3 Marketing und Verkauf

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MARKTWIRTSCHAFT UND WIRTSCHAFTSPOLITIK
Der Wirtschaftskreislauf
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Marketing und Verkauf
3.1
Marktwirtschaft und Wirtschaftspolitik
3.1.1 Der Wirtschaftskreislauf
Das komplexe Zusammenspiel zwischen den einzelnen Akteuren in einer Volkswirtschaft
lässt sich anhand eines vereinfachenden Modells darstellen und erklären. Dieses Modell
beschreibt den Wirtschaftskreislauf.
Die Zusammenhänge in diesem Wirtschaftkreislauf werden schrittweise durch den „einfachen Wirtschaftskreislauf“, den „erweiterten Wirtschaftskreislauf“ und den „vollständigen Wirtschaftskreislauf“ erklärt. Im Folgenden wird die Evolution des Kreislaufmodells
dargestellt, die von einer geschlossenen Wirtschaft ohne Auslandsbeziehungen und ohne
staatliche Aktivität bis hin zur offenen Wirtschaft reicht.
Der einfache Wirtschaftskreislauf
Im einfachen Wirtschaftskreislauf (Schaubild 3.1) stehen sich nur die Haushalte als Nachfrager und die Unternehmen als Anbieter gegenüber. Dabei umfasst der Sektor (Privat-)
Haushalte sämtliche Verbraucher, während mit dem Sektor Unternehmen alle privaten
Hersteller von Gütern und Dienstleistungen gemeint sind.
Die Haushalte stellen den Unternehmen Produktionsfaktoren in Form von Arbeit, Boden
(zum Beispiel Produktionsstandorte, Ackerboden und Abbauflächen) und Kapital (zum
Beispiel Verwaltungsgebäude, Produktionshallen, Maschinen, Geldmittel) zur Verfügung.
50 Mio. Geldeinheiten (GE)
Lohn, Pacht, Miete, Zinsen
Arbeit, Boden, Kapital
Privathaushalte
Unternehmen
Konsumgüter
Konsumausgaben 50 Mio. GE
Schaubild 3.1: Der einfache Wirtschaftskreislauf
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5620
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MARKETING UND VERKAUF
Marktwirtschaft und Wirtschaftspolitik
Das Faktoreinkommen ist das Einkommen (Y), das die Haushalte als Gegenleistung dafür beziehen, dass sie den Unternehmen Produktionsfaktoren zur Verfügung stellen. Es umfasst Löhne
und Gehälter, Pachtgebühren, Mieten und Zinsen.
Im einfachen Wirtschaftskreislauf fließen alle Einkommen als Konsumausgaben an die
Unternehmen zurück, während die Unternehmen sämtliche erzeugten Produkte an die privaten Haushalte absetzen. Somit ergeben sich zwei entgegengesetzte Ströme: der Güterstrom und der Geldstrom. Dies ist in sämtlichen Wirtschaftskreisläufen so, um jedoch die
Übersichtlichkeit zu wahren, werden fortan nur noch die Geldströme dargestellt.
Im einfachen Wirtschaftskreislauf findet kein Wachstum statt, da die Geldmittel vollständig für Konsum und Produktion verausgabt werden. Deshalb spricht man auch von einem
stationären Wirtschaftskreislauf.
Der erweiterte Wirtschaftskreislauf
Das Modell des erweiterten wird gegenüber dem Modell des einfachen Wirtschaftskreislaufs um die Sektoren Kreditinstitute (Banken, auch Vermögensänderungskonto genannt)
und Staat ergänzt (Schaubild 3.2).
Staat
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Konsumausgaben
Lohn, Miete, Pacht, Zinsen
Privathaushalte
Unternehmen
Zinsen
Zinsen
Sparguthaben
Kredite
Banken
Schaubild 3.2: Der erweiterte Wirtschaftskreislauf
Alle Sektoren stehen untereinander in einer wirtschaftlichen Beziehung. Die Haushalte
zahlen an den Staat Steuern, Gebühren und Beiträge zur Sozialversicherung. Der Staat
mit all seinen untergeordneten Organen zahlt seinerseits an die Haushalte Einkommen für
staatliche Bedienstete und leistet Transferzahlungen.
