekannt sein
durfte.
-
In den Situationen 6 bis 13 sowie 22-27 sollte der Halter seinen Hund auf der der
Testperson zugewandten Seite führen. Der direkte Blickkontakt mit dem Hund
sollte vermieden werden. Der Abstand zum Hund musste dabei von der Testperson
in der Größe einer Leinenlänge, inklusive eines eventuellen Ausfallschrittes des
Halters abgeschätzt und eingehalten werden.
-
Es waren keine aversiven Reize weder durch das Halsband (Würger, Stachel),
noch durch Leinenrucken erlaubt.
-
Erfolgte in einer Situation eine vollständige Annäherung des Hundes bis zum
Leinenende, wurde diese Situation erneut mit einer 5 m langen Schleppleine sowie
einen Plastik- oder Drahtmaulkorb wiederholt, um zu beurteilen, welches
Verhalten der Hund bei Annäherung zeigte.
-
Grundsätzlich wurde versucht, den Hund ohne Maulkorb zu beurteilen, um die
optimale Beurteilung des optischen Ausdrucksverhaltens zu ermöglichen.
52
MATERIAL UND METHODEN
-
Der Prüfer muss situationsbezogen abwägen, eine Situation abzubrechen, wenn der
Hund Anzeichen extremer Angst oder extremen Stresses zeigt.
Hund-Mensch-Kontakt
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
1. Der Hundehalter versucht, mit dem
Hund zu spielen, macht optische
Spielaufforderungen.
(„Spiel mit dem Halter“)
Der Halter wird angewiesen, seinen Hund mithilfe seiner Stimme und Körpersprache zum
Spielen zu animieren. Es sollen schnelle Bewegungen und schnelles Anheben der Arme
gezeigt werden. Hilfsmittel dürfen nicht verwendet werden.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
2. Eine Person macht Spielbewegungen vor
dem Hund.
(„Spiel mit fremder Person“)
Hier sollen die gleichen Bewegungsabläufe wie unter 1. durch eine Testperson durchgeführt
werden.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
3. Der Hund wird an einem Pfosten (wie
z.B. vor einem Geschäft) angebunden
und eine Person läuft in ca. 50 cm
Abstand vorbei.
(„Geschäft“)
Für diese Situation sollen alle dem Hund bekannten Personen außer Sicht- und Hörweite des
Hundes verschwinden. Anschließend geht eine Testperson ohne Blickkontakt zum Hund an
diesem vorbei.
53
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
4. Der Hundehalter legt die Hand auf den
Hals/Rücken des Hundes, umfasst den
Fang (zusammen mit freundlichem
Ansprechen des Hundes).
(„ranganmaßende Gesten“)
Diese sogenannten Rang-anmaßenden Gesten sollen durch den Hund akzeptiert werden.
Zunächst werden beide Hände um den Fang gelegt und dieser geschlossen, danach werden
beide Hände im Schulterbereich des Hundes aufgelegt und leichter Druck ausgeübt. Sollte der
Hund dabei aggressives Verhalten zeigen, muss die Situation abgebrochen werden. Alle
Personen, die den Hund führen, müssen diese Gesten bei dem Hund durchführen.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
5. Eine Person nähert sich dem Hund von
vorn und starrt ihn an.
(„Anstarren“)
Diese Situation stellt eine der direkten Bedrohungssituationen dar, in welcher der Hund
durchaus mit aggressivem Verhalten reagieren darf. Aus diesem Grund wurde bei den meisten
Hunden in dieser Situation ein Maulkorb aufgesetzt.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
6. Eine Person in schwarzem Mantel (lang)
und Hut geht vorbei; der Mantel berührt
den Hund.
(„langer Mantel“)
Hund und Halter kommen der Testperson auf einem asphaltierten Weg entgegen. Die
Testperson soll hierbei den Hund nicht anblicken und den Mantel schwingen, der den Hund
möglichst berühren soll.
54
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
7. Eine Person mit Stock tastet sich über
den Weg (Abstand 2 m).
(„Blinder“)
Testperson und Hund-Halter-Gespann gehen aneinander auf dem asphaltierten Weg vorbei.
Dabei soll der Stock von der Testperson von links nach rechts schwenkend über den Boden
geführt werden (wie ein Blindenstock).
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
8. Eine Person kniet vor dem Hund und
streckt die Hand aus, mit Ansprache
(Individualabstand 0,50 m und Leine).
(„Ansprache“)
Die Testperson nähert sich Hund und Halter aus der entgegengesetzten Richtung bis auf
einige Meter vor dem Hund. Dann hockt diese sich seitlich zum Hund hin, spricht den Hund
freundlich an und streckt die Hand aus.
Skalierung
(A)
9. Eine andere Person (mit Krückstock oder
Gehhilfe) humpelt an Hund und
Hundehalter vorbei.
(„Humpeln“)
Die Testperson soll deutlich sichtbar für den Hund humpeln.
55
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
10. Eine Person stolpert beim Passieren des
Hundes in ca. 1 m Entfernung.
(„Stolpern“)
Hier soll eine für den Hund plötzliche Bewegung erfolgen. Dafür muss die Testperson beim
Stolpern tief in die Knie gehen.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
11. Eine Person streift den Hundekörper
beim Passieren.
(„Streifen“)
Die Testperson streift im Vorbeigehen den Hund entweder an Kopf oder Körper mit dem
Handrücken oder dem Bein.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
12. Ein Jogger läuft in beiden Richtungen
vorbei, läuft dabei einmal plötzlich (ohne
Ankündigung) vor dem Hund weg.
(„Jogger“)
Die Testperson startet hinter dem Hund-Halter-Gespann und läuft von hinten an beiden
vorbei, auf Höhe des Hundes beschleunigt diese. Am Ende des asphaltierten Weges kehrt die
Testperson um und läuft jetzt von vorne erneut an Hund und Halter vorbei
56
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
13. Ein „Betrunkener“ torkelt vorbei
(Abstand 2 m).
(„Betrunkener“)
Die Testperson trägt eine zuvor mit Alkohol getränkte Jacke. Damit geht sie Hund und Halter
lallend und torkelnd entgegen.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
14. Eine Gruppe bleibt neben dem Hund
stehen und unterhält sich, der Hund wird
dabei ab und zu leicht berührt (wenn
möglich).
(„Gruppe“)
Das Hund-Halter-Gespann geht auf eine Gruppe von mindestens vier Testpersonen zu. Beide
bleiben stehen und die Gruppe unterhält sich mit dem Halter. Dabei sollen sich die
Testpersonen um Hund und Halter gruppieren und versuchen den Hund zwischendurch zu
berühren.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
15. Einige (4) Personen kommen auf den
Hund zu (nicht Ziel gerichtet) und
bleiben mit Körperberührung neben ihm
stehen (Fahrstuhlsituation)
(„Fahrstuhl“)
Der Halter wird angewiesen, sich mit seinem Hund in eine Ecke des Testgeländes zu stellen.
Anschließend nähern sich vier Personen von vorne (nur von einer Seite) und gruppieren sich
um Hund und Halter.
57
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
16. Eine fremde Person versucht dem Hund
über den Rücken (mit Ansprache) zu
streichen.
(„Berührung im Fahrstuhl“)
Eine der Personen im „Fahrstuhl“ spricht den Hund an und versucht anschließend den Hund
zwischendurch am Rücken zu berühren.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
17. Eine Person weint (Kind).
(„weinende Person“)
Die Testperson hockt sich etwa in der Mitte des Testgeländes hin und weint sehr lautstark mit
kreischender, hoher Stimme. Hund und Halter sollen währenddessen vorbeigehen, der Hund
dabei an der der Testperson zugewandten Seite.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
18. Eine Person liegt am Boden (oder hockt
sich hin) und steht abrupt auf, als Halter
und Hund den Testgang machen
(Abstand 2 m).
(„abruptes Aufstehen“)
Eine Testperson hockt etwa in der Mitte des Testgeländes. Das Hund-Halter-Gespann geht
auf die Testperson zu. Etwa auf Höhe des Hundes springt die Testperson sehr schnell
(plötzliche Bewegung) auf und rennt vor dem Hund weg.
58
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
19. Der Hundehalter spricht freundlich mit
dem Hund und streichelt ihn, während
eine Person diesen beim Passieren
anschreit. Dazu klatscht die Person laut
in die Hände.
(„Klatschen und Schreien“)
Das Hund-Halter-Gespann steht an einer langen Seite des Testgeländes am Zaun. Der Halter
darf seinen Hund streicheln und mit ihm reden. Eine Testperson geht zunächst laut klatschend
an beiden vorbei, am Ende des Weges kehrt diese um und rennt mit hoher, kreischender
Stimme schreiend zurück.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
20. Eine Person schreit den Hund wütend an.
(„Anschreien“)
Der Hund steht mit seinem Halter etwa in der Mitte des Testgeländes. Eine Testperson nähert
sich aus ungefähr 20 Meter Entfernung rasch mit angespannter Muskulatur und nach vorn
gebeugtem Oberkörper an. Dabei wird der Hund wütend angeschrien und direkt angeschaut.
Die Testperson soll in die Leinenlänge des Hundes hineingehen.
Skalierung
(A)
21. Eine Person spricht Hund an.
(„Ansprechen“)
59
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
MATERIAL UND METHODEN
Diese Situation schließt sich unmittelbar an Nummer 20 an. Nach dem Anschreien soll der
Hund durch eine freundliche Ansprache (derselben Testperson wie in 20) sowie seitliches
Hinhocken angesprochen werden und zu einer Kontaktaufnahme angeregt werden.
Hund-Umwelt-Kontakt
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
22. Mehrere Personen bleiben dicht neben
Hund stehen, während ein lärmendes
Gerät vorüber geschoben wird.
(„lärmendes Gerät“)
Die Testperson zieht ein Kinderdreirad oder einen Kindertraktor hinter sich her.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
23. Halter und Hund passieren (sehr eng)
einige bunte Luftballons.
(„Luftballons“)
Die Testperson schwenkt einige aufgeblasene Luftballons und geht damit an dem HundHalter-Gespann vorbei.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
24. Ein Regenschirm wird unmittelbar vor
dem Hund aufgespannt. (Aber nicht als
bedrohende Intentionsbewegung,
vielmehr so, wie es auf der Straße
geschehen kann.)
(„Regenschirm“)
Auf Höhe des Hundes wird ein Regenschirm nach oben aufgespannt. Die Testperson soll
darauf achten, den Schirm nicht auf den Hund zu aufzuspannen.
60
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
25. Ein Ball rollt auf den Hund zu.
(„Ball“)
Die Testperson kommt Hund und Halter entgegen, dabei spielt sie einen Ball vor sich her.
Etwa drei Meter vor dem Hund spielt diese den Ball quer vor dem Hund weg und rennt selber
geradeaus weiter.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
26. Ein Kinderwagen mit Babygeräuschen
wird vorbei geschoben.
(„Kinderwagen“)
Die Testperson schiebt einen Kinderwagen vor sich her, in dem sich eine Puppe und ein
Tonband mit Babygeräuschen befinden.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
27. Ein Fahrrad fährt am Hund vorbei,
dabei ertönt die Fahrradklingel (Abstand
2 m).
(„Fahrrad“)
Die Testperson fährt dem Hund-Halter-Gespann mit einem Fahrrad entgegen. Dabei klingelt
die Testperson immer wieder mit der Fahrradklingel.
61
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
28. Eine Testperson geht auf den Hund zu,
schreit ihn an (ohne Hilfsmittel).
(„Anschreien“)
Eine Testperson kommt Hund und Halter entgegen und schreit dabei den Hund an. Die
Muskulatur der Testperson ist angespannt und es erfolgt ein direkter Blickkontakt.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
29. Eine Person bedroht den Hund mit einem
Stock.
(„Bedrohung mit Stock“)
Eine Testperson kommt dem Hund-Halter-Gespann entgegen, hält einen Besenstiel in den
Händen und bedroht mit erhobenem Stock im Vorbeigehen den Hund. Dabei erfolgt ein
direkter Blickkontakt.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
30. Eine Person geht mit einem brennenden
Feuerzeug auf den Hund zu.
(„Feuerzeug“)
Im Abstand von circa 30 Zentimetern zum Hund wird einige Male ein Feuerzeug gezündet.
62
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
31. Ein Schrubber macht Geräusche auf dem
Boden.
(„Schrubber“)
Die Testperson schrubbt mit einem Schrubber den asphaltierten Weg, während Hund und
Halter daran vorbeigehen. Der Hund soll dabei auf der Seite des Schrubbers gehen.
3.2.2 Hund-Hund-Kontakt
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
32. Ein bellender Hund steht vor dem
Hundehalter und dem Hund (Abstand
2m).
Diese Situation wurde in der Regel nicht durchgeführt, da eine solche Situation für die
meisten Testhunde zu belastend gewesen wäre.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
33. Zwei Hunde passieren den Prüfling (gut
sozialisierte Hündin, gut sozialisierter
Rüde Abstand etwa 2 m).
Hierbei sollten sowohl der zu begutachtende Hund als auch der Testhund mit ihrem Halter
bzw. Hundeführer aufeinander zugehen. Beide Hunde sollen der dem anderen Hund
zugewandten Seite gehen. Die Hunde dürfen keinen Kontakt haben, sondern lediglich
aneinander vorbeigehen.
63
MATERIAL UND METHODEN
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
34. Unmittelbar danach: der Halter stolpert
und berührt dabei den Hund.
Diese Situation wurde nur durchgeführt, wenn der Hund in Situation Nr. 33 aggressives
Verhalten gezeigt hat.
Skalierung
(A)
Bemerkungen
(Beschreibung des
Ausdrucksverhaltens)
35. Konfrontation mit einem
gleichgeschlechtlichen Hund hinter
einem Zaun.
Hund und Halter sollen am Zaun auf und ab gehen, während ein gleichgeschlechtlicher
Testhund mit seinem Halter in der jeweils entgegengesetzten Richtung am Zaun geht. Der
Abstand muss vom Prüfer der Situation entsprechend im Hinblick auf den Stresslevel des
Testhundes angepasst werden.
3.2.3 Gehorsam
Im Freilauf neben dem Testgelände wurden die Befehle „Sitz“, „Platz“ und „Komm“
abgefragt. Es wurde notiert, wie viele Wiederholungen nötig waren, bis der Hund den Befehl
befolgt hatte. Anschließend warf eine Testperson einen Ball und es wurde getestet, ob der
Halter gegebenenfalls in der Lage war, seinem Hund den Ball wieder abzunehmen.
3.3 Bewertungssystematik
Zur Bewertung wurde das Skalierungssystem des „Niedersächsischen Wesenstests für
Hunde“ (ML 2003) verwendet.
64
MATERIAL UND METHODEN
3.3.1 Skalierung
Das Skalierungssystem erfasst das Verhalten des Hundes in einer von sieben
Verhaltenskategorien. Diese beziehen sich nur auf aggressives Verhalten in seinen
Eskalationsstufen. Die sieben Skalierungen zeigt Tabelle 3.1
Tabelle 3.1: Erläuterung der Skalierung nach dem NHundG vom 26.05.2011
Bewertung:
(modifiziert nach Netto, W. J. und Planta, D. J. U. (1997)
Skalierungssystem für die Reaktionen:
1.
Keine aggressiven Signale beobachtet (z. B. Hund zeigt Meide- oder Angstverhalten)
(s. Anhang „Ausdrucksverhalten“).
2.
a) Akustische Signale (Knurren und/oder tiefes Bellen/Fauchen/Schreifauchen)
b) Optische Signale (Zähneblecken, Drohfixieren u. a. mit oder ohne Knurren
und/oderBellen u. a.),
dabei bleibt der Hund stationär oder befindet sich im Rückzug.
3.
Schnappen (Beißbewegungen aus einiger Entfernung), mit oder ohne Knurren und/oder Bellen
und/oder Zähneblecken, Drohfixieren u. a. Drohsignale mimisch bzw. im Körperbereich
dabei bleibt der Hund stationär oder befindet sich im Rückzug.
4.
Wie 3. aber mit unvollständiger Annäherung (Stehenbleiben in einer gewissen Distanz).
Dabei ist darauf zu achten, ob der Hund selbst stoppt oder durch die Leine gestoppt wird.
5.
Beißen (Beißversuche) oder Angreifen (Angriffsversuche: Annäherung bei hoher
Geschwindigkeit und Zustoßen; mit Knurren und/oder Bellen und/oder Zähneblecken).
6.
Wie 5., aber ohne mimische oder lautliche Signale.
7.
Wie 6., aber: Beruhigung des Tieres nach Eskalation ist erst nach über 10 Minuten zu
beobachten.
3.3.2 Inadäquates/übersteigert aggressives Verhalten
Im Gutachten wurde abschließend bewertet, ob ein Hund in den Situationen des Wesenstests
„inadäquat bzw. gestört aggressives Verhalten“ gezeigt hat. Grundlage für eine solche
Bewertung war das Verhalten des Hundes in den jeweiligen Situationen. Das Verhalten gilt
als inadäquat, wenn der Hund in einer „Alltagssituation“ mit der Skalierung „5“ reagiert. Als
gestört aggressives Verhalten wird Verhalten der Skalierung „6“ oder „7“ bezeichnet. Das
65
MATERIAL UND METHODEN
Gutachten enthielt dann außerdem eine Empfehlung bezüglich des weiteren Vorgehens
(eventuelle Therapieempfehlung oder Leinen- bzw. Maulkorbzwang).
3.4 Datenaufnahme
Alter, Rasse sowie der zugrundeliegende Beißvorfall des jeweiligen Hundes wurden den
Fragebögen entnommen, welche die Halter vor dem Wesenstest ausfüllen mussten. Während
des Tests notierten die Prüfer bereits schriftlich das beobachtete Ausdrucksverhalten mittels
des Skalierungssystems (siehe Kapitel III 1.2 Bewertungssystematik). Alle Situationen des
Wesenstests wurden mit einer Videokamera gefilmt. Auf allen Aufnahmen sollte die
Gesamtsituation inklusive des Ausdrucksverhaltens des Hundes, Halter und den beteiligten
Testpersonen/Testhunden erkennbar sein.
3.5 Beurteilung der Hunde
Als Prüfer sowie Begutachter fungierte in der Regel jeweils ein Tierarzt des Instituts für
Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde) der Tierärztlichen Hochschule
Hannover. Seit Oktober 2003 waren insgesamt vier Tierärztinnen beteiligt. Nach dem Test
erfolgte eine zweite Beurteilung des Hundes anhand der Videoaufnahmen und darauf
beruhend die Formulierung des schriftlichen Gutachtens.
3.6 Auswertung der Daten
Die Wesenstests, die für diese Arbeit relevant waren, wurden mit FileMaker Pro 5.0Dv1 in
eine Datenbank übertragen (Filter: Jahr sowie vorhandenes Gutachten). Die relevanten
Gutachten wurden aus dem Archiv des Instituts für Tierschutz und Verhalten der
Tierärztlichen Hochschule Hannover aussortiert und die Daten mithilfe von Microsoft Excel
(Version 2010) visualisiert. Die Prüfung auf statistische Signifikanz wurde mithilfe des
Fisher’s Exakt Test durchgeführt. Es galt:
66
MATERIAL UND METHODEN
p < 0,1 *
signifikant
p < 0,05 **
hochsignifikant
p < 0,001*** höchstsignifikant
67
ERGEBNISSE
4 ERGEBNISSE
4.1 Die Hunde
4.1.1 getestete Hunderassen
Dargestellt ist der Anteil der einzelnen Rassen der insgesamt 127 getesteten Hunde:
Abb. 4.1 Rasseanteile gesamt
xx: Australian Shepherd, Labrador Retriever, Staffordshire Bullterrier, Hovawart,
Rauhaardackel, Dobermann, Altdeutscher Schäferhund, Bordeauxdogge,
x: kl. Münsterländer, Irish Setter, Deutsch Drahthaar, Deutsch Kurzhaar, Neufundländer,
Shar-Pei, Akita Inu, Mops, Perro De Presa Canario, Deutscher Jagdterrier, Malinois, KerryBlue Terrier, Kuvasz, Boxer, Jack-Russel Terrier, Englische Bulldogge, Französische
Bulldogge, Weimaraner, Kangal, Husky, Dogo Canario, Rhodesian-Ridgeback
68
ERGEBNISSE
Der weitaus überwiegende Anteil (41,8 %) der Hunde waren Mischlinge, die
höchstsignifikant (Fisher’s exakt Test: p = 0,0001) häufiger vertreten waren, als sämtliche
andere Hunderassen. Insgesamt waren Hunde aus 35 verschiedenen Rassen vertreten.
Den mittleren Teil (6-7 %) bildeten Hunde der Rassen Rottweiler, Deutscher Schäferhund
sowie American-Staffordshire Terrier. Mit etwa 2 % folgten Hunde der Rassen PitbullTerrier, Staffordshire-Bullterrier, Australian Shepherd, Hovawart, Dobermann, Altdeutscher
Schäferhund, Bordeauxdogge sowie Rauhaardackel. Mit fast 1 % waren die unter xx (siehe
Abb. 4.1) gelisteten Rassen vertreten. Zwischen der Häufigkeit des Vorkommens der
einzelnen Rassen bestand kein signifikanter Unterschied (Fisher’s exakt Test: p > 0,01).
4.1.2 Einteilung in Kategorien modifiziert nach RÄBER (1995)
a) Einteilung in Rassekategorien
RÄBER (1995) folgend wurden die vetretenen Rassen in Kategorien eingeteilt. Abweichend
von RÄBER (1995) wurde die Kategorie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde gebildet, in die
verschiedene
Rassen
eingeordnet
wurden,
die
ursprünglichen Verwendungszweckes aufwiesen.
Aus den folgenden Kategorien waren Rassen verteten:
Tabelle 4.1: Rassekategorien
Rassekategorie
Kennzeichnung
Bauern-, Hirten- und Treibhunde
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
Hütehunde
Jagdhunde
bullartige Terrier
Doggenartige
Mischlinge
Terrier
Spitze/Nordische Hunde
Gesellschafts- u. Begleithunde
69
Gemeinsamkeiten
hinsichtlich
des
ERGEBNISSE
b) Zuordnung zu Rassekategorien
Die vertretenen Hunderassen der insgesamt 35 Rassen wurden einer der 9 Kategorien
zugeordnet.
I Bauern-, Hirten- und Treibhunde
-
Rottweiler, Deutscher Schäferhund, Altdeutscher Schäferhund, Hovawart,
Malinois, Neufundländer, Bernhardiner, Dobermann, Shar Pei, Kuvasz, Kangal
II Hütehunde
-
Australian Shepherd
III Jagdhunde
-
Kleiner Münsterländer, Irish Setter, Deutsch Drahthaar, Deutsch Kurzhaar,
Weimaraner, Rauhaardackel, Golden Retriever, Labrador Retriever, Rhodesian
Ridgeback
IV bullartige Terrier
-
Staffordshire Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Pitbull Terrier
V Doggenartige
-
Boxer, Bordeaux Dogge, Perro de Preso Canario, Dogo Canario, Englische
Bulldogge
VII Terrier
-
Kerry-Blue Terrier, Jack-Russel Terrier, Deutscher Jagdterrier
VIII Spitze und Nordische Hunde
-
Akita Inu, Husky
IX Gesellschafts- und Begleithunde
-
Mops, Französische Bulldogge
Folgende Mischlinge (VI) waren vertreten:
-
Labrador-Mischling
(8),
Labrador-Boxer-Mischling
Labrador-Deutscher-Schäferhund-Mischling
(2),
Labrador-Dogge-Mischling,
(2),
Labrador-
Münsterländer-Mischling , Labrador-Setter-Mischling, Labrador-RiesenschnauzerMischling
70
ERGEBNISSE
-
Golden-Retriever-Mischling, Golden-Retriever-Labrador-Mischling (2), GoldenRetriever-Deutsch-Kurzhaar-Mischling
-
Deutscher
Schäferhund-Mischling
Mischling
(2),
(3),
Schäferhund-Berner-Sennenhund-
Schäferhund-Bordercollie-Mischling,
Schäferhund-Boxer-
Mischling, Schäferhund-Husky-Mischling
-
Rottweiler-Mischling,
Rottweiler-American-Staffordshire-Terrier-Mischling,
Pitbull-Rottweiler-Mischling, Rottweiler-Dobermann-Mischling
-
Boxer-Mischling (2), Alano-Mischling, Bardino-Mischling
-
American-Staffordshire-Terrier-Mischling (3), Staffordshire-Bullterrier-LabradorMischling, Staffordshire-Bullterrier Mischling, Pitbull Terrier Mischling
-
Pudel-Mischling, Dalmatiner-Mischling
-
Australian-Shepherd-Mischling (2), Bordercollie-Mischling (3), RhodesianRidgeback Mischling (2), Münsterländer-Drahthaar-Mischling
-
Mischling (> 30kg)
Abb. 4.2 Verteilung der Rassen auf die Rassekategorien nach Tab. 4.1
71
ERGEBNISSE
Die Kategorie der Mischlinge stellte den überwiegenden Teil der getesteten Hunde dar
(41,7 %) Fast ein Viertel der getesteten Hunde enstammte der Kategorie „Bauernhunde,
Hirtenhunde, Treibhunde“. Zwischen 10 % und 12 % bildeten die Kategorien der
„Jagdhunde“ sowie der „bullartigen Terrier“. Hunde der Kategorie der „Doggenartigen“
waren zu etwa 5 % vertreten, wohingegen Hunde der Kategorien „Terrier“; „Hütehunde“;
„Spitze und Nordische Hunde“ sowie „Gesellschafts- und Begleithunde“ zu etwa 2 %
vertreten waren.
