BRIEFE wegen auch die Zahl der so behandelten Patienten in Deutschland stetig zugenommen hat, auf aktuell etwa 200 pro Jahr. Bisher war die Herstellung von PoCKnochenmarkszellpräparationen als gerichtete Gewebezubereitung lediglich anzeigepflichtig nach § 67 AMG. Durch die vom PEI vorgeschlagene Einstufung als Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) und Regulation mit Notwendigkeit einer Herstellungserlaubnis nach §13 AMG (wie zum Beispiel für eine allogene Stammzelltransplantation bei akuter Leukämie), wird die Anwendung dieser Therapie in Deutschland fast unmöglich gemacht, da den Anforderungen für eine solche Herstellungserlaubnis von Krankenhäusern, die keine Universitäts- oder vergleichbaren Klinika sind, kaum zu entsprechen ist. ● Zur Isolation der weißen Zellfraktion des Knochenmarks werden in Deutschland vor allem PoC-Zentrifugationsmethoden mit geschlossenen Systemen benutzt. Diese Dichtegradientenzentrifugationen zur Herstellung eines Knochenmarkszellkonzentrats sind unstrittig sogenannte nichtsubstantielle Bearbeitungen des Ausgangsgewebes Knochenmark (EG-Verordnung Nr. 1394/2007), so dass aus dieser Art der Zellseparation keine Einstufung als ATMP resultiert, die automatisch zu der Notwendigkeit einer Herstellungserlaubnis führen würde. Das PEI vertritt nun die Auffassung, die Wirkungsweise der dann in die ischämische Region eingebrachten Knochenmarkszellen sei nicht bekannt. Diese Auffassung kann unsererseits nicht nachvollzogen werden. Seit Anfang der 90er Jahre ist eine Vielzahl von Veröffentlichungen (>1 000) erschienen, die die Rolle aus dem Knochenmark stammender weißer Zellen in der Angiogenese und Kollateralarteriengenese untersucht haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die zellulär gesteuerte Kollateralarterienentstehung – sowohl physiologisch als auch therapeutisch durch Zelltransplantation induziert – beim Menschen anders abläuft als bei den zahlreichen Tiermodellen. ● Die Argumentation des PEI, dass die einzige nachgewiesene Aufgabe A 1630 des Knochenmarks die hämatopoetische Regeneration sei, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Die CD 34+-Stammzellen, die für die hämatopoetische Regeneration zum Beispiel nach myeloablativer Chemotherapie eingesetzt werden, machen lediglich etwa zwei Prozent der weißen Zellfraktion des Knochenmarks aus. CD 34+-Zellen sind zwar essenziell für die hämatopoetische Repopulation, nicht jedoch für die vielen anderen reparativen Funktionen von Knochenmarkszellen. Wenn Zellen aus dem Knochenmark, deren Migration an den Ort der Ischämie insbesondere bei Diabetikern, Rauchern und schwer an Hyperlipidämie Erkrankten gestört ist, an den Ort der gewünschten Kollateralarteriogenese mittels Injektion übertragen werden, ist die Funktion nach Applikation identisch mit der Funktion vor der Entnahme. Somit liegt weder eine substanzielle Bearbeitung noch ein „nicht homologer“ Gebrauch vor. ● Unstrittig ist die Einordnung von PoC-Knochenmarkszellkonzentrat als Arzneimittel; die Herstellung eines Arzneimittels durch einen Arzt oder Heilpraktiker ist nach den §§ 67, 13 Abs. 2 b AMG anzeigepflichtig. Eine behördliche Erlaubnis nach § 13 Abs. 2 a AMG bzw. eine Genehmigung nach § 20 AMG ist für die Herstellung von Point-of-careKnochenmarkskonzentraten nicht notwendig, da hier die im AMG vorgesehene Ausnahmeregelung nach § 13 Abs. 2 b und § 20 d AMG greift; typischerweise werden nämlich sämtliche im § 20 b und § 20 c AMG genannten Tätigkeiten inklusive der Spendertestung bei der autologen Knochenmarkszelltransplantation durch einen betreuenden Arzt durchgeführt. Auch ein In-Verkehr-Bringen des Knochenmarkszellkonzentrates findet nicht statt. Es ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt, ob die PoC-Knochenmarkstherapie lediglich anzeigepflichtig ist oder einer Herstellungserlaubnis bedarf. Auffallend ist, dass die Aufsichtsbehörden