Lokalisation und Symmetrie der parasitären Hautkrankheiten im

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Lokalisation und Symmetrie der parasitären
Hautkrankheiten im indischen Archipel
VON
DR. A. W. NIEUWENHUIS.
Verhandelingen der Koninklijke Akademie lIn WeLenlehappen Ie Am.Lerda ...
(TW"EEDE SEOTIE.)
Deel X. N° 4-.
(Mit 8 Tafeln.)
AlISTERDAM: ,
JOHANNES MÛLLER
1904.
Lokalisation und Symmetrie der parasitären
Hautkrankheiten im indischen Archipel.
VON
Dr. A. W. NIEUWENHUIS.
Die Art der Ver b rei t u n g der E r u p ti 0 n e n a u f der K ö rperoberfläche ist für verschiedene Hautkrankheiten
charakteristisch und bildet daher ein Hilfsmittel beim Stellen
der Diagnose. Dass viele Hautkrankheiten die Neigung besitzen, in
bestimmter Weise auf der Haut aufzutreten, ist also bekannt, dagegen liegen die Ursachen dieser gcsetzmässigen Entstehung und
Ausbreitung der Effloreszenzen in vielen Fällen gänzlich im Dunkeln.
Mit dieser charakteri~tischen Lok a 1i s a t ion der Hautkrankheiten hängt deren mehr oder weniger häufige s y mme tri s c h e
Ver b rei tu n g auf der Oberfläche des Körpers eng zusammen.
Die Verteilung ist dabei an der rechten und linken Körperhälfte
die gleiche.
In dem bekallnten Handbuch von KAPOSI (Ausgabe 1899) wird
als Ursache eines symmetrischen Auftretens der Effioreszellzen nur
ein schlecht bewiesen er Einfluss des zentralen Nervensystems erwähnt;
im übrigen heisst es:
" Weiter kommt jene Gesetzmässigkeit oder Eigenthiimlichkeit
zur Erscheinung in dem Umstande, dass die Effiorescenzen bei manchen Processen vorwiegend die Streekseiten , in anderen regelmässig
die Beugeflächen der Gelenke und Extremitäten oder die Eingangsöffnungen in die Körperhöhle mit Vorliebe occupirell. }I'ür diese
Arten der Gesetzmässigkeit fehlt uns vor der Hand jede Handhabe
zur Erklärung."
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LOKALISATION UND SYMMETRIE DER PARASITÄREN
Andere Autoren , z. B. BEHREND, schreiben die symmetrische
Ausbreitung der Krankheit auf dem Körper, u. a. bei Syphilis,
Pocken , Maseru, sowohl dem Einfluss del' Konstitution als dem
des ganzen Nervensystems zu. Als Anhaltspunkt hierfür dieut der
Urnstand, dass einige Hautkraukheiten, wie Herpes zoster, zweifeIl os von Reizungs- und Entzündungszuständen des peripherischen
oder zen stralen Nervensystems abhängig sind und daher nur im
Verbreitnngsgebiet bestimmter Nerven auftreten.
Bei den l' e i n par a s i t ä. I' e n H a u t k ra n k hei t e 11, die durch
Infektion mit Mikroorganismen entstehen und nur mit parasiticiden
Mitteln zu bestreiten sind, kann jedoch von einem direkten
Einfluss der Nerven und der Konstitution keine
Rede sein; diese können auf das Wachstum der Organismen
und somit auf die durch sie verursachten EntzündulIgen höchstens .
einen in d i l' e k ten Ei n fl us s ausüben. Nul' wenige Autoren
versuchen daher, die gesetzmässige Lokalisation und die ab und zu
vorkommende Symmetrie diesel' HautkHmkheiten zu erklä.ren; auch
KAPOSI enthält sich jedes Urteils.
Werden derartige Erklä.rungen überhaupt versucht, so klingen sie
bisweilen sehr unwahrscheinlich, so giebt z. B. BEHREND als Ursache
für das bisweilen deutlich symmetrische · Auftretell von Her p e s
ton su ra n s ma c ulo sus an, dass in diesen Fä.llen die ansteckenden Elemente von der ursprünglichen Eruption anf dem Halse
längs den beiden Körperhä.lften niederfallen nnd dort trotz der
Kleidnng eine gleiehartig verbreitete Infektion zu stande bringen.
Sowohl für die Lokalisation als für die Symmetrie der europä.ischen
parasitiiren Hantkrankheiten sind also in der Literatur nur wenig
and dazu bisweilen unwahrscheinliehe Erklärungen zu finden.
In den '1' ropen sind parasimre Hautkrankheiten .unter den Eingeborenen sehr verbreitet; es kommen dort nicht nur europä.ische
Krankheiten, wie Herpes tonsurans und Pityriasis versicol 0 r, sondern noch einige den 'fropen eigene ~ wie rr in e a i mb r i cat a, Tin e a a I big e n a und andere vor, die gleieh wie die
beiden ersteren dUl'eh bestimmte Pilzarten hervorgerufen werden.
Diese vier Hautkrankheiten unterscheiden sieh weit mehr in den
Tropen als in Europa durch eine typiSche Lokalisation , die sich in
höherem oder geringerem Grade bei allen in einer Neigung zu symmetIiseher Aushreitung ä.ussert. Der Krankheitsprozess, den diese
verschiedenen Pilze in der Hant bewirken, stimmt im wesentlichen
überein; die Organismen verursaehen dureh ihre W ueherungen in
der Epidermis hauptsä.chlieh ober8ä.chliche, leiehte Entzündungen,
die sieh im akuten Stadium in der Abseheidung èines Exsudates
HAUTKRANKHEITEN IM INDISCHEN ARCHIPEL.