Der Rassekategorie-Vergleich untereinander zeigt folgendes: Hunde der Kategorie „Bauern-,
Hirten- und Treibhunde“ waren höchstsignifikant häufiger (p = 0,0001) als „Doggenartige“,
hochsignifikant häufiger als „bullartige Terrier“ (p = 0,0023) sowie hochsignifikant häufiger
als „Jagdhunde“ (p = 0,01) vertreten. Gleichwohl waren auch die Mischlinge hochsignifikant
(p = 0,005) häufiger vertreten als „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“.
4.2 Hunde mit inadaquat aggressiven Verhalten/gestört aggressivem Verhalten („BHunde“)
Hunde,
die
ein
inadäquat
aggressives
Verhalten
(Skalierung
„5“
in
„Nichtbedrohungssituationen“) oder ein gestört aggressives Verhalten (Skalierung „6“ oder
„7“) zeigten, werden im folgenden nur noch als „B-Hunde“ bezeichnet. Der Anteil dieser
Hunde an der Gesamtanzahl betrug 21,3 % (27 von 127 Hunden). Keiner der Hunde wurde
mit „7“ bewertet, im folgenden wird daher als gestört aggressives Verhalten ausschließlich
Verhalten der Skalierung „6“ bezeichnet.
Die folgende Abbildung stellt den Anteil der „B-Hunde“ an der jeweiligen Gesamtzahl der
Hunde in den einzelnen Kategorien (nach 4.1.2) dar:
72
ERGEBNISSE
Abb. 4.3 Anteil der B-Hunde an der Gesamtzahl (127)
Es fällt auf, dass sowohl aus der Kategorie der Mischlinge, als auch aus der der „Bauern-,
Hirten- und Treibhunde“ jeweils etwa 8 % B-Hunde vertreten waren, der relative Anteil
derjenigen aus der Kategorie der„Bauern-, Hirten und Treibhunde“ aber aufgrund der
geringeren Gesamtanzahl höher war. Der Anteil der „bullartigen Terrier“ an der Anzahl der
B-Hunde betrug ca. 3 %, wobei die Gesamtanzahl dieser Kategorie nur etwa 9 % betrug. Die
Gesamtzahl der „Jagdhunde“ war mit ca. 13 % etwas höher als der der „bullartigen Terrier“,
der Anteil der B-Hunde war jedoch nur etwa halb so groß (1 %). Die „Terrier“ sowie die
„Hütehunde“ trugen ebenso ca. 1 % zu den B-Hunden bei, wobei deren Gesamtanzahl mit ca.
2 % deutlich geringer war.
73
ERGEBNISSE
Betrachtet man die einzelnen Rassen der B-Hunde, ergibt sich folgende Aufteilung:
Abb.4.4 Anteil der einzelnen Rassen an B-Hunden
Legende
xx: Altdeutscher Schäferhund, Dobermann, Australian Shephard, Hovawart, Weimaraner
x: Shar Pei, Deutscher Jagdterrier, Malinois, Mischling
Den größten Anteil bildeten die Mischlinge (knapp 8 %), während nur ungefähr ein Viertel
davon, mit jeweils ca. 2 %, Hunde der Rassen „Rottweiler“, „American-Staffordshire-Terrier“
sowie „Deutscher Schäferhund“ waren. Bei knapp 1 % der B-Hunde handelte es sich um
Pitbull-Terrier sowie Hunde bezeichnet mit xx bzw. x. in Abbildung 4.4.
Dieser Anteil der B-Hunde muss jedoch auch relativ zur Gesamtzahl der Hunde in der
jeweiligen Kategorie betrachtet werden. Aus diesem Grund zeigt Abbildung 4.5 den Anteil
der „B-Hunde“ an der jeweiligen Kategorie:
74
ERGEBNISSE
Abb. 4.5: Anteil der B-Hunde an der jeweiligen Kategorie
Hierbei wird deutlich, dass die B-Hunde der Kategorie Mischlinge anteilig nur an dritter
Stelle stehen, da sie etwa 19 % aller Mischlinge ausmachten. Im Vergleich dazu betrug der
relative Anteil der B-Hunde an den Kategorien „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ sowie
„bullartige Terrier“ jeweils ungefähr ein Drittel, während es bei den „Jagdhunden“ nur etwa
7 % waren.
Im folgenden (Abbildung 4.6) ist der Anteil der jeweiligen Rassekategorie an der Gesamtzahl
der B-Hunde (27) dargestellt:
75
ERGEBNISSE
Abb. 4.6 Anteil der B-Hunde der einzelnen Kategorien an der Gesamtzahl der B-Hunde
Hieraus wir sichtbar, dass die Mischlinge und die Kategorie der „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“ zusammen fast drei Viertel aller Hunde (74 %) mit inadäquat aggressivem bzw.
gestört aggressivem Verhalten ausmachten. Die bullartigen Terrier stellen die dritthäufigste
Kategorie dar, während von den „Jagdhunden“, den „Terriern“ sowie den „Hütehunden“
jeweils nur ein Hund inadäquat/gesteigert aggressives Verhalten zeigte.
Die folgende Tabelle listet die einzelnen Rassevertreter mit der absoluten Zahl in den
jeweiligen Kategorien auf, die inadäquat-aggressives Verhalten zeigten.
(A-Hunde: Hunde ohne inadäquat/gesteigert aggressives Verhalten)
76
ERGEBNISSE
Tab. 4.2 Übersicht B-Hunde
B-Hunde
Kategorie nach Räber
(mod.)
Mischlinge
Bauernhunde,
Hirtenhunde,
Treibhunde
Jagdhunde
bullartige Terrier
Terrier
Hütehunde
Fasst man den
Rassen
Absolute Gesamtzahl
Zahl
(A+B
Hunde)
1
2
1
1
Labrador-DSH1-Mischling
Rottweiler-American-Staffordshire-TerrierMischling
Boxer-Mischling
Labrador-Mischling
DSH-Mischling
American Staffordshire-Terrier-Mischling
Berner-Sennenhund-Schäferhund-Mischling
Australian Shepherd-Mischling
Schäferhund-Husky-Mischling
Pitbull-Terrier-Mischling
1
1
1
1
1
1
1
1
3
15
3
2
2
1
1
1
Hovawart
1
2
Deutscher Schäferhund+Altdeutscher
Schäferhund
Rottweiler
Dobermann
Shar-Pei
Malinois
Weimaraner
American-Staffordshire-Terrier
Pitbull-Terrier
Deutscher Jagdterrier
Australian Shepherd
3
10
3
1
1
1
1
3
1
1
1
9
2
1
1
2
7
3
1
2
„Deutschen Schäferhund“, den „Altdeutschen Schäferhund“ sowie den
Malinois (Belgischer Schäferhund) unter „Schäferhunde“ zusammen, ergibt sich folgende
anteilige Darstellung der Kategorie der „Bauern-, Hirten-und Treibhunde“:
1
DSH: Deutscher Schäferhund
77
ERGEBNISSE
Abb. 4.7: anteilige Darstellung der Rassen aus der Kategorie „Bauern-, Hirten- Treibhunde“
(nur B-Hunde)
Betrachtet man den Anteil der jeweiligen Rasse aus dieser Kategorie an der Gesamtzahl der
Hunde der jeweiligen Rasse, ergibt sich folgendes:
Von den Rottweilern zeigten 33,4 % aller Rottweiler ein inadäquat aggressives Verhalten
bzw. gestört aggressives Verhalten, während von den Schäferhunden fast 40 % (36,4 %) unter
die „B-Hunde“ fielen. Unter den Hunden der Rassen „Dobermann“ sowie „Hovawart“ waren
jeweils nur zwei Vertreter bei einem Wesenstest an der Tierärztlichen Hochschule seit 2003;
von denen jeweils ein Hund inadäquates/gestört aggressives Verhalten zeigte. Aus der Rasse
„Shar Pei“ war ein Hund seit 2003 bei einem Wesenstest an der Tierärztlichen Hochschule,
der zugleich auch mit der Skalierung „6“ bewertet worden war.
78
ERGEBNISSE
Für die Mischlinge aus dieser Kategorie ergibt sich folgende Übersicht (Tab. 4.4):
Tab. 4.3 B-Hunde der Kategorie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde
Rottweiler-
Gesamtzahl (abs.)
„B-Hunde“ (abs.)
4
1
9
4
0
0
Mischlinge
SchäferhundMischlinge
DobermannMischling
Tab. 4.4 Rassen und Mischlinge aus der Kategorie „Bauern-. Hirten- und Treibhunde
gesamt „B-Hunde“
Rottweiler und Mischlinge
13
4
20
8
5
3
38
15
30 %
40 % (der Kategorie)
(abs.)
Schäferhunde und Mischlinge
(abs.)
Hovawart, Dobermann und Shar
Pei (abs.)
Gesamtzahl („Bauernhunde“,
inkl. Mischlinge)
Anteil an Gesamtzahl aller
Hunde
56 % (der B-Hunde)
12 % (der Gesamtzahl)
Inklusive der Mischlinge entstammten fast ein Drittel (30 %) aller Hunde und über die Hälfte
(56 %) aller B-Hunde der Kategorie „Bauern-, Hirten- Treibhunde“. Der Anteil der Hunde
mit inadäquat aggressivem bzw. gestört aggressivem Verhalten an der Gesamtzahl in dieser
Kategorie betrug knapp 40 % und entsprach anteilig an der Gesamtzahl der Hunde etwa 12 %.
79
ERGEBNISSE
4.2.1 Kategorie „bullartige Terrier“ inklusive Mischlinge
Sieben American-Staffordshire-Terrier, drei Pitbull-Terrier sowie zwei StaffordshireBullterrier waren insgesamt vertreten, davon zeigten drei American-Staffordshire-Terrier, ein
Pitbull-Terrier und kein Staffordshire-Bullterrier inadäqat aggressives bzw. gestört
aggressives Verhalten.
Unter den insgesamt 53 Mischlingen waren drei Amercian-Staffordshire-Terrier-Mischlinge,
ein Pitbull-Terrier-Mischling sowie drei Staffordshire-Terrier-Mischlinge, davon zeigten
jeweils ein American-Staffordshire-Terrier-Mischling sowie ein Pitbull-Terrier-Mischling
inadäquat aggressives/gestört aggressives Verhalten.
Tab. 4.5 B-Hunde der Kategorie „bullartige Terrier“
Gesamtzahl
Zahl „BHunde“
7
3
Staffordshire-Bullterrier
2
0
Pitbull-Terrier
3
1
American-Staffordshire-
3
1
3
0
1
1
American-StafforshireTerrier
Terrier-Mischling
Staffordshire-BullterrierMischling
Pitbull-Terrier-Mischling
Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der „bullartigen Terrier“ inklusive deren Mischlingen
in der Summe:
80
ERGEBNISSE
Tab. 4.6 einzelne Rasseverteter der „bullartigen Terrier“ inkl. Mischlingen
American-Staffordshire-
gesamt
„B-Hunde“
10
4
5
0
4
2
19
6
15%
32% (der „bullartigen Terrier)
Terrier und Mischlinge (abs.)
Staffordshire-Terrier und
Mischlinge (abs.)
Pitbull-Terrier und
Mischlinge (abs.)
Gesamtzahl (bullartige
Terrier, inkl. Mischlinge)
Anteil an Gesamtzahl aller
Hunde
22% (der B-Hunde)
5% (der Gesamtzahl)
Vertreter der „bullartigen Terrier“ und deren Mischungen waren somit zu insgesamt 15 %
vertreten und fast ein Viertel aller Hunde mit inadäquat/gestört aggressivem Verhalten waren
Hunde aus dieser Kategorie. An der Gesamtzahl der Hunde in den Wesenstests seit Oktober
2003, entsprach der Anteil der „bullartigen Terrier“ daher etwa 5 %.
Verglichen damit betrug der Anteil der B-Hunde aus der Kategorie der „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“ an allen B-Hunden (56 %) sowie an der Gesamtzahl aller Hunde (12 %) jeweils
mehr als das doppelte des Anteils der B-Hunde der „bullartigen Terrier“ (22 % bzw. 5 %).
Hunde der Kategorie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ waren signifikant häufiger unter
allen 27 B-Hunden und höchstsignifikant häufiger unter allen 127 getesteten Hunden
vertreten, als „bullartige Terrier“.
4.2.2 Art des Vorfalls
Die folgende Tabelle zeigt den Grund der Vorstellung zum Wesenstest aller Hunde. Hierbei
wurden Hunde, die mit inadäquat bzw. gestört aggressivem Verhalten reagiert hatten,
gesondert betrachtet (siehe Spalte „B-Hunde“ der Tabelle 4.7)
81
ERGEBNISSE
Tab. 4.7 Art des Vorfalls (alle Hunde)
Mensch
Hund gebissen
nicht bekannt
ohne Vorfall sonstiges
41 (41%)
34 (34%)
16 (16%)
6 (6%)
3 (3%)
17 (63%)
5 (18,5%)
5 (18,5%)
0
0
gebissen
A-Hunde
(n=100)
B-Hunde
(n=27)
Bei den drei Vorfällen in der Spalte „sonstiges“ handelte es sich um das Töten eines Schafes
bzw. einer Katze sowie das Hetzen eines Rehs. Es fällt auf, dass unter den B-Hunden deutlich
mehr als die Hälfte (63 %) in der Vergangenheit einen Menschen gebissen hatten. Betrachtet
man den relativen Anteil der Hunde, die einen Menschen gebissen haben und im Test
vorgestellt worden sind, so zeigten circa 30 % (17 von 58 Hunden) dieser Hunde hierbei
inadäquat oder gestört aggressives Verhalten. Unter den Hunden, die aufgrund einer
Hundebeißerei vorgestellt worden sind, reagierten im Vergleich dazu nur etwa halb so viele
Hunde (5 von 39 Hunden; 12,8 %) mit inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten. Es
zeigten somit signifikant mehr Hunde inadäquat oder gestört aggressives Verhalten, die zuvor
aufgrund Beißverhaltens gegenüber Menschen aufgefallen waren (Fisher’s exakt Test: p =
0,08). Insgesamt gingen in fast der Hälfte der Fälle (46 %) Bisse von Menschen der
Vorstellung der Hunde zum Wesenstest an der Tierärztlichen Hochschule seit Oktober 2003
voraus. In fast einem Viertel dieser Fälle (14 von 58 Fällen) handelte es sich bei dem Opfer
um ein Kind. Ungefähr 30 % der Hunde hatten im Vorfeld einen Hund gebissen und bei fast
17 % war der zugrundeliegende Vorfall nicht bekannt. In 6 % der Fälle ging der Vorstellung
zum Wesenstest kein Vorfall voraus, sondern es handelte sich um gelistete Hunde aus anderen
Bundesländern, für die mithilfe des Wesenstests eine Steuerbefreiung erwirkt werden sollte.
Von den 17 Hunden mit inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten, bei denen im Vorfeld
ein Mensch gebissen worden war, zeigten ungefähr die Hälfte (8 Hunde) auch oder
ausschließlich gestört aggressives Verhalten, reagierten also mit Beißen ohne vorheriges
Drohverhalten.
82
ERGEBNISSE
4.2.3 Geschlechtervergleich
Die folgende Tabelle (Tab. 4.8) zeigt die Anzahl der untersuchten männlichen und weiblichen
Hunde, zusätzlich gruppiert nach A (kein inadäquat/gestört aggressives Verhalten) und B
(inadäquat aggressives Verhalten).
Tab. 4.8 Geschlechtsunterschiede
Geschlechts- A-Hunde
% (A)
B-Hunde
% (B)
%
% (B)
unterschiede (abs.)
n= 126
(abs.)
n= 126
(A+B)
n=
n = 126
n(A)+n(B)
Rüden
60
47,6
22
17,5
65,1
26,8
Hündinnen
39
31
5
4
34,9
11,4
Im Test waren somit höchstsignifikant mehr Rüden als Hündinnen vertreten (Fisher’s exakt
test: p = 0,0001) und der Anteil der Rüden (26,8 %) mit inadäquat/gestört aggressivem
Verhalten an der Gesamtzahl aller Rüden (n = 82) war signifikant höher als der Anteil von
Hündinnen (11,4 %) mit inadäquat/gestört aggressivem Verhalten (Fisher’s exakt Test:
p = 0,07) an der Gesamtzahl aller Hündinnen (n = 44).
83
ERGEBNISSE
Abb. 4.8: Geschlechtervergleich, m = männlich, w = weiblich
Betrachtet man den zugrundeliegenden Vorfall (Grund der Vorstellung beim Wesenstest)
zeigt sich folgendes Bild:
Abb. 4.9 Vergleich der Geschlechter anhand des zugrundeliegenden Vorfalls
Unter den untersuchten Hunden, die zuvor einen oder mehrere Menschen gebissen hatten,
waren höchstsignifikant mehr Rüden (Fisher’s exakt Test, p = 0,005) als Hündinnen vertreten.
84
ERGEBNISSE
Im Gegenzug waren hochsignifikant mehr Hündinnen als Rüden im Vorfeld in eine
Hundebeißerei verwickelt (Fisher’s exakt Test, p = 0,015).
4.2.4 Altersvergleich
Für einen Vergleich des Alters der untersuchten Hunde wurden alle Hunde in zwei
Kategorien- Hunde mit einem Alter von über drei Jahren, sowie unter drei Jahren eingeteilt,
wie die folgende Tabelle zeigt:
Tab. 4.9 Altersvergleich, n= 126 (ein Hund mit fehlender Altersangabe)
Altersunterschiede A-Hunde % (A)
(abs.)
B-Hunde % (B)
n= 126 (abs.)
% (A+B) % (B)
n= 126 n = 126
n=
n(A)+n(B)
<3 Jahre
18
14,3
3
2,4
16,7
14,3
>3 Jahre
81
64,3
24
19,0
83,3
22,9
Zur besseren Visualisierung dient die Abbildung 4.10:
Abb. 4.10: Altersvergleich, < 3 = unter drei Jahren, > 3 = größer oder gleich 3 Jahren
85
ERGEBNISSE
Hunde im Alter von über drei Jahren (n = 105, 83,3 %), waren höchstsignifikant häufiger
vertreten (Fisher’s exakt Test: p < 0,0001), als Hunde unter drei Jahren (n = 21, 16,7 %).
Zwischen dem Anteil von Hunden unter drei Jahren mit inadäquat/gestört aggressivem
Verhalten an der Gesamtzahl aller Hunde unter drei Jahren und dem Anteil „B-Hunden“ von
über drei Jahren gab es keinen signifikanten Unterschied (Fisher’s exakt Test: p = 0,3).
4.3 Höchste erreichte Skalierungen
In Anlehnung an MITTMANN (2002) wurden die untersuchten Hunderassen auf ihre
maximal erhaltene Bewertungsskalierung analysiert.
Die Abbildung 4.11 gibt eine Übersicht dieser Analyse in den Skalierungen 1-6:
Abb. 4.11 maximal erhaltene Skalierung
Fast 40 % der untersuchten Hunde wurden höchstens mit „2“ bewertet, zeigten also maximal
Drohverhalten (optisch oder akustisch) ohne Annäherung. Fast ein Drittel der Hunde zeigte
86
ERGEBNISSE
gar keine aggressiven Signale (Skalierung 1) und ungefähr ein Viertel aller Hunde wurden
entweder höchstens mit „5“ (14 % der Hunde) oder „6“ (12 % der Hunde) bewertet.
Hunde ohne aggressive Signale (nur Skalierung 1) waren hochsignifikant häufiger vertreten,
als Hunde, die einen aggressiven Angriff mit vollständiger Annäherung (mindestens
Skalierung 5) zeigten (Fisher’s exakt Test: p = 0,0016). Stellt man die Summe der Hunde mit
der maximalen Skalierung „1“ und „2“ derjenigen aus „5“ und „6“ gegenüber, so ergibt sich
ein höchstsignifikant häufigeres Zeigen von neutralem bzw. Meideverhalten sowie reinem
Drohverhalten (89 Hunde, 70,1 %) gegenüber einer vollständigen aggressiven Annäherung
(18 Hunde, 14,2 %) (Fisher’s exakt Test: p = 0,0001).
4.3.1 Höchste erreichte Skalierung 1
Insgesamt zeigten 40 der insgesamt 127 Hunde keine aggressiven Signale, erhielten also
maximal die Skalierung „1“ als Bewertung im gesamten Wesenstest.
Aufgeführt sind hier die einzelnen Rassekategorien, die mit maximal „1" bewertet wurden
Tab. 4.10 Hunde mit Skalierung “1“
Rassekategorie
Hütehunde
Spitze und Nordische Hunde
Gesellschafts-u.
Begleithunde
Terrier
Doggenartige
bullartige Terrier
Jagdhunde
Bauernhunde, Hirtenhunde,
Treibhunde
Mischlinge
Gesamtzahl
a
max.
Skalierung 1
(abs.)
2
2
2
1
0
3
7
12
17
31
49
87
%
an Skalierung 1
n=40
%
an
Rassekategorie
(n=a)
2,5
50
0
0
2
0
4
6
9
5
0
10
15
22,5
100
0
57,1
50
52,9
8
11
20
27,5
25,8
22,4
ERGEBNISSE
Ungefähr ein Viertel der Hunde ohne aggressive Signale im Wesenstest waren Mischlinge
(27,5 %), der Rest setzte sich zusammen aus 20 % „Bauern-, Hirten- und Treibhunden“ , ca.
20 % „Jagdhunden“ sowie 15 % „bullartigen Terriern“ und etwa 10 % „Doggenartigen“.
Unter den 40 Hunden ohne aggressives Verhalten waren außerdem 5 % „Gesellschafts- und
Begleithunde“ sowie halb so viele (2,5 %) „Hütehunde“. Aus der Kategorie „Terrier“ sowie
„Spitze und Nordische Hunde“ waren keine Hunde vertreten, die maximal mit der Skalierung
„1“ bewertet wurden, es zeigten somit alle Hunde aus diesen Kategorien aggressive Signale.
Interessanter ist der Anteil der Hunde mit der maximalen Bewertung „1“ an der jeweiligen
Rassekategorie, den Abbildung 4.12 zeigt:
Abb. 4.12: Anteil der Hunde mit der maximalen Skalierung „1“ an der jeweiligen
Rassekategorie.
Hieraus wird ersichtlich, dass alle Vertreter der „Gesellschafts- und Begleithunde“
ausschließlich mit „1“ bewertet wurden, somit keinerlei aggressives Verhalten zeigten. Mehr
als die Hälfte aller „Doggenartigen“ zeigte zu keinem Zeitpunkt aggressive Signale. Jeweils
die Hälfte aller „Hütehunde“ sowie der „bullartigen Terrier“ und etwas mehr als die Hälfte
aller „Jagdhunde“ wurde nur mit „1“ bewertet, während dies bei den Mischlingen sowie den
„Bauern-, Hirten- und Treibhunden“ nur ungefähr ein Viertel aller Hunde waren. Alle
88
ERGEBNISSE
Vertreter der „Doggenartigen“, der „bullartigen Terrier“ sowie der „Jagdhunde“ zeigten
höchstsignifikant häufiger Verhalten der Skalierung „1“, also kein aggressives Verhalten
(insgesamt 19 von 38 Hunden), als die vertretenen Mischlingshunde (11 von 49 Hunden)
(Fisher’s exakt Test: p = 0,005).