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MARKTWIRTSCHAFT UND WIRTSCHAFTSPOLITIK
Der Wirtschaftskreislauf
Ein Transfer ist eine Leistung, die nicht mit einer unmittelbaren Gegenleistung verknüpft ist.
BEISPIEL ▶ Transferzahlungen
Zu den Transfers zählen Gelder, die der Staat zur sozialen Sicherung oder zur Einkommensumverteilung verausgabt, wie etwa Arbeitslosengeld, Sozialgeld, Wohngeld und
Kindergeld.
An die Unternehmen zahlt der Staat für seine Käufe, zum Beispiel von Büromöbeln und
Dienstfahrzeugen. Weiterhin leistet er Hilfen in Form von Subventionen.
BEISPIELE ▶ Subventionen
Unter die Subventionen an Unternehmen fallen Finanzhilfen, wie etwa die Absatz- und
Stilllegungshilfen für die Steinkohlenindustrie, und Steuervergünstigungen, etwa zur
Förderung erneuerbarer Energien.
Die Unternehmen wiederum zahlen Steuern, Gebühren und Beiträge. Gegebenenfalls erhält der Staat auch Ausschüttungen für Beteiligungen an den Unternehmen.
Geld, das die Haushalte nicht ausgeben (müssen), wird gespart, das heißt für künftige
Käufe zurückgelegt. Die Ersparnisse fließen an die Kreditinstitute und werden verzinst.
Die Kreditinstitute wiederum verleihen die Guthaben gegen Zinsen an die Unternehmen,
die damit ihre Investitionen finanzieren.
Nur durch Sparen und Investieren ist ein Wachstum der Wirtschaft möglich. Wenn das
Einkommen der Haushalte deren Konsumausgaben übersteigt, werden bei den Unternehmen weniger Produktionskapazitäten zur Herstellung von Konsumgütern benötigt. Die
Kapazitäten, die nicht zur Herstellung von Konsumgütern eingesetzt werden, werden in
die Herstellung von Produktionsgütern investiert, die die Produktivität der Unternehmen
erhöhen. Wirtschaftskreisläufe, in denen ein Teil des Einkommens in Form von Ersparnissen zur Finanzierung von Investitionen verwendet wird, nennt man auch evolutorische
Wirtschaftskreisläufe.
Der vollständige Wirtschaftskreislauf
Der vollständige Wirtschaftskreislauf (Schaubild 3.3) ergibt sich, wenn der erweiterte
Kreislauf durch den Sektor Ausland ergänzt wird. Dieser repräsentiert alle wirtschaftlichen Beziehungen von Staat, Haushalten und Unternehmen zu ausländischen Personen
und Institutionen. Das Statistische Bundesamt erfasst alle Transaktionen im Verkehr mit
dem Ausland unter dem Begriff „Übrige Welt“.
Im vollständigen Kreislauf wird berücksichtigt, dass Unternehmen Rohstoffe, Fertigwaren
und Dienstleistungen oder Maschinen aus dem Ausland beziehen (Importe) und dass sie
durch den Export von Waren und Dienstleistungen ins Ausland Erlöse erzielen. Daneben
existiert eine Vielzahl weiterer wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Ausland, die Einkommens- und Ausgabenströme nach sich ziehen.
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MARKETING UND VERKAUF
Marktwirtschaft und Wirtschaftspolitik
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Konsumausgaben
Lohn, Miete, Pacht, Zinsen
Privathaushalte
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Ausland
Zinsen
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Unternehmen
Zinsen
Sparguthaben
Kredite
Banken
Schaubild 3.3: Der vollständige Wirtschaftskreislauf
BEISPIELE ▶ Grenzüberschreitende Transaktionen
▶
▶
▶
▶
▶
Der Sektor Haushalte bezieht Gehälter aus der Tätigkeit inländischer Arbeitnehmer
im Ausland.
Inländische Haushalte beziehen Transferleistungen wie Renten oder Sozialleistungen
aus dem Ausland.
Inländische Haushalte helfen ihren Familien im Ausland durch Überweisungen oder
Geldgeschenke.
Unternehmen zahlen an das Ausland Gehälter für dort von ihnen beschäftigte
Arbeitnehmer.
