1 Über Klezmer – eine Geschichte Von Anna Kausche

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Klezmer – eine Geschichte
Über Klezmer – eine Geschichte
Von Anna Kausche
Klezmer steht heute in erster Linie für die jüdische Musiktradition. Ihren Ursprung findet diese in
den jüdischen Dorfgemeinschaften Osteuropas des 19. Jahrhunderts, im sogenannten »Schtetl«.
In einem vom russischen Zaren zugewiesenen Siedlungsgebiet lebte die jüdische Bevölkerung eng
zusammen, was sich stark auf die Entwicklung der ostjüdischen Kultur auswirkte.
Das Wort »Klezmer« stammt aus dem Hebräischen und bedeutet wörtlich »Gefäß des Liedes« –
freier übersetzt »Musikinstrument«. Im Alltag etablierte sich der Begriff als Bezeichnung für den
ausführenden Musiker – im Plural »Klezmorim«. Erst später wurde der Begriff zum Synonym für
jüdische Musik.
Klezmer war fester Bestandteil weltlicher Traditionen und spielte im Rahmen großer Feierlichkeiten
eine bedeutende Rolle. Bei Hochzeiten zum Beispiel diente die Musik nicht nur der Unterhaltung
und dem Tanz, sondern war auch rituell im dramaturgischen Ablauf eingebunden. Ebenfalls zu den
Aufgaben der Klezmorim gehörten die Begrüßung der Gäste, die Begleitung des Paares zum Traubaldachin und die Vertreibung von bösen Geistern.
Unregelmäßige Tempi, Verzierungen und Improvisation sowie musikalische Seufzer, als »Krekhts«
bezeichnet, prägen diese besondere Instrumentalmusik. In ihren Anfängen bestimmten das Tsimbl,
die Violine und das Akkordeon das Klangbild der »Kapelyes« genannten Klezmerensembles. Mit der
Verpflichtung zum Militärdienst führten die »Klezmorim« auch Holz- und Blechblasinstrumente in
die Klezmerkapellen ein.
Die Weitergabe der Musik und ihrer Spielweisen erfolgte mündlich von Generation zu Generation.
Aufgeschrieben wurden lediglich Grundgerüste der Stücke, um den Musikern eine Orientierung zu
geben. Tipps und Tricks der Verzierungs- und Improvisationskunst brachte der Vater seinem Sohn
im praktischen Spiel bei.
Doch mit Aufkommen eines verstärkten Antisemitismus in Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts
verschwanden die ostjüdischen Gemeinden. Es kam zu einer Auswanderungswelle in die USA. Und
mit dieser ging ein großer Teil der Klezmertradition verloren. Im Bestreben der jüdischen Flüchtlinge um Assimilation an die amerikanische Gesellschaft verlor die Musik an Popularität – jetzt standen die amerikanische Kultur und ihre Künste im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Zu einem Aufleben der Klezmermusik kam es in den USA erst wieder in den 1970er Jahren. Jüdische
Musiker entdeckten ihr Interesse an der Vergangenheit und alten Traditionen ihrer Vorfahren. Im
ganzen Land gründeten sich Bands, die sich der jüdischen Musik verschrieben – es kam zu einem
regelrechten Revival. Archive wurden aufgebaut, traditionelle Spielweisen erforscht, und Festivals
etablierten sich. Im Zuge dieser Bewegung entstanden zwei Gruppen: die Traditionalisten, die sich
der ursprünglichen Praxis widmeten: Transkriptionen studierten, Überlebende befragten und Schellackplatten analysierten – und die Erneuerer, die Klezmer weiterentwickelten, indem sie traditionelle Stilelemente mit aktuellen Musikrichtungen verbanden.
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