Priv. Doz. Dr. Johannes Rux Vermittlung von Zeitschriftenabonnements durch Schulen Erstmals erschienen in: bildung & wissenschaft, April 2007, S. 9 Angesichts des harten Wettbewerbs auf dem Zeitschriftenmarkt nutzen viele Unternehmen jede Chance, ihre Produkte unter die Leute zu bringen. Ein besonders attraktiver Weg scheint dabei der Weg über die Schulen zu sein: Zum einen findet man hier eine ideale Zielgruppe; zum anderen kann man darauf hoffen, dass die Schüler oder ihre Eltern gerade deshalb bereit sein werden, sich ein Zeitschriftenabonnement zu leisten, wenn das Angebot durch die Schule vermittelt und damit in gewisser Weise mit einem offiziellen Qualitätssigel versehen wird. Um sich die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler erschließen zu können, sind die Anbieter der entsprechenden Produkte gerne bereit, Schulen und Lehrkräfte für ihren Aufwand zu entschädigen: Für die Möglichkeit, in den Klassen für ihre Produkte werben zu dürfen, bieten sie den Lehrkräften daher Freiabonnements und andere Leistungen an. Entsprechende Angebote lassen sich von den Grundschulen bis zu den Berufsschulen finden. Was aus Sicht des Zeitschriftenmarketing als eine geschickte Maßnahme zur Umsatzförderung erscheint, erweist sich aus juristischer Sicht allerdings in aller Regel als rechtswidrig. Lehrkräfte, die sich an entsprechenden Verkaufsaktionen beteiligen oder gar Gegenleistungen hierfür akzeptieren, verstoßen nicht nur gegen ihre Dienstpflichten sondern sie machen sich auch strafbar und müssen daher Sanktionen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst befürchten: In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die Verwaltungsvorschrift über des Kultusministeriums über Werbung, Wettbewerbe und Erhebungen in Schulen1 hinzuweisen, die ausdrücklich festschreibt, dass in den Schulen grundsätzlich keine Werbung für wirtschaftliche, politische, weltanschauliche oder sonstige Interessen betrieben werden und keine Waren vertrieben werden dürfen. Eine Ausnahme gilt zum einen für die Sammelbestellung von Lernmitteln, die von den Schülern bzw. ihren Erziehungsberechtigten zu bezahlen sind – aber auch dann nur, wenn dies, von der Natur der Sache her notwendig ist: Dies wäre etwa dann der Fall, wenn bestimmte Arbeitsmaterialien im Einzelhandel nicht oder nur zu deutlich höheren Preisen erworben werden können. Zulässig ist weiterhin die Sammelbestellungen von Zeitschriften für Kinder und Jugendliche, wenn diese Zeitschrift nach ihrer literarischen Qualität, ihrer graphischen Gestaltung und der Altersgemäßheit ihres Leseangebots pädagogisch besonders empfehlenswert ist und keine Werbung enthält. Aufgrund der zuletzt genannten Einschränkung fallen im Grunde sämtliche kommerziellen Zeitschriftenangebote unter das allgemeine Werbeverbot. Zulässig ist allenfalls der Vertrieb spezieller Erstlesezeitschriften und anderer Periodika, die speziell auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten sind und die sich ausschließlich über den Verkaufspreis finanzieren. Mit dieser Verwaltungsvorschrift hat das Kultusministerium auf der einen Seite die Konsequenz aus dem Umstand gezogen, dass Angebote, die von der Schule vermittelt werden, automatisch einen Wettbewerbsvorteil genießen. Auf der anderen Seite wäre es mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen – und der Schulpflicht – kaum zu vereinbaren, wenn den Schülern bestimmte kommerzielle Angebote aufgedrängt werden. Die Schule muss sich vielmehr auch hier größte Zurückhaltung auferlegen. Zwar muss einschränkend darauf hingewiesen werden, dass es der Bundesgerichtshof vor einiger Zeit aus wettbewerbsrechtlicher Sicht für zulässig erklärt hat, wenn ein Fotograf einer Schule einen internetfähigen PC als Gegenleistung dafür anbietet, dass die Schule ihm die Möglichkeit gibt, Bilder der Schüler anzufertigen, die dann auch über die Schule verkauft werden.2 Diese Entscheidung ist aber zu Recht auf heftige Kritik gestoßen, weil das Gericht die Besonderheiten des Schulverhältnisses nicht angemessen berücksichtigt hat.3 Die zweite, und für die Lehrkräfte noch wesentlich bedeutsamere Frage ist die nach den Konsequenzen, die sie selbst zu befürchten haben, wenn sie sich an entsprechenden Aktionen beteiligen und dafür eine Gegen1 2 3 Vom 21.9.2002 (KuU S. 309); zuletzt geändert 28. Oktober 2005 (KuU S. 167) – abgedruckt im GEW Jahrbuch 2007. BGH, Entscheidung vom 20.10.2005, Az.:I ZR 112/03; abgedruckt in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2006, S. 225. Vgl. dazu auch Norbert Niehues/Johannes Rux: Schul- und Prüfungsrecht - Band 1: Schulrecht, München 2006, Rn. 1049 ff. 1 leistung erhalten. Solche Belohnungen können überhaupt nur dann zulässig sein, wenn sie vom Schulleiter genehmigt wurden. Aus der sinngemäß auch für Angestellte geltenden Verwaltungsvorschrift zum Landesbeamtengesetz und einer entsprechenden Handreichung des Kultusministeriums4 ergibt sich aber eindeutig, dass die Annahme von Belohnung in diesem Fall unzulässig wäre. Der Schulleiter muss daher seine Zustimmung verweigern. Wer dennoch Belohnungen annimmt (oder entsprechende Belohnungen genehmigt), macht sich wegen Vorteilsannahmen oder sogar wegen Bestechlichkeit strafbar. Die Konsequenzen sind drastisch. Daher kann Lehrkräften nur dazu geraten werden, entsprechende Anfragen umgehend und eindeutig zurückzuweisen. 4 Abgedruckt im GEW Jahrbuch 2007 unter „Belohnungen und Geschenke“. 2