Zwischen den Staaten fließen Zahlungen im Rahmen von Kreditbeziehungen und
von Leistungen der Entwicklungshilfe.
Auch die Zahlungen der privaten Haushalte für Auslandsreisen und andere Ausgaben für
Tourismus im Ausland zählen als Importe und laufen über den Sektor Unternehmen.
Der Außenbeitrag eines Landes ist die Differenz zwischen Exporten und Importen. Der Außenbeitrag ist positiv, wenn die Einnahmen aus dem Export größer sind als die Ausgaben durch den
Import von Gütern und Leistungen.
Der Wirtschaftskreislauf ist ein idealtypisches Modell, das die realen Zusammenhänge
vereinfacht abbildet. Besondere Verhaltensweisen, wie zum Beispiel das Horten von Klein200
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MARKETING UND VERKAUF
Das unmittelbare Umfeld: Markt und Marketing
Die Konsequenz lautet: Selbst wenn die Beschwerde objektiv gesehen ungerechtfertigt
ist, steht im Umgang mit dem unzufriedenen Kunden als Ziel an oberster Stelle, den Kunden weiterhin an das Unternehmen zu binden. Damit gewinnt das eigene Unternehmen
immer. Hierzu ist es erforderlich, sich während der Dienstzeit von eigennützigen Gefühlen
zu lösen und diese durch eine professionelle Serviceeinstellung zu ersetzen. Der Kunde
ist immer im Recht, auch dann, wenn er nicht recht hat.
Übertreffen von Kundenerwartungen
Welches Vorgehen in Beschwerdefällen geeignet ist, den Kundenerwartungen gerecht zu
werden, lässt sich an verschiedenen beispielhaften Situationen demonstrieren.
BEISPIEL NUMMER 1 ▶ Einfache Beschwerde
In einem Kurhotel mit einer Wellness- und Fitnesseinrichtung bestellt sich ein Kunde
nach der Anwendung am Tresen ein Erfrischungsgetränk. Nach dem ersten Schluck
stellt er fest, dass der Rand des frisch gespülten Glases leicht verschmutzt ist.
Der Kunde erwartet ein neues Getränk in einem sauberen Glas und natürlich eine
Entschuldigung. Wird diese Erwartung erfüllt, so entspricht dies allerdings nur einer
Mindestleistung. Erhält der Kunde hingegen eine zusätzliche Leistung auf Kosten des
Hauses, etwa ein weiteres Getränk oder einen Gutschein für eine zusätzliche Dienstleistung wie etwa die Benutzung des Solariums, so werden seine Erwartungen übertroffen.
An diesem Beispiel wird der Unterschied zwischen altem und neuem Servicedenken deutlich: Ein neues Getränk in einem sauberen Glas
galt früher als Wiedergutmachung und als solche als ausreichend. Der mögliche Vertrauensverlust („Die können ja noch nicht mal die Gläser ordentlich spülen!“) wurde kaum beachtet.
Einen Fehler wiedergutzumachen, kann unter Umständen
nicht ausreichen, um einen Kunden
zu halten. Vielmehr geht es darum,
das Vertrauen des Kunden zurückzugewinnen.
BEISPIEL NUMMER 2 ▶ Ernsthafte Beschwerde
Eine Rehabilitations-Einrichtung mit integriertem Sportstudio ist so stark frequentiert, dass keine Garderobenschränke mehr frei sind. Ein Kunde muss deshalb warten. Er kann auch durch das Versprechen, dass solche Situationen künftig nicht
mehr eintreten werden – zum Beispiel, indem zusätzliche Schränke aufgestellt werden – nicht zufriedengestellt werden. Er erleidet einen Zeitverlust, der nur schwer
oder gar nicht auszugleichen ist. Folgende Möglichkeiten bieten sich an, um den
Konflikt zu bereinigen:
1. Das Personal entschuldigt sich bei dem Kunden für die missliche Situation und
bietet ihm an, seine Kleidung vorübergehend an der Rezeption abzugeben, vielleicht
den Trainerraum zu benutzen oder sich einen Schrank mit einem anderen Kunden
zu teilen. Letzteres kommt allerdings nur unter eng beschränkten Voraussetzungen
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MARKTWIRTSCHAFT UND WIRTSCHAFTSPOLITIK
Konflikt- und Beschwerdemanagement
in Betracht – etwa wenn der andere Kunde ein guter Bekannter ist –, da die meisten
Menschen dies schon aus hygienischen Gründen ablehnen würden.
