Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR 4.4 erstellt von H. Wolfes und J. Alves Replikation und PCR Ablauf der Replikation in vivo: Die Replikation wird von einer DNA-abhängigen DNAPolymerase katalysiert. Jede DNA-Polymerase synthetisiert den neuen Strang in 5’3’ Richtung, hierzu werden die Nukleotidbausteine dATP, dCTP, dGTP und dTTP benötigt. Das Enzym benötigt ferner einen doppelsträngigen Bereich, an dem es die Synthese starten kann. Der kurze doppelsträngige Bereich wird mit einem RNA-Primer, einem kurzen Oligonukleotid erzeugt. Während der Synthese synthetisiert die Polymerase den neuen Strang in 5’3’ Richtung und bewegt sich in 3’5’-Richtung am Matrizenstrang entlang: Bei der Replikation erfolgt die DNA-Synthese am Doppelstrang. Weil die DNA antiparallel ist, gibt es am Führungsstrang eine kontinuierliche, am Verzögerungsstrang eine diskontinuierliche Synthese: -1- Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR erstellt von H. Wolfes und J. Alves Die replikative DNA-Polymerase (in Bakterien die DNA-Polymerase III), synthetisiert kontinuierlich am Führungsstrang. Am Verzögerungsstrang werden durch die Primase RNAPrimer synthetisiert, die dann von der replikativen DNA-Polymerase zu Okazakifragmenten verlängert werden: Am Verzögerungsstrang werden mehrere Okazakifragmente gebildet. Die RNA-Primer an ihrem Anfang werden abgebaut und eine Reparatur-DNA-Polymerase (in Bakterien die DNAPolymerase I) füllt die entstandenen Lücken mit DNA auf: Die letzte Phosphodiesterbindung wird durch die Ligase geschlossen. Proteine an der Replikationsgabel: Neben der replikativen und der Reparatur-DNA-Polymerase, der Primase und der Ligase gibt es weitere Hilfsenzyme an der Replikationsgabel: Die DNA-Helikase entwindet den ElternDNA-Doppelstrang in zwei Einzelstränge. Sie erzeugt dabei vor der Replika- -2- Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR erstellt von H. Wolfes und J. Alves tionsgabel ein positives Supercoil, das durch Topoisomerasen bereinigt werden muss. Damit sich der Verzögerungsstrang nicht zu stabilen Haarnadelstrukturen rückfaltet, wird er durch Einzelstrangbindungsproteine (Single-stranded binding Protein, SSB) stabilisiert. Polymerasekettenreaktion (PCR) = Replikation in vitro: Der DNA-Doppelstrang kann durch Hitze in die beiden Einzelstränge zerlegt werden. Je kürzer die Doppelhelix ist, desto niedriger liegt auch der Schmelzpunkt. Bei hohen Temperaturen (95°C) liegen auch lange DNA-Helices als Einzelstränge vor: Die PCR läuft zyklisch ab: zunächst wird bei hoher Temperatur der DNA-Doppelstrang in Einzelstränge denaturiert. Von dieser DNA müssen zwei Sequenzen bekannt sein, an die die Primer binden (hybridisieren) können. Dies erfolgt bei niedrigerer Temperatur. Nun sind Doppelstränge gebildet, an denen die Polymerase die Synthese beginnen kann: Die Voraussetzungen zur Synthese sind die gleichen wie bei der Replikation in vivo: Eine DNA-abhängige Polymerase synthetisiert einen neuen Strang in 5’3’ Richtung mit einem 3’ OH-Ende, hierzu werden die Nukleotidbausteine dATP, dCTP, dGTP und dTTP benötigt. Das Enzym benötigt ferner einen doppelsträngigen Bereich, an dem es die Synthese starten kann. Der kurze doppelsträngige Bereich wird mit einem DNA-Primer, einem synthetischen Oligonukleotid erzeugt. Die PCR-Reaktion wird so oft wiederholt, bis die gewünschte Menge DNA produziert worden ist. -3- Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR erstellt von H. Wolfes und J. Alves Bestandteile einer PCR-Reaktion: • zu untersuchende DNA, von der mindestens zwei kurze Bereiche bekannt sein müssen, hier werden die Primer binden • Taq-Polymerase (hitzestabile DNA-Polymerase) • 2 DNA Primer (Oligodesoxynukleotide, ca 20 Basen lang) • Puffer, Synthesebausteine: dATP; dCTP; dGTP; dTTP Die PCR Reaktion läuft in 3 Schritten ab: Wichtig: Bei