The SAN UM- ma der Ther apie 2007 -Tagung Die Seele Grundlage der Gesundheit und Ursache für Therapieblockaden von Camilla Fischer Neun Zehntel unseres Glücks beruhen allein auf der Gesundheit. Mit ihr wird alles eine Quelle des Genusses; hingegen ist ohne sie kein äußeres Gut, welcher Art es auch sei, genießbar... Arthur Schopenhauer Einleitung Der Mensch ist ein Ganzes, eine Einheit aus Körper und Seele. Nur wenn diese im Einklang miteinander sind, befinden wir uns im Zustand der Gesundheit. Jedes Ungleichgewicht begünstigt die Entstehung von Erkrankungen. Störungen können sowohl die Psyche als auch die Physis betreffen und sich wechselseitig beeinflussen. Die Aufspaltung in die verschiedenen Fachrichtungen Medizin und Psychologie führt dazu, dass diese Zusammenhänge oft zu wenig berücksichtigt werden. In der ganzheitlichen Therapie wird jedoch beiden Aspekten Rechnung getragen, um statt Symptomenlinderung wirkliche Genesung zu erzielen. Das Wesen von Gesundheit und Krankheit Der römische Dichter Ovid prägte den Satz „Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper“. Diese These scheint wenig zutreffend, wenn man sich z.B. das 10 SANUM-Post 82/2008 Leben des Astrophysikers Stephen Hawking vor Augen führt, der mit 20 an Amyotropher Lateralsklerose erkrankte und später nach einem Luftröhrenschnitt die Stimme verlor. Er „spricht“ seitdem mit Hilfe eines Sprachcomputers und Sensors, die er über den Wangenmuskel steuert. Hawking verfügt über einen brillanten Geist, jedoch nicht über einen gesunden Körper. Was ist denn dann überhaupt Gesundheit? Was macht unsere Gesundheit aus? Und welchen Sinn haben Krankheiten? Gesundheit Die WHO definiert Gesundheit als „einen Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht die bloße Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen“. Demnach gibt es heutzutage nur wenige „gesunde“ Menschen, ohne dass sie sich gleich „krank“ fühlen. Zwei Menschen mit ähnlicher körperlicher, geistiger und sozialer Situation können ihren Gesundheitszustand und ihr Wohlbefinden subjektiv jeweils völlig unterschiedlich empfinden. Es ist durchaus denkbar, dass ein Mensch wie Stephen Hawking sich für gesünder hält als ein anderer mit geringeren körperlichen Beeinträchtigungen. Hier kommt unsere individuelle seelische Verfassung, der Geist bzw. die Psyche zum Tragen. Sie entzieht sich jedoch der Messbarkeit und ist – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht greifbar. In der chinesischen Medizin bedeutet Gesundheit, im Einklang mit sich selbst und der Umwelt zu sein. Krankheit Der Homöopath Edward Whitmont schreibt Krankheit einen positiven Aspekt zu, da er sie als Ausdrucksform des Menschen betrachtet, die als Lernerfahrung dient, um im Leben Einzigartigkeit zu entwickeln. So betrachtet stellen Krankheiten keine feindlichen Angriffe fremder Mächte oder Kräfte dar und schon gar keine Strafe. Es handelt sich vielmehr um Faktoren, die auf uns einwirken und mit unseren inneren Defiziten korrespondieren, damit wir sie integrieren können. Das bedeutet, dass der stete Wechsel zwischen Krankheit und Gesundheit für unsere Weiterentwicklung und Reifung durchaus notwendig und sinnvoll ist, auch wenn Unpässlichkeiten meist als lästig und überflüssig empfunden werden. Gesundheit ist kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Prozess. Ewig anhaltende Gesundheit bewirkt eher Langweiligkeit und Spannungslosigkeit. Dies belegt eine Studie der Universität Minnesota an 50 „geistig normal- gesunden“ Männern: sie waren