Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs 4. Bestimmungsfaktoren des nominalen Wechselkurses Harms Kap. VIII 4.1 Wechselkursregime Krugman/Obstfeld/Melitz, Kap. 18 und 19 nominaler WK als Spiegelbild von Angebot und Nachfrage am Devisenmarkt Angebot und Nachfrage resultiert aus Gütertransaktionen und den Geschehnissen auf den Finanzmärkten Täglicher Umsatz auf den internationalen Devisenmärkten: gut 2 Billionen US-Dollar Für die WK-Entwicklung ist nicht nur das Verhalten der Privaten entscheidend, sondern auch das Agieren des Staates/der Zentralbank Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 1 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Der Staat bzw. die Regierung legt das WK-Regime fest, die Zentralbank muss ggf. auf den Devisenmärkten intervenieren. System flexibler Wechselkurse Nach dem Zusammenbruch des System von Bretton Woods (1972-73) Übergang zu flexiblen Wechselkursen zwischen den Hauptwährungen Dollar, Yen, DM, Pfund. Der Euro ist heute gegenüber den Hauptwährungen in einem System flexibler WK. Hauptcharakteristikum: Die Zentralbank interveniert nicht auf dem Devisenmarkt, die Veränderung der Währungsreserven ist damit null! Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 2 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Die Zahlungsbilanz (1) LB KB DB 0 vereinfacht sich wegen DB 0 zu (2) LB KB , d.h. ein LB-Überschuss (-Defizit) ist gleich dem Nettokapitalexport (-import). Der WK ist endogen und ergibt sich als Preis, der Angebot und Nachfrage am Devisenmarkt zum Gleichgewicht bringt. Angebotsseite (Anbieter von Devisen): Güterexporteure und Kapitalimporteure Nachfrageseite (Nachfrager von Devisen): Güterimporteure und Kapitalexporteure Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 3 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs System fixer Wechselkurse Staat formuliert ein Wechselkursziel, Zentralbank muss durch Interventionen auf dem Devisenmarkt dafür sorgen, dass der realisierte Kurs nicht zu weit vom Ziel abweicht. Quelle: Harms (2008) Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 4 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Aus (1) folgt: Wenn Summe der Zahlungseingänge größer als Summe der Zahlungsausgänge, also (3a) LB KB DB 0 , dann ist die Devisenbilanz im minus = Aufbau von Währungsreserven (vgl. VR China) Wenn Summe der Zahlungseingänge kleiner als Summe der Zahlungsausgänge, also (3b) LB KB DB 0 , dann ist die Devisenbilanz im plus = Abbau von Währungsreserven (vgl. Brasilien oder Argentinien) Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 5 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Währungsreserven und Geldangebot stilisierte Zentralbank-Bilanz Aktiva Währungsreserven Passiva Bargeldumlauf Reserven der Geschäftsbanken Forderungen an den Staat Einlagen des Staates Forderungen an Finanzinstitute Reinvermögen Bargeldumlauf plus Reserven der Geschäftsbanken = Geldbasis Erhöhung der Geldbasis gleichbedeutend mit Erhöhung der Geldmenge Steigen infolge von Interventionspflichten die WR, so steigt c.p. die Geldmenge. Geldmengeneffekt kann neutralisiert werden durch gegenläufige Verminderung der Forderungen an Finanzinstitute (= sterilisierte Interventionen) Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 6 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Weitere Wechselkursregime Währungsunion dollarisierte Systeme (inländisches Zahlungsmittel wird ersetzt bspw. durch Dollar) Currency Board (Aktivseite der Zentralbankbilanz besteht nur aus WR) einseitiger versus wechselseitiger peg einzelne Ankerwährung versus Währungskorb als Anker