STADTENTWICKLUNG Personalien Claudia Barkowsky leitet seit März 2016 die Repräsentanz des VDMA in Peking. Die Sinologin arbeitet seit zwölf Jahren in China. Bis 2010 war sie bei der Deutschen Handelskammer beschäftigt, baute die Kammeraktivitäten in NordostChina aus und gründete das Büro in Tianjin. Vor ihrem Wechsel zum VDMA war sie bei Daimler Greater China im »Global Assignment Management« tätig. Zhou Shiye ist seit Januar 2016 für die Rieck Sea Air Cargo International als Managing Director Greater China für die Aktivitäten in China verantwortlich und wird dabei überwiegend in Hamburg, aber auch in Shanghai tätig sein. Zhou trat 1998 in die Rieck Logistik-Gruppe ein und wurde 2000 als Prokurist bestellt. Die Hamburger Niederlassung von Rieck Sea Air Cargo leitete er von August 2005 bis Ende 2015. Daniel Bendler, bisher stellvertretender Niederlassungsleiter und Leiter Import, hat die Leitung der RSACI-Niederlassung in Hamburg zum Jahresbeginn übernommen. Stephanie Pohl Umdenken im Städtebau Chancen und Herausforderungen für Architekten und Stadtplaner China scheint nach wie vor für internationale Architekten und Stadtplaner eine ideale »Spielwiese« zu sein. Mit dem Umdenken im Land, das auch bei der Urbanisierung auf Nachhaltigkeit setzt, erhöhen sich die Chancen, europäische Ansprüche an den Städtebau noch besser umsetzen zu können. Bauboom, rapides Wirtschaftswachstum, Extreme und Gegensätze prägten China in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten. Die Strategie vieler Entscheider war zu simpel: Hohe Investitionen, Produktionen mit enormem Energieverbrauch und starke Ausrichtung auf den Export. Etliche Städte explodierten, wuchsen unkontrolliert in die Breite und Höhe. Viele Gebiete Chinas wurden somit zum Spielplatz internationaler Architekten und Fachingenieure. Immer extravaganter sollten die neuen Bauwerke vieler Bauherren sein, der städtebauliche Kontext, die Qualität am Bau und die ökologischen und soziokulturellen Aspekte blieben dabei in einigen Fällen Stephanie Pohl ist Architektin bei SBA Architektur und Städtebau in Shanghai. www.sba-int.com 56 auf der Strecke. Welche Auswirkungen das auf Umwelt, Mensch und Stadtbild mit sich führen würde, wurde oft ausgeblendet. Dabei brachte der städtebauliche Boom auch viele positive Aspekte mit sich. Vielen Menschen wurde es ermöglicht, vom Land in die Stadt zu ziehen, was nicht zuletzt mit einer höheren Lebensqualität und besseren Entwicklungschancen einher ging. Am Beispiel der Millionenmetropole Shanghai wird dies besonders deutlich. Die Einwohnerzahl hat sich in den vergangenen 30 Jahren beinahe verdoppelt und mit dem 632 Meter hohen Shanghai Tower kann die Stadt das derzeit höchste Gebäude des Landes vorweisen. Keine Kompromisse eingehen. Eine Vielzahl an Architektur- und Ingenieurbüros hat sich in den vergangenen ChinaContact 05 ⁄ 2016 Foto: SBA Lothar Herrmann wurde am 14. April als Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Handelskammer Nordchina wiedergewählt. In den Vorstand wurden neben dem Präsidenten und CEO von Siemens China des Weiteren Martin Broda, General Manager der Pekinger Niederlassung der Commerzbank, Jörg Höhn, Geschäftsführer des German Centre Beijing, Christoph Kaiser, Geschäftsführer der Tuck (Tianjin) Technology Co., Ltd., Olaf Kastner, President & CEO der BMW Group Region China, Björn Lindemann, Geschäftsführer der Haver Technologies Tianjin, Jörg Müller, Executive Vice President der Volkswagen Group China und Susanne Rademacher, Equity Partner und Pekinger Büroleiterin der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, gewählt. STADTENTWICKLUNG Jahrzehnten durch zahlreiche Wettbewerbe und Projekte hier niedergelassen, wobei die Kunst wie überall darin besteht, nicht nur in Boomzeiten zu bestehen, sondern kontinuierlich am Markt erfolgreich zu sein. Der Erfolgsfaktor ist, die Erfahrung und das Bewusstsein für qualitativ hochwertiges und nachhaltiges Bauen nach China zu transferieren. Internationale Büros müssen dabei auch bereit sein, Kunden und Aufträge mal abzulehnen, wenn das Budget oder die Ansprüche nur minderwertige Bau- und Planungsqualität zugelassen hätten. Dieser hohe Qualitätsgedanke verkleinert zwar die Zielgruppe, zahlt sich auf lange Frist aber aus. Als Schlüsselprojekt von SBA in China ist etwa die EXPO-Achse als Eingangsgebäude der Weltausstellung 2010 in Shanghai zu nennen, bei der großer Wert auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gelegt wurde. Aber auch Gebäude wie das mit DGNB Vor-Zertifikat in Gold