häuslich, stabil, verlässlich, beruflich erfolgreich, aber ebenso phantasielos, und sozial desinteressiert, auch an der Entwicklung der eigenen Kinder. „Normalgesundheit“ bringt einen gewissen Mangel an schöpferischer Fähigkeit, Ursprünglichkeit und Vorstellungskraft mit sich. Wir brauchen in unserem Leben die Polarität von Gesundheit und Krankheit, um uns immer wieder zu bewegen und weiter zu entwickeln. Stress (lat. stringere) ist in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Anspannung, eine an den lebenden Körper gestellte körperliche oder geistige Anforderung, auf die er reagiert und sich den neuen Bedingungen anpasst. Neugeborene befinden sich zunächst in einer beschützten Abhängigkeit und gewissen Passivität. Dieser Zustand ist für ihr ganzes Leben jedoch nicht sinnvoll, deshalb sind in der Entwicklung das Aufrichten sowie die Bewegung quasi „programmiert“ und werden durch Reize von außen angeregt. Ein Kind übt immer wieder das Aufstehen und nimmt das Hinfallen als notwendiges Gegenstück hin, ohne das eine oder andere als besser oder schlechter zu bewerten. So betrachtet ist Stress oder Kranksein eine notwendige körperliche und/ oder seelische Anspannung, um Gesundsein zu erfahren und zu erlernen. In der heutigen Zeit wird dem Stress jedoch eine eher negative Bedeutung zugesprochen. Tatsächliche Gesundheit ähnelt vielmehr einem Pendel, das angestoßen wird und kleinere oder größere Ausschläge um einen Zen- tralpunkt vollführt. Diese äußeren Reize können entweder mehr auf das Seelische oder das Körperliche einwirken und zu Wechselwirkungen führen. Körper und Seele Auch wenn es nahe liegt, sich zunächst den leicht zugänglichen und sichtbaren, greifbaren, körperlichen Beschwerden eines Menschen zuzuwenden, darf in der ganzheitlichen Behandlung die andere Seite der Medaille, die Seele, nicht außer Acht gelassen werden. Die Germanen glaubten, dass die Seelen der Toten und der Ungeborenen Teil einer wasserähnlichen Substanz waren; dies drückt sich auch aus im althochdeutschen Wortstamm „se(u)la“ = die zum See Gehörende. Die altgriechische Entsprechung ist die „psyche“ oder „pneuma“, die lateinische die „anima“ und die mittelhochdeutsche „geest“, also Geist. Diese verschiedenen Begriffe Seele, Psyche, Geist werden häufig synonym verwendet. Die Masse des Körpers (lat. corpus, griech. soma) stellt in der Ganzheit die Ergänzung des Seelischen dar. Körper und Seele modernen Medizin in der Eine Therapie kann nur erfolgreich sein, wenn beiden Anteilen Rechnung getragen wird. Der menschliche Organismus ist ein riesiges, flexibles Wunderwerk, dessen vielfältige Möglichkeiten wir nie werden fassen können. Trotz aller hilfreichen und segensreichen Fortschritte und Entwicklungen in der modernen Medizin drängt sich manchmal der Eindruck auf, der Mensch sei eine Ansammlung von „im Idealfall gut funktionierenden Organen mit einer korrekten Biochemie, bei der man einzelne Teile reparieren oder gar ersetzen kann“ (Lown). Transplantationen ermöglichen seit geraumer Zeit den Austausch oder Ersatz von fehlenden oder degenerierten Körperteilen. Organempfänger berichten gelegentlich, dass sie anschließend Veränderungen ihrer bisherigen Vorlieben, Abneigungen oder Gefühle erleben, die nachweislich denen der Spender entsprechen. Es wird also offensichtlich nicht nur körperliche Substanz, sondern auch immaterielle Information transplantiert. Viele alte und „moderne“ Therapieformen verfolgen die Strategie, Krankheit mit Stumpf und Stiel ausrotten zu wollen und ähneln dabei modernster