4.3.2 Höchste erreichte Skalierung 2
Aufgeführt sind Rassen, die mit 1 oder maximal 2 bewertet wurden.
Tab.4.11 Hunde mit Skalierung “1“ und “2“
Rassekategorie
Hütehunde
Spitze und
Nordische Hunde
Gesellschafts-u.
Begleithunde
Terrier
Doggenartige
bullartige Terrier
Jagdhunde
Bauernhunde,
Hirtenhunde,
Treibhunde
Mischlinge
Gesamtzahl
a
max.
Skalierung 2
(abs.)
2
2
%
%
an
an Rassekategorie
Skalierung 2 n=a
n=48
0
0
0
2
4,2
100
0
1
3
2
5
0
2,1
6,3
4,2
10,4
0
33,3
42,9
16,7
29,4
11
24
23
50
35,5
49
2
3
7
12
17
31
49
Insgesamt zeigten 48 der 127 Hunde maximal die Skalierung 2, also entweder optisches oder
akustisches Drohverhalten ohne Annäherung. Die einzelnen darunter vertretenen Anteile der
Rassen an den Kategorien, sind in Abbildung 4.13 dargestellt.
89
ERGEBNISSE
Abb. 4.13 Anteile der Hunde mit Skalierung 1 + 2 an der jeweiligen Rassekategorie
Alle untersuchten Hunde der Kategorie „Spitze und Nordische Hunde“ zeigten maximal
optisches und/oder akustisches Drohverhalten. Unter den „Doggenartigen“ waren dies etwa
43 %. Die Kategorie der „Doggenartigen“ bestand somit nur aus Hunden, die maximal mit
„1“ oder „2“ bewertet wurden. Unter den Mischlingen zeigte etwa die Hälfte aller Hunde
maximal optisches und/oder akustisches Drohverhalten. Etwa ein Drittel aller untersuchten
„Terrier“ und „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ reagierte maximal mit optischem und/oder
akustischem Drohverhalten auf die Situationen des Wesenstests. Von den „bullartigen
Terriern“ waren dies nur ungefähr 17 %. Zwischen den Rassekategorien „bullartige Terrier“,
„Doggenartige“, „Jagdhunde“ sowie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ und den Mischlingen
existierte kein signifikanter Unterschied.
4.3.3 Höchste erreichte Skalierung 3
Aufgeführt sind Rassen, die mit 1, 2 oder maximal 3 bewertet wurden.
90
ERGEBNISSE
Tab. 4.12 Rassekategorien mit der maximalen Skalierung „3“
Rassekategorie
Gesamt max.
a
Skalierung 3
(abs.)
Hütehunde
Spitze und Nordische Hunde
Gesellschafts-u. Begleithunde
Terrier
Doggenartige
bullartige Terrier
Jagdhunde
Bauernhunde, Hirtenhunde,
Treibhunde
Mischlinge
2
2
2
3
7
12
17
31
49
0
0
0
0
0
0
1
%
an Skalierung
3
n=2
0
0
0
0
0
0
50
%
an
Rassekategorie
n=a
0
0
0
0
0
0
5,8
0
1
0
50
0
2
Jeweils ein Mischling und ein Jagdhund (Golden-Retriever) erreichten in mindestens einer
Situation des Wesenstestes die Skalierung „3“, also Schnappbewegungen ohne Annäherung.
4.3.4 Höchste erreichte Skalierung 4
Mit maximal „4“ (Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung) wurde von den
untersuchten Hunden nur ein Rotweiler (3,2 % der „Bauer-, Treib- und Hirtenhunde“)
bewertet.
91
ERGEBNISSE
4.3.5 Höchste erreichte Skalierung 5
Aufgeführt sind Rassen, die mit „1“ bis maximal „5“ bewertet wurden.
Tab. 4.13 Rassekategorien mit höchster Skalierung „5“
Rassekategorie
Hütehunde
Spitze und Nordische Hunde
Gesellschafts-u.
Begleithunde
Terrier
Doggenartige
bullartige Terrier
Jagdhunde
Bauernhunde, Hirtenhunde,
Treibhunde
Mischlinge
Gesamt
a
max.
Skalierung 5
(abs)
2
2
2
3
7
12
17
31
49
% an max.
Skalierung 5
n=18
% an
Rassekategorie
n=a
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
1
0
5,6
0
5,6
5,6
0
33,3
0
8,3
5,9
5
10
27,8
55,6
16,1
20,4
Ungefähr die Hälfte der Hunde mit der Maximalbewertung „5“ waren Mischlinge (10
Hunde), während etwas mehr als ein Viertel „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ waren. Aus
den Kategorien „Terrier“, „Jagdhunde“ sowie „bullartige Terrier“ war jeweils ein Hund
vertreten. Aus den Kategorien- „Doggenartige“, „Spitze und Nordische Hunde“ sowie
„Gesellschafts- und Begleithunde“ , erhielt kein Hund in einer der Situationen die Skalierung
„5“.
Hinsichtlich des Anteils, den Hunde mit der Maixmalbewertung „5“ an der jeweilgen
Rassekategorie haben, handelte es sich bei den Terriern um etwa ein Drittel. Sowohl bei den
Mischlingen als auch bei den „Bauern-, Hirten- und Treibhunden“ betrug dieser Anteil
ungefähr 20 % im Vergleich zu weniger als 10 % bei den „bullartigen Terriern“ sowie den
„Jagdhunden“. Signifikante Unterschiede waren nicht vorhanden (Abb. 4.14).
92
ERGEBNISSE
Abb. 4.14 Anteil an den Rassekategorien bei Hunden mit maximaler Skalierung „5“
In Tabelle 4.14 sind die einzelnen Rassen aus der Kategorie I (Bauern-, Hirten- und
Treibhunde) sowie Mischlinge aus Rassen dieser Kategorie sowie deren jeweilige Anzahl
dargestellt, die als Maximalbewertung die Skalierung „5“ erhalten haben.
Tab. 4.14 einzelne Hunderassen/Mischlinge mit der Maximalskalierung „5“
Bauernhunde, Hirtenhunde, Treibhunde:
Rottweiler
Deutscher Schäferhund
Dobermann
Bernhardiner
Shar Pei
Mischlinge
Labrador-DSH2-Mischling
DSH-Mischling
Golden-Retriever-Labrador-Mischling
DSH-Husky Mischling
Berner-Sennen-DSH Mischling
Boxer-DSH Mischling
Labrador Mischling
Pudel Mischling
Bullartige Terrier
Anzahl
1
1
1
1
1
Anzahl
2
1
1
1
2
1
1
1
Anzahl
Pitbull Terrier
1
2
DSH: Deutscher Schäferhund
93
ERGEBNISSE
Rassekategorie
Anzahl
Jagdhunde
Golden Retriever
1
Terrier
Deutscher Jagdterrier
1
4.3.6 Höchste erreichte Skalierung 6
Aufgeführt sind Rassen, die mit 1 bis 5 oder maximal 6 bewertet wurden.
Tab. 4.15 Hunde, gelistet nach Rassekategorien, mit maximaler Skalierung 6
Rassekategorie
Hütehunde
Spitze und Nordische
Hunde
Gesellschafts-u.
Begleithunde
Terrier
Doggenartige
bullartige Terrier
Jagdhunde
Bauernhunde,
Hirtenhunde, Treibhunde
Mischlinge
n
max.
Skalierung 6
(abs.)
2
2
%
%
an max.
an
Skalierung 6
Rassekategorie
n=15
1
6,7
50
0
0
0
0
0
0
3
1
0
0
0
20
6,7
0
0
0
25
5,9
6
4
40
26,7
19,4
8,2
2
3
7
12
17
31
49
Von den 127 Hunden, erhielten insgesamt 15 Hunde als Maximalbewertung eine „6“ , zeigten
also einen vollständigen Angriff ohne optische oder akustische Drohsignale. Eine Bewertung
mit einer „6“ bedeutet unabhängig von der jeweiligen Situation immer gestört aggressives
Verhalten. Mit circa 40 % der Hunde, handelte es sich dabei um „Bauern-, Hirten- und
Treibunde“ (6 Hunde) und mit ungefähr 26 % um Mischlinge (4 Hunde). Jeweils ein Vertreter
der „Hütehunde“ (Australian Shepherd), sowie der „Jagdhunde“ (Weimaraner) wurden in
einer oder mehreren Situationen des Wesenstests mit der Skalierung „6“ bewertet. Von den
„bullartigen Terriern“ waren dies drei American-Staffordshire-Terrier (siehe Tab. 4.16).
94
ERGEBNISSE
Abb. 4.15 Anteil an den Rassekategorien bei Hunden mit maximaler Skalierung „6“
Im folgenden sind die einzelnen Rassen bzw. Mischlinge aufgeführt, die mit „6“ bewertet
worden sind:
Tab. 4. 16 Rassevertreter mit maximaler Skalierung 6
Bauernhunde, Hirtenhunde, Treibhunde:
Rottweiler
Deutscher Schäferhund
Malinois
Altdeutscher Schäferhund
Hovawart
Mischlinge
Australian Shepherd-Mischling
Pitbull-Terrier Mischling
American-Staffordshire Terrier-Mischling
Rottweiler/American-Staffordshire Terrier
Mischling
Bullartige Terrier
Anzahl
2
1
1
1
1
American-Staffordshire Terrier
3
1
1
1
1
Hütehunde
Australian Shepherd
1
Jagdhunde
Anzahl
Weimaraner
1
95
ERGEBNISSE
Aus der Kategorie der „bullartigen Terrier“ waren ausschließlich American-StaffordshireTerrier vertreten und aus der Kategorie der „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ hauptsächlich
Schäferhund-artige (Deutscher Schäferhund, Altdeutscher Schäferhund, Belgischer
Schäferhund (Malinois) sowie Hunde der Rasse Rottweiler und Hovawart vertreten.
Es wurde keiner der untersuchten Hunde in einer der Situationen mit der Skalierung „7“ (wie
„6“, aber Beruhigung des Tieres erst nach über 10 Minuten) bewertet.
4.4 Rassekategorien und die Verteilung
Für einen Vergleich der Hunde innerhalb einer Rassekategorie wurde der Anteil der einzelnen
Skalierungen dargestellt.
4.4.1 Bullartige Terrier
Abb. 4.16 Skalierungsverteilung der „bullartigen Terrier“
Etwa zwei Drittel aller „bullartigen Terrier“ zeigten im Wesenstest entweder keine
aggressiven Signale oder maximal optisches und/oder akustisches Drohverhalten ohne weitere
Annäherung. Das restliche Drittel reagierte mit einem vollständigen aggressiven Angriff mit
96
ERGEBNISSE
Beißen, davon zu einem Großteil (25 %) ohne optische oder akustische Drohsignale. Es
reagierten signifikant (Fisher’s exakt Test: p = 0,07) mehr „bullartige Terrier“ ohne
aggressives Verhalten als mit einem vollständigen Angriff inklusive akustischem oder
optischem Drohverhalten. Keiner der „bullartigen Terrier“ zeigte einen unvollständigen
Angriff (unvollständige Annäherung), das heißt entweder reagierten alle Hunde dieser
Kategorie ohne aggressiven Signale bzw. nur mit Drohverhalten oder es wurde eine
vollständige Annäherung gezeigt.
4.4.2 Bauern-, Hirten- und Treibhunde
Abb. 4.17 Skalierungen der „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“
Mehr als ein Drittel aller „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ reagierte mit optischem und/
oder akustischem Drohverhalten ohne weitere Annäherung. Ungefähr ein Viertel der
„Bauern-, Hirten- und Treibhunde zeigte gar kein aggressives Verhalten. Insgesamt reagierten
signifikant mehr Hunde aus dieser Kategorie entweder ohne aggressive Signale oder maximal
mit Drohverhalten („1“ und „2“) ohne Annäherung als mit einem Angriff (Beißen und
vollständige Annäherung: „5“ und „6“) (Fisher’s exakt Test: p = 0,07). Mehr als ein Drittel
aller „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ zeigte eine vollständige Annäherung mit Beißen,
97
ERGEBNISSE
etwas mehr als die Hälfte davon ohne optische oder akustische Warnsignale. Nur etwa 3 %
der Hunde dieser Kategorie zeigten einen unvollständigen Angriff (ohne vollständige
Annäherung) und keiner reagierte in einer der Situationen mit der Skalierung „3“, einem
Schnappen ohne Annäherung.
Insgesamt reagierten ca. 61 % der „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ im Vergleich zu ca.
67 % bei den „bullartigen Terriern“ maximal mit Drohverhalten, also keinem eigentlichen
Aggressionsverhalten (Annäherung oder Angriff), während 36 % der „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“ im Vergleich zu ungefähr 33 % der „bullartigen Terrier“ mit einem
vollständigen Angriff (Skalierungen „5“ und „6“) reagierten.
4.4.3 Mischlinge
Abb. 4.18 Skalierungsverteilung der Mischlinge
Ungefähr die Hälfte aller Mischlinge reagierte in den Situationen des Wesenstestes maximal
mit optischem und/oder akustischem Drohverhalten ohne Annäherung und fast ein Viertel
zeigte gar keine aggressiven Signale. Etwas mehr als ein Viertel der Mischlinge zeigte einen
vollständigen Angriff (Beißen und vollständige Annäherung). Die Anzahl der Mischlinge mit
der Skalierung „1“ oder „2“, also maximal dem Zeigen von Drohverhalten, war
98
ERGEBNISSE
höchstsignifikant höher (Fisher’s exakt Test: p < 0,0001) als derjenigen mit einem Angriff
(Beißen und vollständige Annäherung). Von den Hunden, die mit Beißen und vollständiger
Annäherung reagierten, zeigte die Mehrheit der Hunde (70 %) zuvor optisches oder
akustisches Droherhalten (Skalierung „5“).
4.4.4 Jagdhunde
Die Abbildung 4.19 zeigt die Verteilung der Skalierungen „1“ bis „6“ für die Kategorie der
„Jagdhunde“.
Abb. 4.19 Skalierungsverteilung „Jagdhunde“
Ungefähr die Hälfte aller „Jagdhunde“ zeigte in den Situationen des Wesenstests keinerlei
aggressive Signale. Verhalten der Skalierung „1“ wurde hochsignifikant häufiger gezeigt, als
Verhalten der Skalierung „3“, „4“, „5“ oder „6“. Weitere 30 % zeigten maximal optisches
oder akustisches Drohverhalten (Skalierung „2“).
99
ERGEBNISSE
4.4.5 Terrier
Ein Vertreter der „Terrier“ zeigte während des gesamten Wesenstests ausschließlich
Verhalten mit der Skalierung „1“ oder „2“, also entweder keine aggressiven Signale oder
optisches und/oder akustisches Drohverhalten. Der zweite Vertreter der Kategorie „Terrier“
reagierte in einer oder mehreren Situationen des Hund-Mensch-Kontaktes im Wesenstest auch
mit einem vollständigen Angriff und Beißen bzw. Beißversuch.
4.4.6 Hütehunde
Ein Australian Shephard zeigte keine aggressiven Signale, während der zweite Vertreter der
„Hütehunde“ in mindestens einer Situation des Wesenstests auch mit einem vollständigen
Angriff und Beißen bzw. Beißversuch ohne vorheriges Drohverhalten, reagierte, somit
inadäqaut aggressives Verhalten zeigte.
4.4.7 Doggenartige
Die Abbildung 4.20 zeigt die Verteilung der Skalierungen „1“ bis „6“ für die Kategorie der
„Doggenartigen“.
Abb. 4.20 Skalierungsverteilung „Doggenartige“
100
ERGEBNISSE
Die sieben Vertreter der „Doggenartigen“ reagierten in den Situationen des Wesenstests nur
mit Verhalten der Skalierung „1“ oder „2“, zeigten also maximal Drohverhalten, in
akustischer und/oder optischer Form ohne jegliche Annäherung.
4.5 Verhalten der Hunde in den einzelnen Situationen
Dargestellt werden sollen die Verhaltensweisen der Hunde in den unterschiedlichen
Situationen. Dabei soll analysiert werden, in welchen Situationen die Hunde besonders häufig
mit aggressivem Verhalten reagierten. Die Situationen sind dabei gruppiert nach
Hund-Mensch-
und
Hund-Umwelt-Kontakt
und
innerhalb
dieser
noch
in
„Bedrohungssituationen“ und „ungewöhnliche Situationen“ sowie „Alltagssituationen“.
Für die einzelnen Situationen werden Stichworte (siehe unter 3.2.1) verwendet.
4.5.1 Verhalten der Hunde in den „Bedrohungssituationen“
Es folgt ein Vergleich der Skalierungen aller Hunde in den „Bedrohungssituationen“„Anstarren“, „Anschreien“ in der Hund-Mensch- sowie Hund-Umwelt-Situation und der
„Bedrohung mit einem Stock“.
101
ERGEBNISSE
Abb. 4.21. Skalierungen aller Hunde in den „Bedrohungssituationen“, Zahlen 1-6
entsprechend der Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4: Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6: wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
In den Situationen „Anschreien“ und „Bedrohung mit Stock“ reagierten zwei Drittel aller
Hunde ohne aggressive Signale, während ungefähr 20 % optisches und/oder akustisches
Drohverhalten zeigten. Vier bzw. fünf Prozent reagierten mit einer unvollständigen
Annäherung („4“) und sieben bzw. acht Prozent mit einem vollständigen Angriff inklusive
102
ERGEBNISSE
Beißen bzw. Beißversuch nach vorherigem Drohverhalten („5“). In der Situation
„Anschreien“ im Hund-Umwelt Kontakt reagierten im Vergleich dazu etwas mehr, nämlich
etwa drei Viertel aller Hunde, ohne jegliche aggressive Signale und im Vergleich zu den
vorherigen beiden Situationen, etwas weniger, ungefähr 12 % mit optischem und/oder
akustischem Drohverhalten. Der Anteil der Hunde, die in dieser Situation einen vollständigen
Angriff mit Beißen (Beißversuch) zeigten, lag mit fast 10 % etwas höher als in den
Situationen „Anschreien“ sowie „Bedrohung mit Stock“. Ein signifikanter Unterschied
bestand nicht. In der ersten Bedrohungssituation „Anstarren“ reagierten höchstsignifkant
mehr Hunde mit optischem und/oder akustischem Drohverhalten (Skalierung „2“) als in den
übrigen drei Bedrohungssituationen (Fisher’s exakt Test p = 0,0001). Der Anteil der Hunde
mit der Skalierung „1“ war demzufolge in der Situation „Anstarren“ höchstsignifkant
geringer, als in den übrigen Bedrohungssituationen. Verglichen mit den übrigen
Bedrohungssituationen reagierten in der Situation „Anstarren“ etwas weniger, nämlich sechs
Prozent der Hunde, mit einem vollständigen Angriff nach vorherigem Drohverhalten
(Skalierung „5“). Mit einem Angriff ohne vorheriges Drohverhalten, also gestört aggresivem
Verhalten, reagierte in den Bedrohungssituationen kein Hund.
103
ERGEBNISSE
4.5.2 Verhalten der Hunde in den „ungewöhnlichen“ Situationen
Abb. 4.22 Skalierungen aller Hunde in den „ungewöhnlichen Situationen“, Zahlen 1-6
entsprechend der Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4 Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6 wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
Deutlich wird, dass die Situation „Blinder“ bei fast 97 % der getesteten Hunde keine
aggressiven Signale hervorgerufen hat. Im Vergleich zu den Bedrohungssituationen (Abb.
4.21), reagierten weniger als 10 % der untersuchten Hunde mit reinem Drohverhalten („2“),
104
ERGEBNISSE
und zeigten stattdessen vermehrt Aggressionsverhalten in Form aggressiver Annäherung
(Skalierungen „4“, „5“ und „6“). Im Vergleich zu den Bedrohungssituationen zeigte ein Teil
der Hunde (zwischen 3 und 4 %) in den Situationen „Abruptes Aufstehen“ sowie „Klatschen
und Schreien“ und „Ball“ auch Verhalten der Skalierung „6“, also Beißen bzw. Beißversuche
ohne vorheriges Drohverhalten, zu werten als gestört aggressives Verhalten. In den
Situationen „Abruptes Aufstehen“, „Klatschen und Schreien“ und „Ball“ konnten zwischen
3 % und 5 % inadäquat aggressives Verhalten beobachtet werden, da der jeweilige Hund hier
in einer Nicht-Bedrohungssituation mit Beißen (nach vorherigem Drohverhalten, Skalierung
„5“) reagiert hat. In diesen drei Situationen aus Abb.4.22 wurde ebenfalls bei 3-4 % aller
Hunde ein gestört aggressives Verhalten beobachtet.
4.5.3 Verhalten der Hunde in den „Alltagssituationen“
Die folgenden Abbildungen zeigen das Verhalten der getesteten Hunde in den insgesamt 23
Alltagssituationen. Aus Übersichtsgründen sind diese aufgeteilt auf 5 Abbildungen.
105
ERGEBNISSE
Abb. 4.23 Verhalten der Hunde in den Alltagssituationen (1-5), Zahlen 1-6 entsprechend der
Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4: Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6: wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
Bis auf das „Spiel mit der fremden Person“ reagierten in den Situationen aus Abb. 4.23 mehr
als 90 % der getesteten Hunde ohne aggressive Signale. In der Situation „schwarzer Mantel“
reagierte ein größerer Teil, fast 5 % der Hunde, mit Drohverhalten (Skalierung „2“), während
in der Situation „Spiel mit fremder Person“ der zweitgrößte Teil der Hunde, fast 8 %, mit
106
ERGEBNISSE
„gestört aggressivem Verhalten“ (Beißen bzw. Beißversuchen ohne vorheriges Drohverhalten,
Sklalierung „6“) reagierte. In der Situation „Spiel mit fremder Person“, zeigten ungefähr 6 %
der Hunde optisches und/oder akustisches Drohverhalten (Skalierung „2“).
Abb. 4.24 Verhalten der Hunde in den Alltagssituationen II (6-10), Zahlen 1-6 entsprechend
der Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4: Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6: wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
107
ERGEBNISSE
In den Alltagssituationen aus Abb. 4.24 reagierten in allen Situationen, bis auf den „Jogger“,
mehr als 95 % der Hunde ohne jegliche aggressive Signale. Nur etwa 88 % der Hunde
reagierten bei einer vorbeijoggenden Person ohne aggressive Signale, statt dessen reagierten
hier 6 % der getesteten Hunde mit Beißen bzw. Beißversuchen ohne vorheriges
Drohverhalten, also mit „gestört aggressivem Verhalten“ (Skalierung „6“). Die Anteile der
Hunde, die Skalierungen „2“-„5“ zeigten, unterschied sich in dieser Situation nicht von den
anderen Alltagssituationen aus Abb.4.23.
Abb. 4.25 Verhalten der Hunde in den Alltagssituationen III (11-15), Zahlen 1-6 entsprechend
der Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4: Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6: wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
108
ERGEBNISSE
In den Situationen „Betrunkener“ sowie „Weinen“ reagierten etwas mehr als 10 % bzw.
knapp 8 % der untersuchten Hunde mit Drohverhalten, ähnlich der Situation „Anschreien“ im
Hund-Umwelt Kontext. Ebenso reagierten in der Situation mit dem „Betrunkenen“ fast 4 %
der Hunde mit einem Beißen nach vorherigem Drohverhalten, während in den Situationen
„Gruppe“ sowie „Berührung im Fahrstuhl“ fast 3 % der Hunde einen vollständigen Angriff
mit Beißen bzw. Beißversuchen zeigten.
Abb. 4.26 Verhalten der Hunde in den Alltagssituationen (16-20), Zahlen 1-6 entsprechend
der Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4: Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6: wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
109
ERGEBNISSE
In den Alltagssituationen aus Abb. 4.26 reagierten in jeder Situation 95 % oder mehr ohne
aggressive Signale. In den Situationen „Luftballons“ sowie „Fahrradfahrer“ zeigten ungefähr
4 % der Hunde Drohverhalten ohne Annäherung. In der Situation „Regenschirm“ reagierte
ein Teil der Hunde (knapp 3 %) mit Beißen bzw. mit Beißversuchen nach vorherigem
Drohverhalten.