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in der Epidermis äussern; im chrol1ischen Stadium tritt hauptsächHch Schuppenbildung ein . .
In der Lokalisatioll dieser Hautkrankheiten und in den sekundären Veränderungen, welche sie in den tieferen Hautschichten
vernrsachen, beste hen bedeutende Verschiedenheiten, welche sich
bei den braul1en Rassen hauptsächlich in Veränderungen der normalen Pigmentbildung der Haut geItend machen. Diese Verschiedenheitell können neben dem eigentlichen Entzündungsprozess zur
Diagnose benützt werden.
Die Verschiedenheiten der Lok a I i s a t ion treten am meisten
in den Vordergrund. Hauptsächlich ist dies bei Tin e a a I big e n 8
der Fall, einer bei den Eingeborenen im Archipel sehr verbreiteten
Hautkrankheit, die bei ungefähr 95 010 der Patienten auf Handflächen and Fusssohlen auftritt, während Jahre vergehen, bevor die
Affektion von der Volar- auf die Dorsalflächc übergeht und sich
dort ausbreitet. .Unter hunderten von Fällen von Tin e a ft I b igen a beobachtete ich nur wenige, bei denen andere Stellen als
Handflächen und Fusssohlen erkrankt waren.
Häufig werden die Nägel an Händen and Füssen dabei afliziert.
Info1ge der Wucherung der Pilze wird die Nagelsubstanz in LameHen
auseinander getrieben und die Nägel erscheinen dadurch weiss.
Die losen Lamellen könnell beim Gehen und Arbeiten der Eingeborenen dem Stossen und Schleissen nicht widerstehen, sondem
fallen ab, mit dem Resultat, dass das Nagelbett nul' noch von einer
dünl1en, unregelmässigel1 Schicht bedeckt bleibt.
ahrscheinlich
werden auch die Haare angegriffen, aber da sie bei den Eingeborencn, besonders an Hällden und Füssen, sehr spärlich sind, habe
ich mich hiervon nicht überzeugen können.
. 'L' in e a i mb l' i c ft t a kann sieh über kurz oder lang VOD einigen
Punkten aus über den ganzen Körper verbreiten ; an Handflächen
und Fusssohlen zeigt sie sieh jedoch nur äusserst selten, auch greift
sie Nägel und Haare nicht an. Auf der behaarten Kopfhaut findet
man sie ebenfalls nUf selt.en, während die dünne, zarte Haut del'
Achse1höh1en, der Inguina1gegend und bei .Frauen die Haut unter
den Mammae erst spät und nur unter bestimmten Umständen erkrankt.
Bei '1' i n e a c i r c i n nt a oder Her p est 0 n s u ra n s tritt eine
derartige Lokalisntion minder stark in den Vordergrund , doch beobachtete ich sie nie auf Handfliiehen und .Fusssohlen, auch verbreitet sie sich nicht, wie Tin {\ a i m b r i cat a, auf dem ganzen
Körper, somlern greift hauptsächlich die dünnen Stellen der Hautfaiten, wie die der Achselhöh1e, der Weichengegend etc. fin. Auch
die Nägel und Haare leiden häufig durch 'r i ne a c i r c i nat a,
"r
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LOKALISATlON UND SYMMETRIE DER PARASITAREN
Pi t Yriasi s vers i co lor, als "panu" bei den Malaien und
"litak" bei den Dajak bekannt, liefert in ihl'er Verbreitung wenig
Bemerkenswertes und zeigt bei Eingeborenen und Europäern die
gleichen Eigentümlichkeiten. N ur erscheint die Eruption auf der
dunkIen Haut der Eingeborenen heller als ihre Urugebung, dil. die
dunkIe Farbe durch die geschwollelle Epidennis nicht deutlich
durchscheint, während die hellbraunen Mycelien der EfHoreszenzen
auf der hellen Haut der Europäer als dunkie Flecken zum Vorschein treten. Gleichwie bei den anderen genannten Hautkrankheiten, nur in millderem Masse, lässt sich auch bei Pityriasis
versicolor die Neigung zu einer symmetrischen Ausbreitung beobachten; sie tritt in ungefàhr 50 / 0 der Fälle deutlich zu Toge.
Hei der Beurteiluug des Wertes, welcher der Lokalisation uud
Symmetrie dieser Hautkrankheiten zukommt, muss in Betracht gezogen werden, dass diese bei weitaus den meisten erwachseneu Eingeborenen chronisch sind und oft bis 20 und 30 Jahre bestanden
haben, da sich hauptsächlich die ä1teren Leute nur selten derartiger Krnnkheiten wegen einer Heilkur unterziehen, obgleich sie die
erforderlichen Arzneimittel besitzen . Hierdurch ist ein Zufall in
der Verbreitung, der z. B. in einer zufàlligen symmetrischen Infektion mittelst infizierter Gegenstände, wie Kleider , Sitzgelegenheiten
u. s. w., besonders bei starker Ausdehnung der Krankheit, ausgeschlossen, dil. es nicht al1zunehmen ist, dass die weitere .A.usbreitung
während der folgenden Jahre auch stets symmetrisch bleibt, wenn
eille ständig wirkende Ursache hierfür nicht vorhanden ist.