Kriegsführung. Wie in der Politik kommen Gedanken über den Sinn einer Störung oder die Suche nach integrierenden, friedlichen Lösungen zu kurz. Heil-Werden bleibt auf der Strecke. Die Seele/Psyche als Ursache für Krankheit Im Folgenden werden schwerpunktmäßig die seelischen Aspekte betrachtet, es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die andere Seite der Medaille – die körperliche Ebene – natürlich ständig mitbeteiligt ist. Jeder Mensch ist eingebettet in eine Umgebung, die mehr oder weniger zu ihm passt bzw. an die er sich angepasst hat. So lebt der Eskimo unter Bedingungen, die für einen Südeuropäer schwer auszuhalten wären und umgekehrt. SANUM-Post 82/2008 11 Wenn der Mensch in seinem Alltag unter Druck steht und sich überfordert (Familie, Arbeit, Geld...), muss er diesem Druck standhalten oder widerstehen können. Sonst leidet er physisch und psychisch. Er wird sich verhärten (z.B. Schulter-, Rückenschmerzen, gefühlsmäßige Erstarrung) oder zusammenbrechen (Schwäche, Organinsuffizienz, seelische Anfälligkeit). Diese Erstarrung führt z.B. zur Brüchigkeit der Knochen, unseres Stütz- und Halteapparates, also dessen, was uns eine äußere Form gibt. Ein altes Sprichwort bringt es auf den Punkt: „Wenn das Haupt krank ist, so trauern die Glieder.“ Die Seele erlebt Kränkungen, die im Körper zu Krankheiten auswachsen. Daher kann die aus dem Gleichgewicht geratene Seele den Körper nicht gesunden lassen, bis sie selber wieder genesen ist. Die körperlichen Krankheitssymptome werden dringend benötigt, um ihre eigene Bedürftigkeit zu zeigen, sei es als Hilfe, zur Selbsterkenntnis oder zur Bestrafung. (Ulrich Schaffer) Wie viel Druck tolerierbar ist, ist individuell verschieden, aber auch kurzzeitiger Stress lässt sich besser ertragen als Dauerbelastung. Wenn ein Mensch in der Lage ist, den unvermeidbaren täglichen Belastungsstürmen eine innere Struktur und Gelassenheit entgegenzusetzen, bleibt er eher gesund. Die immense Bedeutung der Psyche für unsere körperlichen Reaktionen und unser Befinden sowohl im hemmenden als auch im fördernden Sinn zeigen folgende Beispiele: – In Indien wurde in einem Gefängnis folgendes Experiment durch12 SANUM-Post 82/2008 geführt: Ein zum Tod durch Erhängen Verurteilter ging auf den Vorschlag ein, sich stattdessen verbluten zu lassen. Mit verbundenen Augen an Händen und Füßen am Bett festgebunden, wurde seine Haut an den Extremitäten leicht angeritzt, ohne dass Blut floss. Neben dem Bettpfosten tropfte Wasser aus Behältern in Gefäße auf dem Boden, erst schnell, dann immer langsamer, um schließlich aufzuhören. Parallel dazu wurde der begleitende Singsang des betreuenden Arztes immer leiser und der Gefangene immer schwächer. Am Ende des Versuchs war der Mann tot, ohne einen Tropfen Blut verloren zu haben. (Bernhard Lown) – Patienten, die im Krankenhaus auf einen Baum blicken, erholen sich schneller, brauchen weniger Schmerzmittel und werden schneller entlassen. – Führt man bei Menschen eine Woche nach der Diagnosemitteilung „HIV“ eine Kontrolle des Immunsatus durch, weisen sie signifikant schlechtere Werte auf als vorher. Werden HIV-Verdachtspatienten in der Zeit von der ersten Blutprobenentnahme bis zur Befundmitteilung jedoch psychologisch betreut, bleiben die Kontrollwerte stabil. Dies zeigt die Bedeutung der seelischen Komponente für die Infektanfälligkeit. Wir können mit unseren fünf Sinnen (auch unter Zuhilfenahme diagnostischer Hilfsmittel) den Körper und seine Funktionen messen; hingegen ist die Psyche schwerer und z.T. nur