2. Der Kunde wird zu einem Getränk auf Kosten des Hauses eingeladen; so kann er den
Zeitverlust überbrücken.
Beide Lösungen sind nicht voll befriedigend, da die
Unannehmlichkeiten für den Kunden nur gelindert,
aber nicht behoben werden können. Je nach Dauer
der Wartezeit sollte dem Mitglied mehr angeboten
werden, zum Beispiel ein T-Shirt mit Clubaufdruck
oder ein Gutschein für eine Zusatzleistung der Einrichtung (Sauna, Solarium, kosmetische Behandlung oder Ähnliches).
Eine unerwartete Geste
einem unzufriedenen Kunden
gegenüber mit dem Ziel, ihn dem
Unternehmen zu erhalten, ist
in der Regel weniger aufwendig
als die Gewinnung eines neuen
Mitglieds.
BEISPIEL NUMMER 3 ▶ Schwerwiegende Beschwerde
Ein Clubmitglied wurde in den Clubräumen bestohlen. Selbst wenn der Club ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er keine Haftung für Diebstahl übernimmt, entsteht
zunächst einmal ein enormer Vertrauensverlust gegenüber dem Unternehmen.
Neben der obligatorischen Entschuldigung erwartet der Kunde den vollen Ersatz des
Verlustes, der von der Versicherung des Clubs abgedeckt sein sollte. Zudem dürfte er
erwarten, dass er so wenig wie möglich mit der Schadensabwicklung konfrontiert wird.
Trotz alledem dürfte in diesem Beispiel der Vertrauensverlust noch nicht wettgemacht
sein, da ein Diebstahl immer einen Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen bedeutet.
In solchen Fällen kommt ein bedeutenderes Geschenk infrage, wie zum Beispiel die Erstattung eines Monatsbeitrags.
Beschwerdemanagement
Es ist sinnvoll, die Bearbeitung von Beschwerden systematisch zur organisieren. Dies ist
mithilfe einer Vorrichtung zur Erfassung von Beschwerden und der Vorgabe bestimmter
Verhaltensregeln in Beschwerdefällen möglich. Ein derartiges Beschwerdemanagement
könnte folgendermaßen aussehen:
1. Für jeden Kunden wird im Fall einer Beschwerde eine gesonderte Beschwerdekarte
angelegt. Jeder Mitarbeiter ist berechtigt, bei der Beschwerdeannahme ein Geschenk
zu verteilen. Dies wird auf der Beschwerdekarte neben dem Grund für die Beschwerde
vermerkt.
2. Die Vergabe von Geschenken wird durch die Vermerke auf den Beschwerdekarten kontrolliert; dies erlaubt die Führung eines gesonderten Inventars.
3. Durch die Führung der Beschwerdekartei hat das Unternehmen die Möglichkeit, Mängel
zu identifizieren, die besonders häufig auftreten. So kann es frühzeitig Abhilfe schaffen,
bevor in größerem Ausmaß Kundenverluste auftreten.
4. Kunden, die die Großzügigkeit des Unternehmens missbrauchen und sich wiederholt
grundlos beschweren, können schneller herausgefiltert werden.
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4
GESCHÄFTS- UND LEISTUNGSPROZESS
Investitionen finanzieren – Finanzquellen erschließen und Finanzmittel einsetzen
4.2.3 Kredite
Ein Kredit (abgeleitet vom italienischen credito = „das leihweise Anvertraute“) ist die zeitweilige
Überlassung einer Summe Geldes oder einer geldwerten Sache, verbunden mit dem Anspruch
auf Rückzahlung beziehungsweise Rückgabe und in der Regel auch Verzinsung.
Die Gewährung eines Kredits begründet ein Schuldverhältnis zwischen dem Kreditnehmer
und dem Kreditgeber. Die Schuld des Kreditnehmers entspricht der Forderung des Kreditgebers. Wirtschaftlich gesehen verschafft der Kredit dem Schuldner die Möglichkeit,
Zahlungen in die Zukunft zu verschieben.