Die Fälle einer symmetrischen Ausbreitung sind bei Tin e a c i rc i n a ta zahlreicher als bei Pit y rias is versic 0 lor und treten
sicher bei etwa 20 0 / 0 der Patienten auf. Bei Tin e a i m b r i cat a
und Tinea albigena kommt Symmetrie sogar in l/S der Fälle vor.
Die Symmetrie in der Verbreitung der Effloreszenzen bildet bei den parasitären Hautkrankheiten der Tropen also
einen wichtigen Faktor, mit dem bei ihrer Symptomatologie gerechnet werden muss; ferner müssen unter den Ursach en , die das
Entstehen und die Ausbreitung dieser Kronkheiten beherrschen,
einige vorhanden sein, die diese Symmetrie veranlassen.
Dil. diese Symmetrie bei allen diesen verschiedenen in der Haut
wuchernden Pilzeu vorkommt, liegt es nahe, anzunehmen, dass
nicht nur die Eigenschaften letzterer hierauf einen Einfluss ausüben,
sondern dass auch das Sub st rot, in dem sie leben, die H a ut,
dabei eine Rolle spielt. Bei eingehenderem Studium dieser charakteristischen Verbreitung und Symmetrie ist es daher vielleicht möglich,
einige Lebensbedingungen dieser Pilze näher kennen zu lernen.
HAUTKRANKHEITEN IM INDISCHEN ARCHIPEL.
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Bei einer dieser Hautkrankheiten, bei Ti ri ea i m b ri cat a, liefert
nicht nur ihre Lokalisation auf der Haut der Eingeborenen, sondern auch ihre Lokalisation im indischen Archipel einen Hinweis
auf ihre Lebensbedillgungen. Tin e a i mb ri cat a wird bereits seit
langer Zeit als Hautkrankheit im indischen Archipel angeführt UIld
hat sich durch den zunehmenden Verkehr in späterer Zeit immer
stärker, bis auf die InseIn des pazifischen Ozeans, verbreitet. Auffallender Weise leiden die Eingeborenen auf Java, ohgleich diese Insel
ställdig mit den benachbarten infizierten InseIn in Verbindung steht~
nicht oder doch n ur höchst selten an Tin e a i m b r i c a ta, währeud
die Ja.vaner, die z. B. uuf Borneo vérkehren, von dieser Krankheit
nicht verschont hleiben. Sie sind also nicht immun gegen Tin ea
i m b r i cat a; auch werden auf Java die Chinesen angesteckt.
Im Gegensatz hierzu Silld Ti n ea al bi ge n a, Ti n ea c i rc in a ta und Pit y r ia sis ve r sic 0 lor auf Java allgemein verbreitet; augenscheinlich liegt es also in den Lebens- und Verbreitungsbedingungen von Tin e a i m b r i cat a, dass die Ja vaner in ihrer
Heirnat von ihr unberührt bleiben.
Da. in Europa nachgewiesenermassen einige parasitäre Hautkrankheiten des Menschen auch vielfach nuf 'rieren vorkommen ,
glaube ich mit einigem Recht das Sch wein als den 'l'räger von 'r in e a
imbricata annèhmen zu dürfen; denn das Schwein, das auf den
InseIn mit giÎ.nzlich oder teilweise heidnischer oder christlicher
Bevölkerung und auch hei den Chinesen überall viel vorkommt,
wird im Innern von Java infolge des Mohammedanismus nicht als
Haustier gehalten.
Für die Lebensbedingungen und Eigenschaften der verschiedenen
Pilze ist nicht nur die Lokalisation der betreffenden Krankheiten
charakteristisch, sondern atich deren Verhalten in Bezug auf das
Hautpigment der Eingeborenen.
Als kennzeichnende Wirkung von Tin e a a I big e n a auf die
tiefereu Hautlngen ist die Pi g men t a t rop h ie, die sie zur Folge
hat, anzusehen. Diese bewirkt, daRS die angegriffenen Hautstellen
völlig entfarbt und denen der Europäer ähnlich werden. Zwar tritt
diese Erscheinung erst nach langdauerndem Bestehen auf. aber
wenn sie einmal auf Handflächen und Fusssohlen vorkommt, darf
man sie mit Recht als pathognomonisch auffasscn.
Bei Tin e a i m b r i cat a dagegen macht sich sehr bald eine
Pigmen thype rtro p hie bemerkbar, doch wird sie erst nach
langdauernder Anwesenheit so stark, dass man das vermehrte Pigment noch wli,hrend des Krankheitsprozesses blauschwarz durch die
Epidermis hindurchschimmern sieht.
I
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UlKALISATION UND SYMMETRIE DER PARASITÄREN
Hat ein Fa.u- von Tin e a i m b ri c a ta bei einem Europä.er nur
kUl·ze Zeit bestanden, soerscheint die Haut des Patienten nach der
Heilung dunkier als ihre Umgebung, woraus sich schliessen lösst,
dass die Pigmenthypertrophie sich bereits heim Beginn der Entzündung einstellt. Diese Vermehrung des Pigments verschwindet
ehenso wenig wie die Pigmentatrophie von Tin e a a I big en a
und i~t für die Krankheit kennzeiehnend.
Ti n e a c i r c i nat a und Pit Yr i a sis ver sic 0 lor verursachen
in der braunen Hant keine sichtbare Pigmentänderung.
Gehen wir im folgenden da~m übel', die Lokalisation nnd Symmetrie der besprochenen Hautkmnkheiten an den nebenstehenden
Abbildungen, zu verfolgen.