ausgezeichnete German Enterprise Center in Qingdao oder zukunftsweisende Gewerbeparks in Qingdao und Shen­yang machen immer wieder deutlich, dass sich nicht erst heute höchste Qualitätsstandards sowie ökologisch und sozial nachhaltige Projekte in China durchsetzten und realisieren lassen. Auf dem Weg zu vielen Erfolgen müssen so manche Hürden genommen und Herausforderungen gemeistert werden, die auf die politische und wirtschaftliche Lage zurückzuführen sind. Die Bedingungen, unter denen ein Entwurf und später das Bauwerk entstanden, waren oft nachteilig. Knapp gesteckte Bauablaufpläne, aufwändige Entwurfsänderungen in letzter Sekunde und grundlegende In- teressendifferenzen zwischen Architekten und Bauherrn et cetera sind zwar bekannte Probleme, liegen aber in China auf einem ganz anderen Level und kosten besonders viel Zeit und Kraft. Die Durchsetzung der für deutsche Projekte selbstverständlichen hohen technischen Standards, von Qualität und Nachhaltigkeit im Bauwesen stellte sich als besondere Aufgabe heraus. Gebäude sollten oft schnell und günstig entstehen. Die nachhaltige und ökologische Bauweise wurde von vielen Auftraggebern als zu kosten- und zeitintensiv angesehen. In einer solchen Marktsituation gilt es umso mehr, jene Auftraggeber und Developer für sich zu gewinnen, die eine hochwertige Planung und Qualität schätzen. Umdenken in der Architektur. Seit nunmehr drei bis vier Jahren erfährt das Land einen maßgeblichen Umschwung. Staatspräsident Xi Jinping bezeichnet diese neue Phase als »Neue Normalität«, eine wesentliche Umstrukturierung aufgrund der Konjunkturabschwächung, bei der China auf nachhaltiges Wachstum setzt. Die Generationengerechtigkeit wird propagiert. Die künftigen Generationen sollen nicht schlechter gestellt sein als die gegenwärtig lebende. Die umwelt-, wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele sollen gleichermaßen berücksichtigt werden. Neben dem ökonomischen Profit werden Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung einbezogen. Im Bauwesen stellt sich dies wie folgt dar: Der überhitzte Immobilienmarkt erfährt eine durch die Regierung auferlegte Abkühlung, die staatlich gestellten Finanzmittel wurden gekürzt und eine neue Ernsthaftigkeit hält Einzug. Eine langsamere, bedachtere Entwicklung wird angestrebt. Nachhaltigkeit, Umwelt, Effizienz und CO2 -Emissionen sind nur einige der wichtigsten Punkte, die in den Blick der chinesische Regierung und der Investoren rücken. Dies sind beste Voraussetzungen für deutsche Architekten und Ingenieure, die bereits seit Jahrzehnten Erfahrungen im ökologischen und nachhaltigen Bauen sammeln konnten. Die Anforderungen an Design, Technik und Materialien steigen stetig, woraus deutsche Planer Vorteile ziehen können, für die es selbstverständlich ist, Planungsvorhaben stets unter Einhaltung von Qualitäts-, Kosten- und Terminzielen zu bearbeiten und auf Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Reduktion der Lebenszykluskosten größten Wert zu legen. So werden effiziente und ökologische Städte, Stadtviertel und Gebäude mit hoher Lebensqualität entwickelt. Das gesammelte und umfassende Know-how aus Deutschland wird angewendet und umgesetzt, wie zum Beispiel beim Neubau des Innovationszentrums in Wujiaochang mit energieeffizienter und wirtschaftlicher Außenhülle oder dem Zhangjiang Biopharmazie-Park in Shanghai. Für ausländische Büros wird es nach und nach merklich leichter, Auftraggeber von teureren, aber qualitätsvolleren Produkten zu überzeugen. Auch China profitiert von diesem Wandel und kann sich die Vorreiterposition Deutschlands in Sachen ökologischer und nachhaltiger Architektur zunutze machen. Energiesparend, ressourcenschonend und langlebig ist die neue Devise. Derzeit wird in China zwar vergleichsweise wenig gebaut, dafür aber mit einer Ernsthaftigkeit, die als Chance gesehen werden kann. Wenn ein Markt schwierig ist und die Qualitätsansprüche steigen, werden Experten und innovative Ideen gebraucht, die die gestellten Aufgaben bestmöglich lösen können und gewillt sind, sich den Schwierigkeiten zu stellen. Es wird noch eine gewisse Zeit in China vergehen, bis der Standard ein für deutsche Architekten und Ingenieure bekanntes Niveau erreicht hat. Die neuesten umweltpolitischen Entwicklungen in dem Land werden weitere wesentliche Veränderungen mit sich führen, aber die »Neue Normalität« und die damit einhergehende Energiewende sind der geeignete Kurs, um kommenden Generationen eine lebenswerte Zukunft ermöglichen zu können. K ChinaContact57 05 ⁄ 2016