Umgang mit traumatisierten Pflegekindern Orientierungshilfen für den Alltag Seminar für Pflegeeltern Marc Schmid, Aalen, 11. Oktober 2014 Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Einleitung „Obwohl die Welt voller Leid ist, ist sie auch voller Sieg über das Leid“ Helen Keller (US-Schriftstellerin) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 2 Gliederung 1. Was ist ein Trauma? 2. Häufigkeit traumatischer Erlebnisse bei Heimkindern 3. Kindesmisshandlung / Vernachlässigung und Trauma 4. Traumaentwicklungsstörung 5. Komplexe Traumafolgestörungen: Auswirkungen auf die Pädagogik 6. Traumapädagogik 7. Kooperation mit dem Herkunftssystem 8. Zusammenfassung und Diskussion Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 3 Traumatisches Erlebnis Überwältigendes Erlebnis, welches mit einer ernsthaften Bedrohung für die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit des Klienten selbst oder einer nahe stehenden Person einhergeht und sich darin auszeichnet, dass in der Situation intensive Angst, Hilflosigkeit und Entsetzen empfunden wurden. Aktuelle Diskussion inwiefern Vernachlässigung und chronische emotionale Unterversorgung/Misshandlung auch zu den traumatischen Lebenserfahrungen gezählt werden können (z.B. Sack 2010). Wichtige Unterscheidung zwischen einem traumatischen Erlebnis und der Entwicklung von Traumafolgestörungen / Symptomen. Über 25% aller Menschen zwischen 30-50 Jahren erlebten ein traumatisches Erlebnis. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 4 Was ist ein Trauma? Traumatisches Lebensereignis Extreme physiologische Erregung Flucht Freeze Fight Traumasymptome Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 5 Bei einer Traumatisierung laufen parallel zwei unterschiedliche physiologische Prozesse ab Übererregungs-Kontinuum Dissoziatives-Kontinuum Fight oder Flight › Alarmzustand Wachsamkeit › Angst/Schrecken › Adrenalin System wird aktiviert – Erregung › Serotonerges System verändert sich – Impulsivität, Affektivität, Aggressivität Freeze – ohnmächtige / passive Reaktion › Gefühlslosigkeit / Nachgiebigkeit › Dissoziation › Opioid System wird aktiviert Euphorie, Betäubung › Veränderung der Sinnes-, Körper-wahrnehmung (Ort, Zeit etc.) Physiologisch › Blutdruck (Pulsrate ) › Atmung › Muskeltonus › Schmerzwahrnehmung Physiologisch › Pulsrate Blutdruck › Atmung › Muskeltonus › Schmerzwahrnehmung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 6 Traumatypologie nach L. Terr (1991) Typ – I – Trauma Typ – II – Trauma › Einzelnes, unerwartetes, traumatisches Erlebnis von kurzer Dauer. › Serie miteinander verknüpfter Ereignisse oder lang andauernde, sich wiederholende traumatische Erlebnisse. › z.B. Verkehrsunfälle, Opfer/Zeuge von Gewalttaten, Naturkatastrophen. › Öffentlich, besprechbar › Körperliche sexuelle Misshandlungen in der Kindheit, überdauernde zwischenmenschliche Gewalterfahrungen. › Nicht öffentlich/geheim Symptome: Symptome: Meist klare sehr lebendige Wiedererinnerungen Vollbild der PTSD Hauptemotion = Angst Eher gute Behandlungsprognose › Nur diffuse Wiedererinnerungen, starke Dissoziationstendenz, Bindungsstörungen Hohe Komorbidität, komplexe PTSD Sekundäremotionen (z.B. Scham, Ekel) Schwerer zu behandeln Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 7 Welche traumatischen Situationen führen zu besonders intensiven Symptomen? 1. Dauern sehr lange 1. Starke Dissoziation 2. Wiederholen sich häufig 2. Keine soziale Unterstützung 3. Zerstörung von Bindung 3. Rituellen Charakter (Shalev et al. 1996, 2002,Brewitt 4. Schwere körperliche Verletzungen et al. 2000, Tuulikki Kulatalathi 5. Zwischenmenschliche Gewalt & Rosner, 2008). 