Anf 'fafel 1 ist eine ungefähr SOjäbrige Pnihingfrau vom oberen,
Mahakam abgebildet, deren IJaut infolge der von 1.' i n e a i m b r.Ïcat a verU1'Saehtcll EfHoreszenzen einen helleren 'fon angenommen
hat. Die Schuppen sind nurundeutlieh erkennbar, dil. die Patientin
sieh bei der Aufnahme bewegt hat. Die Krankheit , die sich bereits
in jugendlichem Alter bei der Frau eingestellt hat, bedeekt heinahe
den ganzen Körper oberhalb des Beckens, nur die Stirn, der Hals,
die Aehselgegenden, die Haut unterhalb der Mammae, der obere
'feil der Linea alba oberhalb des Nabels Ulld die Haut um diesell
herum sind verschont gebliehen. Die Symmetrie der geBunden
Hautstellen, somit anch die der kranken, sind in diesem Fall heBonders deutlich ausgeprägt.
, Auf Tafel 1I ist ein anderer, sehr alter FaU von Tin e a i m b r iea ta abgebildet, der eine Fmu der Kajan-Daj~k vom oberen Mahakam
betrifft. 'Im Gesichte sind 'Vangen und Lippen erkrankt, während
der Hals, der mittlere 'feil der Brust, die Nahelgegend nnd die
Schultern freigeblieben sind. Erkrankt sind ferner die Seiten der
Brust und der untere Teil der Obemrme. ,Auch hier ist die Ausbreitung eine streng symmetrische. Das Gleiehe gilt für die Binterseite der Fmu, wie die hellere Fal'be der erkrankten Stellen zn
beiden Rückenseiten auf und nnterhalb der Schulterblätter und in
der Beckengegend zeigt. Ferner sind die Sehultern nnd die Rückseiten ,der Arme infiziert.
Eine auffallende Symmetl'ie ist auch an dem Bilde de! Kajanfrau auf Tafel IU bemerk bar. Rei dieser jüngeren Frau sind die
hellen }'lecken der erkrankt~n Stellen aufdem Körper zerstreut, vorn
auf den Mammae, unter dem Nabel und anf der Anssenseite der
Arme; hinten, auf den Schultern, der AUsSenseite der Arme nnd
dem unteren Teil des Rüekells. Die Krankheit ist in diesem Falle
jünger als bei den heiden vorigen Patienten; da sie abèr immerhin
HAUTKRANKHElTEN IM INDISCHEN ARCHIPEL.
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über ein Jahr bestanden hat,muss sie dOch als chronisch betrachtet
werden.
Anf Tafel IV a ist ein alter, vcrwahrloster ~'all von 'I' i n e a
i m b ri cat ft bei einer ungefahr 27jährigen Kajanfrau abgebildet.
Hier sind hauptsächlich der Schultergürtel nnd die Arme völlig mit
chronischer '1' i ne ft i m b r i c a ta bedeckt. Auf dem linken Arme
trägt die ~'rau lange Kratzspurell, die illfolge von Rlutung dunkei
erscheinen. Wegen der langen Dauer des Prozesses hat die starke
Schuppenbildung bereits etwas nachgelassen. An der linken Bauch·
seite der Frnu befhldet sich eine grosse entzündete Stelle, die auf
der Abbildllng nur undeutlich zu sehen ist. . Die Symmetrie lässt
also auch hier nicht viel zu wünschen übrig.
Diese Tafeln lassen nicht nur eine S y mIne tr i e im Auftreten der
parasitären Hautkrankheiten, sOlldern auch einige Ges e t z m ä s si gkei ten in Bezug auf deren Lokalisution erkennen. 1.' i ne a i m b r ic a ta breitet sieh, wie 811 der Pnihingfrau auf Tafel I zu sehen ist,
hauptsächlich an den Stellen der Haut 8US, wo die Epidermis hesOllders dick ist; dagegen vermeidet sie mehr oder weniger die
Hautstrecken mit dünner Epidermis, an denen starke 'l'ranspiration
stattfindet, nämlich die Stirll, den Hals, die Achselhöhlen und
die Gegend unter den hängenden Brüsten. Dahcr wird bei vielen
Patienten das Gesäss am stärksten infiziert, anch heilt es am
schwierigsten.
Eine allzu dicke Epidermis scheint jedoch für Tinea im brica ta
nicht günstig zu sein, da sie sich nur sehr selten auf Handflächen
und Fusssohlen ausbreitet; anderseits schützt · eine dünne Epidermis
und 1.'ranspiration nicht vollkommen, da viele Patientell, die Hand..,
flächen und Fusssohlen ausgenommen, einen vollständig mit Tin e a
i m b ri cat a bedeckten Körper besitzen. Obige Bedingungell für
das Vorkommen dieser Hautaffektion sind daber nicht allein gültig,
oder der pathogene Organism us, der Pilz, . kann sich seiner Umgebung anpassell. Von welchem Einfluss diese sein kann. beobachtete
. ich einige Male, als Patienten, die ganz mit 1.' i ne a i m b r i cat a
bedeckt waren und Jahre an· ihr gelitten hatten. während einer
Erkrankung an Malaria in kurzer Zeit genasen. Eine anormale
Hautsekretion und Blutzufuhr spielen bei dieser Erscheinung gewiss
eine Hauptrolle.