mittelbar zu erfassen, z.B. über den Immunstatus der HIVPatienten. Zwischen Körper und Seele sind verschiedene Wechselwirkungen möglich: 1. Eine primär körperliche Schwächung kann sich als somatische oder seelische Störung äußern. So mündet eine schlechte Ernährungslage, sowohl im Sinne von Mangel oder Überfluss, möglicherweise in organischen oder in seelischen Beschwerden. Dies zeigt sich z.B. bei der Entstehung von Diabetes II durch Überernährung oder erhöhter Infektanfälligkeit bei Zinkmangel; bei Schizophrenen lässt sich häufig ein Kupfermangel nachweisen, und die Entstehung von Depressionen kann durch Übersäuerung oder durch Mangel an Omega-3Fettsäuren begünstigt sein. 2. Eine primär seelische Schwächung kann sich auf der psychischen oder körperlichen Ebene manifestieren. Wenn ein Kind übermäßig beschützt und behütet wird, fehlt ihm die Auseinandersetzung und Erfahrung mit der Umwelt. Dies kann z.B. auf seelischer Ebene zum ängstlichen Verhalten gegenüber allem Neuen führen bzw. sich körperlich als Allergie oder Neurodermitis (diese wird auch als „Schweiß der Seele“ bezeichnet) äußern. Jeder Mensch hat eine gewisse Neigung oder Affinität zu einem dieser Manifestationsformen, d.h. er wird ein Ungleichgewicht im Leben schwerpunktmäßig bevorzugt auf eine dieser Arten zum Ausdruck bringen. Jeder Mensch hat eine unstillbare Sehnsucht nach dem, was ihm fehlt oder was er glaubt zu vermissen. Es kann sehr hilfreich sein, den Patienten einer dieser Kategorien „zuzuordnen“, weil sich daraus Konsequenzen für die Auswahl geeigneter Behandlungsmaßnahmen ergeben. Wir können hierbei zwischen den beiden Extremformen Somatisierung und Psychologisierung unterscheiden und finden dazwischen viele Mischformen. Somatisierung Hier dominiert die linke Gehirnhälfte, die Verstandesseite. Störungen werden auf der körperlichen Ebene gelebt und die Möglichkeit einer psychischen Komponente massiv abgelehnt. Wenn ein Mensch jegliche psychische Beteiligung an einer Beschwerde in Abrede stellt, dann deshalb, weil er sich dem Motto verschrieben hat „es existiert und zählt nur das, was ich sehe“. Es sind meist sehr zähe, entschlossene Patienten, die ihre Beschwerden scheinbar klaglos ertragen oder bagatellisieren. Sie machen nicht viel Aufhebens um ihre Person, z.T. weil nie viel Aufheben um sie selbst gemacht wurde. Gefühle werden nicht zugelassen, sie erscheinen unkalkulierbar oder bedrohlich. Die Auseinandersetzung mit den Gefühlen könnte die aufgebaute Welt erschüttern. Derjenige, der alles somatisiert, hat diesen Zustand akzeptiert oder einfach akzeptieren gelernt. Er wird die Tatsache, dass ca. 90% unserer Wahrnehmung unbewusst abläuft, nicht anerkennen. Dieser Mensch kann deshalb nur Krankheiten/Diagnosen mit mess- baren oder greifbaren Beschwerden des Körpers zulassen. Störungen sich auf der Ebene des Unbewussten abspielen. Sprechen wir einen solchen Patienten auf mögliche psychische Ursachen für seine Krankheit an, wird er diese vehement oder gar trotzig verneinen. Eine solche ablehnende Haltung bestätigt die Vermutung des Therapeuten, aber jedes Nachbohren wird den Widerstand des Patienten wecken und zu Ablehnung und Verhärtung gegenüber gutgemeinten Therapieansätzen führen. Vielleicht ist der Betroffene sogar enttäuscht und fühlt sich missverstanden, wenn der Therapeut ihm eine simple organische Ursache seiner Beschwerden liefern will. Auch hier werden wir trotziger Verneinung begegnen. Hier wird es sinnvoll sein, zunächst einmal dem Patienten auf „seiner“, der somatischen, Ebene zu begegnen und die Behandlung der seelischen Störung quasi auf einer Nebenstrecke zu beginnen. Dabei können Be-HAND-lungen wie Massagen o.