6. Sind schwer nachzuvollziehen 7. Täter ist eine Bezugsperson 8. Täter wird vom Opfer gemocht 9. Opfer fühlt sich mitschuldig 10. Persönlichkeit ist noch nicht gefestigt 11. Beinhalten sadistische Folter 12. Beinhalten sexuelle Gewalt 13. Mehrere Täter 14. Starke Dissoziationen 15. Kein unmittelbarer Beistand nach der Tat – Bindung! 16. Niemand hat darüber mit dem Opfer gesprochen/nicht geglaubt Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 8 Traumaprozess und Selbststeuerung Neokortex, Frontalhirn, präfrontaler Kortex “Chefzentrale” Mittelhirn: Amygdala “Empfangsbereich” Unteres Gehirn, Reptiliengehirn Überlebenscamp Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 9 Das dreigliedrige Gehirn Chef-Etage: Grosshirn(rinde), Kortex Denken, planen, entscheiden, zielgerichtetes Handeln, rationale Entscheidungen Eingangsbereich: Säugetiergehirn, Limbisches System, Thalamus, Amygdala, Hippocampus Steuerzentrale der Gefühle: Ärger, Freude, Lust, Unlust, Flucht, Kampf Kellergeschoss: Reptiliengehirn, Hirnstamm Art- und Selbsterhaltung, Atmung, Blutdruck, Körperfunktionen und -reaktionen (Muskelanspannung, entwickeln von Körperflüssigkeiten, ..) Levine, Berceli, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 10 Welche Erfahrungen mit Regeln bestehen? Was passiert bei einer Regelübertretung? Großhirn: bewusste intellektuelle Verarbeitung und Einordnung in biographischen Kontext Blockiert Reiz Pädagogische Intervention Reiz /Verhalten wird als potentiell gefährlich betrachtet Repitliengehirn: Automatismen: Kampf , Flucht , Erstarrung (Freeze) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 11 Überlegung „Die „Erwachsenen“ beschäftigen sich zu wenig mit den Problemen, die Jugendliche haben, und zu viel mit den Problemen, die Jugendliche machen.“ Ute Claas, Deutsche Kriminologin http://www.rensch-haus.com/images/gesundheit_oekologie.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 12 Gliederung 1. Was ist ein Trauma? 2. Häufigkeit traumatischer Erlebnisse bei Heimkindern 3. Kindesmisshandlung / Vernachlässigung und Trauma 4. Traumaentwicklungsstörung 5. Komplexe Traumafolgestörungen: Auswirkungen auf die Pädagogik 6. Traumapädagogik 7. Kooperation mit dem Herkunftssystem 8. Zusammenfassung und Diskussion Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 13 Häufigkeit von Traumata (Jaritz et al. 2008) Art der Traumatisierung Häufigkeit (%) Vernachlässigung 72% Vernachlässigung (Basics) 31% Körperliche Misshandlung 35% Emotionale Misshandlung 31% Sexueller Missbrauch 15% Zeuge von körperlicher oder sexueller Gewalt 50% Schwere Unfälle Irgendein psychosoziales Trauma (Basics o. Unfälle) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 5% 75% | 14 Prävalenzen traumatischer Erlebnisse ETI Essener Trauma Inventar - Selbsturteil 81% berichten mindestens ein traumatisches Erlebnis! 16% Breymaier et al. submitted 33% 16% 16% 1 Erlebnis 19% 2 3 ≥4 Kein Trauma Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 N=245 | 15 Methodik Stichprobe › 82% der Pflegekinder hatten mindestens ein Trauma erlebt. › 69% hatten mindestens ein interpersonales Trauma erlebt. › Für acht Pflegekinder wurde der Traumafragebogen nicht ausgefüllt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 16 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 17 Welche Umgangsregelung wird praktiziert? Wie viele Kinder haben Kontakt zu ihren leiblichen Eltern? 44; 12% 323; 88% Kontakt Keinen Kontakt Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 18 Welche Umgangsregelung wird praktiziert? Wie viele Kinder haben Kontakt zu ihren leiblichen Eltern – begleiteter Umgang? 69; 19% 44; 12% Kontakt 254; 69% Keinen Kontakt Begleiteter Umgang Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 19 Welche Umgangsregelung wird praktiziert? Wie viele Kinder haben Kontakt zu ihren leiblichen Eltern – Übernachten? 