Potenzen, Wurzeln, Logarithmen

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KAPITEL 3
Potenzen, Wurzeln, Logarithmen
3.1
3.2
Funktionen und Umkehrfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 70
Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.3
3.4
3.5
Warum ist a2 + b2 6= a + b? . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Potenzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Exponential- und Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . 81
3.1
√
Funktionen und Umkehrfunktionen
Definition 3.1.1 (Funktion)
Seien M und N Mengen. Unter einer Funktion von M in N versteht
man eine Vorschrift, die jedem Element x ∈ M genau ein Element
y ∈ N zuordnet. Man schreibt:
f : M → N, y = f (x).
70
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
71
M heißt Definitionsbereich, N heißt Werte-, oder auch Bildbereich
von f . Die Menge
{(x, f (x)) : x ∈ M } ⊂ M × N
heißt Graph der Funktion f . Zu A ⊂ M heißt
f (A) := {f (a) : a ∈ A}
das Bild von A unter der Funktion f ; zu B ⊂ N heißt
f −1 (B) := {a ∈ M : f (a) ∈ B }
das Urbild von B unter der Funktion f .
Definition 3.1.2 (Umkehrfunktion)
Ist f : A → B eine eineindeutige Funktion, die jedem x ∈ A genau
ein y ∈ B zuordnet, dann existiert die Umkehrfunktion f −1 : B →
A, f −1 (y) = x, die jedem y ∈ B genau ein x ∈ A zuordnet, d.h.
y = f (x) ⇐⇒ x = f −1 (y).
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
72
y = f (x) ⇐⇒ f −1 (y ) = f −1 (f (x)) = x
3.2
Wurzeln
Beispiel 3.2.1 (2. und 3. Wurzeln)
Die Umkehrfunktionen sind in beiden Fällen nur für x ≥ 0 definiert!
Wurzeln können nur aus nichtnegativen reellen Zahlen gezogen
werden!
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
73
Definition 3.2.2 (Wurzel)
Die n-te Wurzel, n ∈ N, aus einer reellen Zahl a, a ≥ 0, ist diejenige nichtnegative reelle Zahl b (also b ≥ 0), für die gilt bn = a.
√
Man schreibt b = n a.
√
Die n-te Wurzel bzw. die Wurzelfunktion f (x) = n x ist nur für nichtnegative x ≥ 0 definiert.
3.3
Warum ist
√
a2 + b2 6= a + b?
Wir setzen voraus, dass a, b ≥ 0 sind. Die einfachste Antwort ist, weil
für a = b = 1 gilt
√
√
12 + 12 = 2 6= 2 = 1 + 1.
Eine bessere Begründung ist, dass für ab 6= 0 ⇐⇒ a 6= 0
gilt
(a + b)2 = a2 + 2ab + b2 6= a2 + b2
und damit
p
(a + b)2 = a + b 6=
√
und b 6= 0
a2 + b 2 .
Allgemein liegt es daran, dass die Wurzelfunktion keine lineare Funktion ist. Die Bedeutung einer linearen Funktion ist Ihnen aber i. Allg.
unbekannt und so wird sehr oft
f (x + y) = f (x) + f (y)
gerechnet, obwohl diese Gleichung nur für sehr wenige Funktionen tatsächlich erfüllt ist. Für x = y = 0 ergibt sich nämlich
f (0 + 0) = f (0) = f (0) + f (0) = 2f (0) ⇐⇒ f (0) = 0.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
74
Also an der Stelle x = 0√muss die Funktion den Funktionswert 0 haben!
√
Für f (x) = x gilt das, 0 = 0. Für x = y erhält man
f (x + x) = f (2x) = f (x) + f (x) = 2f (x).
Insbesondere
√ für x = 1 erhält man also f (2) = 2 · f (1) und wegen
1, 41 6= 2 · 1 = 2 ist dies für die Wurzelfunktion nicht erfüllt.
√
2≈
Nun ist so ein „Rumprobieren“ für beliebige Funktione nicht sinnvoll.
Deshalb definiert man:
Definition 3.3.1
Eine Funktion f : R → R heißt linear, wenn
1. f (x + y) = f (x) + f (y) für alle x, y ∈ R gilt und
2. f (λx) = λf (x) für alle λ ∈ R und alle x ∈ R gilt.
Man kann folgende Aussage beweisen.