ä. aufweichend wirken. Häufig will dieser Patiententyp seine Krankheit gar nicht aufgeben, weil sie ihm eine gewisse Garantie für Zuwendung, Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit gibt. Auch wenn der Therapeut den Patienten zunächst auf dieser Ebene „abholt“ und behandelt, ist darauf zu achten, dass er sich auf Dauer nicht zum Komplizen macht. MUSCARSAN, hergestellt aus Agaricus muscarius, dem Fliegenpilz, kann in derartigen Fällen die aggressive Seite abmildern. Psychologisierung In diesem Falle ist v.a. die rechte Gehirnhälfte, die Gefühlsseite, betroffen; sie benötigt allerdings die Hilfe der linken, verstandesmäßigen Hirnhälfte, um sich auszudrücken. Im Gegensatz zum somatisierenden Patienten neigt dieser Mensch dazu, jedes körperliche Symptom mit einer psychischen Ursache zu begründen. Er empfindet – unbewusst – in seinem Leben einen Mangel an Zuneigung, also seelischen Streicheleinheiten. Deshalb reagiert er nahezu seismographisch auf Situationen, in denen er vermeintlich nicht genug Beachtung findet und wird eher psychische als physische Symptome entwickeln (Der Krebs der Seele ist die Psychose). Dieser Patient ist von seinen Beschwerden her oft schwerer zu fassen als der Somatiker, weil seine Mischformen Zwischen den beschriebenen Polen Somatisieren und Psychologisieren gibt es Abstufungen. So liegt es nahe, in unserem „Zeitalter der Internetinformationsflut und Herzinfarkte“ bei jedem Schmerz in der Brust rasch die entsprechende Eigendiagnose „Herzerkrankung“ zu stellen und in dauernder Angst vor einem Infarkt zu leben. Hier ist es die Aufgabe des Therapeuten, mit sorgfältiger Anamnese und Untersuchung den Dingen auf den Grund zu gehen und dem Betroffenen – soweit keine organischen Befunde vorliegen – den Zusammenhang zwischen psychischer Verspannung und der Reaktion des Herz-Kreislauf-Systems aufzuzeigen und geeignete Therapien (Entspannung etc.) zu empfehlen. SANUM-Post 82/2008 13 Gerade ältere Menschen befürchten oft, ihre Vergesslichkeit sei ein sicherer Beweis für eine Alzheimer Demenz (eine weitere laienhafte Schnelldiagnose unserer Zeit), die ihr gewohntes Leben bedroht. Dabei spielen gerade im höheren Alter eine zu geringe Wasseraufnahme oder Sauerstoffmangel als Auslöser für Gedächtnisschwäche eine große Rolle. Patienten, die diesen Zwischenformen zugeordnet werden können, zeigen in Bezug auf ihr Befinden eher Ängstlichkeit und sind wesentlich offener für die Erklärungen und Vorschläge ihres Therapeuten. Dadurch unterscheiden sie sich von der Halsstarrigkeit eines Menschen, der seine Erkrankung nur somatisch bzw. psychisch sehen will. Erleidender; im Englischen bedeutet „patient“ zusätzlich „geduldig“. Eine Krankheit mag uns zwar lästig erscheinen, sie ist jedoch nicht sinnlos: Vielmehr bringt sie uns in Phasen, in denen wir uns überanstrengen oder überfordern, quasi gewaltsam zum Innehalten. Heilung findet statt, wenn es uns gelingt, die Krankheit zu akzeptieren, ihren Sinn zu erkennen und sich mit ihr zu versöhnen. Nach Dr. Elisabeth KüblerRoss durchlaufen wir, unabhängig vom Schweregrad der Beschwerden, 5 Phasen des Erlebens: 1. Das Nicht-Wahrhaben-Wollen: kommt in Sätzen wie „das kann doch nicht wahr sein“ zum Ausdruck. 