110; 30% 144; 39% 69; 19% Kontakt Begleiteter Umgang 44; 12% Keinen Kontakt Übernachten Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 20 Bindung Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und Bindung N=257 CBCL-INT CBCL-EXT. CBCL-Ges. RPQ-gehemmt .626 .715 .767 RPQ-enthemmt .157 .426 .423 RPQ-Ges. .471 .681 .714 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 21 Schlussfolgerungen und Fazit für die Praxis › Ein grosser Teil der Pflegekinder ist psychisch sehr stark belastet. Die Ergebnisse bezüglich der psychischen Belastung liegen auf dem von internationalen Studien her bekannten hohen Niveau. › Im Vergleich zur immensen psychischen Belastung zeigt sich eine relative kinder- und jugendpsychiatrische/psychotherapeutische Unterversorgung der Pflegekinder. › Auch somatisch sind Pflegekinder überdurchschnittlich stark belastet. › Pflegeeltern fühlen sich häufig allein gelassen, «nur Pflichten, keine Rechte» Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 22 Posttraumatische Belastungsstörung ICD-10 › Waren Trauma ausgesetzt › Wiedererleben, Nachhallerinnerungen, Flashbacks, Alpträume, Gefühl das Erlebnis wieder zu erleben › Situationen, die mit dem Trauma in entferntem Zusammenhang stehen oder ähneln, werden vermieden › Interessensverlust, Entfremdungsgefühle, Perspektivlosigkeit › Unfähigkeit sich an Aspekte des Traumas zu erinnern › Erhöhte psychische Sensitivität und Erregung - Hypervigilanz - Schreckhaftigkeit - Reizbarkeit & Wutausbrüche - Ein- Durchschlafstörungen - Konzentrationsprobleme › Beginn innerhalb 6 Monate nach Trauma, zum Teil auch später Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 23 Bedeutung von Trauma für die Entwicklungspsychopathologie % 60 50 40 30 20 N = 1400 Irgendeine Diagnose Angststörung Depressive Störung Verhaltensstörung 10 0 ) ) ) ) ) % % % % % ,1 ,5 2,4 0,8 7 2,3 7 ( ( 2 3 3 ( i i ( hr s( e s i i r e e n n D w ig ig Z rm e e e r r d E E o n n i i E er Ke Vi Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Copeland et al. 2007 | 24 Trauma-Entwicklungsheterotopie Dissoziative und Somatoforme Störungen Schmid, Fegert, Petermann 2010 Kindheit & Entwicklung 19 (1) 47-63 Bipolare Störungen im Kindesalter Emotionale Störungen Angststörungen Substanzmissbrauch Affektive Störungen Störung des Sozialverhaltens Störungen der Persönlichkeitsentwicklung Selbstverletzung Suizidalität ADHS Oppositionelles Verhalten Bindungsstörungen Regulationsstörungen Geburt Vorschulalter Traumafolgestörungen + biologische Faktoren Schulalter Pubertät Adoleszenz Nochmals genauer Nachlesen? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 26 Gliederung 1. Was ist ein Trauma? 2. Häufigkeit traumatischer Erlebnisse bei Heimkindern 3. Kindesmisshandlung / Vernachlässigung und Trauma 4. Traumaentwicklungsstörung 5. Komplexe Traumafolgestörungen: Auswirkungen auf die Pädagogik 6. Traumapädagogik 7. Kooperation mit dem Herkunftssystem 8. Zusammenfassung und Diskussion Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 27 Einleitung Komplexe Traumafolgestörungen „Post traumatic stress disorder is a poem with many verses.“ Helen White (US-Schriftstellerin, die über ihre Erfahrungen als Krankenschwester im Vietnamkrieg berichtete) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 28 Cave › Keine psychische Störung oder ein Symptom kann einer Ursache zugeordnet werden. › Jedes Symptom hat eine multifaktorielle Genese (Genetik, biologische Faktoren, Umweltbedingungen, Erziehungsstil, kritische Lebensereignisse, Einflüsse von Gleichaltrigen). › Alle folgenden Aussagen beziehen sich auf wissenschaftliche Studien und zeigen, dass diese Symptome bei traumatisierten Menschen viel häufiger vorkommen. › Ein Kausalzusammenhang zwischen Traumatisierung und einem Symptom besteht aber nie. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 29 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 30 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 31 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 32 Emotionsregulation Gefühle werden leichter ausgelöst › Schnellere Reaktion auf negative Stimuli, insbesondere Scham, Wut und Ekel. › Viele an sich neutrale Reize sind mit traumatischen Erfahrungen und heftigen Emotionen assoziiert. › Chronisches Hyperarousal. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 33 Emotionsregulation Gefühle fluten schneller an und brauchen eine längere Regenerationszeit › Gefühle werden schneller als aversive Anspannung erlebt. › Handlungsimpulse können nicht adäquat identifiziert und somit schwerer gegenreguliert werden. › Anspannung akkumuliert. › Gefühle dauern länger an und überlagern sich. › Durcheinander negativer Gefühle. Von: http://www.123mycodes.com/myspacefunnystuff/img/2344.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 34 Emotionale Taubheit › Häufig Gefühl der inneren Leere (vgl. Klonsky 2009). › Dissoziation Folge von einfachem Stress und negativen Emotionen (Stiglmayer et al. 2005). › Emotionale Taubheit - manche emotionsauslösenden Situationen lösen gar keine Gefühle oder ein „Mischmasch“ an Gefühlen aus. › Häufig Sekundärgefühle ohne klaren Handlungsimpuls (Scham & Schuld). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Von:www.artistproof.de/moserleere.htm&usg=__J9D 0vCen33CzG8fMWZ6ljm4aCE=&h=640&w=454&sz=5 2&hl=de&start=1&zoom=1&itbs=1&tbnid=SjhfdCljeM BF7M:&tbnh=137&tbnw=97&prev=/images%3Fq%3Di nnere%2Bleere%26hl%3Dde%26gbv%3D2%26tbs%3D isch:1 | 35 Krise: Spannungsreduktion „Emotionsphobie“ Selbstverletzung Parasuizid Weglaufen Aggression Dissoziation Konsum Stimulus Emotion Reaktion Spannungsanstieg negiert inadäquat Das Dilemma ist, dass diese Patienten entweder zu viel oder zu wenig von ihren Gefühlen wahrnehmen! (van der Hart) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 36 Bei niederem Erregungsniveau viele Verhaltensalternativen Biologische/genetische Disposition zu heftigen Gefühlen Negative Lerngeschichte mit Emotionen Schwierigkeiten im Umgang und bei der Wahrnehmung mit Emotionen, „Angst“ vor Gefühlen Gefühle werden bedrohlich unangenehm erlebt und nicht wahrgenommen oder unterdrückt In-Albon & Schmid in press Emotion wird als Überforderung erlebt: Gefühl der Leere, Taubheit Selbstverletzung, Aggression, Substanzkonsum, Suizidversuch Fazit: Normale emotionale Reaktionen im Alltag sollten bemerkt und für eine gute Beziehungsgestaltung nutzbar gemacht werden! Verhaltensmöglichkeiten sind scheinbar blockiert Bei höchstem Erregungsniveau Anspannungsniveau wird werden automatisierte unerträglich Lösungsmechanismen eingesetzt Die Signale die Gefühle für die Verhaltenssteuerung geben werden nicht bemerkt und Verhalten wird nicht danach ausgerichtet Situation bleibt ungeklärt Gefühle werden stärker unangenehm belastende Anspannungsgefühle Je höher Erregungsniveau desto treten auf weniger Verhaltensalternativen andere Personen reagieren dann oft ebenfalls emotionaler Emotionsregulation „Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.“ Aristoteles Von: http://www.oel-bild.de/bilder/13604M.