Eine weitere Lebensbedingung für Tin e a i m b r i cat a lässt sich
RUS ihrer Eigentümlichkeit entnehmen, doss sie sich bei den Dajaksmmmen in tiefgelegeneil, warmen Gegenden bedeutend stärker
ausbreitet als bei denen, die in einem kühlen Klima in einer Höhe
von 600 m. wohnen, obgleich diese sich häufig bei jenen infizie-
10
LOKALISATION UND SYMMEl'RIE DER PARASITÄREN
ren. Dabei waschen und baden sich die Stämme, die in einem
rauhell Klima leben, weit weniger als die im warmen Klima.
Tafel 5 zeigt ei ne symmetrische Entfárbung der Halldflächen nnd
Tafel 68 der Fusssohle eines Javaners. Bei diesem Manne deutet die
Entfárbung den Verbreitungsbezirk der geheilten 'f i n e a a I big e na
an, die sich, wie bei a auf 'fafel 6, wo sich an der Unterseite
des Hackens zahlreiche Vertiefungen in der Epidermis befinden, zu
sehen ist, die Hautkrankheit neben der Entfárbung noch erhalten
hat. Diese und andere Abnormitäten der Epidermis sind neben del'
Schuppenbildung an dünnen Hautstellen die wichtigsten Erscheinuilgen dieser Krankheit. Dass die Krankheit nicht stets bilateral auftritt, beweist del' weisse Fleck im rechten Mundwinkel des Kranken.
Ein gutes Beispiel für das symmetrische Auftreten von ').1 i nea
al big e n a bieten auch die Füsse der Kajanfrau auf Tafel 6 b •
Diese 40 jährige Patientin leidet bereits seit Jahren an Tin e a
al big en a an den Füssen; im Lauf der Jahre hat die Entzündung
sich über die Fussrücken und die Knöchel auf den Unterbeinen
verbreitet, wo sie zu beiden Seiten auf del' dünneren Haut eine
starke Atrophie des Pigmentes verursacht hat. Bemerkenswert ist,
dass die Krankheit, für die die Dajak kein Heiimittel hesitzen,
sehr symmetrisch auftritt, obgleich sie sicher über 20 Jahre alt
ist. Doch sind mir auch Fäl1e bekannt, wo die Krankheit sich
sowohl an eineru Fuss als an einer Hand unilateral elltwickelt hat.
Obwohl eine symmetrische · Verbreitung van ').1 i n e a c i r c i nat a.
keine Seltenheit ist, kann ich doch nur einen Kajan vom oberen
Mabakam als Beispiel · vorführen, da. die Bevölkerung dort vor dem
Photographieren grosse Angst empfand. Der auf 'fafel 7 abgebildete Mann 1ässt übrigens eine deut1iche Symmetrie erkennen. Die
Entzündung hat sich zu beiden Seiten des Rückens über die Schulterblätter und Schultern ausgebreitet und zieht sich weiter unten
bis zur Wirbelsäule hin.
Dass Tin e a c i r c i nat a. bei den Javanern häufig symmetrisch
vorkommt, kann man daraus ersehen, dass ich auf diese Rymmetrie
zuerst in Batavia aufmerksam wurde, wo ich mit dem Arzt des
Krankenhauses für Eingeborene die javanischen Krauken auf Tin e a.
i m b r i cat a, und zwar erfolglos, untersuchte. Mein Kollege brachte
mir aber einige Patienten mit Tin e a c i r c i n a. t a mit dem Bemerken, dass es sich hier nicht um eine parasitäre Hautkrankheit
handeln könne, da sie so häufig symmetrisch auftrete und daher
auf dem Einfluss der Nerven beruhen ruüsse. Seit dieser Zeit wurde
ich auch auf die Symmetrie bei den anderen parnsitären Hautkrankheiten aufmerksam.
HAUTKRANKHElTEN IM INDISCHEN ARCHIPEL.
11
Tafel 4 b und 8 geben zwei Fälle von Pi ty rias i s ve rs i co 10 r
wieder. Der erste betrifft eine Kajaufrau vom Mahakam, hei der
sich die Krankheit auf der Brust, Zll beiden Seiten des Sternums,
ausgebreitet hat. Unterhalb der Mammae, die nur einige Flecke
tragen, bis oherhalb des Nabels zieht sich die Krankheit in einem
hreiten, dichten Gürtel, anf dem sich die einzelnen Flecke beinahe
vereinigen, urn den Körper hin, während der untere rreil des
Bauches völlig gesund ist. Eine bemerkenswerte Symmetrie äussert
sich auf den Armen; denn beide Unterarme sind angegriffen und
auf den Oberarmen ziehen sich die isolierten Flecken in gleicher
Höhe bis auf die AchseIn hin. Im übrigen sind die Arme und
Schultern frei.
Genau die gleiche Lokalisation findet man anf den Armen des
Halbblut-Chinesen in javanischer Kleidung auf Tafel 8; die Infektion hat sich hier an den Armen ungefähr bis zur gleichen Höhe
ausgebreitet.
Auf dem Thorax hat die Krankheit die Sternalgegend heinahe
vollständig verschont und sich hauptsächlich zu beiden Körperseiten
ausgebreitet, ausgenommen oherhalb des Nahels, wo die Haut auch
in der Mitte angegriffen ist. Auch die Hinterseite des Mannes
zeigt eine symmetrische Gruppierung der hellen Flecke rechts
und links, während die Mitte des Rückens gesund geblieben ist.
Ferner sind die Arme an der Aussenseite mit Flecken bedeckt.