Abb. 4.27 Verhalten der Hunde in den Alltagssituationen (21-23), Zahlen 1-6 entsprechend
der Skalierung aus Tab. 3.1:
1: ohne aggressive Signale
2: optisches oder akustisches Drohverhalten
3: Schnappbewegungen ohne Annäherung
4: Schnappbewegungen mit unvollständiger Annäherung
5: vollständige Annäherung mit Beißen oder Beißversuche mit optischem oder akustischem
Drohverhalten
6: wie 5 ohne optisches oder akustisches Drohverhalten
110
ERGEBNISSE
In der Situation mit dem „Schrubber“ reagierten fast 98 % der getesteten Hunde ohne jegliche
aggressive Signale und nur ein kleiner Teil zeigte Drohverhalten ohne Annäherung (ca. 1 %)
und noch weniger (< 1 %) zeigten Beißen bzw. Beißversuche mit vorherigem Drohverhalten.
In den Situationen „Ansprache nach Anschreien“ sowie „Feuerzeug“ reagierten deutlich mehr
Hunde als in der Situation „Schrubber“, mit Drohverhalten ohne Annäherung (Skalierung
„2“) und knapp 90 % zeigten keine aggressiven Signale.
In den meisten Alltagssituationen reagierte die Mehrzahl der Hunde (mindestens 90 %) ohne
aggressive Signale. Der Anteil dieser Hunde war höchstsignifikant höher als der Anteil der
Hunde, die mit aggressivem Verhalten (Skalierungen „2“, „3“, „4“, „5“, „6“) reagierten. Die
Ausnahme bildeten hier drei Situationen („Spiel mit fremder Person“, „Jogger“,
„Betrunkener“), in denen weniger als 90 % der Hunde ohne aggressive Signale (Skalierung
„1“) reagierten. Die Anteile der Hunde in diesen drei Situationen, welche die Skalierungen
„5“ oder „6“ zeigten, ist höchstsignifikant höher als in den übrigen Alltagssituationen
(Fisher’s exakt Test: p < 0,0006).
4.5.4 Vergleich der Skalierungen in den unterschiedlichen Situationskategorien
Es folgen zwei Abbildungen, in denen die Kategorien der verschiedenen Situationen
(„Bedrohung“, „ungewöhnlich“, „Alltag“) miteinander verglichen werden.
Abbildung 4.28 stellt die „Bedrohungssituationen“ den „Nichtbedrohungssituationen“
gegenüber,
unter
„Nichtbedrohungssituationen“
wurden
für
diese
Darstellung
„Alltagssituationen“ sowie die „ungewöhnlichen Situationen“ zusammengefasst.
111
die
ERGEBNISSE
Abb. 4.28 Vergleich Bedrohungssituation vs. Nichtbedrohungssituation (Alltagssituationen+
ungewöhnliche Situationen)
Hierbei wird deutlich, dass nur etwa 64 % der Hunde in den „Bedrohungssituationen“ im
Vergleich zu 93 % der Hunde in den „Nichtbedrohungssituationen“ Verhalten der Skalierung
“1“, also keinerlei aggressive Signale zeigten. Dafür reagierten deutlich mehr, nämlich
ungefähr ein Viertel aller Hunde in den „Bedrohungssituationen“, mit Drohverhalten ohne
weitere Annäherung. Es wird aber auch deutlich, dass selbst in den „Bedrohungssituationen“
fast 90 % der Hunde nur mit Verhalten der Skalierung „1“ oder „2“ reagierten, also maximal
Drohverhalten zeigten. Aggressionsverhalten im eigentlichen Sinne (Drohverhalten mit
Annäherung oder Angriff) zeigten selbst in den „Bedrohungssituationen“ nur etwa 11 % der
Hunde, während dies in den „Nichtbedrohungssitutaionen“ ungefähr 3 % waren. In diesen
„Nichtbedrohungssituationen“ reagierten über 95 % der Hunde maximal mit Drohverhalten.
Abbildung 4.29 stellt die „Bedrohungssituationen“ und deren Skalierungsverteilung denen der
„Alltags“- und „ungewöhnlichen“ Situationen gegenüber:
112
ERGEBNISSE
Abb. 4.29 Vergleich aller Situationen
Beim Vergleich der Situationen fällt auf, dass in den „ungewöhnlichen Situationen“ und auch
den „Alltagssituationen“ höchstsignifikant mehr Hunde (Skalierung „1“) als in den
„Bedrohungssituationen“ ohne aggressive Signale reagierten (Fisher’s exakt Test: p <
0,0006). In diesen „Bedrohungssituationen“ zeigten außerdem höchstsignifikant mehr Hunde,
insgesamt ein Viertel aller Hunde, optisches und/oder akustisches Drohverhalten (Skalierung
„2“) (Fisher’s exakt Test: p < 0,0001).
Ebenso zeigten signifikant mehr Hunde einen
vollständigen Angriff mit Beißen bzw. Beißversuchen nach vorherigem Drohverhalten (fast 8
%), im Vergleich zu 3 % in den „ungewöhnlichen Situationen“ (Fisher’s exakt Test p = 0,1)
bzw. knappen 2 % (Fisher’s exakt Test: p = 0,08) in den „Alltagssituationen“. Jedoch zeigte
ein kleiner Teil der Hunde in den „ungewöhnlichen Situationen“ (2,3 %) und in den
„Alltagssituationen“ (1,1 %) Beißen bzw. Beißversuche in Rahmen eines vollständigen
Angriffs, ohne dieses vorher durch optische und/oder akustische Drohsignale anzuzeigen
(Skalierung „6“, gestört aggressives Verhalten), während dieses Verhalten in den
113
ERGEBNISSE
Bedrohungssituationen nie gezeigt wurde. Insgesamt handelte es sich bei diesen Hunden aber
um einen kleinen Anteil an der Gesamtzahl an untersuchten Hunden und es existierte kein
signifikanter Unterschied.
4.5.5 Aggressives Verhalten der Skalierungen 5 und 6 in Nichtbedrohungssituationen inadäquat /gestört aggressives Verhalten
Aufgeführt sind alle „Alltagssituationen“, in denen einige der untersuchten Hunde mit der
Skalierung „5, also einem vollständigen Angriff mit Beißen bzw. Beißversuchen reagierten.
Abb. 4.30 Situationen mit der Skalierung „5“
114
ERGEBNISSE
Zwischen den einzelnen Situationen existieren keine signifikanten Unterschiede bezüglich der
Reaktion der Hunde mit der Skalierung „5“. Es hebt sich eine Situation („Betrunkener“)
hervor, in der 3,6 % der Hunde mit „5“ reagierten. Ungefähr 2,5 % aller Hunde zeigten in den
Situationen „Spiel mit fremder Person“, „Jogger“, „Gruppe“, „Berührung“ (in der
Fahrstuhlsituation) sowie „Regenschirm“ und „Feuerzeug“ Verhalten der Sklalierung „5“. In
den restlichen Situationen aus Abb. 4.30 reagierten zwischen 1 % und 2 % der Hunde mit der
Skalierung „5“.
In der Abbildung 4.31 sind nur „Alltagssituationen“ aufgeführt, in denen ein Teil der
untersuchten Hunde mit einem Angriff inklusive Beißen bzw. Beißversuchen (Skalierung
„6“) ohne vorherigem Drohverhalten reagierte.
Abb. 4.31 Alltagssituationen mit der Skalierung „6“
Es heben sich deutlich zwei Situationen hervor, in denen 6 % bzw. knapp 8 % der Hunde- im
Vergleich zu 1-2 % der Hunde in den übrigen Situationen, inadäquat aggressives Verhalten
zeigten. Dies ist zum einen die Situation „Jogger“ und zum anderen das „Spiel mit der
fremden Person“. Etwa 3 % der untersuchten Hunde zeigten in der Situation „Spiel mit dem
Besitzer“ die Skalierung „6“. In den restlichen sieben Alltagssituationen aus Abbildung 4.31
zeigten nur etwa 1 % der Hunde die Skalierung „6“.
115
DISKUSSION
5.DISKUSSION
5.1 Methoden
In der vorliegenden Arbeit wurden alle Wesenstests seit Oktober 2003 an der Tierärztlichen
Hochschule Hannover ausgewertet. Es waren nicht alle Videoaufnahmen vorhanden, so dass
die Bewertung der Hunde mithilfe der Skalierung bis Oktober 2011 nicht durch die
Verfasserin erfolgten, sondern durch eine von vier Tierärztinnen, die in diesem Zeitraum an
der Tierärztlichen Hochschule für die Abnahme der Wesenstests und das Verfassen der
Gutachten verantwortlich waren. Ab Oktober 2011 wurden die Gutachten durch die
Verfasserin selber gefertigt.
5.1.1 Rassezugehörigkeit der Hunde
Die Zuordnung der Hunde zu einer bestimmten Rasse beruhte auf den Angaben im
Besitzerfragebogen und konnten nur selten durch eine vorhandene Abstammungsurkunde
verifiziert werden. Vor allem bei Hunden aus dem Tierheim oder solchen, von denen die
Elterntiere nicht bekannt waren, wurde oft nur aufgrund äußerlicher Merkmale auf deren
Rasse geschlossen.
5.1.2 Wesenstestdurchführung
Trotz einheitlicher Vorgaben im „Wesenstest für Hunde“ „Niedersächsischer Wesenstest“
(ML 2003), zeigte sich nach Sichtung des Materials durch die Verfasserin, dass die
Durchführung nicht immer einheitlich war. Nach SCHALKE (2012) hat das Testdesign einen
erheblichen Einfluss auf das Ergebnis des Tests, so dass von einem solchen Einfluss auch in
den der Arbeit zugrundeliegenden Wesenstests ausgegangen werden muss. Indirekt bestand
außerdem ein weiterer Einfluss auf das Verhalten des Hundes durch den Hundeführer, der
durch den jeweiligen Tester angewiesen wurde und ggf. auch verunsichert wurde. Weiterhin
ist bekannt, dass die Aneinanderreihung vieler stressauslösender Situationen zur Auslösung
aggressiven Verhaltens führen kann, indem die Schwelle für dessen Auslösung herabgesetzt
116
DISKUSSION
wird. Die Art der Durchführung des Testes hat somit über die Höhe des Stresslevels ebenfalls
einen entscheidenden Einfluss auf die Auslösung aggressiven Verhaltens.
5.1.3 Begutachtung
Der Durchführung des Wesenstests folgt in jedem Fall die Erstellung eines Gutachtens, um zu
beurteilen, ob bei dem getesteten Hund Hinweise auf inadäquat bzw. gestört aggressives
Verhalten festgestellt werden konnten. Aus dem „Wesenstest für Hunde“ (ML 2003) geht
keine eindeutige Definition des Begriffes „inadäquat“ aggressives Verhalten hervor.
HIRSCHFELD (2005), BOETTJER (2003), BRUNS (2003) und MITTMANN (2002) stützen
sich in der Definition für inadäquates aggressives Verhalten auf den „Wesenstest für Hunde“
nach der Gefahrtierverordnung (GefTVO) aus dem Jahre 2000 (NMELF 2000a, NMELF
2000b). In dieser existierten drei verschiedene Multiplikatoren, „1“ stand hierbei für
Bedrohungssituationen“, „2“ für ungewöhnliche Situationen und „3“ für „Alltagssituationen“.
Inadäquat war definiert als Verhalten der Skalierung „5“ oder höher in den Alltagssituationen
(Multiplikator 3). Der Test galt dann als „nicht bestanden“. Nach dem Wegfall der
Multiplikatoren im neuen „Wesenstest für Hunde“ aus dem Jahre 2003 (ML 2003) fehlt dort
die Definition für „inadäquat“ aggressives Verhalten. Trotz dessen wurde und wird obige
Definition weiterhin von allen Gutachtern am Institut für Tierschutz und Verhalten der
Tierärztlichen Hochschule angewandt. Damit galt auch für alle Wesenstests seit Oktober 2003
an der Tierärztlichen Hochschule Hannover folgendes: Verhalten der Skalierung „5“ in den
Alltagssituationen galt als nicht der Situation angemessen und somit als situationsinadäquates
Verhalten. Verhalten der Skalierung „6“ wurde unabhängig von der Situation als „gestört
aggressives Verhalten“ bezeichnet, da hier jegliches Drohverhalten fehlte. Fraglich ist, ob
diese Definitionen von allen abnehmenden Stellen des Wesenstests so gehandhabt werden, da
sie, wie oben erläutert, im aktuellen „Wesenstest für Hunde“ (ML 2003) fehlen. Die Folgen
einer Beurteilung eines Hundes als „inadäquat oder gestört aggressiv“, welches häufig als
„Nichtbestehen“ des Wesenstestes bezeichnet wird, bestehen darin, dass ein Hund nach
Nichtbestehen des Wesenstests bei bestehender Gefährlichkeitsfeststellung nicht mehr von
seinem Halter gehalten werden darf. Über das weitere „Schicksal“ eines solchen Hundes
117
DISKUSSION
finden sich im Gesetz bzw. den Durchführungshinweisen auch im NHundG vom 26.05.2011
bisher keine Maßnahmen oder sonstige Vorgehensweisen. Auch SCHÖNING (2012 a,b)
betont die enorme Diskrepanz zwischen der juristischen und ethologischen Fragestellung an
dieser Stelle sowie die Schwierigkeiten, die sich aus den nicht hinreichend ethologisch,
sondern ausschließlich nach menschlichen Moralvorstellungen definierten Begriffen
„inadäquat“ oder „gestört aggressives Verhalten“ ergeben.
Die Ursachen für ein gestört aggressives Verhalten können ganz unterschiedlicher Natur sein.
So kann Jagdverhalten ebenfalls ein Verfolgen und Packen sowie Beißen (der „Beute“) nach
sich ziehen und gleicht so einem aggressiven Angriff ohne jegliche Kommunikation mit der
„Beute“. Ethologisch betrachtet handelt es sich demnach nicht um „gestörtes“, im Sinne eines
von der Norm abweichenden Verhaltens. Das gezeigte Jagdverhalten ist inadäquat, da es sich
bei Menschen oder anderen Hunden nicht um adäquate Beuteobjekte handelt und das
unangemessene Jagdverhalten auf einer unzureichenden Sozialisation des Hundes gegenüber
Menschen und/oder anderen Hunden beruht. Bei fehlendem Drohverhalten handelt es sich
selten um eine echte Verhaltensstörung
im Sinne eines von der Norm abweichenden
Verhaltens, sondern vielmehr häufiger um erlerntes Verhalten. Ziehen aggressive Signale wie
Knurren oder Bellen oder auch das Fixieren häufig positive Strafe nach sich, wird der Hund
dieses in der Folge weniger häufig zeigen und ohne Drohverhalten zur nächsten Stufe
übergehen. Häufig liegt dem aggressiven Verhalten hier Unsicherheit zugrunde. Bei einigen
Rassen ist es schließlich schwierig, optisches Drohverhalten als solches zu erkennen, vor
allem wenn es nur über einen kurzen Zeitraum gezeigt wird. Erschwert wird die Beurteilung
des optischen Ausdrucks noch durch das eventuelle Tragen eines Maulkorbes und/oder einer
ungünstigen Videoaufnahme. Somit ist nicht auszuschließen, dass Drohverhalten, vor allem
wenn von kurzer Dauer, vom Gutachter übersehen wurde.
Hinsichtlich der Aussagekraft des Wesenstests für das Vorliegen eines gestört oder inadäquat
aggressiven Verhaltens müssen zum einen die Subjektivität des Testers bei der Durchführung
und die des Gutachters bei der Bewertung und zum anderen die Darstellung einer reinen
Momentaufnahme eines jeden Wesenstests als kritisch gesehen werden. Es werden zudem
keine Situationen mit Kindern abgeprüft und der Test findet aus Sicherheitsgründen in der
118
DISKUSSION
Regel in einem umzäunten Areal statt. Viele Hunde können diesen Kontext von ihrem
„normalen“ Alltag unterscheiden und zeigen eventuell ein anderes Verhalten. Weiterhin darf
der Faktor des Lernverhaltens während des Testes nicht vernachlässigt werden. So lernt der
Hund anhand der Gleichförmigkeit vieler Situationen, dass keine reale Bedrohung existiert.
Mussten Situationen wiederholt durchgeführt werden um nachzutesten, ob der Hund aufgrund
des Leinenendes gestoppt wurde oder sich ohne Leine vollständig angenähert hätte, kam es
aufgrund der Lernerfahrung häufig nicht erneut zur Auslösung aggressiven Verhaltens. Zeigt
ein Hund in einer „Alltagssituation“ Beißen bzw. Beißversuche (Stoßen durch den Maulkorb),
liegen bei diesem Hund Hinweise auf inadäquat aggressives Verhalten vor und der Test gilt
als „nicht bestanden“. Problematisch ist diesbezüglich die Aneinanderreihung vieler
„bedrohlicher“ und „ungewöhnlicher“ Situationen, bevor der Hund in eine „Alltagssituation“
kommt, so dass der Stresslevel zu diesem Zeitpunkt bereits sehr hoch ist. Im ungünstigen
Falle hat der Hund bis dahin schon die Erfahrung gemacht, dass er immer wieder in
bedrohliche Situationen kommt und ihm Meideverhalten, welches er vielleicht in den
Situationen anfangs zeigte, nicht weiterhilft. Der Hund hat dann gelernt, dass Meideverhalten
im Konflikt keinen Erfolg bringt, da die Situationen immer andauern. Der Hund reagiert aus
diesem Grund mit „fight“. Es stellt sich somit die Frage, inwieweit von einem Wesenstest auf
das tatsächliche Sozialverhalten eines Hundes geschlossen werden kann. Möglicherweise
besteht auch eine Rasseabhängigkeit hinsichtlich der Stressanfälligkeit und demzufolge dem
vermehrten Auftreten von inadäquat aggressivem Verhalten. SCHALKE (2012) beurteilt
aufgrund eigener langjähriger Erfahrungen mit dem Niedersächsischen Wesenstest diesen
hinsichtlich seiner Validität und Reliabilität als nur bedingt geeignet, da ein Schluss auf das
zukünftige Verhalten anhand der Ergebnisse nicht bzw. nur eingeschränkt möglich ist und
zum anderen die Reliabilität von einer ausreichende Schulung des Gutachters abhängt.
Die Methodik der vorliegenden Arbeit bestand ebenfalls in einer Analyse der Rassen aller
Hunde, die seit Oktober 2003 überhaupt für einen Wesenstest an der Tierärztlichen
Hochschule aufgrund einer vorausgegangen Auffälligkeit, meistens auch nach bereits
erfolgter Gefährlichkeitsfeststellung vorgestellt worden sind. Auch hier kann jedoch nicht von
einem einheitlichen Vorgehen ausgegangen werden. Die Zuständigkeit für die Beurteilung
eines Hundes auf dessen eventuelle Gefährlichkeit im Sinne des NHundG ist je nach Kreis
119
DISKUSSION
bzw. kreisfreien Städten unterschiedlich geregelt, so dass in einigen Landkreisen bzw.
kreisfreien Städten Ordnungsbeamte Hunde beurteilen, oftmals ohne ausreichende
Qualifikation im Bereich Hundeverhalten. In anderen Landkreisen oder kreisfreien Städten ist
ein Tierarzt für die Begutachtung der Hunde zuständig. Eine ausreichende Fachkompetenz ist
jedoch nicht zwangsläufig gegeben, da innerhalb des Studiums der Veterinärmedizin Inhalte
dieser Art nicht verpflichtend gelehrt werden und häufig die entsprechende Praxis fehlt. Die
Durchführungshinweise zum Niedersächsischen Gesetz über das Halten von Hunden geben
nur Anhaltspunkte und die grobe Vorgehensweise vor, so dass hier eine weitere Ursache für
die höchst unterschiedlichen Beurteilungen von „auffälligen“ Hunden liegt.
5.1.4 Auswertung der Daten
Die Anzahl der insgesamt untersuchten Hunde ist mit 127 Hunden und jeweils nur einem bis
maximal drei Vertretern einzelner Rassen gering und für eine statistisch aussagekräftige
Auswertung nicht ausreichend. Aus diesem Grund wurden die einzelnen Rassen in Anlehnung
an RÄBER (1995) in Kategorien zusammengefasst. In die Kategorie „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“ nach RÄBER (1995) wurden aufgrund vieler Gemeinsamkeiten in der
ursprünglichen Verwendung die Schäferhunde (Deutscher und Belgischer) ebenfalls
zugeordnet. Die Kategorie der „Terrier“ wurde aufgetrennt in „bullartige“ Terrier sowie die
übrigen Terrier, um die sogenannten „Kampfhunderassen“ gesondert betrachten zu können.
Weitere „Listenhunde“, die in einigen Bundesländern auf der Liste der „gefährlichen
Hunderassen“ genannt sind, finden sich in der Kategorie „Doggenartige“. Diese
Zusammenlegung verschiedener Rassen folgt keinem einheitlichen und standardisierten
Verfahren und ist damit zwangsläufig fehleranfällig. Sie beruhte hauptsächlich auf der
ursprünglichen Verwendung der Hunde und den sich daraus ergebenden ähnlichen typischen
Verhaltensmustern inklusive der Reaktions- und Reizschwelle.
120
DISKUSSION
5.2 Diskussion der Ergebnisse
5.2.1 Anteil der einzelnen Rassen
Unter den 127 getesteten Hunden, konnte keine signifikante Rassehäufung festgestellt
werden. Einzelne Rassen traten somit nicht signifikant häufiger als andere auf. Bei 41 % der
Hunde handelte es sich um Mischlinge, zumeist mittelgroßer Rassen. Diese waren
höchstsignifkikant häufiger vertreten als die einzelnen Rassen. Die Verteilung in der
Gesamtpopulation aller Hunde in Deutschland ist schwer zu ermitteln und kann nur geschätzt
werden. Laut VDH Statistik kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland jährlich
etwa 500.000 Welpen verkauft werden. Hiervon werden ungefähr 400.000 Hunde in
Deutschland gezüchtet. Von diesen sind circa 265.000 Rassehunde- und circa 135.000
Mischlingswelpen. Unter den restlichen etwa 100.000 importierten Welpen sind etwa 80.000
Rassehunde und ca. 20.000 Mischlinge (VDH 2013b). Das entspräche einem Anteil von
ungefähr einem Drittel an jährlich verkauften Mischlingswelpen und zwei Dritteln
Rassehundewelpen. Eine Studie der Universität Göttingen aus dem Jahre 2006 geht nach
Schätzungen von einer Gesamtpopulation von ungefähr 5 Millionen Hunden in Deutschland
aus, die sich zu einem Drittel aus Mischlingen und zwei Dritteln aus Rassehunden
zusammensetzen (OHR u. ZEDDIES 2006). Eine genaue Zahl ist nicht zu ermitteln, da nicht
alle Hunde steuerlich gemeldet sind. Der Anteil der Mischlinge in der vorliegenden Arbeit ist
somit um ungefähr 10 % höher als die obigen Schätzungen des Anteils der Mischlinge an der
Gesamtpopulation (33 %). Die Summe aller Rassehunde (59 %) in der vorliegenden Arbeit ist
jedoch trotz alledem größer als die Zahl der Mischlinge (41 %) der Mischlinge. Genaue
Zahlen über die gehaltenen Rassen in Deutschland lassen sich derzeit nicht zuverlässig
ermitteln. Die häufigsten in Deutschland vertretenen Rassehunde sind laut VDH-Statistiken
der Deutsche Schäferhund (ca. 12700 Welpen in 2012), der Teckel (ca. 6000 in 2012),
Jagdhunde wie der Deutsch-Drahthaar, der Labrador sowie der Golden Retriever (mit 25003000 Welpen) und der Pudel, der Deutsche Boxer und die Deutsche Dogge mit Welpenzahlen
zwischen 1500 und 2000 (VDH 2013b). Diese Verteilung findet sich in der vorliegenden
Arbeit bis auf den Deutschen Schäferhund nicht wieder. Eine vermehrte Repräsentation
einiger Rassen beispielsweise des Rottweilers ist somit nicht durch deren Verteilung in der
121
DISKUSSION
Gesamtpopulation erklärbar. Die Zahlen der VDH- Welpenstatistik können jedoch nur
bedingt herangezogen werden, da hierbei nicht die Zahlen von importierten Welpen enthalten
sind.