Schritt drei werden zunächst DNA-Fragmente mit einem definierten 5’-Ende und einem unbestimmten 3’-Ende produziert. Dies ändert sich, wenn ein zweiter Zyklus durchlaufen wird, da dann zum ersten Mal Fragmente synthetisiert werden, die am Ende des Templates aufhören. Diese werden dann exponentiell weiter amplifiziert. -4- Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR erstellt von H. Wolfes und J. Alves Theoretisch wird in jedem Schritt der PCR die DNA Menge verdoppelt. Dies gilt aber praktisch nur bis zu etwa 20 Zyklen, weil dann die Enzym-, Primer- und DNA-Mengen begrenzend werden (Plateauphase). Daher werden üblicherweise nicht mehr als 25-30 Zyklen durchgeführt. Anwendungsbeispiele: Nachweis viraler RNA (RT-PCR): Seit 1. 6. 1999 ist das Screening aller Plasmapools in der EU auf das Vorhandensein von HCV RNA (Hepatitis C Virus) obligatorisch. Hierzu muss die virale RNA in eine cDNA (copy DNA) umgeschrieben werden. Dies erfolgt durch das Enzym Reverse Transkriptase: An der cDNA kann nun eine normale PCR Reaktion ausgeführt werden. Der Nachweis ist erbracht, wenn mit HCV-spezifischen Primern ein Produkt der richtigen Länge erzeugt werden kann. -5- Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR erstellt von H. Wolfes und J. Alves Nachweis der Chromosomentranslokationen bei CML (Chronische Myeloische Leukämie): Bei mehr als 95% der Patienten mit Chronischer myeloischer Leukämie ist das BCR Gen (Chromosom 22) mit dem ABLGen (Chromosom 9) fusioniert. Das resultierende Philadelphia-Chromosom kann auch im Karyotyp nachgewiesen werden. Die Translokation kann durch zwei PCR Primer, von denen einer auf Chromosom 22 und der andere auf Chromosom 9 hybridisiert, nachgewiesen werden. Nur bei der Translokation erhält man ein definiertes PCR Produkt. Nachweis von bakteriellen Kontaminationen: Die klassische Methode zum Nachweis eines Bakterienstammes erfordert die Anzucht der Bakterien sowie eine spezifische Farbreaktion. Die Untersuchung kann bis zu drei Tage dauern. Der PCR-Nachweis erfolgt mithilfe eines Primerpaares das spezifisch für den betreffenden Stamm ist, innerhalb von wenigen Stunden. In der MHH sind Nachweise von Mykobakterien, EHEC und anderen seltenen Erregern etabliert. Nachweis einer HIV-Infektion (nested PCR): Die in das Wirtsgenom integrierte DNA des Humanen Immundefizienz-Virus lässt sich über eine PCR-Reaktion nachweisen. Ein positives Ergebnis ist hierbei eine DNA einer bestimmten Länge. Um den Nachweis empfindlicher zu gestalten, wird eine zweite PCR-Reaktion mit der DNA aus der ersten Reaktion als Template durchgeführt. Außerdem besteht die Chance, dass ein Primerpaar an einer anderen Stelle im Genom zufälliger-6- Biochemieseminar 4.4: Replikation und PCR erstellt von H. Wolfes und J. Alves weise ein Produkt der gewünschten Länge erzeugt (falsch positives Ergebnis). Deshalb wird in der zweiten PCR ein neues Primerpaar eingesetzt, das innerhalb der erzeugten Primärsequenz hybridisiert (nested PCR). Es ist unwahrscheinlich, dass das zweite Primerpaar innerhalb des falsch positiven Produktes passt. Neben HIV werden in der MHH eine ganze Reihe weiterer Viren (z. B. Cytomegalo-Virus (CMV), Hepatitis-B-Virus (HBV), HepatitisC-Virus (HCV), verschiedene Herpesviren, Influenzaviren, Noroviren und weitere) über PCR nachgewiesen. Grundlegende Literatur: Löffler, Basiswissen Biochemie, 7. Auflage S. 220-228 Löffler Petrides Heinrich, Biochemie & Pathobiochemie, 8. Auflage S. 228-236, 247248, 1154-1155 Rassow Hauser Netzker Deutzmann, Biochemie, 3. Auflage S. 425-431, 482-484 Themen, die im Vortrag angesprochen werden sollten: Ablauf der Replikation in vivo Ablauf der PCR PCR-Anwendungen • Nachweis viraler RNA (RT-PCR) • Nachweis von Chromosomentranslokationen (z.B. bei CML) • Nachweis von bakteriellen Kontaminationen • Nachweis einer HIV-Infektion (nested PCR) -7-