2. Zorn: „ausgerechnet jetzt/mir“. Ansätze für die Therapie Da sich Körper und Seele in der Entstehung von Krankheiten wechselseitig beeinflussen, ist es möglich, durch Behandlung der einen Ebene die andere zu erreichen. Auf der somatischen Ebene ist ein stabiles Milieu bekanntermaßen die Voraussetzung für Gesunderhaltung und Gesundung. Dies gilt im übertragenen Sinn auch für Gesundheit und Gesundung der Seele. In der Behandlung sind drei Faktoren zu berücksichtigen. Sie klingen zum Teil sehr banal, sind aber von immenser Bedeutung: 1. Der Patient und sein soziales Umfeld 2. Die eingesetzte Behandlungsmethode 3. Der Therapeut Zu 1. Der Patient Der Patient ist – dem lateinischen Wortstamm nach – ein Erduldender, 14 SANUM-Post 82/2008 3. Ablehnung/Verhandeln: „der Therapeut hat sich geirrt“ oder „hätte ich bloß früher schon...“. 4. Depression: „wozu Medikamente, es hat ja doch alles keinen Sinn“. 5. Annehmen: „das Jammern hilft nicht, es gibt bestimmt Wege der Linderung oder Heilung“. Diese These belegt auch eine Befragung von Krebspatienten, die erheblich länger lebten, als ihnen prognostiziert worden war. Sie hatten gelernt, ihre Erkrankung zu akzeptieren statt mit ihrem Schicksal zu hadern. Sie konnten die Verantwortung für sich, ihre Krankheit und ihre Behandlung übernehmen, hatten auf belastende Therapien verzichtet, ihre Lebens- und Ernährungsweise und -sicht geändert und sich psychotherapeutischen Rückhalt durch Familie, Freunde, Selbsthilfegruppen o.ä. geschaffen. Diese Menschen haben gelernt, sich nicht mit dem scheinbar Unabänderlichen abzufinden, sondern zu einem großen Teil die Eigenverantwortung für sich, ihre Krankheit und ihre Entwicklung zu übernehmen. Dies ist umso bewundernswerter, da wir in unserer informationsüberfluteten Zeit dazu neigen, vorbehaltlos alles als wahr zu akzeptieren, was wir hören, sehen oder lesen. Wenn uns lange und oft genug eingeredet wird, dass ab 20 unweigerlich der körperliche Verfall einsetzt, können wir uns regelrecht in diesen Glauben verbohren und brav diese Prophezeiung erfüllen. Es gibt Naturvölker, bei denen die 70-jährigen im Laufen von Langstrecken den jungen Erwachsenen haushoch überlegen sind und damit belegen, dass Altern nicht zwangsläufig mit körperlichen Einbußen einhergeht. „Eine der Mythen vom Altern beinhaltet, dass wir nicht mehr alles das tun können, was wir vorher tun konnten. Aber die eigentliche Begleiterscheinung des Alterns ist, dass wir aufhören, all die Dinge zu tun, die wir einst taten. Wenn Leben Bewegung bedeutet und Tod das Fehlen von Bewegung, müsste es zulässig sein, anzunehmen, dass mehr Bewegung mehr Leben bedeutet, weniger Bewegung weniger Leben“. (Thomas Hanna) Diese Sichtweise macht viel Mut für die Behandlung. Verspannte, verkrampfte Körperhaltung unter Stress bewirkt eine Anspannung des Sympathikus und führt zu Übersäuerung und Sauerstoffmangel im Gewebe. Dies be- dingt langfristig eine Verarmung sowohl der körperlichen als auch der geistigen Flexibilität. Sauer macht also nicht wirklich lustig, sondern starr. Die Verhärtungstendenz entspricht in der Isopathie einer Zunahme aspergillischer, tuberkulinischer Beschwerden. Diese äußern sich z.B. in Gelenkversteifungen, Myalgien, Arteriosklerose, aber auch in Angstneurosen oder Depressionen. Entsäuernde Maßnahmen tragen sowohl auf körperlicher als auch seelischer Ebene zu einer Balancierung des vegetativen Nervensystems bei; hierzu zählen u.a. basenreiche Ernährung, ALKALA, SANUVIS und CITROKEHL, Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung, aber auch Spaziergänge, Sport sowie Begegnungen und Gespräche mit Freunden. MUCEDOKEHL wirkt im neurovegetativen Nervensystem ausgleichend. Zu 2. Die