Nach Zusammenfassung der einzelnen Rassen in Kategorien und Vergleich der
Rassekategorien untereinander fiel auf, dass Hunde der „Bauernhunde-, Hirten- und
Treibhunde“-Kategorie signifikant häufiger bzw. sogar hoch- bis höchstsignifikant häufiger
als andere Rassekategorien vertreten waren. Zu diskutieren wäre somit eine Häufung dieser
Kategorie. Die genauere Betrachtung der Kategorie ergab, dass es sich zu einem Großteil um
Deutsche Schäferhunde (10 Hunde) sowie Rottweiler (9 Hunde) handelte. Betrachtet man den
Deutschen Schäferhund, ist dieser laut VDH- Statistiken der letzten Jahre (12800 Welpen in
2012) der häufigste in Deutschland gezüchtete Rassehund (VDH 2013a). Daher mag die
Häufung in dieser Untersuchung damit begründbar sein. Für den Rottweiler jedoch gilt das
nicht, im Jahr 2012 gab es laut VDH-Welpenstatistik ca. 250 Rottweiler (VDH 2013a).
Mögliche Gründe für eine Rassehäufung von Deutschem Schäferhund und Rottweiler wären
beispielsweise, dass beide in bestimmten Personenkreisen sehr beliebt sind und es
möglicherweise an ausreichender Sachkunde mangelt, folgt man BRUNS (2003), die in ihrer
Dissertation zu dem Schluss kam, dass die Sachkunde des Besitzers der beeinflussende Faktor
dafür ist, ob ein Hund im Konflikt die „fight“-Strategie wählt. Hier sollten aber zusätzlich die
rassebedingten Unterschiede hinsichtlich der bevorzugt gewählten Strategie eines Hundes im
Konflikt berücksichtigt werden. Sowohl der Deutsche Schäferhund als auch der Rottweiler
dienten in der Vergangenheit dem Schutz von „Herr und Haus“, inklusive des Viehs. Zu den
ursprünglichen Aufgaben beider gehörte ferner das Treiben von Vieh, von Schafen im Falle
des Schäferhundes und häufiger von Kühen im Falle des Rottweilers (RÄBER 1995). Beide
Rassen durften im Konflikt keine Scheu zeigen und eher nach vorne gehen, denn
Fluchtverhalten zeigen. Beim Deutschen Schäferhund kommt hinzu, dass dieser relativ früh
weg vom eigentlichen Verwendungszweck seine hauptsächliche Verwendung als Polizei- und
Diensthund fand. Beiden Rassen gemein ist aber auch die starke Veränderung der Zucht hin
zu äußerlichen Merkmalen, so dass heutige Vertreter kaum noch den damaligen Hunden der
Rassen ähneln. Mit einer Zucht auf rein äußerliche Merkmale verbunden ist nach RÄBER
(1995), FEDDERSEN-PETERSEN (2004) sowie COPPINGER und COPPINGER (2001)
122
DISKUSSION
eine Veränderung des Interieurs hin zu größerer Stressanfälligkeit und geringerer
Nervenstärke. Es kann also durchaus der Schluss gezogen werden, dass beiden Rassen gemein
eine höhere Stressanfälligkeit ist, kombiniert mit der Tendenz im Konflikt eher mit
Aggressionsverhalten zu reagieren. Eine höhere Stressanfälligkeit verursacht im Alltag eher
das Empfinden von Konflikten, möglicherweise verstärkt durch mangelnde Sachkunde der
Halter, so dass vermehrt „auffälliges“ Verhalten erklärt werden könnte. Für beide Rassen
getrennt voneinander waren jedoch in der vorliegenden Arbeit keine signifikanten
Unterschiede feststellbar und die beschriebenen „Besonderheiten“ der beiden Rassen treffen
ebenso auf die übrigen Vertreter besonders der Kategorie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“
zu.
Mit 17 Hunden (ca. 13 %) waren die „Jagdhunde“ als zweithäufigste Kategorie nach den
„Bauern-, Hirten- und Treibhunden“ vertreten. Bis auf zwei Dackel sowie zwei Labrador
Retriever handelte es sich dabei ausschließlich um Vorstehhunde (kleiner Münsterländer,
Deutsch Drahthaar, Deutsch Kurzhaar, Irish Red Setter, Weimaraner). Dicht danach folgten
mit 12 Hunden (knapp 10 %) die „bullartigen Terrier“ mit Staffordshire Bullterrier,
American-Staffordshire Terrier sowie Pitbull Terrier. Von den „Doggenartigen“ waren 6
Hunde (Bordeux-Dogge, Dogo Canario, Perro de Preso Canario, Boxer, Englische
Bulldogge), von den „Terriern“ drei (Deutscher Jagdterrier, Kerry-Blue Terrier, Jack-Russel
Terrier), aus der Kategorien „Hütehunde“(Australian Shepherd), „Spitze und Nordische
Hunde“ (Akita Inu, Husky) sowie „Gesellschafts- und Begleithunde“ (Mops, Französische
Bulldogge) waren jeweils zwei Hunde vertreten. Außerhalb der Kategorie der „Bauern-,
Hirten- und Treibhunde“ bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den übrigen
Kategorien. Die Kategorie der „bullartigen Terrier“ sowie der „Doggenartigen“ waren nicht
signifikant häufiger vertreten als andere. Vertreter dieser beider Kategorien sind in den
übrigen Bundesländern außer Niedersachsen auf den Rasselisten genannt. Eine größere
Auffälligkeit bei Hunden dieser Rassen ergibt sich aus der vorliegenden Arbeit jedoch nicht.
Es scheinen vielmehr rasseunabhängige Kriterien zu sein, die in der vorliegenden Arbeit zu
auffälligen Hunden führten. Betrachtet man die einzelnen Kategorien und deren Verteilung ist
sichtbar, dass die Vertreter der kleineren Rassen deutlich weniger häufig vertreten waren. Es
erscheint nachvollziehbar, dass Hunde größerer Rassen ein größeres Gefährdungspotential
123
DISKUSSION
darstellen als die kleiner, einfach aufgrund der höheren Körpermasse und des größeren
Kräftepotentials. Eine Rolle spielt ebenso die Wirkung größerer Hunde auf Menschen und
auch auf andere Hunde, aufgrund dessen sich Menschen und andere Hunde eventuell
verändert gegenüber diesen Hunden verhalten. Doch auch Hunde kleiner Rassen können
ursächlich an Beißvorfällen beteiligt sein: Zu nennen sind hier insbesondere Terrier, die über
Jahrzehnte dafür gezüchtet wurden, im Konflikt ebenfalls „fight“ zu wählen (RÄBER 1995,
ALDERTON 1996, HART und HART 2005) und aus diesem Grund bei subjektiv
empfundenen Konflikten mit hoher Wahrscheinlichkeit mit aggressivem Verhalten reagieren.
Somit ist nicht nur die Größe des Hundes auschlaggebend. Hier spielt aber eventuell die
„Auswahl“ der der vorliegenden Arbeit zugrundeliegenden Hunderassen eine Rolle. Bis auf
einzelne ging allen Wesenstests dieser Hunde ein Beißvorfall voraus, an dem der jeweilige
Hund beteiligt war und aufgrund dessen er von der zuständigen Behörde als „gefährlich“
erklärt worden ist. Zur Beurteilung eines Hundes aufgrund eines Beißvorfalles durch die
zuständige Behörde kommt es wiederum nur, wenn der Beißvorfall meist durch den Besitzer
des geschädigten Hundes oder den gebissenen Menschen bei der Behörde angezeigt wird. Zur
Anzeige kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit eher Unfälle mit größeren Hunden, da hier
häufig ein größerer Schaden entstanden ist. Möglicherweise spielt auch eine größere Angst
der Anzeigenden eine Rolle.
5.2.2 Mischlinge
Die am häufigsten vertretenen Mischlinge waren mit 16 (von 53) Hunden, LabradorMischlinge. Hier muss allerdings eingewandt werden, dass mittelgroße, kurzhaarige
Mischlingshunde sehr häufig als „Labrador- Mischling“ angesprochen werden, besonders bei
Hunden aus Tierheimen, bei denen die Elterntiere nicht bekannt sind. Ebenfalls gängige
Praxis ist die Bezeichnung eines Hundes vom bullterrierartigen Typ als „Labrador-Boxer
Mischling“, um der Diskriminierung der „Listenhunde“ zu entgehen.
124
DISKUSSION
5.2.3 Inadäquat/gestört aggressives Verhalten
Von den insgesamt 127 Hunden, zeigten 27 ein inadäquat bzw. gestört aggressives Verhalten,
das entspricht ungefähr 21%. Im Vergleich dazu reagierten bei MITTMANN (2002) nur 4,8
% der Hunde mit inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten. Bei diesen Hunden handelte
es sich jedoch verglichen mit der vorliegenden Arbeit nicht um zuvor „auffällige“ Hunde. Bis
auf sechs Hunde waren alle Hunde dieser Arbeit im Vorfeld durch einen Beißvorfall (Hund
oder Mensch) auffällig gewesen, in ungefähr 17 % der Fälle war der zugrundeliegende
Vorfall nicht bekannt. Auffällig mit einem deutlichen Trend (p= 0,08), war der höhere Anteil
an Hunden mit inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten, die im Vorfeld durch den Biss
eines oder mehrerer Menschen auffällig geworden waren, im Vergleich zu denen, die im
Vorfeld einen anderen Hund gebissen hatten. Hierbei gab es keinen signifikanten Unterschied
zwischen einzelnen Rassen. Dieses Ergebnis weist damit darauf hin, dass weniger die Rasse
des Hundes für die Ausbildung von inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten eine Rolle
spielt. Es gilt stattdessen, den Fokus auf andere rasseunabhängige vor allem Umweltfaktoren,
wie die Lernerfahrung oder die mangelnde Sozialisierung von Hunden zu lenken
(FEDDERSEN-PETERSEN 2000, 2004, 2008, SCHÖNING 2000, EICHELBERG 2000,
HAMANN 1991, FEDDERSEN-PETERSEN u. HAMANN 1994, JUNG et al. 2012).
Es zeigte sich zumindest in der vorliegenden Arbeit vielmehr, dass Hunde, die schon
gegenüber einem Menschen auffällig geworden waren, signifikant häufiger inadäquat oder
gestört aggressives Verhalten zeigten. Betrachtet man die 17 Hunde, die zuvor einen
Menschen gebissen hatten und hiernach den Wesenstest absolvieren mussten, wird deutlich,
dass etwa die Hälfte davon auch oder ausschließlich gestört aggressives Verhalten zeigte.
Diese acht Hunde reagierten also mit Beißen, ohne dieses vorher durch Drohverhalten
anzuzeigen.
Auf
die
Unterscheidung
zwischen
aggressivem
Verhalten
ohne
die
entsprechenden Eskalationsstufen und inadäquatem Jagdverhalten wurde bereits (siehe 5.1.3)
eingegangen. Betrachtet man auch die Situationen mit der Skalierung „6“ bei diesen acht
Hunden, so handelte es sich ausschließlich um Situationen mit schnellen und plötzlichen
Bewegungen (Spiel mit fremder Person, abruptes Aufstehen, Jogger, Stolpern). Aus diesem
Grund ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von inadäquatem Jagdverhalten auszugehen, zumal
alle acht Hunde in anderen Situationen durchaus Drohverhalten (mindestens Skalierung „2“)
125
DISKUSSION
gezeigt haben, also davon auszugehen ist, dass diese Hunde sehr wohl abgestuft aggressiv
reagieren können.
Unter allen 27 Hunden, die mit inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten reagierten,
existierte kein signifikanter Unterschied zwischen einzelnen Rassen. Bei der Betrachtung der
einzelnen Kategorien zeigte sich, dass die Hunde mit inadäquat aggressivem bzw. gestört
aggressivem Verhalten aus den Kategorien der Mischlinge, der „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“, der „Jagdhunde“, der „bullartigen Terrier“, der „Terrier“ sowie der
„Hütehunde“ stammten. Es fiel auf, dass aus der Kategorie der „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“ sowie der „bullartigen Terrier“ jeweils fast ein Drittel aller Hunde den
Wesenstest nicht bestanden hatten. Auffällig war, dass innerhalb dieses Drittel zwei Drittel
aller „bullartigen Terrier“ und fast 60 % aller „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ ein gestört
aggressives Verhalten zeigten. Jeweils ca. ein Drittel bzw. 40 % aller „bullartigen Terrier“
bzw. „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ reagierte mit inadäquat aggressivem Verhalten, also
einem Beißen (nach vorangegangenem Drohverhalten) in einer Alltagssituation. Schaut man
sich die jeweiligen Hunde an, die mit der Skalierung „6“ bewertet wurden, fällt weiterhin auf,
dass dieselben Hunde in anderen Situationen durchaus mit einer „5“ reagierten, also in der
Lage waren, abgestuft aggressiv zu reagieren. Aus diesem Grund handelt es sich bei diesen
Hunden höchstwahrscheinlich eher um unangemessenes Jagdverhalten. Unterstützt wird diese
Annahme durch die Art der Situationen, in denen die Hunde mit der Skalierung „6“ reagiert
haben. Es handelte sich dabei in erster Linie um die Situationen „Jogger“ und „Spiel mit
fremder Person“- in beiden Situationen treten schnelle und plötzliche Bewegungen auf, Reize,
die bei Hunden Jagdverhalten auslösen können. Ein Hund muss in der Sozialisierungsphase
lernen, dass andere Hunde und Menschen nicht zu den jagdbaren Objekten gehören.
Somit sollte die Sozialisierungsphase als ein wesentlicher rasseunabhängiger Faktor für die
Entstehung potentiell gefährlicher Hunde angesehen werden (FEDDERSEN-PETERSEN
2000, 2004, 2008, JUNG et al. 2012, COPPINGER u. COPPINGER 2001). Nach JUNG et al.
(2012) bedeutet die „Befreiung“ von Hunden aus Tötungsstationen und Urlaubsländern mit
abweichendem Sozialisierungs- und Habituationshintergrund oder die Bestellung von Hunden
im Internet per Mausklick einen Verzicht auf die wichtigste Lernperiode in der Entwicklung
des Hundes. Diese Phase, in welcher der Hund angstfrei alltägliche Geräusche und
126
DISKUSSION
Gegenstände kennenlernen sowie den angemessenen Umgang mit Menschen und Artgenossen
lernen kann, stellt nach JUNG et al. (2012) die Basis dar, um Bissverletzungen beim
Menschen zu vermeiden. Aus diesem Grund sollten Hundeanfänger daher möglichst Welpen
aus verantwortungsvoller Hand mit umfassender Information vor der Anschaffung erwerben
mit anschließendem Besuch einer guten Hundeschule mit Welpengruppe (JUNG et al. 2012).
Wie bereits unter 2.3.2 erläutert, stellt die Angst einen der häufigsten Auslöser für aggressives
Verhalten dar, nach DEHASSE (2002) beißen ängstliche Hunde in der Regel heftiger zu.
JUNG u. PEPPERL (2012) und JUNG et al. (2012) analysierten anhand vorliegenden Studien
und Statistiken über Beißunfälle beim Menschen die Faktoren, die einen „gefährlichen Hund“
kennzeichnen. Nach neuesten Beißstatistiken beißen Hunde zu 58 % bekannte Menschen und
zu 74% bekannte Kinder. Außerdem werden danach Kinder bis zu einem Alter von 9 Jahren
doppelt so häufig gebissen wie Erwachsene und schwerer verletzt (JUNG u. PEPPERL 2012,
JUNG et al. 2012). Die Verletzungen bei den Kindern befinden sich vor allem im Gesicht,
nach JUNG et al. (2012) besteht nicht, wie allgemein angenommen, ein Zusammenhang
zwischen Bissverletzungen im Gesicht und Größe des Hundes, sondern entscheidend ist
vielmehr das Alter des Kindes und damit dessen Verhalten gegenüber dem Hund. Kleine
Kinder nähern sich beispielsweise bevorzugt an liegende Hunde an, da der Hund dann nicht
weglaufen kann. Gründe für Bisse durch bekannte Hunde liegen in der geringeren Scheu
gegenüber dem bekannten Hund und der größeren Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens
zwischen Kind und bekanntem Hund. 86 % aller Bisse erfolgen während einer Interaktion mit
dem Hund ausgehend von dem Kind (JUNG et al. 2012). Die Ursache sehen JUNG et al.
(2012) vor allem in dem fehlendem Gefahrbewusstsein der Kinder bis 5 Jahre und dem
fehlenden Präventionsbewusstsein von Kindern bis 8 oder 9 Jahren. Nach JUNG et al. (2012)
kann „ein Hund jeder Rasse jederzeit beißen“, entscheidend sind die Verfassung des
individuellen Hundes sowie der jeweilige Auslöser. JUNG et al. (2012) schlussfolgert
aufgrund der in 80 % aller Fälle durch den eigenen oder einen bekannten Hund erfolgenden
Bisse (HORISBERGER 2002, KAHN et al. 2003), dass die Rasse des Hundes primär keine
Rolle spielt und aggressives Verhalten eines Individuums einer multifaktoriellen Genese
unterliegt, die sich zusammensetzt aus der Genetik, der Welpenzeit (Anwesenheit der
Mutterhündin, Sozialisierung), der Erziehung durch den Menschen, hier vor allem der
Anwendung physischer Strafen sowie dem Vorliegen von Krankheit bzw. Schmerzen. Ein
127
DISKUSSION
Rasseeinfluss ist lediglich bedingt durch die Größe und daher höhere Masse des Hundes, die
schwerere Verletzungen auch bei freundlicher Annäherung durch Anspringen verursachen
kann. Hier spielt dann ebenfalls die Reaktions- und Reizschwelle des Hundes und damit unter
Umständen die Rasse des Hundes eine Rolle. Von ebensolcher Bedeutung sind jedoch die
individuellen Erfahrungen des jeweiligen Hundes. Eine wichtige Rolle spielt auch die häufig
fehlende
Auslastung
Verwendungszweck
bestimmter
gehalten
Rassen,
werden,
wie
die
entgegen
beispielsweise
ihrem
bei
der
ursprünglichen
Haltung
von
Herdenschutzhunden als reine Familienhunde, hier sind ein erfahrener Ausbilder und
Hundeführer sowie ein adäquates Betätigungsfeld nötig (JUNG 2012b). Nach HALLGREN
1997 beugt Beschäftigung Verhaltensproblemen, wie dem Hüten von Menschen als
Ersatztieren oder unangemessenem Jagdverhalten vor. Nach DEHASSE (2002) beißen
jagende Hunde wenn, dann ernsthaft zu. Vielfach wird von mangelndem Gehorsam bei
beißenden Hunden ausgegangen. Nach JUNG et al. (2012) geht es bei der Interaktion von
Hunden mit Kindern aber vor allem um Ressourcen, Schmerz und Angst. Hunde, die mit
physischen Strafen erzogen werden, zeigen dem Menschen gegenüber Angst, woraus sich ein
höheres Risiko dieser Hunde ergibt, zu beißen. Hunde, die vor allem über positive
Verstärkung erzogen werden, sind stabiler (JUNG et al. 2012). Eine „Rangeinweisung“ eines
Hundes durch Kinder ist nicht nur aus ethologischer Sicht Unsinn, sondern auch noch
hochgefährlich (JUNG et al. 2012). Die Arbeit mit dem Hund ist für den Hund essentiell, da
nicht nur Verhaltensproblemen vorgebeugt wird, sondern Hunde, die gut im Gehorsam
stehen, in Stresssituationen auch leichter zu lenken sind.
Aus der Kategorie der „Doggenartigen“ zeigte keiner der Hunde ein inadäquat oder gestört
aggressives Verhalten. Aus der Kategorie der „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“ sowie der
„Jagdhunde“ zeigten hingegen 7 % bzw. 32 % der Hunde ein solches Verhalten. Schaut man
sich die Rasselisten der verschiedenen Bundesländer an, so finden sich darauf auch viele
Vertreter der „Doggenartigen“. Diese Hunde zeichnen sich in der Regel durch eine niedrige
Erregungslage und eine hohe Reizschwelle aus, so dass es nicht nachvollziehbar erscheint,
warum Vertreter dieser Rassen „gefährlicher“ sein sollen, als andere. Unterstützt wird die
Unauffälligkeit dieser Kategorie in der vorliegenden Arbeit durch die Skalierungsverteilung
128
DISKUSSION
in der Kategorie der „Doggenartigen“. Alle Hunde zeigten entweder keinerlei aggressive
Signale (57 %) oder aber maximal Drohsignale ohne aggressive Annäherung.
5.2.4 Skalierungsverteilung innerhalb der einzelnen Kategorien
In den Kategorien „Doggenartige“, „bullartige Terrier“ sowie „Jagdhunde“ betrug der Anteil
der Hunde, die im Wesenstest nur mit der Skalierung „1“ somit ohne aggressive Signale
reagierten, ungefähr die Hälfte der jeweiligen Kategorie. Im Vergleich dazu betrug dieser
Anteil unter den „Mischlingen“ sowie den „Bauern-, Hirten,- und Treibhunden nur etwa
jeweils ein Viertel der Gesamtanzahl in der Kategorie. Die „Bauern-, Hirten- und
Treibhunde“ reagierten also tendenziell häufiger, die Mischlinge sogar höchstsignifikant
häufiger mit aggressivem Verhalten. Für die Mischlinge zeigte sich, dass die restlichen drei
Viertel mit fast 50 % maximal Drohverhalten zeigten und zu etwa 20 % mit Beißen nach
vorherigem Drohverhalten reagierten. Ein kleinerer Teil (8 %) zeigte das Beißen nicht durch
vorheriges Drohverhalten an (Skalierung 6), wie unter 5.2.3 erläutert, handelte es sich hier
höchstwahrscheinlich um unangemessenes Jagdverhalten. Somit reagierten also fast drei
Viertel aller Mischlinge maximal mit optischem oder akustischem Drohverhalten. Das
restliche Viertel reagierte mit Beißen, davon ein Drittel ohne dieses vorher anzuzeigen, also
wahrscheinlich mit inadäquatem Jagdverhalten. Signifikante Unterschiede zwischen den
Mischlingen
und
einzelnen
anderen
Kategorien
waren
jedoch
nicht
vorhanden.
Möglicherweise wurde ein größeres Spektrum an Verhaltensweisen abgedeckt, da deutlich
mehr Mischlinge vertreten waren, als Rassen der anderen Kategorien. Ebenfalls auffällig war
der niedrigere Anteil (ohne Signifikanz) der „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“, die keine
aggressiven Signale zeigten. Die restlichen Hunde dieser Kategorie zeigten zu einem Drittel
maximal optisches oder akustisches Drohverhalten oder aber zu einem Drittel Beißen, der
größere Anteil davon (55 %) ohne dieses vorher mittels Drohsignalen anzuzeigen. Auf die
eventuellen Ursachen für die „Bauern-, Hirten- und Treibhunde wurde bereits in 5.2.1 näher
eingegangen. Eine weitere „auffällige“ Kategorie mit einem größeren Anteil an aggressiven
Signalen war die Kategorie der „Jagdhunde“. Der Großteil dieser Kategorie knapp 53 %
reagierte ohne aggressive Signale, der restliche Teil zu etwa 30 % mit maximalem
Drohverhalten und ein geringere Teil, ungefähr 12 %, reagierten mit Beißen, jeweils zur
129
DISKUSSION
Hälfte nach vorherigem Drohverhalten bzw. zur anderen Hälfte, ohne dieses vorher
anzuzeigen. Höchstwahrscheinlich handelte es sich auch in der Kategorie der „Jagdhunde“
um unangemessenes Jagdverhalten. Von den Kategorien, die überhaupt mit Beißen reagierten,
waren die „Jagdhunde“ allerdings am seltensten vertreten. Auffällig, jedoch nicht signifikant
häufiger, war der Anteil der „bullartigen Terrier“, die mit Beißen reagierten. Die
Skalierungsverteilung innerhalb dieser Kategorie unterscheidet sich sehr von der der
restlichen Kategorien, bei denen Verhalten der Skalierung „2“ häufiger war als Verhalten der
Skalierung „5“ oder „6“. Innerhalb der „bullartigen Terrier“ zeigte sich, dass diese zwar zur
Hälfte ohne jegliche aggressive Signale reagierten, die restlichen 50 % jedoch nur zu einem
Drittel mit maximalem Drohverhalten reagierten und zu zwei Dritteln mit Beißen. Von diesen
zwei Dritteln zeigten drei Viertel der Hunde dieses nicht durch vorheriges Drohverhalten an.