R
Merkregel 3.3.2
Die einzige lineare Funktion ist die Funktion f (x) = a · x mit
a ∈ R fest gewählt. Deshalb nennt man diese Funktionen lineare
Funktionen. Alle anderen Funktionen sind nicht linear.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
75
R
Merkregel 3.3.3
√
Die Wurzelfunktionen f (x) = n x und die Potenzfunktionen
f (x) = x n , n ∈ N, sind nicht lineare Funktionen.
3.4
Potenzfunktion
Auf dem Weg zur Definition der Potenzfunktion:
1. Exponenten sind natürliche Zahlen: x n , n ∈ N, also eine natürliche
Zahl (ungleich Null). Wie jeder weiß gilt:
106 · 103 = |10 · 10 · 10{z
· 10 · 10 · 10} · 10
| · 10
{z · 10}
9
= |10 · 10 · 10 · 10 · 10
{z · 10 · 10 · 10 · 10} = 10
6+3 = 9 Faktoren
Das gilt deshalb auch allgemein für jede reelle Zahl x ∈ R und natürliche Zahlen m, n ∈ N :
... x · x} = x| · x ... x · {z
x · x ... x · x} = x n+m
x n · x m = |x · x {z
... x · x} · |x · x {z
n Faktoren
m Faktoren
n+m Faktoren
1
2. Rationale Exponenten: Wir beginnen mit der Definition von xn . n
√
1
1
Die Umkehrfunktion zu x n ist x n = n x und erfüllt die Gleichung x n
=
x. Wie man sieht gibt es aber für gerade Potenzen keine eindeutige Umkehrfunktion, deshalb definiert man die Umkehrfunktion nur für nichtnegative Argumente.
Es gilt die Definition
m
1
x n = xn
m
√
= ( n x)m ,
x ≥ 0,
n, m ∈ N.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
76
3. Exponent Null: Per Definition ist x 0 = 1 für alle x ∈ R.
4. Negative ganze Zahlen als Exponenten: −n, n ∈ N.
Für x 6= 0 gilt x ·
1
x
= 1 und damit auch
n
n
x ·
1
x
=1=
Deshalb definiert man x −n :=
1
,
xn
und es gilt
x m · x −n =
Ergebnis: Für rationale Zahlen r =
m
xn
1
= xn n .
n
x
x
xm
= x m−n .
xn
m
n
ist
√
x n = ( n x)m .
5. Irrationale Exponaten: Für irrationale α ∈ R wird x α mittels Stetigkeitsargument definiert: Zu jeder irrationalen Zahl α gibt es eine Folge
rationaler Zahlen mit lim rn = α und wir definieren:
n→∞
x α := lim x rn .
n→∞
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
77
Satz 3.4.1 (Potenzgesetze)
Für beliebige reelle Zahlen a, b, c ∈ R und natürliche Zahlen n ∈
N sowie m ∈ Z gelten die folgenden Potenzgesetze:
(ab )c = a(bc) ,
a
b+c
a > 0,
b
c
a > 0,
c
c
a, b > 0,
=a a ,
c
(ab) = a b ,
1
,
ab
ab
= c,
a
a −b =
a b −c
1
n
a =
a
m
n
=
√
n
√
n
a,
a>0
a>0
a ≥ 0.
√
am = ( n a)m ,
a ≥ 0.
Beispiel 3.4.2 (Wurzel und
√ Quadrat)
Man löse die Gleichung x 2 = a, a ∈ R.
1. Für a < 0 besitzt die Gleichung keine Lösung, da die Wurzel
immer größer gleich Null ist. (Wertebereich der Funktion f (x) =
√
x).
2. Für a ≥ 0 gibt es Lösungen. Wir haben die Quadrat-Wurzelfunktion
als Umkehrfunktion der Funktion f (x) = x 2 erhalten. Eine eineindeutige Funktion ist f (x) = x 2 aber nur für x ≥ 0 und nur dafür
√
ist dann f −1 (x) = x definiert. Deshalb müssen wir rechnen:
√
x2 =
p
|x |2 = |x |,
weil nämlich |x |2 = x 2 und |x | ≥ 0 ist. D.h.
√
x2 =
p
|x |2 = |x | = a ⇐⇒ x1/2 = ±a.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
78
Die Gleichung besitzt für a ≥ 0 also 2 Lösungen: x1 = −a und
x2 = a.
Beispiel 3.4.3 (Quadrieren)
Aus x = −3 folgt x 2 = (−3)2 = 9. Wenden wir das Wurzelziehen als
Umkehroperation an, so folgt
√
x 2 = |x | =
√
9=3
und wir erhalten 2 Lösungen x1 = −3 und x2 = 3.