Behandlungsmethode Nicht nur die seelischen oder körperlichen Blockaden (s.o.) können den Verlauf einer Behandlung beeinträchtigen, sondern auch eine nicht passende Behandlungsmethode. Beispielsweise wird der Patiententyp, der gern seine Beschwerden in der Seele begründet sieht, sich innerlich sträuben, wenn er eine körperorientierte Behandlung bekommt. So manche Therapieformen gehen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten vorbei. So bestand in den 50er Jahren die Herzinfarktbehandlung v.a. in mehr- wöchiger strenger Bettruhe. Derartig aus dem aktiven Leben heraus in völlige Passivität und Abhängigkeit von Fremden zu geraten, bedeutet eine enorme psychische Belastung, die für die Genesung nicht förderlich ist. Zu jener Zeit begann der amerikanische Arzt Bernard Lown, die Herzpatienten auf seiner Station in Sessel zu setzen statt ans Bett zu „fesseln“ und erzielte damit auffällig rasche Verbesserungen. Die amerikanische Schriftstellerin Charlotte Perkins Gilman (1860 – 1935) beschreibt in ihrer Erzählung „Die gelbe Tapete“ ihre eigene Geschichte: Sie litt nach der Geburt ihrer Tochter an Depressionen und wurde von einem Spezialisten zu absolutem Nichtstun verurteilt. Diese Vorgehensweise mutet an, man könne die Seele wie einen gebrochenen Knochen einfach eingipsen, um ihr Ruhe zur Heilung zu geben. Statt einer Besserung ihrer Beschwerden wurde sie zum seelischen Wrack. Charlotte Gilman beging schließlich Selbstmord, als sie an Brustkrebs erkrankte. Heutzutage wird derartigen Nöten mit erfolgreicheren Maßnahmen wie Bewegungstherapie, Behebung von Ernährungsfehlern und Substitution von Omega-3-Fettsäuren sowie anderen Mikro- und Makronährstoffen begegnet. Dennoch sind wir auch in der heutigen Zeit nicht frei von Therapieformen, deren Un-Sinn sich vielleicht erst Jahrzehnte später herausstellen wird. Zu 3. Der Therapeut Der Erfolg oder Misserfolg einer Behandlung hängt bis zu einem gewissen Grad auch vom Wissen, Auftreten und Einfühlungsvermögen des Therapeuten ab. Außerdem ist er nie frei von eigenen Erfahrungen, die allzu leicht dem Ratsuchenden übergestülpt werden. Man neigt beispielsweise dazu, das zu verordnen, zu dem man selber eine Affinität hat: der fröstelige Typ wird viel häufiger Wärme- als Kälteanwendungen empfehlen. Der Therapeut selbst kann als Heilmittel bzw. Placebo wirken, was sehr preiswert und im Prinzip nebenwirkungsfrei ist. Das Wort „Placebo“ entstammt dem Lateinischen und bedeutet „ich werde gefallen“. Leider wird dieser Effekt in der Schulmedizin meist negativ beurteilt. Es gibt verschiedene Versuche, bei denen an Patienten, z.B. mit Knieoder Herzbeschwerden, eine Scheinoperation erfolgte. Diese Menschen zeigten anschließend den gleichen Heilungsverlauf wie jene, an denen tatsächlich ein Eingriff durchgeführt worden war. Während in der Naturwissenschaft magische Operationen, Anrufungen oder rituelle Heilungen belächelt werden, scheint die Schulmedizin sich in ihren eigenen Erfolgen – wenn auch ungewollt – derselben Heilungsmechanismen zu bedienen. Dies bedeutet, dass jede Tätigkeit des Behandlers sowohl einen greifbaren, körperlichen als auch einen nicht direkt messbaren Effekt hat. Da die Patienten sich mit ihren Beschwerden oft hilflos oder verunsichert fühlen, ist es um so wichtiger, dass der Therapeut eine gewisse Sicherheit und Struktur vermittelt. Dies gilt ganz besonders auch für sog. austherapierte Fälle, in SANUM-Post 82/2008 15 denen die schulmedizinische Wissenschaft ihre Grenzen erreicht. „Mitunter heilen, oft lindern und