Der Gesamtanteil von 25 % an der Kategorie, die mit Beißen ohne vorangegangene
Drohsignale reagierte, war der höchste unter allen Kategorien, die überhaupt mit Verhalten
der Skalierung „6“ reagierten. Es scheint, als reagiere der überwiegende Teil der „bullartigen
Terrier“ mit angemessenem Verhalten, wovon über zwei Drittel gar kein aggressives
Verhalten zeigten. Das restliche Viertel der „bullartigen Terrier“ allerdings zeigte einen
ungewöhnlich hohen Anteil an „gestört aggressivem“ Verhalten. Wie bereits unter 5.2.3
erläutert, kommt als mögliche Erklärung für Verhalten der Skalierung „6“ unangemessenes
Jagdverhalten in Frage. Bei der Betrachtung der relevanten Situationen, in denen die
„bullartigen Terrier“ dieses Verhalten zeigten, fällt erneut auf, dass es sich hier ausschließlich
um Situationen mit schnellen und plötzlichen Bewegungen handelte. Aus diesem Grund ist
auch bei den „bullartigen Terriern“, die mit Beißen ohne vorangegangenem Drohverhalten
reagierten, von Jagdverhalten am unerwünschten Objekt auszugehen. Hunde dieser Rassen
zeichnen sich durch eine hohe Erregungslage und häufig niedrigere Reizschwellen aus, so
dass hier eine sorgfältige Sozialisierung zur Vorbeugung unerwünschten Jagdverhaltens umso
wichtiger ist (FEDDERSEN-PETERSEN 2004, 2008). Geht man davon aus, dass es sich bei
dem sehr großen Anteil der „bullartigen Terrier“ mit gestört aggressivem Verhalten
tatsächlich ausschließlich um unangemessenes Jagdverhalten handelt, stellt sich die Frage,
warum dieses in dieser Kategorie häufiger als in anderen auftritt. Die Ursachen für
unangemessenes Jagdverhalten liegen vor allem in der mangelhaften Sozialisierung dieser
Hunde (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Die Gründe hierfür wiederum könnten zum einen
130
DISKUSSION
auf Züchterseite bzw. Seite der Halter dieser Hunderassen liegen und zum anderen in den
restriktiven Bedingungen, unter denen diese Hunde häufig gehalten werden (müssen). Auch
wenn in Niedersachsen keine Rasseliste besteht, werden Hunde dieser Rassen doch häufig
ausgegrenzt durch andere Hundehalter oder fremde Menschen, die diesen Hunden aus Angst
ausweichen. Laut FEDDERSEN-PETERSEN (2004) kann eine immer wieder auf
Gegenstände konditionierte Beutefanghandlung, wie beispielsweis das hinterherhetzen hinter
Bällen und anderen beweglichen Gegenständen, eine „Motivationsenge“ bewirken, die zu
einem Verschwinden des Interesses für die restliche Umwelt des Hundes führt. Solche Hunde
erkunden kaum ihre Umwelt und kommunizieren nicht mit Artgenossen.
Letztlich muss einschränkend hinzugefügt werden, dass die in dieser Arbeit abgebildete
Population der „bullartigen Terrier“ wie auch alle anderen Kategorien nicht repräsentativ sein
kann für die Gesamtpopulation der jeweiligen Kategorien, da es sich ausschließlich um
bereits „auffällig“ gewordene Hunde handelt. Unter allen getesteten Hunden allerdings waren
wie beschrieben die „bullartigen Terrier“ durch einen erhöhten Anteil von Hunden mit
„gestört aggressivem“ Verhalten, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um inadäquates
Jagdverhalten handelte. In weiteren Studien wäre es daher interessant, die genaue
Vorgeschichte solcher Hunde und vor allem deren Sozialisationsphase genauer zu
analysieren.
5.2.5 Verhalten der Hunde in den einzelnen Situationen
Wie erwartet, zeigten die Hunde in den Bedrohungssituationen verglichen mit den
ungewöhnlichen und den Alltagssituationen deutlich häufiger aggressive Signale und
ebenfalls häufiger Beißen nach vorangegangenem Drohverhalten. Gestört aggressives
Verhalten
wurde
ausschließlich
in
den
ungewöhnlichen
Situationen
und
den
Alltagssituationen gezeigt und nie in den Bedrohungssituationen.. Dieses Ergebnis unterstützt
die oben dargestellte These, dass die Hunde der vorliegenden Arbeit in den meisten Fällen
kein gestört aggressives Verhalten im Sinne eines abnormen Aggressionsverhaltens zeigten,
sondern dass es sich in diesen Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit um unangemessenes
Jagdverhalten handelte. Im Vergleich der Bedrohungssituationen untereinander fiel auf, dass
131
DISKUSSION
die Hunde in der Situation „Anstarren“ höchstsignifikant häufiger Drohverhalten zeigten als
in den übrigen Bedrohungssituationen. Die Hunde zeigten sogar häufiger Drohverhalten, als
Verhalten der Skalierung „1“. In den übrigen Bedrohungssituationen zeigten die Hunde
dagegen höchstsignifikant häufiger keine aggressiven Signale als Drohverhalten. Dieses
Ergebnis lässt den Schluss zu, dass Anstarren für die Hunde deutlich bedrohlicher wirkt als
beispielsweise Anschreien oder das Bedrohen mit einem Stock. Möglicherweise sind die
meisten Hunde aber bereits „sensibilisiert“, da Menschen häufig, vor allem aus Unkenntnis
oder Unsicherheit, Hunden direkt in das Gesicht schauen, was für Hunde zunächst einmal
eine Bedrohung darstellt. In der Regel können Hunde lernen, dass Anstarren durch den
Menschen nicht bedrohlich ist und in der menschlichen Kommunikation in einem anderen
Kontext vorkommt. Es ist aber in der Regel auch so, dass Menschen aus Unkenntnis Hunde
nicht nur direkt anschauen, sondern sich diesen auch noch nähern und ihnen beispielsweise
auf den Kopf fassen bzw. diese dort streicheln. Möglicherweise kommt es hierdurch bei
Hunden zu einer Sensibilisierung, wenn sie sich der Situation des „Anstarrens“ nicht durch
Meideverhalten entziehen können und sich der Mensch dann auch noch weiter annähert.
Hierin liegt eine große Gefahr und ein großes Problem im Umgang von Menschen mit
Hunden, wenn der Hund irgendwann die Erfahrung macht, dass Drohverhalten nicht mehr
ausreicht, sondern er zusätzlich zu einem Angriff im schlimmsten Fall mit Beißen übergehen
muss. Viele Menschen erkennen Drohverhalten bei Hunden nicht und bringen Hunde dadurch
dazu, sich subjektiv bedroht zu fühlen und im schlimmsten Fall zu beißen. Es ist die Aufgabe
des Halters bzw. des Hundeführers, solche Situationen zu vermeiden. Problematisch ist, dass
viele Hundeführer selber das Drohverhalten ihres Hundes nicht erkennen können oder aber
meinen, der Hund sei „dominant“ und dürfte ein solches Verhalten gegenüber Menschen nicht
zeigen. Wird der Hund dann sogar bestraft, fehlt nicht mehr viel, dass der Hund beißt, ohne
Drohverhalten zu zeigen. BRUNS (2003) folgerte in ihrer Dissertation daher ebenfalls, dass
mangelnde Sachkunde der Halter den Hauptfaktor darstellt, wenn Hunde beißen und laut
DEUTSCHEM STÄDTETAG (1997) liegen 76 % aller Übergriffe durch Hunde ebenfalls
mangelnde Sachkunde der Halter zugrunde. COPPINGER und COPPINGER (2001)
postulierten, dass gefährliche Hunde nicht geboren, sondern erzogen werden.
132
DISKUSSION
In den ungewöhnlichen- sowie den Alltagssituationen reagierten in einigen Situationen
weniger Hunde mit Drohverhalten, als mit einer vollständigen Annäherung und Beißen. Dies
sind im Einzelnen Situationen mit schnellen und plötzlichen Bewegungen, so dass auch hier
von unangemessenem Jagdverhalten ausgegangen werden kann.
5.2.6 Einfluss von Alter und Geschlecht
Es zeigte sich, dass die vertretenen Hunde in der vorliegenden Arbeit überwiegend drei Jahre
und älter waren. Erklären lässt sich dieses Ergebnis mit der sozialen Reife, die rasseabhängig
erst im Alter von zwei bis drei Jahren abgeschlossen ist (JONES 2009). Ebenso wurde
deutlich, dass Rüden höchstsignifikant häufiger vertreten waren als Hündinnen. Interessant
war, dass höchstsignifikant mehr Rüden als Hündinnen im Vorfeld einen Menschen gebissen
hatten und umgekehrt hochsignifikant mehr Hündinnen als Rüden einen anderen Hund
gebissen hatten. Es ließ sich leider nicht ermitteln, wie viele der Rüden intakt waren.
WRIGHT und NESSELROTE 1987, LANDSBERG 1991, HSU und SERPELL 2003, HART
und HART 2004, MARTINEZ et al. 2011, GUY et al (2001a, 2001b) sowie HORISBERGER
(2002) stellten in ihren Studien eine signifikante Häufung von Rüden, die Menschen gebissen
haben, verglichen mit Hündinnen fest. OVERALL und LOVE (2001) ermittelten in einer
epidemiologischen Studie ebenfalls eine Häufung männlicher Individuen in Beißvorfällen.
Als mögliche Ursache wird das männliche Geschlechtshormon Testosteron diskutiert,
welches als Verhaltensmodulator fungiert und schnellere sowie heftigere und länger
andauernde Reaktionen auf bestimmte Stimuli verursacht (OVERALL u. LOVE 2001).
Somit wären Rüden per se nicht aggressiver als Hündinnen, aber bei gleicher Reaktivität auf
bestimmte
Reize
fielen
die
Reaktionen
möglicherweise
heftiger
aus.
Heftigere
Bissverletzungen werden wahrscheinlich eher zur Anzeige gebracht, so dass hierin eine
Häufung von Rüden in Beißvorfällen beim Menschen resultieren könnte. Der Hundehalter
könnte jedoch ebenfalls eine Rolle spielen. Der Einfluss des Halters auf das gezeigte
Verhalten des Hundes wurde bereits erläutert und wird von EICHELBERG (2000),
FEDDERSEN-PETERSEN (2004, 2008), BRUNS (2003) und SCHÖNING (2006)
untermauert, so dass in der Präferenz bestimmter Halter für Rüden ebenfalls eine Ursache für
eine Häufung von Rüden in Beißvorfällen liegen könnte. Weiterhin spielt die nach wie vor
133
DISKUSSION
weit verbreitete Meinung eine Rolle, dass eine Kastration zur Verminderung aggressiven
Verhaltens bei Rüden führt. Betrachtet man jedoch die bei weitem häufigste Ursache für
aggressives Verhalten, die Angst, so erklärt sich möglicherweise auch dadurch die Häufung
männlicher Hundeindividuen. Liegt die Ursache für das aggressive Verhalten des Rüden in
Unsicherheit, besteht die Gefahr, dass sich dieses Verhalten aufgrund des Mangels an
Testosteron und damit eines Mangels an testosteronvermittelter Selbstsicherheit nach der
Kastration verschlimmert. Eine weitere Rolle mag der Irrglaube der „Dominanz“ als Ursache
für aggressives Verhalten spielen. Obwohl mittlerweile wissenschaftlich vielfach untermauert,
Aggressive Hunde werden danach häufig als „dominante Hunde“ bezeichnet. Zum einen ist es
mittlerweile vielfach wissenschaftlich untermauert, dass es kein starres Rangordnungssystem
bei unseren Haushunden (SEYMANOVA 2003) gibt und zum anderen stellt Dominanz
lediglich eine Eigenschaft einer Zweierbeziehung zwischen zwei bekannten Individuen dar
und keine Charaktereigenschaft (DREWS 1993). Das Konzept der „Dominanzaggression“ ist
aus diesem Grund mit den heutigen Erkenntnissen obsolet (SHEPHERD 2002, LANGBEIN
u. PUPPE 2004, VAN KERKHOVE 2004, EATON 2007, BRADSHAW et al. 2009). Immer
noch weit verbreitet ist trotzdem das Strafen aggressiven Verhaltens eines Rüden, weil ein
solcher Rüde als „dominant“ gilt. In aller Regel führt das Strafen des aggressiven Verhaltens
zu einer Verschlimmerung, da der Hund den ohnehin schon negativ verknüpften Stimulus nun
zusätzlich mit den negativen Folgen der Strafe verbindet. Im schlimmsten Fall zeigt der Hund
nach Bestrafung des Drohverhaltens, wie Knurren oder Bellen, gar kein Drohverhalten mehr
und beißt ohne Vorwarnung.
5.2.7 Schlussfolgerung
Es konnte kein Zusammenhang zur Rassezugehörigkeit eines Hundes festgestellt werden,
weder hinsichtlich der Vorstellung zu einem Wesenstest aufgrund eines vorangegangenen
Beißvorfalls noch bezogen auf das Zeigen von inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten.
Hingegen waren die Mischlinge höchstsignifikant häufiger als die übrigen Rassen vertreten.
Faktoren wie das Alter, das Geschlecht oder der zugrundeliegende Beißvorfall (Biss eines
Menschen) zeigten eher einen Zusammenhang zu inadäquat oder gestört aggressivem
Verhalten als die Rassezugehörigkeit des Hundes. Die Tatsache, dass bestimmte Kategorien
134
DISKUSSION
von Rassen signifikant bis höchstsignifikant häufiger als andere vertreten waren, unterstützt
die These, dass die Diskrepanz zwischen dem ursprünglichen Verwendungszweck einer Rasse
und der heutigen Verwendung als hauptsächlicher Familienhund eine entscheidende Rolle
spielt. Auch mag eine vermehrte Häufung bestimmter Rassekategorien für die bevorzugte
Haltung bestimmter Rassen durch bestimmte Halter sprechen. Dass jeder Hund jeder Rasse
jederzeit beißen kann, wurde unter 5.2.3 und 2.10.2 ausführlich erläutert und spiegelt sich in
den Ergebnissen der Arbeit wider. Entscheidend sind somit die Herkunft und Aufzucht sowie
die Haltung des Hundes unter art- und rassegerechten Gesichtspunkten.
Eine Aussage, inwieweit ein „auffälliger“ Hund in seinem Aggressionsverhalten gestört ist,
vermag nur eine ausführliche Anamnese aller begleitenden Umstände sowie eine ausführliche
klinische und verhaltenstherapeutische Diagnostik des jeweiligen Hundes liefern, ein
Wesenstest reicht hierfür nicht aus (SCHÖNING 2012, SCHALKE 2012). In der Mehrzahl
der Fälle liegt keine Verhaltensstörung vor und für eine Prävention von Hundebissen bedarf
es eines Fokus auf den Hundehalter, dessen Sachkunde und der Herkunft sowie Aufzucht der
Hunde (REDLICH 2000 EICHELBERG 1991, FEDDERSEN-PETERSEN 1991b, 1996,
1997b, 2000, 2004, 2008, HAMANN 1991, JUNG et al. 2012, SCHÖNING 2012a, 2012b,
COPPINGER u. COPPINGER 2001).
135
ZUSAMMENFASSUNG
6 ZUSAMMENFASSUNG
Katja Riedel (2014): Niedersächsischer Wesenstest seit Abschaffung der Rasseliste
von Oktober 2003 bis März 2013- Eine Analyse der „auffälligen“ Rassen
In der vorliegenden Studie wurden 127 Hunde verschiedener Rassen sowie Mischlinge
untersucht, die von Oktober 2003 bis März 2013 zu einem Wesenstest an der Tierärztlichen
Hochschule Hannover vorgestellt worden sind. Ziel war es zu analysieren, inwieweit eine
Rassehäufung erkennbar ist und welche weiteren gemeinsamen Faktoren „auffällige“ Hunde
aufweisen. Es wurden alle Gutachten der entsprechenden Wesenstests ausgewertet und auf
Rassezugehörigkeit, Alter, Geschlecht, zugrundeliegenden Beißvorfall sowie Verhalten der
Hunde in den einzelnen Situationen analysiert. Aufgrund der geringen Anzahl der einzelnen
Rassevertreter wurden Kategorien modifiziert nach RÄBER (1995) gebildet, in denen
mehrere Rassen, vor allem basierend auf der ursprünglichen Verwendung der Hunde, zu einer
Kategorie zusammengefasst wurden. In den Ergebnissen konnte kein Zusammenhang
zwischen der Rasse des Hundes und der Vorstellung des jeweiligen Hundes zu einem
Wesenstest an der Tierärztlichen Hochschule in den letzten 10 Jahren festgestellt werden.
Mischlinge waren höchstsignifikant häufiger vertreten als sämtliche vorgestellte Rassen. Erst
nach Gruppierung mehrerer Rassen in Kategorien konnten signifikante Unterschiede
festgestellt werden. Auffällig war hier die Kategorie der „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“,
mit den häufigsten Rassevertretern „Deutscher Schäferhund“ sowie „Rottweiler“. Die
Analyse der Wesenstests zeigte ebenfalls keine Rassehäufung unter den Hunden mit
inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten. Auffällig war eine Häufung männlicher Hunde
unter allen vorgestellten Hunden sowie unter den Hunden mit inadäquat oder gestört
aggressivem Verhalten im Vergleich zu weiblichen Hunden. Der Anteil an Hunden mit
inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten war mit ungefähr 21 % mehr als viermal so
hoch wie bei MITTMANN (2002: 4,8%). Es handelte sich jedoch in der vorliegenden Studie
im Vergleich zu MITTMANN (2002) um zuvor durch einen Beißvorfall „auffällig“
gewordene Hunde. Der zugrundeliegende Beißvorfall gegenüber bekannten oder unbekannten
Menschen wies einen Zusammenhang zu dem vermehrten Auftreten gestört aggressiven
Verhaltens auf. Zudem zeigte sich, dass gestört aggressives Verhalten fast ausschließlich in
136
ZUSAMMENFASSUNG
Situationen
mit
schnellen
und
plötzlichen
Bewegungen
auftrat.
Hierbei
spielten
Rasseeinflüsse keine Rolle. Diese Ergebnisse zeigen, dass rasseunabhängigen Faktoren wie
der Sozialisierung der Welpen und der mangelnden Sachkunde in der Hundehaltung mehr
Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Rassevertreter von Rasselisten der übrigen
Bundesländer mussten weder häufiger einen Wesenstest aufgrund Auffälligkeit bzw.
Gefährlichkeitsfeststellung absolvieren, noch zeigten diese Hunde häufiger inadäquat oder
gestört aggressives Verhalten als andere Rassen. „Listenhunde“ aus der Kategorie der
„Doggenartigen“ und Hunde der Rasse „Staffordshire Bullterrier“ zeigten sogar niemals
aggressive Annäherung, sondern maximal Drohverhalten. Die Annahme einer gesteigerten
Aggressivität bestimmter Rassen ist nach den Ergebnissen dieser Untersuchung nicht
gerechtfertigt.
137
SUMMARY
7 SUMMARY
Katja Riedel (2014): Temper Test in Lower Saxony since the abolition of categorizing
certain dog breeds as considered dangerous from October 2003 to March 2013- an
analysis of “biting” dogs.
In the present study, 127 dogs of various breeds and crossbreeds were examined that have
been presented to a temper test at the University of Veterinary Medicine Hannover in
fulfillment of the Dogs Act of Lower Saxony (NMELF 2002, ML 2003, NHundG) from
October 2003 to March 2013. The aim was to analyze if there is an association with the breed
and possibly other factors common in all tested dogs. All temper tests were evaluated and
analyzed for breed, age, gender, biting history and behavior of the dogs in the various
situations. Due to the small number of individual representative of the breed categories were
formed modified after RÄBER (1995) in which several breeds were combined into one
category, especially based on the original use of the dogs. In the results no correlation
between the breed of dog and the presentation of each dog to the temper test was found. With
high significance crossbreeds occurred most frequently at the mental tests in the past 10 years.
At most, after grouping of several breeds into categories, significant differences were found.
It was noticeable here the category of "livestock guarding and herding dogs" with the most
common breed representatives "German Shepherd" and "Rottweiler ". The analysis of the
behavioral tests also showed that there was no significant difference between the various
breeds concerning inadequate or disordered aggressive behavior. There was a remarkable
accumulation of male dogs among all presented dogs and among the dogs with inadequate or
disordered aggressive behavior compared to female dogs. The amount of dogs with
inadequate or disordered aggressive behavior was more than four times as high as found by
MITTMANN (2002: 4.8%) with about 21 %. However compared to MITTMANN (2002) the
dogs in the present study were presented due to a biting history.
Dogs that showed biting to humans in the past, showed disordered aggressive behavior with
highest frequency. Situations, in which such disordered aggressive behavior was displayed,
were almost exclusively those with sudden and rapid movements. No breed dependence was
found. For this reason more attention should be paid to factors independent of breed such as
138
SUMMARY
the socialization period of puppies and the competence in dog ownership. Representatives of
supposed dangerous breeds in the other German states were presented neither more frequently
to a temper test due to a biting history, nor showed these dogs more frequent inadequate or
disordered aggressive behavior than other breeds. Notably disorders in aggressive behavior
were not registered within the Staffordshire Bullterrier breed or dogs out of the Mastiff-likedogs. These dogs even showed never an aggressive approach, but displayed at most
threatening behavior. According to the results of the present study the assumption of an
increased aggressiveness of certain breeds is not justified.
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Bullterrier, Dogo Argentino, Dogue de Bordeaux, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastin Espanol,
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(Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz - HundVerbrEinfG) 12.04.2001,
BGBl. I S. 530
Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) vom 12. Dezember 2002,
(Nds. GVBl. 2003 S. 2)
159
LITERATURVERZEICHNIS
Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) vom 12. Dezember 2002
(Nds. GVBl. 2003 S. 2 ), geändert durch Gesetz vom 30. Oktober 2003 (Nds. GVBl. S. 367)
Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) vom 26. Mai 2011
(Nds.GVBl. Nr.11/2011 S.130; ber. S.184)
160
>=3
42
6
4
1
4
2
0
0
2
1
1
2
0
1
1
0
1
1
1
1
0
9
2
1
1
0
0
1
1
0
0
1
0
1
1
0
0
0
0
0
0
1
1
1
1
2
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
>=3
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
9
3
2
3
0
0
1
1
0
0
1
0
1
1
0
0
0
0
0
0
1
ANHANG
2
0
2
2
0
1
2
1
0
0
0
0
1
0
2
1
0
0
0
0
0
<3
9 ANHANG
B-Hunde
m
w
9.1 Datenmaterial
161
Tabelle 9.1 einzelne Rassen, Anteile an A und B-Hunden, Geschlechts- und Altersverteilung
B-Hunde
A-Hunde
Rasse
n
%
A
B
%
%
m
w
<3
gesamt
an Rasse an gesamt
Mischling
53
41,74
43
10
18,87
7,9
23
20
Rottweiler
9
7,09
6
3
33,34
2,4
3
3
DSH
8
6,3
6
2
25
1,6
4
2
Amstaff
7
5,52
4
3
42,86
2,4
1
2
Golden Retriever
4
3,15
4
0
0
0
3
1
Bernhardiner
3
2,37
3
0
0
0
2
1
Pitbull-Terrier
3
2,37
2
1
33,34
0,8
1
1
Austr.Shepard
2
1,58
1
1
50
0,8
1
0
Labrador Retr.
2
1,58
2
0
0
0
1
1
Staff.Bullterrier
2
1,58
2
0
0
0
1
1
Hovawart
2
1,58
1
1
50
0,8
1
0
Rauhaardackel
2
1,58
2
0
0
0
2
0
Dobermann
2
1,58
1
1
50
0,8
1
0
Alt.SH
2
1,58
1
1
50
0,8
1
0
Bordeux Dog.