Merke: Quadrieren ist keine äquivalente Umformung!
Trotzdem wird man in vielen Fällen quadrieren, um eine Lösung zu erhalten. In diesem Fall muss man eine Probe machen, um Scheinlösungen, Lösungen, die durch das Quadrieren eingeschleppt wurden, wieder los zu werden.
Bemerkung 3.4.4 (Unterschied zw. Lösung einer Gleichung und einer Wurzel)
Beispiel: Man bestimme alle reellen Lösungen der Gleichung x 3 = −8.
Die Gleichung kann nicht durch umformen auf x =
√
da 3 −8 nicht definiert ist.
√
3
−8 gelöst werden,
Trotzdem hat die Gleichung eine Lösung, es gilt nämlich (−2)3 = −23 =
−8. Durch äquivalentes Umformen erhält man
x 3 = −8 ⇐⇒ −x 3 = 8 ⇐⇒ (−x)3 = 8
⇐⇒ −x =
√
3
8 = 2 ⇐⇒ x = −2.
Die Lösung der Gleichung ist x = −2.
Warum ist das so kompliziert? Damit die Potenzgesetze allgemein gültig
sind! Es gilt für m ∈ Z, n, k ∈ N
m
m ·k
x n = x n ·k .
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
Würde man fälschlicher Weise mit −2 =
−2 =
√
3
√
3
79
−8 rechnen, so folgt daraus
1·2
1
−8 = (−8) 3 = (−8) 3·2
p
√
2
6
6
= (−8) 6 = (−8)2 = 64 = 2
Beispiel 3.4.5 (Wurzelgleichung)
Man löse die Gleichung
√
x −1+
√
x +2=1
Maximaler Definitionsbereich: x ∈ R und x ≥ 1. (beide Wurzeln definiert).
⇐⇒
√
x +2=1−
√
=⇒ x + 2 = (1 −
x −1
√
|()2
x − 1)2
√
⇐⇒ x + 2 = 1 − 2 x − 1 + x − 1
√
⇐⇒ 2 = −2 x − 1
√
⇐⇒ 1 = − x − 1
=⇒ 1 = x − 1
⇐⇒ 2 = x
x = 2 gehört zum√
Definitionsbereich.
√
Probe: 2 − 1 + 2 + 2 = 1 + 2 = 3 6= 1.
Die Wurzelgleichung besitzt keine Lösung!
|−x
|:2
|()2
|+1
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
80
Bemerkung 3.4.6
Obwohl x = 2 zum Definitionsbereich gehört ist es keine Lösung, dass
liegt daran, dass nicht immer äquivalent umgeformt wurde. In Schritten
wo nur gefolgert wird (=⇒), können wir Scheinlösungen erhalten.
Beispiel 3.4.7 (Wurzelgleichung)
√
4
x3 + 4 =
√
x +2
√
3
Maximaler Definitionsbereich: x ≥ − 4(> −2).
√
√
4
x3 + 4 =
|()4
x +2
√
−→ x 3 + 4 = ( x + 2)4 = (x + 2)2 = x 2 + 4x + 4
⇐⇒ x 3 − x 2 − 4x = 0
⇐⇒ x(x 2 − x − 4) = 0
Es ergeben sich die Lösungen x0 = 0 und x1/2 = − −21 ±
1
2
√
17
.
2
1
2
√
17
2
1
2
√
17
2
q
(−1)2
4
− (−4) =
√
3
> − 4 liegen alle
±
Wegen x1 = +
> 0 und x2 = −
Lösungen im Definitionsbereich. Eine Probe bestätigt, dass x0 , x1 und
x2 die Ausgangsgleichung erfüllen und sind deshalb auch Lösungen.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
3.5
81
Exponential- und Logarithmusfunktion
Die Exponentialfunktion ax ist für a > 0 und alle x ∈ R definiert.
Gebräuchliche Werte für die Basis sind die Zahlen 10, 2 und e. Um die
Exponentialfunktion zu bestimmen betrachten wir zunächst die Potenzfunktion.
• Für natürliche Zahlen n ist en = e · e ... e · e, wobei der Faktor e
genau n-mal auftritt.
• Für rationale Zahlen r =
√
1
n
m
m
m
n
m
mit m ∈ N, n ∈ N ist er = e n =
(e n ) = ( e) .