Aus dem Angeführten geht hervor, dass wir es zuerst bei Tin e a
al big e na mit einer parasitären Hautkrankheit zu tun hahen, die
a n ge wis s e H a uts t r e c ken, die in ihren ph Ysis c hen und
chemischen Eigenschaften mit einander übercinstimmen, aber durch diese Eigenschaften von den übrigen Hautteilen
verschieden sind, streng geb u n den ist.
Bei denjenigen Eingeborenen, die auf blossen Füssen gehen und
viel mit den Händen arbeiten, haben sich die physischen Eigenschaften der Hautwegen der so viel stärkeren Entwicklung der
Hornhaut in noch höherem Grade als bei den Europäern ausbilden
können. Jene Eigenschaften sind hauptsächlich in chemischer Beziehung hemerkenswert, da auf der Haut der Handftächen und
Fusssohlen keine Haare mit ihren Fettdrüsen vorkommen , so dass
das Hautsekret zwar viele Schweissbestandteile, aber bedeutend
weniger Fett als auf der übrigen Haut enthäJt. Da diese Krankheit
nuch bei Europäern, deren Haut so viel dünner ist, vorkommt,
scheinen den chemischen Eigenschaften die grösste Bedeutung zugeschrieben werden zu müssen. In Anbetracht, dass diese Teile
der Haut keine ihnen speziell zugehörige Nerven und Blutgefásse
12
LOKALISATION UND SYMMETRIE DER PARASITÄREN
besitzen, können innere, körperliche Einflüsse sich nicht allein an
diesen Stellen geitend mach en , so dass man mit Recht annehmen
kann , dass '1' i n e a a I big e n a sich dort e i nni s t et, weil die
Lebensbedingungen für den Parasiten an Handflächen
und Fusssohlen selbst die günstigsten sind. Diese besonderen Lebensbedingungen bestehen , wie wir gesehen haben, in den
physischen und chemischen Eigenschaften der Haut.
Hieraus ergiebt sich eine natürliche Erklärung der Ronst für
parasitäre Hautkrankheiten so l'ätselhaftell Neigung zu symmetrischer
Ausbreitung, die sich in den Tropen so stark geitend macht.
Soweit bekanllt, verhalten sich in normalen l!'ällen die ph)'sischen
und chemischen Eigenschaften an übereinstimmenden Stellen der
linken und rechten Körperhälfte gleich; da nun diese Lebensbedingungen symmetrisch auf dem Körper verbreitet sind, ergiebt es sich
von selbst, dass Pllrasiten, die von diesen Eigenschsften mehr oder
weniger abhängig sind, eine Neigung zu symmetrischer Ausbreitung zeigen. Je mehr ein solcher Organismus an bestimmte Bedingun gen gebunden ist, desto grösser wird auch seine Neigung zu
einer bestimmten Lokalisation und zu symmetrischer Ausbreitung sein.
Obgleich Tin e a i m b r i c n t a nicht in so hohem Masse an bestimmte Teile der Haut gebunden ist, bietet sie doch zahlreiche
Beispiele einer typischen Ausbreitung nnd Symmetrie.
Betrachtet man die Haut der Frau auf Tafel 1, 80 bemerkt
man, dass die dünnsten IInutstrecken und diejcnigen, an denen
die stärkste Schweissekretion stattfindet, am wenigsten von der
Krankheit ergriffen werden und daher für die Existenz des Hautpilzes die ungünstigsten Bediugungen besitzen. Dies geht auch aus
den anderen Abbildungen hervor und 8timmt mit der pmktischen
Beobachtung übereiu, dass Tin e a i m b ri cat a an den Körperstellen mit der dicksten Epidermis, z. B. den Nates, den Arzneien
der Europäer und der Eingeborenen sm hartnäckigsten Widerstnnd
leistet.
Das häufige VOl'koml1len einer symmetrischen Ausbreitnng ist
auch bei dieser Krankheit von den Wachstumsbedingungen des
Purasitén und von der Beschaffenheit der Haut abhängig. Dass jener
äussel'en Einflüsscn gegenüber sehr empfindlich iat, geht noch daraus
hervor, dass T i u e a i mb r i cat a in eiller Höhe von 600 m. über
dem Meeresspiegel bei der Bevölkerullg nur lloch dürftig existicren
kann. Uebereinstimmend damit, dass diese Krankheit nur in den
Tropen herrscht, geht sie unter dem Einfluss eines rRuhereu Höhenklimas zu- Grunde.
HAUTKRANKHEITEN IM INDISCHEN ARCHIPEL.
1 g.
Urn die Syrilptome bei" der Entstehllng und Ausbreitung der
Hautkrankheiten ZIJ erklären, hat mnn cinige nicht lläher bekannte Faktoren als individuelle Prädisposition und als trophische
Störungen, welche von den Nerven in einer bestimmten Gegend
hervorgerufen werden, 7.usammengefasst. N un spielt diese nicht
weiter bekannte Prädisposition zwor anch bei parasitärell Hautkrankheiten eine Rolle, doch muss man bei diesen Krankheiten von trophischen Störungen aus den unten folgenden Gründen
absehen, obwohl sie wegen ihrer Abhängigkeit von den symmetrisch verbreiteten Nerven cine scheinbare Erklärung des symmetrischen Auftretens der parasitären Hautkrankheiten geben könnten.