Ein Kreditvertrag umfasst die Festlegung mindestens der folgenden Bedingungen:
▶ Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten,
▶ Zinssatz, eventuell Disagio (Abschlag von der vereinbarten Kreditsumme) und Bearbeitungsgebühren,
▶ Sicherheiten für den Kreditgeber.
Schaubild 4.12 vermittelt einen Überblick über die verschiedenen Merkmale, anhand deren sich Kredite voneinander unterscheiden lassen.
Kreditmerkmale
Laufzeit
Sicherung
Bereitstellung
Verwendung
Höhe
Kreditgeber
kurzfristig
ungesichert
Barkredit
Konsumkredit
Privatdarlehen
Bank
mittelfristig
gesichert
Warenkredit
Produktivkredit
Großkredit
Lieferant
Millionendarlehen
Staat
langfristig
Kreditleihe
Schaubild 4.12: Unterscheidungsmerkmale von Krediten
Zu den kurzfristigen Krediten zählt auch der Überziehungskredit, der im Rahmen der Führung eines Girokontos gewährt wird, für das ein Kreditlimit vereinbart wurde. Der Überziehungskredit ist eine der teuersten Kreditformen, da die Zinsen sehr hoch sind.
Auch wenn eine Privatperson einer anderen kurzfristig Geld borgt, wird eine Kreditbeziehung begründet, egal ob diese mündlich oder schriftlich vereinbart wird.
Kreditzinsen
Die Hauptpflichten des Kreditnehmers sind
die Pflicht, den Kreditbetrag am Ende der Laufzeit in einer Summe oder auch zu regelmäßigen Terminen in Teilbeträgen zurückzuzahlen,
▶ die Pflicht zu Zinszahlungen.
▶
Der Zins ist die Entschädigung des Kreditgebers, das heißt der Preis, den der Kreditnehmer an
den Kreditgeber dafür zahlt, dass dieser ihm sein Kapital zur Verfügung stellt.
Der Zins wird als Prozentsatz auf die Kreditsumme angegeben und in der Regel auf Jahresbasis berechnet (Prozent per annum, „% p. a.“).
304
5620304
4
Kredite
Es gibt allerdings auch teilweise oder gänzlich zinsfreie Darlehen – zum Beispiel für Betriebsgründungen und öffentlich geförderte Bauvorhaben. Im Rahmen verschiedener Förderprogramme der Europäischen Gemeinschaft, des Bundes, der Länder oder Kommunen
können auch Zinszuschüsse oder Zinsverbilligungen in Anspruch genommen werden.
Die Höhe des Zinssatzes für einen einzelnen Kredit richtet sich vor allem nach
▶ der allgemeinen konjunkturellen Lage der Wirtschaft,
▶ der Inflationsrate,
▶ dem aktuellen und dem künftig erwarteten allgemeinen Zinsniveau,
▶ der Laufzeit des Kredits (einige Monate bis über 20 Jahre),
▶ der Kreditwürdigkeit (Bonität) des Kreditnehmers,
▶ den Kreditsicherheiten.
Da die langfristige Zinsentwicklung unsicher ist, wird häufig bei langfristigen Krediten der
Zinssatz in regelmäßigen Abständen der aktuellen Entwicklung an den Geld- und Kapitalmärkten angepasst.
Banken als Kreditgeber
Die Banken erbringen Dienstleistungen im Bereich des inländischen und weltweiten Zahlungsverkehrs und vergeben Kredite an Unternehmen, private Haushalte und staatliche
Stellen. Darüber hinaus leisten sie wichtige Dienste bei der Ausgabe von und dem Handel
mit Wertpapieren sowie bei der Verwaltung und Anlage von Kapital.
Ihre Kreditvergabe finanzieren sie im Wesentlichen durch
▶ eigene Mittel,
▶ Einlagen von Sparern und Unternehmen,
▶ Anleihen am Markt für festverzinsliche Wertpapiere.
Ein Kreditinstitut wird umgangssprachlich meist als Bank oder Bankhaus bezeichnet.