immer trösten“ (Dr. Edward Trudeau) ist ein gutes Motto für jeden Behandler. Wenn ein Rezept mit aufmunternden Worten ausgestellt wird, wirkt die Arznei besser, als wenn dies mit mürrischem Gemurmel erfolgt. Schließlich ist ein guter Therapeut ein systematischer Handwerker. Ein Grundschema zur Behandlung seelischer Ungleichgewichte Dies kann nur als grobe Richtlinie dienen, um dem Therapeuten eine hilfreiche Struktur an die Hand zu geben. – Milieukorrektur zur Gesundung und Gesunderhaltung Entsäuerung mit ALKALA, SANUVIS, CITROKEHL – Nährstoffmängel ausgleichen: Eine britische Studie zeigt, dass 75% der Informationen, die zu einer korrekten Diagnose führen, aus der detaillierten Anamnese gewonnen werden, 10% von der körperlichen Untersuchung, 5% von einfachen Routinetests und 5% von invasiven Prozeduren. In 5% der Fälle gab es keine Diagnose. Eine ganzheitliche Therapie wird also nicht nur versuchen, den Patienten in allen seinen Facetten zu erfassen, sondern auch das Umfeld und das Wechselspiel zwischen Patient und Therapeut. Beispielsweise können depressive Zustände durch die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren (LIPISCOR Kps.) oder Tryptophan als Serotonin-Vorstufe (in Sonnenblumenkernen, Haferflocken) abgemildert werden. Bei schizophrenen Patienten wurde nachgewiesen, dass sie auffällig hohe Kupferwerte (dies gilt auch für Morbus Parkinson) und niedrige Lithiumwerte aufweisen; letztere sind auch bei Suizidgefährdeten oft sehr niedrig. – Überversorgungen beheben: Grundsätze für die Therapie Ganzheitliche Behandlung ist ein sehr viel komplexeres Geschehen als uns bewusst ist. Das Ziel besteht darin, die ursprüngliche Schädigung sowie die daraus entstandenen Folgen aufzuspüren und zu beheben. Erkrankungen, bei denen besonders starke Verflechtungen zwischen körperlichen und seelischen Problemen vorliegen, erfordern besondere Sorgfalt, um die geeignete Therapie für die jeweilige Verletzungsebene auszuwählen. 16 SANUM-Post 82/2008 Der hohe Phosphatgehalt vieler Fertignahrungsmittel führt zu einer hohen Säurebelastung des Organismus und trägt zur Entstehung von Hyperaktivität bei. Bei psychisch geprägten Beschwerden: Arzneimittelwahl entsprechend homöopathischer Anamnese, z.B. MUCEDOKEHL, MUSCARSAN. Als Beispiel für Störungen auf körperlicher Ebene seien Candida-Mykosen erwähnt, die auch an der Entstehung depressiver Veränderungen, des Chronischen Müdigkeitssyndroms u.ä. beteiligt sein können. Hier ist eine entsprechende Darmsanierung durchzuführen. – Allgemeine Regulation MUCOKEHL, NIGERSAN unterstützen die Regeneration und Stabilisierung des Organismus – Immunmodulation Die Auswahl der Immunmodulation hängt jeweils vom Grundproblem ab und ist daher auf die vorherigen Mittel abzustimmen; Beispiele: – REBAS: zur Regeneration der Peyer’schen Platten im Darm, wenn chronische Ernährungsfehler zu einem Defizit geführt haben. – SANUKEHL Cand, wenn eine Mykose vorliegt. Literatur – Entgiftung: Schwermetalle, Medikamente, geopathische Störungen usw. – Individuelle Aspekte berücksichtigen. – Spezifische Regulation der psychischen/somatischen Störungen je nach Ursache bzw. Auslöser. Bernard Lown: Die verlorene Kunst des Heilens, Schattauer Verlag Oliver Sacks: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte, Rowohlt Verlag Baldur R. Ebertin: Wenn die Seele den Körper nicht gesunden lässt, Chiron Verlag Thomas Hanna: Das Geheimnis gesunder Bewegung, Junfermann Verlag Lothar Hirneise: Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe, Sensei Verlag