3
2,37
3
0
0
0
2
1
kl. Münsterl.
1
0,79
1
0
0
0
1
0
Irish Setter
1
0,79
1
0
0
0
1
0
Dtsch.Drahth.
1
0,79
1
0
0
0
1
0
Dtsch.Kurzh.
1
0,79
1
0
0
0
0
1
Neufundländer
1
0,79
1
0
0
0
0
1
Shar-Pei
1
0,79
0
1
100
0,8
0
0
Rasse
gesamt
gesamt %
%
A
gesamt
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
2
1
1
1
1
127
100%
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
0,79
1,58
0,79
0,79
0,79
0,79
0
B
1
1
1
0
0
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
0
100
78,75
%
%
m
an Rasse an gesamt
0
0
0
1
1
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
27
21,96
0
0
0
100
100
0
0
0
0
0
0
50
0
0
0
0
0
0
0
0,8
0,8
0
0
0
0
0
0
0,8
0
0
0
0
w
<3
>=3
m
w
<3
>=3
1
1
0
0
0
1
0
1
1
1
1
0
1
0
1
1
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
1
0
0
0
1
0
0
0
0
1
1
0
1
0
0
0
0
0
0
1
0
1
0
0
1
0
0
1
0
1
1
1
1
1
1
0
0
0
1
1
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
60
39
18
81
22
5
3
24
ANHANG
162
Akita Inu
Mops
Perro d.P.d.Can.
Dtsch.Jagdt.
Malinois
K.Blue Terr.
Kuvasz
Boxer
Jack-Russel T.
Engl. Bulld.
Franz. Bulld.
Weimaraner
Kangal
Husky
Dogo Canario
Rhod.Ridgeb.
n
ANHANG
Tab. 9.2 einzelne Rassen, Alter, Geschlecht, Art des Vorfalles, Bewertung
Rasse
Rasse vereinfacht Alter
Geschlecht Vorfall
Labrador-DSH-Mix
Mischling
3m
Hovawart
Hovawart
11 m
Staffordshire Terrier-Mix
Mischling
4w
Pudel-Mix
Mischling
4w
DSH
DSH
8,5 m
Staffordshire-Bullterrier-Labrador
Mischling
Mix
5m
Rottweiler/Am.Staff.Mix
Mischling
4,5 m
Staffordshire Terrier
American Staffordshire Terrier 4 w
DSH
DSH
7m
Boxer-Schäferhund-Mix
Mischling
6m
Husky
Husky
8w
Labrador-Mix
Mischling
>3
w
Rhodesian-Ridgeback
Rhodesian Ridgeback
9m
Australian Shepherd
Australian Shepherd
2,5 m
DSH
DSH
7w
DSH
DSH
7w
Bordercollie-Schäferhund Mix Mischling
5m
Staffordshire-Bullterrier Mix Mischling
5w
Weimaraner
Weimaraner
8m
American Staffordshire Terrier Mix
Mischling
5m
Irish Setter
Irish Setter
5m
Akita Inu
Akita Inu
7,5 m
Golden Retriever-Deutsch-Kurzhaar
Mischling
Mix
7w
Boxer
Boxer
2m
Rottweiler
Rottweiler
8,5 m
Bernhardiner
Bernhardiner
6m
DSH
DSH
2m
Labrador-DSH-Mix
Mischling
5m
Labrador-Mix
Mischling
4m
Dobermann
Dobermann
2m
Labrador-Münsterländer Mix Mischling
3m
Pitbull-Terrier
Pitbull Terrier
1m
Pitbull-Terrier
Pitbull Terrier
1w
Pitbull-Terrier
Pitbull Terrier
3m
Staff.Bullterrier
Staffordshire Bullterrier
7,5 w
Jack-Russel Terrier
Jack Russel Terrier
8m
DSH-Mix
Mischling
10 m
Deutscher Jagdterrier
Deutscher Jagdterrier
1,5 m
Altdeutscher Schäferhund
Altdeutscher Schäferhund
6m
163
Bewertung
2B
3B
11 A
2A
9A
14 A
6B
6B
3B
9B
4A
6A
3A
3A
6B
12 A
2A
4A
2B
3A
2A
4A
4A
6A
2B
3A
3A
2A
4B
4A
13 A
14 A
14 A
14 B
4A
3A
3A
3B
6A
ANHANG
Fortsetzung Tab. 9.2. einzelne Rassen, Alter, Geschlecht, Art des Vorfalles, Bewertung
Rasse
Rasse vereinfacht Alter
Geschlecht Vorfall
Bewertung
Kerry-Blue Terrier
Kerry Blue Terrier
8m
4A
Golden Retriever
Golden Retriever
7m
6A
Berner-Sennenhund-Schäferhund-Mix
Mischling
2,5 w
4A
Rottweiler
Rottweiler
4m
10 B
Rottweiler
Rottweiler
5m
11 A
Bernhardiner
Bernhardiner
7w
3A
Pittbull-Rottweiler-Mix
Mischling
>3
m
6A
Golden Retriever
Golden Retriever
9m
3A
Deutsch Drahthaar
Deutsch Drahthaar
6m
3A
Labrador-Doggen Mix
Mischling
5m
4A
DSH-Mix
Mischling
9w
3B
DSH
DSH
3m
8A
American Staffordshire-MischlingMischling
6m
5B
Dalmatiner Mix
Mischling
3w
8A
DSH
DSH
2,5 w
5A
american Staffordshire
American Staffordshire Terrier 3 m
3B
Altdeutscher Schäferhund
Altdeutscher Schäferhund
8m
3B
Australian Shepherd
Australian Shepherd
7m
7B
Rauhaardackel
Rauhaardackel
11 m
4A
Rauhaardackel
Rauhaardackel
11 m
4A
DSH-Mix
Mischling
7m
4A
Dobermann
Dobermann
6,5 m
8B
Labrador-Setter-Mix
Mischling
9w
4A
Labrador-Boxer-Mix
Mischling
9,5 m
4A
american Staffordshire
American Staffordshire Terrier1,5 w
6A
Kuvasz
Kuvasz
2,5 w
6A
Rottweiler-Dobermann-Mix
Mischling
3,5 w
4A
Boxer-Mischling
Mischling
3w
6A
Berner-Sennenhund-Schäferhund-Mix
Mischling
1,5 m
3B
Neufundländer
Neufundländer
9w
6A
Labrador Mix
Mischling
9w
4A
Shar-Pei
Shar Pei
4m
4B
Deutsch Kurzhaar
Deutsch Kurzhaar
8w
3A
Golden-Retriever -Labrador Mix Mischling
5m
4A
164
ANHANG
Fortsetzung Tab. 9.2. einzelne Rassen, Alter, Geschlecht, Art des Vorfalles, Bewertung
Rasse
Labrador-Mix
Australian Shepherd-Mix
American Staffordshire Terrier
Golden Retriever
Rhodesian-Ridgeback-Mix
Rottweiler
Golden Retriever-Labrador Mix
Rottweiler
American Staffordshire Terrier
Golden-Retriever-Mix
Rottweiler
Boxer-Labrador Mix
Mops
Golden Retriever
Labrador Retriever
kl. Münsterländer
American Staffordshire
Rottweiler
Bordeuxdogge
Bordeuxdogge
Kangal
Labrador Retriever
Perro De Presa Canario
Schäferhund-Husky Mix
Bordercollie-Mix
Rottweiler
Labrador-Mix
Bordercollie-Mix
Englische Bulldogge
Französische Bulldogge
Alano-Mix
Weimaraner
Pitbull-Terrier-Mix
Labrador-Retriever Mix
American-Staffordshire
DSH
Rasse vereinfacht Alter
Geschlecht Vorfall
Bewertung
Mischling
8m
6A
Mischling
4,5 m
4B
American Staffordshire Terrier1,5 w
6A
Golden Retriever
5w
2A
Mischling
6m
3A
Rottweiler
3w
4A
Mischling
6m
4A
Rottweiler
3w
6A
American Staffordshire Terrier1,5 w
4A
Mischling
4w
9A
Rottweiler
3w
6B
Mischling
6w
4A
Mops
2,5 m
3A
Golden Retriever
6m
5A
Labrador Retriever
4,5 w
3A
kleiner Münsterländer
2,5 m
1A
American Staffordshire Terrier 4 w
6B
Rottweiler
7w
4A
Bordeuxdogge
1,5 m
11 A
Bordeuxdogge
1,5 w
11 A
Kangal
3m
3A
Labrador Retriever
6m
1A
Perro De Presa Canario
9w
4A
Mischling
5m
2B
Mischling
7w
8A
Rottweiler
4m
6A
Mischling
1w
3A
Mischling
7w
8A
Englische Bulldogge
2m
3A
Französische Bulldogge
3m
2A
Mischling
3m
11 A
Weimaraner
3,5 w
6A
Mischling
3,5 m
3B
Mischling
7m
2A
American Staffordshire Terrier4,5 m
4A
DSH
6m
3A
165
ANHANG
Fortsetzung Tab. 9.2. einzelne Rassen, Alter, Geschlecht, Art des Vorfalles, Bewertung
Rasse
Labrador Mix
Mischling (<30kg)
Malinois
Bordercollie-Mix
Rottweiler
Münsterländer-Drahthaar Mix
Riesenschnauzer-Labrador-Mix
Staff.Bullterrier
Bardino-Mischling
Rottweiler-Mischling
Hovawart
Bernhardiner
Boxer-Mix
Dogo Canario
Labrador Mischling
Golden Retriever
Bordeuxdogge
Rhodesian-Ridgeback Mix
Rasse vereinfacht Alter
Mischling
Mischling
Malinois
Mischling
Rottweiler
Mischling
Mischling
Staffordshire Bullterrier
Mischling
Mischling
Hovawart
Bernhardiner
Mischling
Dogo Canario
Mischling
Mischling
Bordeuxdogge
Mischling
Geschlecht Vorfall
3w
8m
2m
6,5 w
4m
9m
3m
6m
6m
6w
4m
2m
3,5 w
8m
10 m
10 m
5m
4m
Legende:
A= ohne inadäquat aggressives/gestört aggressives Verhalten
B= mit inadäquat aggressives/gestört aggressives Verhalten
Vorfallschlüssel
Tier getötet
Kind gebissen
Erwachsenen gebissen
Hund gebissen
Hund getötet
nicht bekannt
Kind und Erwachsenen gebissen
mehrfach Erwachsene gebissen
Menschen und Hunde gebissen
Mensch getötet-Besitzer
kein vorfall
wegen durchgefallenem wt
Tier gehetzt
Kind getötet
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
166
Bewertung
3A
8A
8B
3A
2A
4A
3A
4A
6A
4A
8A
2A
4A
2A
4A
3A
4A
5A
ANHANG
Tab. 9.3 Skalierungsverteilung in den einzelnen Situationen, geordnet nach Ablaufschema im
Wesenstest, absolute Zahlen
Situation
Skalierung 1 Skalierung 2 Skalierung 3 Skalierung 4 Skalierung 5 Skalierung 6 gesamt
Spiel mit Besitzer
113
0
0
0
1
4
Spiel fremde Person
99
7
0
1
3
9
Geschäft
102
2
1
0
2
0
ranganmaßende Gesten
112
2
0
0
2
0
Anstarren
54
56
0
1
7
0
schwarzer Mantel
81
4
0
0
1
0
Blinder
114
2
0
1
0
1
freundliche Ansprache
112
3
0
0
2
1
Humpeln
110
5
0
0
0
0
Stolpern
110
4
0
1
1
2
Streifen
112
3
0
0
1
1
Jogger
102
2
0
2
3
7
Betrunkener
97
12
0
1
4
0
Gruppe
111
2
0
0
3
1
Fahrstuhl
110
4
0
0
1
1
Berührung i. Fahrstuhl
106
4
0
1
3
1
Weinen
105
9
0
0
2
0
Abruptes Aufstehen
102
2
0
1
3
3
Klatschen&Schreien
93
7
0
1
5
4
Anschreien
76
22
1
4
8
0
Ansprache nach Anschreien
93
7
0
0
2
1
118
119
107
116
118
86
118
118
115
118
117
116
114
117
116
115
116
111
110
111
103
lärmendes Gerät
Luftballons
Regenschirm
Ball
Kinderwagen
Fahrradfahrer
Anschreien
Bedrohung mit Stock
Feuerzeug
Schrubber
114
114
112
113
109
93
61
62
79
82
111
108
107
105
106
88
46
41
71
80
1
5
1
1
2
4
7
13
6
1
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
167
0
0
0
0
0
0
2
3
0
0
2
1
3
5
1
1
6
5
2
1
0
0
0
2
0
0
0
0
0
0
ANHANG
Tab. 9.4 Skalierungsverteilung in % für die Bedrohungssituationen
Bedrohungssituationen
Anstarren
Anschreien
Anschreien(Hd/Umwelt)
Bedrohung mit Stock
Skalierung (%)
1
45,8
68,5
75,5
66,2
2
47,5
19,9
11,5
21
3
0
1
0
0
4
0,9
3,7
3,3
4,9
5
6
7,3
9,9
8,1
6
0
0
0
0
5
0
2,8
4,6
4,5
6
0,9
2,8
3,7
1,8
Tab. 9.5 Skalierungsverteilung in % für die ungewöhnlichen Situationen
Nichtbedrohungssituationen Skalierung %
ungewöhnliche Situationen
1
Blinder
96,7
Abruptes Aufstehen
91,9
Klatschen&Schreien
84,6
Ball
93
2
1,7
1,9
6,4
0,9
168
3
0
0
0
0
4
0,9
1
1
0
ANHANG
Tab. 9.6 Skalierungsverteilung in % für die Alltagssituationen
Skalierung %
1
Spiel mit Besitzer
95,8
Spiel fremde Person
83,2
Geschäft
95,4
ranganmaßende Gesten
96,6
schwarzer Mantel
94,2
freundliche Ansprache
95
Humpeln
95,7
Stolpern
93,3
Streifen
95,8
Jogger
88
Betrunkener
85,1
Gruppe
94,9
Fahrstuhl
94,9
Berührung i. Fahrstuhl
92,2
Weinen
90,6
Ansprache nach Anschreien
90,3
lärmendes Gerät
97,4
Luftballons
94,8
Regenschirm
95,6
Kinderwagen
97,3
Fahrradfahrer
94,7
Feuerzeug
89,9
Schrubber
97,6
Alltagssituationen
2
0
6
1,9
1,8
4,7
2,6
4,4
3,4
2,6
1,8
10,6
1,8
3,5
3,5
7,8
6,8
0,9
4,4
0,9
1,9
4,4
7,6
1,3
3
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0,9
0
0
0
0
4
0
0,9
0
0
0
0
0
0,9
0
1,8
0,9
0
0
0,9
0
0
0
0
0
0
0
0
0
5
0,9
2,6
1,9
1,8
1,2
1,7
0
0,9
0,9
2,6
3,6
2,6
0,9
2,7
1,8
2
1,8
0,9
2,7
1
1,1
2,6
1,3
6
3,4
7,7
0
0
0
0,9
0
1,7
0,9
6,1
0
0,9
0,9
0,9
0
1
0
0
0
0
0
0
0
Skalierung 1 Skalierung 2 Skalierung 3 Skalierung 4 Skalierung 5 Skalierung 6
Bedrohungssituationen
64
25
0,3
3,2
7,9
0
ungewöhnliche Situationen
91,6
2,8
0
0,8
3
2,3
Alltagssituationen
93,5
3,7
0,1
0,3
1,8
1,1
Nichtbedrohungssituationen
93,2
3,6
0,1
0,4
2
1,3
169
ANHANG
Tab. 9.7 Skalierungsverteilung für die Kategorie „bullartige Terrier“
Skalierung
n
% an Kategorie
% an gesamt(jew.Skalierung)
bullartige Terrier
1
6
50
15
2
2
16,7
4,1
3
0
0
0
4
0
0
0
5
1
8,3
5,6
6
3
25
20
Tab. 9.8 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“
Bauernhunde
Skalierung
1
n
8
% an Kategorie
25,8
% an gesamt(jew.Skalierung)
20
2
11
35,5
22,5
3
0
0
0
4
1
3,2
1
5
5
16,1
27,8
6
6
19,4
40
4
0
0
0
5
10
20
55,6
6
4
8
26,7
4
0
0
0
5
1
5,9
5,6
6
1
5,9
6,7
4
0
0
0
5
1
50
5,6
6
0
0
0
Tab. 9.9 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Mischlinge“
Mischlinge
Skalierung
n
% an Kategorie
% an gesamt(jew.Skalierung)
1
11
22
27,5
2
24
48
49
3
1
2
50
Tab. 9.10 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Jagdhunde“
Jagdhunde
Skalierung
n
% an Kategorie
% an gesamt(jew.Skalierung)
1
9
52,9
22,5
2
5
29,4
10,3
3
1
5,9
50
Tab. 9.11 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Terrier“
Terrier
Skalierung
n
% an Kategorie
% an gesamt(jew.Skalierung)
1
0
0
0
2
1
50
2,1
170
3
0
0
0
ANHANG
Tab. 9.12 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Hütehunde“
Skalierung
n
% an Kategorie
% an gesamt(jew.Skalierung)
Hütehunde
1
1
50
2,5
2
0
0
0
3
0
0
0
4
0
0
0
5
0
0
0
6
1
50
6,7
Tab. 9.13 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Doggenartige“
Doggenartige
Skalierung
1
n
4
% an Kategorie
57,1
% an gesamt(jew.Skalierung)
10
2
3
42,9
6,2
3
0
0
0
4
0
0
0
5
0
0
0
6
0
0
0
9.2 Gesetzestexte des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden von 2002
und der Änderung aus Oktober 2003
Niedersächsisches Gesetz
über das Halten von Hunden (NHundG)
Vom 12. Dezember 2002
(Nds. GVBl. 2003 S. 2 – VORIS 21011 –)
Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§1
Zweck des Gesetzes
Zweck des Gesetzes ist es, Gefahren für die öffentliche Sicherheit vorzubeugen und
abzuwehren, die mit dem Halten und Führen von Hunden verbunden sind.
§2
Allgemeine Pflichten
171
ANHANG
Hunde sind so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahren für die öffentliche
Sicherheit ausgehen.
§3
Erlaubnispflicht
(1) Wer einen nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 gefährlichen Hund hält, bedarf der
Erlaubnis.
(2) Als gefährlich gelten die in §2 Abs.1 Satz 1 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12.April 2001 (BGBl.I S.530) genannten Hunde.
(3) 1Erhält die Behörde einen Hinweis darauf, dass ein Hund einer anderen Rasse oder
eines anderen Typs eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder
Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft,
Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat, so hat sie den Hinweis von Amts wegen zu prüfen.
2
Ergibt die Prüfung Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine
Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde fest, dass der Hund
gefährlich ist. 3Widerspruch und Klage gegen diese Feststellung haben keine aufschiebende
Wirkung.
(4) 1Personen, die mit einer nach §11 des Tierschutzgesetzes erteilten Erlaubnis ein
Tierheim oder eine ähnliche Einrichtung betreiben, bedürfen keiner Erlaubnis nach Absatz 1.
2
Gleiches gilt für Körperschaften des öffentlichen Rechts für die von ihnen gehaltenen
Diensthunde.
(5) 1Einer Erlaubnis nach Absatz1 bedarf ferner nicht, wer in Niedersachsen keine
Hauptwohnung im Sinne des § 8 Abs.1 des Niedersächsischen Meldegesetzes (NMG) hat und
sich nicht länger als zwei Monate ununterbrochen in Niedersachsen aufhält. 2Ein gefährlicher
Hund nach Absatz 2 ist außerhalb ausbruchsicherer Grundstücke anzuleinen.
§4
172
ANHANG
Beantragung der Erlaubnis
1
Beantragt eine Hundehalterin oder ein Hundehalter eine Erlaubnis, so gilt das Halten des
Hundes bis zur Entscheidung über den Antrag als erlaubt. 2Der Hund ist außerhalb
ausbruchsicherer Grundstücke anzuleinen und hat einen Maulkorb zu tragen. 3Die Person, die
den Hund führt, hat eine von der Behörde auszustellende Bescheinigung über die
Antragstellung mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
§5
Voraussetzungen und Inhalt der Erlaubnis
(1) Die Erlaubnis ist nur zu erteilen, wenn
1.
die Hundehalterin oder der Hundehalter das 18.Lebensjahr vollendet hat und die zum
Halten des gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 6), persönliche Eignung
(§ 7) und Sachkunde (§ 8) besitzt,
2.
die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest (§ 9)
nachgewiesen ist,
3.
der Hund unveränderlich so gekennzeichnet ist, dass seine Identifizierung gewährleistet
ist, und
4.
der Abschluss einer Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Hund
verursachten Schäden (§ 10) nachgewiesen ist.
(2) Ist die Hundehalterin oder der Hundehalter eine juristische Person, so sind die
Anforderungen des Absatzes 1 Nr. 1 durch die für die Betreuung des Hundes verantwortliche
Person zu erfüllen.
(3) 1Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat der Behörde innerhalb von drei Monaten
die
Unterlagen
vorzulegen,
die
erforderlich
sind,
um
das
2
Vorliegen
der
Erlaubnisvoraussetzungen zu prüfen. Die Frist kann auf Antrag um höchstens drei Monate
verlängert werden. 3Nach Ablauf der Frist ist die Erlaubnis zu versagen.
173
ANHANG
(4) 1Die Erlaubnis kann befristet und unter Vorbehalt des Widerrufs erteilt sowie mit
Bedingungen und Auflagen verbunden werden.
2
Auflagen können auch nachträglich
aufgenommen, geändert oder ergänzt werden.
(5) Widerspruch und Klage gegen die Versagung der Erlaubnis haben keine
aufschiebende Wirkung.
§6
Zuverlässigkeit
1
1.
Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer
wegen
a) unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Hunden,
b) einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz, dem Waffengesetz, dem Gesetz über die
Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz,
c) einer anderen, vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50
Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe
rechtskräftig verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten
Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind, oder
2.
2
wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften dieses Gesetzes verstoßen hat.
Zur Prüfung der Zuverlässigkeit hat die Hundehalterin oder der Hundehalter ein
Führungszeugnis
zur
Vorlage
bei
einer
Behörde
nach
§
30
Bundeszentralregistergesetzes zu beantragen.
§7
Persönliche Eignung
(1) Die erforderliche persönliche Eignung besitzt in der Regel nicht, wer
1.
geschäftsunfähig ist,
174
Abs.
5
des
ANHANG
2.
aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung
nach §1896 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreut wird,
3.
von Alkohol oder Betäubungsmitteln abhängig ist oder
4.
aufgrund geringer körperlicher Kräfte den Hund nicht sicher führen kann.
(2) Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen, so
kann die Behörde die Beibringung eines fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens
anordnen.
§8
Sachkunde
Den Nachweis der erforderlichen Sachkunde hat erbracht, wer aufgrund seiner
Kenntnisse und Fähigkeiten den Hund so halten und führen kann, dass von diesem
voraussichtlich keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
§9
Wesenstest
1
Die Sozialverträglichkeit des Hundes kann nur durch einen Wesenstest nachgewiesen
werden, der von einer vom Fachministerium zugelassenen Person oder Stelle durchgeführt
worden ist. 2Der Nachweis der Sozialverträglichkeit kann auch durch einen in einem anderen
Land oder Staat durchgeführten Test erbracht werden, wenn das Fachministerium den Test
dieses Landes oder Staates als dem Wesenstest nach Satz 1 gleichwertig anerkannt hat.
§ 10
Haftpflichtversicherung
1
Die Haftpflichtversicherung ist mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von
500 000 Euro für Personenschäden und in Höhe von 250 000Euro für Sachschäden und
sonstige Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. 2Zuständige Stelle nach §
175
ANHANG
158 c Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag ist die nach § 15 zuständige
Behörde.
§ 11
Führen eines gefährlichen Hundes
(1) Die Hundehalterin oder der Hundehalter darf einen gefährlichen Hund außerhalb
ausbruchsicherer Grundstücke nur persönlich führen oder eine Person damit beauftragen, die
eine Bescheinigung nach Absatz 4 Satz 1 besitzt.