Crawling peg (Paritätsänderungen folgen einem vorgebenen Muster) Wechselkurszielzonen (Interventionen nur an Bandgrenzen) Managed floating (koordinierte, aber diskretionäre Interventionen) Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 7 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Verbreitung der einzelnen WK-systeme IWF, Annual Report of Exchange Rate Arrangements and Exchange Restrictions bis Anfang 70er praktisch nur feste WK heute: o ca. 50 Prozent feste WK o 20 Prozent flexible WK o 30 Prozent regelgebundene und diskretionäre Interventionen Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 8 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Einige historische Währungssysteme Der Goldstandard 1880-1914 kein internationales Abkommen Goldstandard ist Konsequenz nationaler Entscheidungen, die inländische Geldversorgung an das Gold zu binden GB 1717 (I. Newton), USA 1861, Europa 1870er Prinzipien Festlegung einer Parität zum Gold, z.B. 87 Mark pro Unze oder 21 $ pro Unze Verpflichtung, Gold zu dieser Parität zu kaufen und zu verkaufen freier Goldverkehr Verpflichtung, die Geldmenge in konstanter Relation zu den Goldreserven zu halten "Rules of the game" sorgen für Aufrechterhaltung der Goldparität, festen Wechselkurs und ausgeglichene Zahlungsbilanz (hier: HB) Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 9 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Zahlungsbilanztheorie von David Hume (1752): nur Güterhandel, Bezahlung in Gold Ausgangspunkt: Land mit Handelsbilanzdefizit Güterimporteure zahlen in Gold Handelsbilanzdefizit führt zu Goldabfluss Handelsbilanzüberschuss führt zu Goldzufluss wegen Bindung der inländischen Geldmenge zu den Goldreserven muss Defizitland Geldmenge senken, Überschussland Geldmenge erhöhen im Defizitland sinken folglich Güterpreise, im Überschussland steigen Güterpreise Güter des Defizitlandes werden relativ billiger, werden stärker nachgefragt, Defizit verschwindet Tendenz zu Handelsbilanzausgleich Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 10 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Ursachen für die Stabilität des Systems Einhaltung der Geldparität war sehr glaubwürdig, u.a. weil: Arbeitslosigkeit war kein brisantes Thema wegen flexibler Löhne und Preise es gab keine gemeinhin akzeptierte Theorie, die beispielsweise die Zentral-bank für Konjunkturschwankungen verantwortlich machte (z.B. über Zinspolitik) Damit fehlte der politische Druck, die Geldpolitik für andere Zwecke einzusetzen als Aufrechterhaltung der Goldparität. Ein glaubwürdiges Festkurssystem induziert zudem stabilisierende Spekulation, so dass Zentralbanken u.U. gar nicht eingreifen müssen (vgl. Krugman 1991). Ursachen des Zusammenbruchs politische Spannungen nahmen zu Goldexporte wurden unterbunden u.a. wegen (gewerkschaftlicher) Alo nahm politischer Druck auf Zentralbanken zu Glaubwürdigkeit des Systems ging verloren, induziert destabilisierende Spekulation Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 11 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Das System von Bretton Woods 1946-1971 1944 unterzeichneten 45 Länder Abkommen von Bretton Woods Ziele: Vermeidung der Fehler nach 1. Weltkrieg (Verlierer zahlt alles) Wechselkursänderungen unter gemeinsamer Kontrolle Währungsreserven durch zusätzliche Fazilitäten ergänzen Zahlungsbilanzpolitik überwachen Elemente: Unterzeichner verpflichten sich, festen WK zum US-Dollar zu halten (+/1%) USA verpflichten sich, Dollars in Gold umzutauschen vice versa (GoldDollar-Standard) Gründung des IWF mit Zweck der Kreditvergabe zur Finanzierung von (vorübergehenden) Zahlungsbilanzdefiziten der Mitgliedsländer Einzahlung von Währungsreserven gemäß nationalen Quoten Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 12 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Bretton Woods-System funktionierte bis Ende der 60er Jahre gut. Ende der 60er bzw. Anfang der 70er erhöht USA die Geldmenge zur Finanzierung des Vietnam-Kriegs und von Sozialprogrammen. Konsequenz: Dollarkurs sinkt (Abwertung des Dollar); Mitglieder müssen Dollar kaufen und inländische Geldmenge erhöhen; Inflationsrate stieg in diesen Ländern mit der Folge, dass die Aufgabe der geldpolitischen Autonomie nicht mehr akzeptiert wurde. 1971: USA hebt Goldeinlösungspflicht auf, weil Dollar-Verbindlichkeiten bei anderen Zentralbanken rund 40 Mrd., Goldreserven aber nur ca. 12 Mrd. 1971-1973: Abwertungen, vorübergehende Freigabe des Wechselkurses, Neufestsetzung der Parität mit erweiterter Bandbreite +/- 2,25%. Anfang 1973 de facto Freigabe des Wechselkurses; 1978 auch de jure Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 13 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Das Europäische Währungssystem 1979-1998 Vorläufer: Europäische Währungsschlange 1978: Absprachen zwischen Schmidt und Giscard 1979: Gründung des EWS (9 Mitglieder der EG minus GB; GB tritt 1990 bei) ECU-Korbwährung ECU-Leitkurse Gitter bilateraler Leitkurse +/- 2,25% obligatorische Intervention aller Zentralbanken symmetrische Konstruktion Einräumung von Kreditlinien Erfahrungen: System wirkte de facto asymmetrisch (DM-Zone) Inflationsrate gesunken Wechselkursstabilisierung fragwürdig wegen 12 Realignments Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 14 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs 4.2 Kapitalmobilität und Zinsen: die Zinsparitäten-Theorie Krugman und Obstfeld Kap. 13 Taylor, Mark (1995), The Economics of Exchange Rates, Journal of Economic Literature 33: 13-47. Finanzmarktintegration (Summe der Auslandsverbindlichkeiten und – forderungen als Bruchteil des BIP) in den letzten 20 Jahren deutlich gestiegen, vgl. Abb.2 aus Kapitel 0 Grenzüberschreitender Handel mit Wertpapieren stärker gewachsen als Exund Import von Gütern und Dienstleistungen Dieses Kapitel: Was determiniert die Anlageentscheidung der Finanzmarktakteure? Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 15 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Anleger steht vor der Entscheidung, Ersparnisse im Inland oder im Ausland anzulegen, Entscheidungskriterium ist insbesondere die Rendite dieser beiden Alternativen. Annahme: Anleger sei risikoneutral Ungedeckte Zinsparität (Interest Rate Parity IRP): (1) A (1 i) Endvermögen einer Inlandsanlage in Euro = A 1 (1 i* ) Et (et 1 ) et Anlagebetrag in $ Endvermögen in $ erwartetes Endvermögen einer Auslandsanlage in Euro Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 16 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Im Unterschied zur Inlandsanlage ist die Rendite der Auslandanlage unsicher, denn der Wechselkurs zum Ende des Anlagezeitraums ist zu Beginn des Anlagezeitraums unbe-kannt. Über diesen Wechselkurs müssen die Anleger Erwartungen bilden, entsprechend ist die erwartete Wechselkursänderung Renditebestandteil der ausländischen Anlage. Risikoneutrale Anleger richten sich ausschließlich nach der erwarteten Rendite der Anlage, ein Gleichgewicht erfordert die Übereinstimmung der Renditen von Inlands- und Auslandanlage. IRP in obiger Form gilt nur unter zwei Bedingungen: 1. freie Kapitalmobilität, keine Transaktionskosten 2. in- und ausländische Wertpapiere sind vollkommene Substitute, d.h. u.a. gleiche Laufzeit, gleiches Konkursrisiko des Emittenten etc. Man spricht von der offenen oder ungedeckten Zinsparität, weil die Auslandsanlage in jedem Fall eine offene Position mit sich bringt, nämlich den Rücktausch der Auslands- in Inlandswährung zu einem ungewissen (offenen) Preis. Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 17 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Approximation der IRP Exakte Form: 1 i Et et 1 (1 i * ) et Logarithmieren: Ee ln(1 i ) ln(1 i * ) ln t t 1 1 1 et E e e ln(1 i ) ln(1 i * ) ln1 t t 1 t ln(1 Et eˆt 1 ) et Approximation: für kleine x gilt ln(1 x) x , also (2) Et eˆt 1 i i * Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 18 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Das Zinsdifferential spiegelt die Wechselkurs-Änderungserwartungen wider: Liegt der Inlandszins über dem Auslandszins , so muss bei Gültigkeit der IRP eine Abwertungserwartung der inländischen Währung vorliegen, da ansonsten die erwarteten Renditen nicht übereinstimmen würden. Liegt eine Abwertungserwartung für die inländische Währung vor, dann muss Inlandszins größer als Auslandszins sein, um IRP zu erfüllen. Berücksichtigung von Risikoaspekten bisher: Wertpapiere nur nach erwarteter Rendite beurteilt jetzt: Wertpapiere auch nach „Sicherheitsaspekten“ beurteilen Für die meisten Aktiva ist Rendite eine Zufallsvariable, es gibt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Rendite, tatsächliche Rendite ist unsicher. Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 19 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs p(R) A B -2% 0 2% 4% 6% Rendite RA, RB Für die Assets A und B gilt Übereinstimmung der erwarteten Renditen, E ( R A ) E ( R B ) 4% , aber die Standardabweichung ist bei B größer, A B, d.h. die Wahrscheinlichkeit für kleine und große Renditen ist größer als bei A. Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 20 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs IRP beurteilt infolge von Risikoneutralität beide Assets gleich, da . realistischer: Akteure sind risikoavers, d.h. bei gleichem Erwartungswert ziehen sie Anlage mit geringem vor. Damit beide Assets gehalten werden, muss riskantere Anlage B einen höheren Erwartungswert liefern, d.h. B muss eine Risikoprämie bieten. Modifizierte IRP: (3) i i Et eˆ RP * mit RP = Risikoprämie Risikoprämie i.d.R. positiv, muss aber nicht der Fall sein bei entsprechend negativer Kovarianz zwischen Zinsen und Wechselkursänderung. Bestimmung der Risikoprämie erfolgt im Rahmen der Portfoliotheorie (u.a. CAPM) Risikoprämie muss nicht zeitkonstant sein Risikoprämie im allgemeinen nicht messbar Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 21 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs modifizierte IRP (3) enthält mit erwarteter Wechselkursänderung und Risikoprämie zwei nicht beobachtbare Größen, was empirische Überprüfung der Gültigkeit der IRP extrem schwierig macht. Fazit: Im Folgenden gehen wir von der Gültigkeit der IRP aus, d.h. Zinsdifferential gleich Wechselkursänderungserwartung: i i * Et eˆt 1 . Ungenauigkeit unbedeutend, wenn hinreichend risikoneutrale Spekulanten vorhanden sind, sodass Risikoprämie sehr klein oder Risikoprämie konstant, also Änderungen der Zinsdifferenz Änderungen der Wechselkursänderungserwartungen widerspiegeln. Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 22 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Gedeckte Zinsparität Wechselkursänderungsrisiko kann ausgeschaltet werden, in dem die zukünftigen Dollarbeträge bereits heute verkauft werden Terminmarkt, Terminkurs (4) A(1 i ) A T 1 et (1 i * ) etT Terminkurs et : T in t wird vereinbart, dass in t 1 Devisen geliefert werden zum Preis von et . Wechselkurse an Kassa- und Terminmärkten (Euro/ausländische Währung) 10.9.2007 Kassa 1 Monat 6 Monate 1 Jahr 2 Jahre US-Dollar 0,7254 0,7247 0,7230 0,7224 0,7209 Schweizer Franken 0,6113 0,6123 0,6172 0,6218 0,6298 Britisches Pfund 1,4737 1,4714 1,4606 1,4490 1,4293 Japanischer Yen 0,0064 0,0064 0,0065 0,0066 0,0068 Quelle: Harms (2008) Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 23 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Beispiel: Güterexporteur erhält in 6 Monaten 1 Mio $; sind dies 0,9 oder 1,0 oder 1,1 Mio Euro? Risiko kann er ausschalten, in dem er heute 1 Mio $ per Termin verkauft zum Terminkurs etT von z.B. 1,05 Euro/$. Umgekehrt kauft ein Güterimporteur Dollar per Termin, um in 6 Monaten seinen $-Verpflichtungen nachkommen zu können. Termingeschäfte erlauben das Hedging von Risiken Hedging = Absichern von bereits vorhandenen Risiken Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 24 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Termingeschäfte werden zum Risiko, wenn man die Gegenposition nicht hat, d.h. beim Beispiel des Güterexporteurs man hat in 6 Monaten nicht 1 Mio $, sondern muss sie sich dann erst besorgen. Beispiel: Terminkurs: 1,00 Euro/$ vom Individuum erwarteter Kassakurs in 6 Monaten: 0,90 Euro/$ verkaufe per Termin 1 Mio $ zum Preis von 1,00 Euro/$, in 6 Monaten müssen auf Kassamarkt $ gekauft werden zum erwarteten Preis von 0,90 Euro/$ erwarteter Gewinn = 0,10 Euro/$ x 1 Mio $ = 100.000 Euro aber: wenn et 1 = 1,10 Euro/$, dann kauft man auf Kassamarkt 1 Mio $ für 1,10 Euro/$ und muss für 1,00 Euro/$ verkaufen 100.000 Euro Verlust Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 25 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Gleichung der gedeckten Zinsparität (5) 1 i 1 (1 i * )etT et etT et (1 i ) et * Swapsatz (> 0 = Report; < 0 = Deport) Bei Abweichungen von der gedeckten IRP setzt Arbitrage ein. Beispiel: 1 i (1 i* )(1 Swapsatz ) Verschuldung auf der "kleineren" Seite und Anlage auf "größeren" Seite leihe Euro, lege sie im Ausland an, verkaufe $ zu sicherer Gewinn Empirie: gedeckte Zinsparität stets erfüllt Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 26 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Vergleich gedeckte und ungedeckte IRP wenn beide Paritäten gelten, folgt sofort (6) etT Et et 1 der heutige Terminkurs gibt die Erwartungen über zukünftigen Wechselkurs wieder Terminkurs ein Prediktor der zukünftigen Wechselkursentwicklung Die Eigenschaft des Terminkurses als Prediktor bzw. erklärende Größe für den zukünftigen Wechselkurs lässt sich empirisch überprüfen. Schätzgleichung: et 1 a0 a1et t T Null-Hypothese: a0 0 und a1 1 Empirie: Null-Hypothese wird überwiegend abgelehnt, d.h. Terminkurs allenfalls ein verzerrter Prediktor. Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 27 Kapitel 4 – Der nominale Wechselkurs Mögliche Erklärungen für systematisch zu niedrigen/zu hohen Terminkurs Existenz von Risikoprämien Schocks zwischen t und t 1 ; diese beeinflussen et 1 , können aber nicht antizipiert werden und gehen mithin nicht in Terminkurs ein (optimale Prognose bedeutet nicht richtige Prognose!) Peso-Problem: es wird mit einem Schock (Politikänderung) gerechnet, geht in etT ein, aber der Schock tritt nicht ein und beeinflusst folglich auch nicht et 1 . ex ante war Wechselkursprognose optimal ex post ist eine Verzerrung von et 1 und etT zu konstatieren. Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2011 / 12 Internationale Makroökonomik 28