Dass trophische Störungen mit den Erscheinungen von Tin e a
imbricata und Tinea albigena nichts zu tun haben, geht,
meiner Meinung nach, was rr i n e a i m b r i c a ta betriffi, aus folgenden Gründen hervor:
1°. dass Manson und andere diese Hautinfektion mittelst Hautschuppen von Person auf Person mit Erfolg übertragen haben
und dass es Schreiber dieses gelungen ist, mit dem kultivierten Pilz die Haut eines gesnnden Europäers zu infizieren
(Arch. f. Derm. u. Syph. 1898);
2°. dass diese Krankheit an einer oder an mehreren Stellen der
Körperoberfläche entsteht und sich von diesen Zelltra aus
continuierlich auf der Haut ausbreitet, ohne sich dabei · an
die Verbreitungsbezirke bestimmter Nerven zu halten. AuC
diese Weise kann im LauC der Zeit ungeflihr der ganze
Körper von der Krankheit ergriffen werden;
3°. dass man die Krankheit mit parasiticiden Mitteln lokal
heilen kann, ohne dnbei an den Stellen, an denen keine
Arzneien angewandt wurden, irgÈmd welche Veränderungen
hervorzurufen (Ich musste zu dieser Methode bei Anwendung von Jodtinktur, die starke Schmerzen verursacht, häufig
meine ZlJflucht nehmen);
4°. dass man, wegen der allgemeinen Verbreitung dieser Infektion unter den Eingeborenen (bei einigen Stämmen sind
50 0/0 krank), zugleich eine allgemeine Verbreitung lokaIer trophischer Störungen bei diesen Stämmen allnehmen
müsste.
Mit Tin e a a I big en a sind bis jetzt zwar keine Infektionsver
suche vorgenommen worden, doch wird ein trophischer Einfluss
bei ihr aus anderen Gronden unwahrscheinlich:
10. werden die Handflächen und FlJsssohlen, die gewöhnlichen
Verbreitungsbezirke dieser Krankheit , von keinen besonderen
14
LOKALISATION UND SYMMETRIE DER PABISITÄREN
Nerven versehen, sondern von denen, welche teilweise auch
den Handp nnd Fussrücken angehören;
2°. bei der Behandlung eines Europäers, der seit acht Jahren
an beiden }<'üssen an Tin e a al big e n a litt, gelang es mir
mittelst Jodtinktur, die Krankheit innerhalb einiger Tage
an dem einen Fuss zu vertreiben, wä.hrend sich die Infektion
an dem anderen Fuss, den ich aus besondern Gronden nicht
behandeln konnte, ohne Aenderung Jahre lang erhielt. Der
geheilte Fuss blieb gesund; von einer trophischen Störung,
die ihn für eine Infektion , welche durchaus Dicht ausgeschlossen war, empfánglich machte, war aber nichts zu
bemerken;
3°. breitet sich Tin e a al big en a, wie die vorige Krankheit ,
kontin uierlich aus, ohne sich an die Verbreitungsgebiete
bestimmter Nerven zu halten;
4°. ist die Krankheit durch den ganzen indischen Archipel viel
zu stark verbreitet, um eine so allgemeine trophische Störung
annehmen zu können.
Da diese beiden tropischen Hautkrankheiten so hä.ufig symmetrisch
auftreten, kann man sich nicht wundern, dass sie bisweilen auch
an Stellen, die von bestimmten Nerven versehen werden, symmetrisch erscheinen. Dies ist z. B. bei dem Mann auf Tafel 5 der
Fall, doch bildet eine derartige Verbreitung eine grosse Ausnahme.
Die Erscheinungen dieser indischen Hantkrankheiten weisen daher
darauf hin, dass der Einfluss der Nerven nur so weit reicht, als
sie die Funktionen und Eigenschaften der normalen Haut beherrschen.
In Europa hat man weder zur ErkJärung der Symptome von
Her p est 0 n s u r a n s noch für die von Pit y r i a sis ver sic 0 lor
trophische Störungen annehmen zu müssen geglaubt.
Auch Tin e a ei r c i nat a äussert in den Tropen eine starke
Neigung zur Symmetrie und gleichzeitig eine besondere Vorliebe
für bestimmte Stellen der Haut und zwar gerade rur diejenigen,
die von Tin e a i m b r i cat a seltener heimgesucht werden. In den
meisten Fällen bildet die dünne Epidermis der Hautfalten, wo
eine stärkere Abscheidung uud Anhäufuug von Hautsekreten stattfindet, die bevorrechtete Stelle für eine Entzünd11 ng. Aus dem
häufigen Vorkommen symmetrischer Verbreitungen, die viele Jahre
hindurch bestanden haben, ersieht man, welch eine wichtige Rolle
das Milieu, in dem der Parasit lebt, spielt.
Am schwächsten ist die Neiguug zu symmetrischer Ausbreitung .
bei Pityriasis versicolor entwickelt, was darauf hinweist,
daas dieser Pilz von den Eigenschaften der Haut unabhängiger ist.
HAUTKRANKHEITEN lM INDISCHEN ARCHIPEL.
15
lmmerhin ist diese · Neigung, gleich wie bei Tin e a c i rei nat a,
in den Tropen viel deutlicher ausgeprägt als in Europa.
Trotz einigerklinischer Unterschiede im Aussehen der Entzündung, glaube ich nicht, annehmen zu müssen, dass diese Hautkrankheiten in den Tropen durch andere Organismen als in Europa
verursaeht werden.