(2) Gefährliche Hunde sind außerhalb ausbruchsicherer privater Grundstücke anzuleinen.
(3) Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat beim Führen eines gefährlichen Hundes
die Erlaubnis mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
(4) 1Die Behörde hat einer anderen Person als der Hundehalterin oder dem Hundehalter
auf Antrag eine Bescheinigung auszustellen, dass sie einen gefährlichen Hund außerhalb
ausbruchsicherer Grundstücke führen darf, wenn die Person die Voraussetzungen des § 5
Abs.1 Nr. 1 erfüllt. 2Sie hat diese Bescheinigung und die Erlaubnis beim Führen des Hundes
mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
§ 12
Mitwirkungspflichten, Betretensrecht
(1) Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen Hundes hat der Behörde
1.
die Aufgabe des Haltens des Hundes einschließlich des Namens und der Anschrift einer
neuen Hundehalterin oder eines neuen Hundehalters,
2.
das Abhandenkommen oder den Tod des Hundes und
3.
An- und Abmeldungen (§ 9 Abs.1 und 2 NMG) sowie Anzeigen (§ 13 Abs. 2 NMG)
unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
176
ANHANG
(2)
1
Soweit dies zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist, haben
Hundehalterinnen und Hundehalter die ihren Hund betreffenden Feststellungen zu
ermöglichen, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen.
2
Die zur Auskunft
verpflichtete Person kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie
oder eine der in § 383 Abs.1 Nrn.1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Personen der
Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über
Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
(3) 1Bedienstete und sonstige Beauftragte der Behörde dürfen, soweit dies zur
Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist,
1.
Grundstücke mit Ausnahme von Wohngebäuden jederzeit und
2.
Betriebsräume während der Betriebszeiten
betreten.
2
Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs.1 des
Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
§ 13
Sonstige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
(1) Die Behörde kann unbeschadet der Vorschriften dieses Gesetzes nach Maßgabe des
Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes (NGefAG) die im Einzelfall notwendigen
Maßnahmen treffen, um eine von einem Hund ausgehende Gefahr für die öffentliche
Sicherheit abzuwehren.
(2) Die Befugnis der nach §55 NGefAG zuständigen Behörden, Verordnungen zur
Abwehr abstrakter von Hunden ausgehender Gefahren zu erlassen, bleibt unberührt.
§ 14
177
ANHANG
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
einen Hund entgegen §3 Abs.5 Satz 2 nicht angeleint führt,
2.
einen Hund entgegen §4 Satz2 nicht angeleint oder ohne Maulkorb führt,
3.
entgegen §4 Satz 3 die Bescheinigung über die Antragstellung nicht mitführt oder
aushändigt,
4.
gegen eine Auflage oder Bedingung nach § 5 Abs.4 verstößt,
5.
einen Hund entgegen § 11 Abs.1 durch eine Person führen lässt, die keine Bescheinigung
nach § 11 Abs. 4 Satz 1 besitzt,
6.
einen Hund entgegen § 11 Abs. 2 nicht angeleint führt,
7.
entgegen § 11 Abs.3 die Erlaubnis nicht mitführt oder aushändigt,
8.
entgegen §11 Abs.4 Satz 2 die Erlaubnis oder die Bescheinigung nicht mitführt oder
aushändigt,
9.
entgegen §12 Abs.1 eine Mitteilungspflicht nicht erfüllt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10 000Euro geahndet
werden.
§ 15
Zuständigkeit, Deckung der Kosten
(1) 1Die Aufgaben nach diesem Gesetz werden von den Landkreisen und kreisfreien
Städten wahrgenommen. 2In der Region Hannover ist die Landeshauptstadt Hannover in
ihrem Gebiet, im Übrigen die Region Hannover zuständig. 3Die Zuständigkeit der großen
selbständigen Städte nach § 11 Abs.1 Satz 1 sowie der selbständigen Gemeinden nach § 12
Abs.1 Satz 3 der Niedersächsischen Gemeindeordnung wird ausgeschlossen.
178
ANHANG
(2) 1Die Aufgaben nach diesem Gesetz gehören zum übertragenen Wirkungskreis. 2Die
durch die Wahrnehmung dieser Aufgaben entstehenden Kosten werden im Rahmen des
kommunalen Finanzausgleichs abgegolten.
§ 16
In-Kraft-Treten und Übergangsvorschriften
(1) Dieses Gesetz tritt am 1.März 2003 in Kraft.
(2) 1Eine Ausnahmegenehmigung, die nach §1 Abs.2 der Gefahrtierverordnung vom
5.Juli 2000 (Nds. GVBl. S. 149), geändert durch Verordnung vom 12.September 2001 (Nds.
GVBl. S. 608), erteilt ist, gilt als Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 fort. 2Diese erlischt, wenn nicht
bis zum 31. Mai 2003 der Abschluss einer Haftpflichtversicherung nach § 10 gegenüber der
Behörde nachgewiesen wird.
Niedersächsisches Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG)
Vom 12. Dezember 2002 (Nds. GVBl. 2003 S. 2 )
Geändert durch Gesetz vom 30. Oktober 2003 (Nds. GVBl. S. 367)
Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 – Zweck des Gesetzes
Zweck des Gesetzes ist es, Gefahren für die öffentliche Sicherheit vorzubeugen und
abzuwehren, die mit dem Halten und Führen von Hunden verbunden sind.
179
ANHANG
§ 2 – Allgemeine Pflichten
Hunde sind so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahren für die öffentliche
Sicherheit ausgehen.
§ 3 – Erlaubnispflicht
(1) Wer einen nach Maßgabe des Absatzes 2 gefährlichen Hund hält, bedarf der Erlaubnis.
(2) Erhält die Behörde einen Hinweis darauf, dass ein Hund eine gesteigerte Aggressivität
aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß
hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat, so hat sie den
Hinweis von Amts wegen zu prüfen. Ergibt die Prüfung Tatsachen, die den Verdacht
rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt
die Behörde fest, dass der Hund gefährlich ist. Widerspruch und Klage gegen diese
Feststellung haben keine aufschiebende Wirkung.
(3) Personen, die mit einer nach § 11 des Tierschutzgesetzes erteilten Erlaubnis ein Tierheim
oder eine ähnliche Einrichtung betreiben, bedürfen keiner Erlaubnis nach Absatz 1. Gleiches
gilt für Körperschaften des öffentlichen Rechts für die von ihnen gehaltenen Diensthunde.
(4) Einer Erlaubnis nach Absatz 1 bedarf ferner nicht, wer in Niedersachsen keine
Hauptwohnung im Sinne des § 8 Abs. 1 des Niedersächsischen Meldegesetzes (NMG) hat
und sich nicht länger als zwei Monate ununterbrochen in Niedersachsen aufhält.
§ 4 – Beantragung der Erlaubnis
Beantragt eine Hundehalterin oder ein Hundehalter eine Erlaubnis, so gilt das Halten des
Hundes bis zur Entscheidung über den Antrag als erlaubt. Der Hund ist außerhalb
ausbruchsicherer Grundstücke anzuleinen und hat einen Maulkorb zu tragen. Die Person, die
den Hund führt, hat eine von der Behörde auszustellende Bescheinigung über die
Antragstellung mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
180
ANHANG
§ 5 – Voraussetzungen und Inhalt der Erlaubnis
(1) Die Erlaubnis ist nur zu erteilen, wenn
1. die Hundehalterin oder der Hundehalter das 18. Lebensjahr vollendet hat und die zum
Halten des gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 6), persönliche Eignung (§ 7)
und Sachkunde (§8) besitzt,
2. die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest (§ 9)
nachgewiesen ist,
3. der Hund unveränderlich so gekennzeichnet ist, dass seine Identifizierung gewährleistet ist,
und
4. der Abschluss einer Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Hund verursachten
Schäden (§ 10) nachgewiesen ist.
(2) Ist die Hundehalterin oder der Hundehalter eine juristische Person, so sind die
Anforderungen des Absatzes 1 Nr. 1 durch die für die Betreuung des Hundes verantwortliche
Person zu erfüllen.
(3) Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat der Behörde innerhalb von drei Monaten die
Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen
zu prüfen. Die Frist kann auf Antrag um höchstens drei Monate verlängert werden. Nach
Ablauf der Frist ist die Erlaubnis zu versagen.
(4) Die Erlaubnis kann befristet und unter Vorbehalt des Widerrufs erteilt sowie mit
Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Auflagen können auch nachträglich
aufgenommen, geändert oder ergänzt werden.
(5) Widerspruch und Klage gegen die Versagung der Erlaubnis haben keine aufschiebende
Wirkung.
§ 6 – Zuverlässigkeit
Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer
1. wegen
a) unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Hunden,
181
ANHANG
b) einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz, dem Waffengesetz, dem Gesetz über die
Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz,
c) einer anderen, vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50
Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist, wenn seit dem
Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind, oder
2. wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften dieses Gesetzes verstoßen hat.
Zur Prüfung der Zuverlässigkeit hat die Hundehalterin oder der Hundehalter ein
Führungszeugnis
zur
Vorlage
bei
einer
Behörde
nach
§
30
Abs.
5
des
Bundeszentralregistergesetzes zu beantragen.
§ 7 – Persönliche Eignung
(1) Die erforderliche persönliche Eignung besitzt in der Regel nicht, wer
1. geschäftsunfähig ist,
2. aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung
nach §1896 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreut wird,
3. von Alkohol oder Betäubungsmitteln abhängig ist oder
4. aufgrund geringer körperlicher Kräfte den Hund nicht sicher führen kann.
(2) Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen, so kann
die Behörde die Beibringung eines fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens
anordnen.
§ 8 – Sachkunde
Den Nachweis der erforderlichen Sachkunde hat erbracht, wer aufgrund seiner Kenntnisse
und Fähigkeiten den Hund so halten und führen kann, dass von diesem voraussichtlich keine
Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
182
ANHANG
§ 9 – Wesenstest
Die Sozialverträglichkeit des Hundes kann nur durch einen Wesenstest nachgewiesen werden,
der von einer vom Fachministerium zugelassenen Person oder Stelle nach Feststellung der
Gefährlichkeit (§ 3 Abs. 2 Satz 2) durchgeführt worden ist. Der Nachweis der
Sozialverträglichkeit kann auch durch einen in einem anderen Land oder Staat durchgeführten
Test erbracht werden, wenn das Fachministerium den Test dieses Landes oder Staates als dem
Wesenstest nach Satz 1 gleichwertig anerkannt hat.
§ 10 – Haftpflichtversicherung
Die Haftpflichtversicherung ist mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von 500.000
Euro für Personenschäden und in Höhe von 250.000 Euro für Sachschäden abzuschließen und
aufrechtzuerhalten. Zuständige Stelle nach § 158c Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den
Versicherungsvertrag ist die nach § 15 zuständige Behörde.
§ 11 – Führen eines gefährlichen Hundes
(1) Die Hundehalterin oder der Hundehalter darf einen gefährlichen Hund außerhalb
ausbruchsicherer Grundstücke nur persönlich führen oder eine Person damit beauftragen, die
eine Bescheinigung nach Absatz 4 Satz 1 besitzt.
(2) Gefährliche Hunde sind außerhalb ausbruchsicherer privater Grundstücke anzuleinen.
(3) Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat beim Führen eines gefährlichen Hundes die
Erlaubnis mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
(4) Die Behörde hat einer anderen Person als der Hundehalterin oder dem Hundehalter auf
Antrag eine Bescheinigung auszustellen, dass sie einen gefährlichen Hund außerhalb
ausbruchsicherer Grundstücke führen darf, wenn die Person die Voraussetzungen des § 5 Abs.
1 Nr. 1 erfüllt. Sie hat diese Bescheinigung und die Erlaubnis beim Führen des Hundes
mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
183
ANHANG
§ 12 – Mitwirkungspflichten, Betretensrecht
(1) Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen Hundes hat der Behörde
1. die Aufgabe des Haltens des Hundes einschließlich des Namens und der Anschrift einer
neuen Hundehalterin oder eines neuen Hundehalters,
2. das Abhandenkommen oder den Tod des Hundes und
3. An- und Abmeldungen (§ 9 Abs. 1 und 2 NMG) sowie Anzeigen (§ 13 Abs. 2 NMG)
unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
(2) Soweit dies zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist, haben Hundehalterinnen
und Hundehalter die ihren Hund betreffenden Feststellungen zu ermöglichen, Auskünfte zu
erteilen und Unterlagen vorzulegen. Die zur Auskunft verpflichtete Person kann die Auskunft
auf solche Fragen verweigern,
deren Beantwortung sie oder eine der in § 383 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung
bezeichneten Personen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach
dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
(3) Bedienstete und sonstige Beauftragte der Behörde dürfen, soweit dies zur Wahrnehmung
ihrer Aufgaben erforderlich ist,
1. Grundstücke mit Ausnahme von Wohngebäuden jederzeit und
2. Betriebsräume während der Betriebszeiten betreten. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit
der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes)
wird insoweit eingeschränkt.
§ 13 – Sonstige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
(1) Die Behörde kann unbeschadet der Vorschriften dieses Gesetzes nach Maßgabe des
Niedersächsischen
Gefahrenabwehrgesetzes (NGefAG) die im Einzelfall notwendigen Maßnahmen treffen, um
eine von einem Hund ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.
(2) Die Befugnis der nach § 55 NGefAG zuständigen Behörden, Verordnungen zur Abwehr
abstrakter
von Hunden ausgehender Gefahren zu erlassen, bleibt unberührt.
184
ANHANG
§ 14 – Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. einen Hund entgegen § 4 Satz 2 nicht angeleint oder ohne Maulkorb führt,
2. entgegen § 4 Satz 3 die Bescheinigung über die Antragstellung nicht mitführt oder
aushändigt,
3. gegen eine Auflage nach § 5 Abs. 4 verstößt,
4. einen Hund entgegen § 11 Abs. 1 durch eine Person führen lässt, die keine Bescheinigung
nach § 11 Abs. 4 Satz 1 besitzt,
5. einen Hund entgegen § 11 Abs. 2 nicht angeleint führt,
6. entgegen § 11 Abs. 3 die Erlaubnis nicht mitführt oder aushändigt,
7. entgegen § 11 Abs. 4 Satz 2 die Erlaubnis oder die Bescheinigung nicht mitführt oder
aushändigt,
8. entgegen § 12 Abs. 1 eine Mitteilungspflicht nicht erfüllt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden.
§ 15 – Zuständigkeit, Deckung der Kosten
(1) Die Aufgaben nach diesem Gesetz werden von den Landkreisen und kreisfreien Städten
wahrgenommen.
In der Region Hannover ist die Landeshauptstadt Hannover in ihrem Gebiet, im Übrigen die
Region Hannover zuständig. Die Zuständigkeit der großen selbständigen Städte nach § 11
Abs. 1
Satz 1 sowie der selbständigen Gemeinden nach § 12 Abs. 1 Satz 3 der Niedersächsischen
Gemeindeordnung wird ausgeschlossen.
(2) Die Aufgaben nach diesem Gesetz gehören zum übertragenen Wirkungskreis. Die durch
die Wahrnehmung dieser Aufgaben entstehenden Kosten werden im Rahmen des
kommunalen Finanzausgleichs abgegolten.
185
ANHANG
§ 16 – In-Kraft-Treten und Übergangsvorschriften
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. März 2003 in Kraft.
(2) Die Erlaubnisse oder als Erlaubnis fortgeltenden Ausnahmegenehmigungen für das Halten
von Hunden werden zum 1. Oktober 2003 unwirksam, wenn die Erlaubnispflicht allein auf
der Zugehörigkeit des Hundes zu einer Rasse oder einem Typ beruhte.
186
ANHANG
9.3 Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 4.1 Rasseanteile gesamt
68
Abbildung 4.2 Verteilung der Rassen auf die Rassekategorien nach Tab. 4.1
71
Abbildung 4.3 Anteil der B-Hunde an der Gesamtzahl
73
Abbildung 4.4 Anteil der einzelnen Rassen an den B-Hunden
74
Abbildung 4.5 Anteil der B-Hunde an der jeweiligen Kategorie
75
Abbildung 4.6 Anteil der einzelnen Kategorien an der Gesamtzahl
der B-Hunde
76
Abbildung 4.7 anteilige Darstellung der Rassen aus der Kategorie Bauern-,
Hirten- und Treibhunde (nur B-Hunde)
Abbildung 4.8 Geschlechtervergleich
78
83
Abbildung 4.9 Vergleich der Geschlechter anhand des
zugrundeliegenden Vorfalls
84
Abbildung 4.10 Altersvergleich
85
Abbildung 4.11 maximal erhaltene Skalierung
86
Abbildung 4.12 Anteil der Hunde mit der maximal erhaltenen
Skalierung „1“ an der jeweiligen Rassekategorie
88
Abbildung 4.13 Anteil der Hunde mit der Skalierung „1“o. „2“ an der
jeweiligen Rassekategorie
90
Abbildung 4.14 Anteil an den Rassekategorien bei Hunden mit der maximalen
Skalierung „5“
94
Abbildung 4.15 Anteil an den Rassekategorien bei Hunden mit der
maximalen Skalierung „6“
95
Abbildung 4.16 Skalierungsverteilung der „bullartigen Terrier“
97
Abbildung 4.17 Skalierungen der Bauern-, Hirten- und Treibhunde
98
Abbildung 4.18 Skalierungsverteilung der Mischlinge
99
Abbildung 4.19 Skalierungsverteilung der Jagdhunde
99
Abbildung 4.20 Skalierungsverteilung der Doggenartigen
100
Abbildung 4.21 Skalierungen aller Hunden in den Bedrohungssituationen
102
187
ANHANG
Abbildung 4.22 Skalierungen aller Hunden in den ungewöhnlichen Situationen
104
Abbildung 4.23 Verhalten der Hunden in den Alltagssituationen (1-5)
106
Abbildung 4.24 Verhalten der Hunden in den Alltagssituationen II (6-10)
107
Abbildung 4.25 Verhalten der Hunden in den Alltagssituationen III (11-15)
108
Abbildung 4.26 Verhalten der Hunden in den Alltagssituationen IV (16-20)
109
Abbildung 4.27 Verhalten der Hunden in den Alltagssituationen V (21-23)
110
Abbildung 4.28 Vergleich Bedrohungssituationen vs.
Nichtbedrohungssituationen
(Alltags- + ungewöhnliche Situationen)
112
Abbildung 4.29 Vergleich aller Situationen
113
Abbildung 4.30 Situationen mit der Skalierung „5“
114
Abbildung 4.31 Alltagssituationen mit der Skalierung „6“
115
188
ANHANG
9.4 Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 2.1 Einflussfaktoren auf die Eintrittswahrscheinlichkeit einer individuellen
Gefahrensituation mit einem Hund (modifiziert nach SCHÖNING 2012a,b)
5
Tabelle 2.2 offensives und defensives Aggressionsverhalten nach FEDDERSENPETERSEN
18
Tabelle 2.3 Klassifizierung des Aggressionsverhaltens am Beispiel einiger Autoren
nach BRUNS (2003)
21
Tabelle 3.1 Erläuterungen der Skalierung nach dem NHundG v. 26.05.2011
65
Tabelle 4.1 Rassekategorien
69
Tabelle 4.2 Übersicht B-Hunde
77
Tabelle 4.3 B-Hunde der Kategorie Bauern-, Hirten- und Treibhunde
77
Tabelle 4.4 Rassen und Mischlinge aus der Kategorie
„Bauern-. Hirten- und Treibhunde
79
Tabelle 4.5 B-Hunde der Kategorie „bullartige Terrier“
80
Tabelle 4.6 einzelne Rassevertreter der „bullartigen Terrier“ inkl. der Mischlinge
81
Tabelle 4.7 Art des Vorfalles
82
Tabelle 4.8 Geschlechtsunterschiede
83
Tabelle 4.9 Altersvergleich
85
Tabelle 4.10 Hunde mit der Skalierung „1“
87
Tabelle 4.11 Hunde mit der Skalierung „1“ und „2“
89
Tabelle 4.12 Rassekategorien mit der maximalen Skalierung 3
91
Tabelle 4.13 Rassekategorien mit der maximalen Skalierung 5
92
Tabelle 4.14 einzelne Hunderassen/Mischlinge mit der maximalen Skalierung „5“
93
Tabelle 4.15 Rassekategorien mit der maximalen Skalierung „6“
94
Tabelle 4.16 Rassevertreter mit der maximalen Skalierung „6“
95
Tabelle 9.1 einzelne Rassen, Anteile an A- und B- Hunden, Geschlechts- und
Altersverteilung
161
Tabelle 9.2 einzelne Rassen, Alter, Geschlecht, Art des Vorfalles, Bewertung
163
Tabelle 9.3 Skalierungsverteilung in den einzelnen Situationen, geordnet nach
Ablaufschema im Wesenstest, absolute Zahlen
189
167
ANHANG
Tabelle 9.4 Skalierungsverteilung in % für die Bedrohungssituationen
168
Tabelle 9.5 Skalierungsverteilung in % für die ungewöhnlichen Situationen
168
Tabelle 9.6 Skalierungsverteilung in % für die Alltagssituationen
169
Tabelle 9.7 Skalierungsverteilung für die Kategorie „bullartige Terrier“
170
Tabelle 9.8 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Bauern-, Hirten- und Treibhunde“170
Tabelle 9.9 Skalierungsverteilung für die Kategorie Mischlinge
170
Tabelle 9.10 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Jagdhunde
170
Tabelle 9.11 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Terrier“
170
Tabelle 9.12 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Hütehunde“
171
Tabelle 9.13 Skalierungsverteilung für die Kategorie „Doggenartige
171
190
ANHANG
9.5 Abkürzungsverzeichnis
%
Prozent
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
abs.
absolut
BGBL.
Bundesgesetzblatt
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
cm
Zentimeter
d. h.
das heißt
et al.
lat.: et alii (und andere)
etc.
lat.: et cetera (und so weiter)
FCI
Fédération Cynologique Internationale
inkl.
inklusive
max.
maximal
mod.
modifiziert
n
Stichprobenanzahl
NHundG
Niedersächsisches Gesetz über das Halten von
Hunden
NMELF
Niedersächsisches Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
Nr.
Nummer
o.
oder
org.
organisch
p
Irrtumswahrscheinlichkeit
S.
Seite
Tab.
Tabelle
u.
und
u.a.
unter anderem
z. B.
zum Beispiel
z.Zt.
zur Zeit
191
DANKSAGUNG
DANKSAGUNG
Herrn Univ. Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth danke ich sehr herzlich für die Überlassung
dieses interessanten Themas, seine Geduld und die immer freundliche Unterstützung bei der
Anfertigung dieser Arbeit. Außerdem danke ich ihm für die Ermöglichung der Mitarbeit als
wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Tierschutz und Verhalten sowie der zahlreichen
spannenden Fortbildungen in dieser Zeit.
Dr. Willa Bohnet vom Institut für Tierschutz und Verhalten der Tierärztlichen Hochschule
Hannover (Heim-, Labortiere und Pferde) danke ich für Ihre Inspiration in ihren Vorlesungen,
die mich während meiner Studienzeit für das Gebiet der Verhaltenskunde faszinieren konnten
und damit letztlich an das Institut geführt haben.
Helge Stelzer, Frau Ping-Ping Tsai, Ph.D und Astrid Zimmermann vom Institut für Tierschutz
und Verhalten der Tierärztlichen Hochschule Hannover (Heim-, Labortiere und Pferde) danke
ich für ihre Unterstützung in organisatorischen Belangen und dass sie immer ein offenes Ohr
für die verschiedensten Anliegen hatten.
Meinem Vater und meiner Oma danke ich für die finanzielle Unterstützung während meiner
Studienzeit.
Karl danke ich für seine jahrelange Unterstützung und Geduld, die mir vor allem in der
schwierigen Anfangsphase unendlich weitergeholfen haben.
Ein besonderer Dank gilt Tanja - deine Unterstützung, dein ständiger Ansporn sowie das
„immer wieder Auffangen“ in Phasen der Verzweiflung haben wesentlich zur Vollendung der
Arbeit beigetragen.
Hannah danke ich für ihre erfrischende Inspiration und besondere Sicht auf die Dinge…
Zuletzt möchte ich Kira danken, meiner „Lehrmeisterin“ im Umgang mit aggressiven
Hunden, die mich immer wieder vor neue Herausforderungen stellt.
192
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