Nach dem deutschen Kreditwesengesetz (KWG) sind Kreditinstitute Unternehmen, die
Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
Bankgeschäfte im Sinne des KWG sind
▶
▶
▶
▶
▶
▶
▶
▶
▶
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die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums,
sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft);
die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten (Kreditgeschäft);
der Ankauf von Wechseln und Schecks (Diskontgeschäft);
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde
Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft);
die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren für andere (Depotgeschäft);
die in § 7 Abs. 2 des Investmentgesetzes bezeichneten Geschäfte (Investmentgeschäft);
die Eingehung der Verpflichtung, Darlehensforderungen vor Fälligkeit zu erwerben
(Darlehenserwerbsgeschäft);
die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere
(Garantiegeschäft);
die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs
(Girogeschäft);
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4
GESCHÄFTS- UND LEISTUNGSPROZESS
Investitionen finanzieren – Finanzquellen erschließen und Finanzmittel einsetzen
▶
▶
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft);
die Ausgabe und die Verwaltung von elektronischem Geld (E-Commerce).
Kreditinstitute unterliegen aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die Wirtschaft einer
Reihe von nationalen und internationalen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorschriften,
zum Beispiel im Hinblick auf die Kreditvergabe und die Eigenkapitalausstattung. In Deutschland übt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufsicht über Kreditinstitute und andere Finanzdienstleistungsinstitute aus. Ihr obliegt es auch, die Ausübung von Bankgeschäften zu genehmigen. Anfang 2004 waren 2 292 Kreditinstitute zum
Geschäftsverkehr in Deutschland zugelassen.
Kreditwürdigkeit
Eine Bank wird nur dann einem Unternehmen einen Kredit gewähren, wenn sie davon ausgehen
kann, dass der Kreditnehmer den Kredit ordnungsgemäß verzinst und zurückzahlt. Die Banken
sind dazu verpflichtet, ab einem Kreditbetrag von 250.000,00 € eine Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers zu verlangen (§ 18 KWG) und diese zu prüfen, um
sich aufgrund dessen ein Urteil über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens bilden zu können.
Die Kreditwürdigkeit ist die Fähigkeit eines Schuldners, seine Verbindlichkeiten vollständig und fristgerecht zu begleichen. Die persönliche Kreditwürdigkeit wird von den Fähigkeiten der Unternehmensführung bestimmt, die sachliche Kreditwürdigkeit hingegen von den wirtschaftlichen Verhältnissen des
Unternehmens, die in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ausdruck kommen.
Kreditarten
Schaubild 4.13 gibt einen Überblick über verschiedene Kreditarten je nach Kreditgeber
und Laufzeit.
Kredite
Kredite durch
wirtschaftliche Leistung
Bankkredite
kurzfristige Kredite
langfristige Kredite
Kontokorrentkredit
langfristige
Bankkredite
Lieferantenkredit
Obligationen/
Anleihen
Kundenanzahlung
Schuldscheindarlehen
Verbindlichkeiten
(Lohn + Gehhalt)
Diskontkredit
Lombardkredit
Akzeptkredit
Avalkredit
Schaubild 4.13: Kreditarten nach Kreditgeber und Laufzeit
306
5620306
4
Kredite
Kontokorrentkredit
Der Kontokorrentkredit ist ein Bankkredit, der vom Kreditnehmer je nach Bedarf in wechselndem
Umfang bis zu einer vereinbarten Höchstgrenze (Kreditlinie) in Anspruch genommen werden kann.
BEISPIEL ▶
Kontokorrentkredit
Schaubild 4.14 zeigt die Bestände auf dem Girokonto des Ärztezentrums Dr. Lebelang
& Partner im Verlauf eines Jahres.
80
70
60
70
60
Guthaben
50
50
40
40
30
Maßeinheit in T€
30
30
20
10
0
–10
Jan.
Febr. März
–20
–30
–40
–50
–60
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
–10
Nov.
Dez.