Beide Pilze leben in den 'Jlropen unter anderen Bedingllngen
als in gemässigten Klimaten und zwar liegt der Unterschied hauptsächlieh darin, dass die Europäer in ihrer Hei.mat ihre Haut mittelst Kleidung vor dem Einfluss der Aussenluft schützen, während
dies bei den dürftig bekleideten Eingeborenen nicht der Fall ist.
Ausserdem sind die Funktionen der Haut in den Tropen lebhafter als in den gemässigten Klimaten.
Die Temperatur unter den Kleidern der Europäer ist eine sehr
gleiehmässige; aueh wird die Atmosphäre dort infolge von Transpiration nahezu vollständig mit Wasserdampf gesättigt. Die Haut
büsst daher dnreh Ausstrahlnng und dureh Verdunstung nur wenig
Wärme ein und behält eine hohe Temperatur.
.In den Tropen dage gen strahlt die Haut während der kühleren
Tageszeiten viel Wärme aus, aueh verliert sie während der heissen
Tageszeiten dureh Transpiration viel Verdnnstungswärme; die Haut
der Eingeborenen fühlt sieh daher gewöhnlieh kühl und troeken
an, im Gegensatz zu derjenigen der Ellropäer, die sieh warm und
feueht anfühlt. Ausserdem hat die ungehinderte Einwirkung von atmosphärischen und meehanischen Einflüssen zur Folge, daas die Epidermis der Eingeborenen sich an den am meisten ausgesetzten Stellen bedeutend stärker ent wiekelt als bei den Europäern. An den
gesehützten Hautstellen iat dies viel weniger· der FaU; die physisehen Eigenschaften der Haut entwiekeln sieh daher in den Tropen
auf gallz andere Weise als in Europa uud weiehen in verschiedener Hinsieht von einander ab.
Möglieherweise werden aueh die anderen Sekrete, gleich wie die
der 'franspiration, bei einer Haut, die vielen Reizen ausgesetzt ist,
reiehlichel' abgesehieden als bei einer Haut, die sieh in einem
kühleren Klima fortwährend in einer gleiehmässig feuèhtwarmen
Atmosphäre befindet. Jedenfalls darf mR.n annehmen, dass die Haut
der Eingeborenen in verschiedenen ihrer physisehen und chemischen
Eigenschaften stärker differenziert ist als diejenige der Europäer,
was im Waehstum der Parasiten bedeutende Untersehiede hervorrufen
kann. Begreifliehel'weise zeigt der gleiehe Pilz daher bei ersteren
häufiger eine charakteristische Lokalisation und eine symmetrische
Verbreitung als bei letzterer.
16 LOKALI.SATION UND SYMMETRIE DER PARASITÄRENU. S. W.
Dass' dieSe Eigenschaften . nicht· Dur ·diesen vier parasÏtä.ren Hautkrankheiten aus dem indiRChen Archipel zukommen, sondern dass
auèh andere parasimre Hautkrankheiten im tropischen Amerika
nnd Afrika öfters eine ·symmetrische Verbreitung auf der Körperoberflä.che zeigen , geht aus dem in Scheubes "Krankheitcn der
wärmen Länder" abgehildeten Fall von Mal del .p in to hervor;
die fül' diesc Krankheit charakteristische Eiltflirbung der Haut ist
auf dem Körper der }'rau sehr symmetrisch verteilt,
. Diese, in den 'fropen gemachten Beohachtungell gestatten zugleich
eine LÖSUllg der Frage, wo wir die Ursachell der eigenartlgenund
bisweilen symmetrischen Lokalisation der pamsimren' Hautkraokheiten
in Europa .zu snchen haheo.
(23 Janu&ri 1904.)
A . W . Nieuwc nhuis
Lokalisa.tioJl nnd Symmetrio d el" parnsitärC'Jl U nutkrallkhei t e n im I ndi.c h c n Archipel.
Taf. 1.
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mit sy mmetris ch verbreiteter Tine a imbri c ata .
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körpers und den Armen. Vorderansicht.
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Taf,3.
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mit s ymmetrisch verbreiteter Pityriasis versicoJor au! den Armen. dem Sternum und
in der oberen Bauchgegend.
A. W. Nieuwenhuls. LokalisatIon und Symmetrie der parssitären Hautkrankheiten im Indischen Archipel.
Taf. 5.
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mit Pigmentatrophie der Hände und des Mundwinkels als Folge einer früheren Tinea albigena.
I"crhaud. Kun. Akad . v. Weten.ch. (2e Sectiel Dl. X.
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auf Tafel ó ; die Hackengegend zeigt eine starke Pigmentatrophie, verursacht durch
eine noch bestehende Tinea albigena.
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die bis auf die Unterschenkel an Tinea albigena erkrankt und an den Schienbeine n
entrárbt sind . Die weisse Farbe der Filsse riihrt von der Hautenbündung her.
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A . W. Nieuwenhuis . Lokalisation und Symmetrie der pllrasitären Hautkr!lnkheiten im Indischen Archipel.
Tuf . 7 .
KAJAN VOM OBER EN MAHAKAM
mit symmetrisch verbreiteter Tinea circinata .
Verhand . Kon . Akad. v . Wetensch. (2e Sectie) Dl. X.
l.irhtdfl,rk A"mrlk .! BiYlger, HUltrkm.
A , W, Nieuwenhuis, Lokalisation und Symmetrie der parasitären llautkrankhelten im Indischen Archipel.
Taf. 3,
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l.irltt<lruck RmTik <f Dinu... , HauTklll.
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