derjenigen Länder, die lediglich die Anzeigepflicht bejahen, sich engagiert in die Materie eingearbeitet haben, einen intensiven fachlichen Austausch mit den Anwendern pflegten und teilweise auch bei Knochenmarkszelltransplantationen bei kritischer Extremitätenischämie anwesend waren und sich somit eine hohe Expertise erarbeitet haben, wohingegen die Pflicht zur Herstellungserlaubnis in Bundesländern gilt, deren Aufsichtsbehörden ungeprüft die Auffassung des PEI übernommen haben. Durch die Anwendung autologen Knochenmarkszellkonzentrats zur Induktion der Arteriogenese bei kritischer Extremitätenischämie konnten in den letzten acht Jahren zahlreiche Ober- und Unterschenkelamputationen in Deutschland verhindert werden. Wir hoffen deshalb, dass das PEI seine medizinisch-wissenschaftlich und juristisch nicht haltbare Position korrigiert, damit auch weiterhin Patienten mit kritischer Extremitätenischämie von dieser sicheren und wirkungsvollen Therapie profitieren können. Literatur beim Verfasser Dr. med. Berthold Amann, Leitender Oberarzt, Zentrum für Gefäßmedizin, Asklepios Westklinikum Hamburg, 22559 Hamburg. Elf weitere Unterzeichner HAUSARZTVERTRÄGE US D Der CSU-Vorsitzendde, Horst Seehofer, sschlägt sich auf die Seite der AllgemeinS mediziner (DÄ 27– m 228/2013: „Bayerisscher Hausärztetag: Rückkehr zu alten HausSeehofer will Rückk arztverträgen“). Klarstellung Im oben genannten Beitrag wird behauptet, die SPD lehne eine Verpflichtung der Kassen, Hausarztverträge anzubieten, ab. Das ist nicht richtig. Das Gegenteil ist der Fall. In dem Parteitagsbeschluss vom 6. 12. 2011 heißt es auf Seite 5 ausdrücklich: „Um diesen Prozess zu unterstützen und die hausärztliche Versorgung und damit die Vorbeugemedizin zu fördern, kehren wir zum Rechtszustand von vor dem 22. 9. 2010 bei der Hausarztzentrierten Versorgung nach § 73 b SGB V zurück.“ Zusätzlich hat die SPD-Bundestagsfraktion diese Forderung in ei- Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 35–36 | 2. September 2013 BRIEFE nem Antrag an den Deutschen Bundestag am 28. März 2012 eingebracht. Prof. Dr. med. Karl Lauterbach, MdB, Gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, 11011 Berlin GGENDIAGNOSTIK G O B schon wird die Bald Genanalyse selbstG vverständlicher Teil vvon Forschung und TTherapie sein (DÄ 222/2013: „Ein Selbstversuch für S 99 Dollar“ von Haral Harald Kamps). Gendiagnostik beim Discounter Ein Kollege lässt seine Gene bei 23andMe auf circa 200 genetische Krankheiten, 100 Veranlagungen und Abstammungshinweise für den Discountpreis von 99 Dollar testen. Vor drei Jahren wurden hierfür noch 999 Dollar und im letzten Jahr noch 399 Dollar verlangt. Massenproduktion und Rationalisierung haben den Preis drastisch sinken lassen. Zu den Analysekosten kommen allerdings noch die Transportkosten für DHL hinzu, so dass die Kreditkarte letztlich mit circa 150 Euro belastet wird. Alternative kommerzielle Anbieter gibt es gegenwärtig nicht . . . Die bestehenden Gen-Labore in Deutschland sind für den interessierten Laien keine echte Alternative, da jene durch die engen Grenzen des Gendiagnostikgesetzes stark reglementiert werden . . . Wie gut sind die Analysen, kann man ihnen trauen? Fehler können entstehen bei der Probengewinnung des Speichels, beim Transport über den Atlantik (Strahlenschäden) und bei der Probenaufbereitung (Konta- mination, Verwechslung von Proben). Tatsächlich sind bei 23andMe im Jahr 2010 schon mal 96 Proben verwechselt worden. Man kann die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse grob abschätzen durch Plausibilitätsüberlegungen: Stimmen die angegebene Augenfarbe und Blutgruppe mit der eigenen überein? Wenn ein Risiko für eine Krankheit E-MAIL Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können jedoch nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E-Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu kürzen. DÄ