–10
–20
–30
–30
Kreditlinie
geduldete Überziehung
–70
–60
Schaubild 4.14: Entwicklung der Bestände auf einem Girokonto
Die Bank hat dem Gesundheitszentrum ein Kreditlimit von 50.000,00 € eingeräumt. Sie
erstellt monatlich eine Abrechnung der Zahlungsein- und -ausgänge. Zu den Kosten der
Kontoführung (Porto, Kontoführungsgebühren, Spesen) kommen die Zinsen auf die in
Anspruch genommenen Kreditbeträge. Beträge innerhalb des Limits, die im betrachteten
Jahr in den Monaten März bis Juni sowie November und Dezember anfielen, hat die Bank
mit 11 % verzinst. Bei Beträgen über das Limit hinaus – 10.000,00 € im Monat Mai – hat
sie dem Zinssatz eine Überziehungsprovision zugeschlagen, die sich auf 4 % beläuft.
In Tabelle 4.18 sind die wichtigsten Vor- und Nachteile eines Kontokorrentkredits zusammengefasst.
Vorteile
Nachteile
keine Zweckbindung
hohe Kosten
flexible, bedarfsabhängige Inanspruchnahme
akute Liquiditätsgefährdung im
Fall einer Kündigung des Kredits
Fortsetzung nächste Seite
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307
4
GESCHÄFTS- UND LEISTUNGSPROZESS
Investitionen finanzieren – Finanzquellen erschließen und Finanzmittel einsetzen
Fortsetzung
Vorteile
Vergrößerung der Dispositionsfreiheit, da der nicht ausgenutzte Teil als Liquiditätsreserve verbleibt.
Nachteile
Der Finanzfluss wird für die Bank
ersichtlich.
Zinskosten fallen nur entsprechend der Inanspruchnahme des
Kredits an.
Von Lieferanten angebotene Skonti können eher genutzt werden.
Tabelle 4.18: Vor- und Nachteile des Kontokorrentkredits
Der Skonto ist ein prozentualer Abschlag vom Preis einer Ware oder Dienstleistung, die der
Lieferant gewährt, wenn der Käufer die Rechnung innerhalb einer bestimmten Frist in bar oder
per Banküberweisung begleicht.
Der Kreditnehmer hat die Möglichkeit, das Geld nach seinem Belieben einzusetzen, zum
Beispiel zur Finanzierung des Umlaufvermögens (Betriebsmittelkredit) oder von ausstehenden Zahlungen (Zwischenkredit), zur Deckung regelmäßig wiederkehrender Kapitalbedarfsspitzen (Saisonkredit) oder zur Überwindung übersehbarer, vorübergehender
Liquiditätsprobleme (Überbrückungskredit).
BEISPIEL ▶
Zinskosten eines Kontokorrentkredits
Die Bank berechnet die Zinskosten des Ärztezentrums Dr. Lebelang & Partner aus der
Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits im Monat März. Der Berechnung liegen die
folgenden Ausgangswerte zugrunde:
Kreditinanspruchnahme: 14 Tage
Zinssatz:
8,25 % p. a.
Kreditbetrag:
20.000,00 €
(Kreditbetrag · Zinssatz · Tage) (20.000,00 € · 8,25 % · 14)
Zinsen =
=
= 64,17 €
(100 % · 360 Tage)
(100 % · 360)
Wechseldiskontkredit
▶ Der Wechseldiskontkredit ist ein Bankkredit, den die Bank durch den Aufkauf eines Wech-
sels vor Fälligkeit und unter Abzug eines Diskonts gewährt.
▶ Der Diskont ist die Differenz zwischen dem Barwert des Wechsels am Tag der Diskontierung
und dem Wert des Wechsels am Verfallstag (= Wechselsumme).
Diskont =
BEISPIEL ▶
(Wechselbetrag · Diskontsatz · Restlaufzeit)
(360 · 100)
Barwert eines Wechsels und Wechseldiskont
Am 28. April 20.. reicht das Ärztezentrum Dr. Lebelang & Partner einen Wechsel zum
Diskont ein, der am 1. April 20.. ausgestellt und akzeptiert wurde. Verfallstag ist der
6. Juni 20.., die Wechselsumme beträgt 8.000,00 €. Der Diskontsatz der Bank beträgt
6,5 % jährlich. Der Wechseldiskont beläuft sich auf
(8.000,00 € · 6,5 % · 39)
Wechseldiskont =
= 56,33 €
(360 · 100 %)
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