• Weiterhin gilt per Definition e0 = 1.
• Für rationale Zahlen r = mn mit m = −k, k ∈ N, n ∈ N ist er =
√
√
1
m
1
n
n
m
m
−k
e n = (e n ) = ( e) = ( e)
=
(
√
n
e)k
.
• Für jede irrationale Zahl α gibt es eine Folge rationaler Zahlen rn
mit lim rn = α. Damit wird die Funktion ex als stetige Funktion
n→∞
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
82
definiert als eα = lim ern .
n→∞
Die Logarithmusfunktion ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion.
Der Definitionsbereich der Logarithmusfunktion ist das offene Intervall
(0; ∞). Der Logarithmus ist folglich nur für positive Argumente x definiert. Für die Basis a gilt a > 0 und a 6= 0.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
83
Wozu braucht man den Logarithmus?
Schallpegel
(dB)
120
Schallintensität
(W/m2)
Düsenjet in 500m Entfernung
Rock-Konzert
U-Bahn
90
60
30
0
1
10-3
PKW
leise Unterhaltung
10-6
ruhiges Zimmer
10-9
Blätterrauschen
Hörbarkeitsgrenze
10-12
Wie laut ist laut?
Die Schallintensität I verläuft von I0 = 10−12 mW2 bis über 100 = 1 mW2
hinaus, deshalb ist eine logarithmische Darstellung, also als Schallpegel
P besser.
I
P = 10 log10 .
I0
Rechnen mit Logarithmen:
Alle Logarithmengesetze ergeben sich aus den Potenzgesetzen: Für
x, y ∈ R, x, y > 0 und a ∈ R, a > 0, a 6= 1, sowie r , b ∈ R, r , b > 0, gilt
• b = loga c ⇐⇒ ab = c,
• a = eln a = ln(ea ) und ab = eb ln a ,
• loga (xy) = loga x + loga y,
• loga x r = r loga x,
loga
x
y
loga x −r = loga
1
xr
= loga x − loga y,
= − loga x r = −r loga x,
• wichtige Beziehungen: loga 1 = 0, loga a = 1, insbesondere ln 1 =
0 und ln e = 1.
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
• Umrechnungsformel: loga x =
logb x
logb a
und loga x =
84
ln x
.
ln a
Bemerkung 3.5.1 (Der Teufel steckt im Detail!)
Ist die Gleichung richtig bzw. wann ist sie richtig?
ln x 2 = 2 ln x
• Der maximale Definitionsbereich ist x > 0, da ln x nur für x > 0
definiert ist.
• Für x ∈ R\{0} gilt aber
ln x 2 = ln |x |2 = 2 ln |x |.
Beispiel 3.5.2 (Logarithmische Gleichung)
log10 (x − 2) = 1
⇐⇒ 10log10 (x −2) = 101
⇐⇒ x − 2 = 10
⇐⇒ x = 12
Da x = 12 im Definitionsbereich liegt, ist x = 12 Lösung der Gleichung.
Beispiel 3.5.3 (Exponentialgleichung)
9x −1 = 36 · 3x
Maximaler Definitionsbereich: x ∈ R.
Anwenden von Potenzgesetzen:
9x −1 = (32 )x −1 = 32(x −1)
und
36 · 3x = 36+x
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
ergibt
32(x −1) = 36+x
log3 (3
2(x −1)
| log3
6+x
= log3 (3
)
⇐⇒ 2(x − 1) = 6 + x
⇐⇒ x = 8
Beispiel 3.5.4 (Exponentialgleichung)
3x+3 − 2 · 5x = 5x+1 + 2(3x + 5x ).
85
KAPITEL 3. POTENZEN, WURZELN, LOGARITHMEN
86
Maximaler Definitionsbereich: x ∈ R. Nach Termen 3() und 5() sortieren:
3x+3 − 2 · 5x = 5x+1 + 2(3x + 5x )
⇐⇒ 3x+3 − 2 · 3x = 5x+1 + 4 · 5x
x
3
|3x bzw. 5x ausklammern
x
⇐⇒ 3 (3 − 2) = 5 (5 + 4)
⇐⇒ 3x · 25 = 5x · 9
x
⇐⇒
⇐⇒ log 53
25 5
= x =
9
3
25
9
|„Separieren“
x
5
3
| log 35
=x
Vereinfachen der Lösung
x = log 5
3
25
9
= log 5
3
5 2
3
= 2 log 5
3
5
3
= 2.
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