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 38 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 39 Dissoziative Prozesse http://www.silberpapier.de/images/dis.gif https://www.sozialversicherung.at/mediaDB/MMDB64312_40879.JPG Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 40 Dissoziative Prozesse Fiedler (2002) Gedächtnis / Erinnerung Implizit/prozedural Emotionen Unbewusst Handlungsroutinen Priming Effekte Einzelne Bilder Dissoziation Kein Körpergefühl Thalamus, Amygdala, Sensorischer Cortex Explizit/deklerativ D I S S O Z I A T I O N Kognitionen Bewusst Semantisch Episodisch Autobiographisch Körpergefühl Präfrontaler Cortex, Hippocampus, Temporallappen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 41 Dissoziation und Trauma › 10% der Traumatisierten entwickeln sofort eine chronische Dissoziationsneigung (Overkamp, 2002) › 50% bei sequentieller Traumatisierung (Murie et al., 2001) › Dissoziierende Erwachsene sprechen von stärkeren/häufigeren Kindheitstraumata (Nash et al., 2009) Cartoon Renate Alf: http://www.zimannheim.de/psm_links.html › Extreme, emotional negativ aufgeladene Familienatmosphäre scheint das Ausmaß der Dissoziationsneigung wesentlich zu beeinflussen (Sanders & Giolas, 1991; DiTomasso & Routh, 1993). › Zusammenhang wird auch von anderen Faktoren moderiert (Merckelbach & Muris, 2001) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 42 Was ist Dissoziation? Verlust der Raum und Zeitgefühls, Orientierung Intrusionen, Bilder, Keine Erinnerung Fragmentierte Informationsverarbeitung „Null-Reaktion“ auf Umwelt Reize dringen nicht durch Bewegungslosigkeit/ keine Gestik Keine Energie spürbar Unklare Gegenübertragung Kein Depersonalisationserleben Grounding Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 1000 Yards Starren, Kein Blickkontakt leerer Blick Lernen ist in dissoziiertem Zustand nicht möglich Keine Mimik, starrer oft ausdrucksloser Gesichtsausdruckausdruck Schmerzwahrnehmung Ist deutlich reduziert. Verlust des Körpergefühls Innere Leere, Emotionale Taubheit Lediglich automatisierte Handlungsmuster kein geplantes Verhalten | 43 Was ist Dissoziation? (Items es FDS-KJ Putnam, 1993) › Das Kind hat plötzliche heftige Wutausbrüche, oft ohne erkennbaren Grund und zeigt in diesen Phasen eine ungewöhnliche körperliche Stärke. › Das Kind zeigt deutliche Schwankungen, von Tag zu Tag oder Stunde zu Stunde, in Bezug auf Fertigkeiten, Wissen, Lieblingsspeisen. Akademische oder sportliche Fertigkeiten. › Das Kind beharrt auf „Lügen“ oder bleibt beim Leugnen von Verhalten, obwohl es sich „nachweislich“ so verhalten hat. › Das Kind leidet unter unerklärlichen Verletzungen oder verletzt sich manchmal unverständlicherweise selbst. › Das Kind zeigt deutliche Rückentwicklungstendenzen im altersangemessenen Verhalten. Z.B. kann eine Zwölfjährige plötzlich in Babysprache sprechen, am Daumen nuckeln und wie eine Vierjährige agieren und malen. › Das Kind wandelt nachts im Schlaf. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 44 Pädagogische Probleme durch Dissoziation › Starke Leistungsschwankungen - nicht Lernen können. › Räumliche, zeitliche Desorientierung - Konfabulieren vs. Lügen. › Schnelle Wechsel fallen schwer - Desorientierung. › Können soziale Rolle unter Druck nicht ausfüllen Retraumatisierungen - können Gruppendynamiken nicht unterbinden. › Dissoziation führt fast zwangsläufig zur Nichtpartizipation bei wichtigen Gesprächen (Familien-, Hilfeplan). › Wut wird in der Gegenübertragung nicht „gespürt“ überraschende Aggression - Heftigkeit und Körperkraft sind kaum vorherzusehen. › Teufelskreis von stärkerer Intervention und Dissoziation. › ………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 45 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 46 Schmerzwahrnehmung und Dissoziation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 47 Körperwahrnehmung und Trauma › Traumatische Erfahrungen werden über körperliche MicroPraktiken im Körper gespeichert. › Im Trauma „eingefrorene Energie“ verbleibt im Körper. › Körperwahrnehmung als Auslöser für posttraumatisches Erleben. › Schlechtere Körperwahrnehmung und Koordination. › Eigenes Körperbild, weniger Körperpflege › Kaum Gefühl für Körpergrenzen › Auffälliges Sexualverhalten (völlige Vermeidung, Promiskuität, Schmerzen, Gefühle von Ekel) › Trauma als Risikofaktor für viele somatische Erkrankungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 48 Körperliche Beschwerden bei traumatisierten und nicht traumatisierten weiblichen Kriegsveteraninnen 40 N = 1935 35 30 25 20 15 Keine PTSD 10 PTSD 5 0 Fi gi l ya m o br e iz Re rm a d S) B (I Un ib e l r te hm c ss en z er a m h t As Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Dobie et al. 2004 | 49 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 50 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 51 Bindungsprobleme Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme „Der Kontakt selbst ist das gefürchtete Element, weil er das Versprechen von Liebe, Sicherheit und Trost beinhaltet, das nicht erfüllt werden kann und das (den Patienten) an die abrupten Verletzungen erinnert, die er in seiner Kindheit erlebt hat.“ Lawrence E. Hedges (1997, S.114) http://www.kwick.de/4048033/blog/36/ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 52 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 53 Hochunsicherer Bindungstyp – D Psychosoziale Risiken Risikokonstellation Häufigkeit von Typ-D Misshandlung 55-82 % Unverarbeitete Verluste der Kindseltern 39-56 % Substanzmissbrauch 43 % Jugendliche Mütter 21-60 % Neurologische Auffälligkeiten der Kinder Depressive Mütter 35 % 25-62 % Wechselwirkung und Kumulation der Risiken ist der Alltag. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 54 Bedeutung von Bindung Bindung als Schutzfaktor Schutz vor Traumatisierung Besserer Zugang zum Helfersystem - höhere Erfolgsaussichten für Pädagogik und Psychotherapie Bessere Unterstützung nach Traumatisierung Bindung Gute Bindung der Kinder an Pädagogen nährt das Helfersystem Bessere Peerbeziehungen und Integration auf eine Wohngruppe Fördert Resilienzfaktoren MentalisierungsfähigkeitSoziale Fertigkeiten Emotionsregulation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 55 Pollak et al. 2003, …… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 56 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 57 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 58 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 59 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 60 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 61 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 62 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 63 Wut, Ekel Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 64 Ärger / Wut Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 65 Zyklus maladaptiven Bindungsverhaltens Inneres Modell früher Bezugspersonen Erwartungen an Andere Eigenes Verhalten Selbstbild / Introjekt Verhalten der Anderen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 66 Strategien, um belastende Bindungen eingehen zu können „Das Kind muss den Anteil in sich unterdrücken, der das Böse im Elternteil entdecken könnte.“ J. Freyd 1996 Die Kinder zeigen Anzeichen von Dissoziation, Freeze und Fragmentierung, wenn sie mit ihren Eltern unter Stress interagieren. Downing (2007), Liotti (2005) . Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 67 Teufelskreis im Team: Narzissmusfalle Mitarbeiter zieht sich zurück oder reagiert über. Auftreten der Symptomatik, Entwertung des Mitarbeiters. Narzissmusfalle Jugendlicher macht „besonderes“ Beziehungsangebot. Mitarbeiter fühlt sich unwohl, überfordert, emotional stark involviert. Jugendliche/r „testet“ Beziehung aus, Reinszenierung von Abbrüchen, Beziehungserfahrungen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Jugendliche/r fordert Beziehung immer stärker und intensiver ein. Hält diese intensive Beziehungen kaum aus. | 68 Mittlerer Abstand in der Beziehungsgestaltung „Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen.“ Joseph Joubert Emotionales Engagement Reflektierende/ professionelle Distanz Dammann 2006, Schmid 2007 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 69 Traumapädagogische Beziehungsgestaltung http://images.easyart.com/i/prints/rw/lg/3/3/Maxi-Posters-Balance-is-the-key-to-life--Elephant-on-ball--331158.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 70 Häusliche Gewalt und Dating Violence – Gewalt in eigenen Paarbeziehungen › Erlebte häusliche Gewalt in Kombination mit eigenen Gewalterfahrungen erhöht bei Jungen das Risiko für die Anwendung von emotionaler und körperlicher Gewalt bei den ersten Liebesbeziehungen (Dating Violence) deutlich (Wolfe et al. 2001). › Junge Frauen mit einem Hintergrund von Gewalterfahrungen im Elternhaus durchleben während der ersten Beziehungen zu jungen Männer hingegen noch häufiger als andere Mädchen, dass ihre Grenzen überschritten werden (O‘Keefe et al. 1997). › Frauen, die als Kind Gewalt in ihren Familien erlebt haben, haben ein 5 Mal höheres Risiko in Armut zu leben und ein 4-10 Mal erhöhtes Risiko für eine Beziehung zu einem gewaltigen Partner (Bensley et al. 2003). Das Risiko erhöht sich dabei, je jünger die Frauen beim Zusammenziehen sind und je ausgeprägter die eigene Misshandlung in der Kindheit war. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 71 Transgenerationale Weitergabe „Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen“ Issac Asimov Wichtige Fertigkeiten konnten nicht erlernt werden! Keine Modelle für: 1. Gemeinsame Konfliktlösung 2. Adäquaten Emotionsausdruck 3. Adäquate Selbstbehauptung 4. Selbstwirksamkeit in Beziehungen, Bedürfnisse negiert 5. Umgang mit Schwäche, Frustration 6. ………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 72 Fazit & Schlussfolgerungen I › Traumatisierungen sind in der Jugendhilfe eher die Regel als die Ausnahme. Besonders schwer sequentiell traumatisierte Kinder und Jugendliche scheitern oft in den herkömmlichen Angeboten der stationären Jugendhilfe. › Traumafolgestörungen sind vielfältig und wirken sich auf alle Lebensbereiche aus – kaum eine andere psychische Störung wirkt sich so nachhaltige auf die Teilhabechancen aus wie frühe Vernachlässigung und Kindesmisshandlung. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 73 Fazit & Schlussfolgerungen II › Traumafolgestörungen können zu mannigfaltigen pädagogischen Problemen führen. › Viele Abbrüche sind Resinzenierungen - in Krisen alternative Beziehungs- oder soziale Lernerfahrungen anzubieten ist der Kern jeder erfolgreichen psychosozialen Intervention. › Chronisch traumatisierte Kinder leiden häufig unter spezifischen Symptomen, da sie grundlegende Fertigkeiten in ihren Ursprungsfamilien nicht erlernen konnten. Diese unterentwickelten Fertigkeiten sollten im Rahmen von milieu-therapeutischen Angeboten gezielt gefördert werden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 74 AG: Traumasymptome bei Ihren Kindern › Welche der beschriebenen Traumafolgestörungen (Dissoziation, Probleme bei der Emotionsregulation, Schmerzwahrnehmung, etc.) können Sie in welcher Art und Weise bei schwer traumatisierten Kindern in Ihrem beruflichen Alltag beobachten? › Welche Traumafolgestörungen erleben Sie im Alltag als besonders belastend und herausfordernd? › Welche Art der Beziehungsgestaltung beobachten Sie bei traumatisierten Kindern in Ihrem Alltag? Wie reagieren Sie darauf? › Welche Situation löste die letzte heftige Krise aus? Inwiefern könnte es sich dabei um einen Trigger oder eine Reinszenierung einer traumatischen Beziehungserfahrung handeln? › Welche sozial-pädagogischen oder heil-pädagogischen Strategien haben Sie bei diesen besonders stark traumatisierten Kindern schon ausprobiert? Was hat gut geklappt? Was bleibt schwierig? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 75 Einleitung „Die meisten „Erwachsenen“ beschäftigen sich zu wenig mit den Problemen die Jugendlichen haben und zu viel mit den Problemen, die Jugendliche machen.“ Ute Claas, Deutsche Kriminologin Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 76 Anzahl vorheriger Fremdunterbringungen ›20% der stationären Hilfen enden im ersten Jahr mit einem „Abbruch“ › (Statistisches Bundesamt, 2004). - Über 50% waren früher fremdplatziert. - 30% weisen zwei oder mehr Platzierungen auf. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 N = 304 | 77 Viele Beziehungsabbrüche I › Je größer die psychosoziale Belastung der Jugendlichen, desto wahrscheinlicher sind Abbrüche oder schwierige Verläufe (Baur et al., 1998). › Die Zahl der Beziehungsabbrüche geht mit einer höheren Delinquenz (Ryan & Testa, 2004) sowie einer stärkeren Teilhabebeeinträchtigung (Aarons et al., 2010) auf dem weiteren Lebensweg einher. › Je mehr Beziehungsabbrüche und gescheiterte Hilfen in der Vorgeschichte, desto schlechter die Wirksamkeit der aktuellen Jugendhilfemaßnahme (EVAS, 2004). Jeder Wechsel ist zudem mit Ressourcenaufwand/Kosten im Jugendhilfesystem verbunden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 78 Martin Kühn, 2009 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 79 Viele Beziehungsabbrüche I Reihenschaltung RGes = R1 + R2 Bei einer Reihenschaltung von Widerständen / psychosozialen Hilfen wird der Widerstand größer. Parallelschaltung Rges = 1/R1 + 1/R2 Bei einer Parallelschaltung von Widerständen / psychosozialen Hilfen wird der Widerstand kleiner als die einzelnen Widerstände. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 80 Beziehungsabbrüche II › Klienten mit positiven Beziehungserfahrungen haben einen besseren Verlauf bei psychosozialen Interventionen (Zersen et al. 2006, Skodol et al. 2007). › Im Sinne der aus der psychoanalytischen Familientherapie stammenden Replikationshypothese können viele Beziehungsabbrüche auch als unbewusste Wiederholung von innerfamiliären Beziehungserfahrungen betrachtet werden. › Viele Beziehungsabbrüche von psychisch sehr belasteten Jugendlichen sind auf Ohnmachts-, Selbstinsuffizienz- und Selbstunwirksamkeitsgefühle des pädagogischen Teams zurückzuführen, die Ausstoßungstendenzen auslösen können (vgl. Replikationshypothese). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 81 Ergebnisse RPQ-Gesamtskala Häufigkeiten (%) 100 90 Ca. ein Drittel der Pflegekinder liegt in einem Bereich, in dem nur 2.5% der Kinder aus der Allgemeinbevölkerung liegen! 80 70 60 Allgemeinbevölkerung (N = 344) Pflegekinder (N 50 40 30 20 10 0 -3 -6 -9 -12 -15 -18 -21 >21 Traumatische Erfahrungen und Beziehungsabbrüche sind entscheidend! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 82 Ergebnisse CBCL-Global-Skala Häufigkeiten (%) Über 50% im klinisch auffälligen Bereich! 25 20 15 Normpopulation Pflegekinder 10 5 0 -45 -50 -55 -60 -65 -70 -75 -80 >80 Klinisch auffälliger Bereich Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 T-Wertpunkte | 83 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 84 Ergebnisse Parental Stress Scale Häufigkeiten (%) 30 25 20 Normpopulation 15 Pflegekinder 10 5 0 -25 -30 -35 -40 -45 -50 -55 -60 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 >65 CAVE Fragebogen für Eltern! | 85 Einführung in die Traumapädagogik „Man ist dort zu Hause, wo man verstanden wird.“ Indianisches Sprichwort Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 86 Zwei Ebenen der Emotions- und Beziehungsregulation Aktuelle Gefühlsreaktionen (nicht nur eigene) werden heftiger und als potentiell bedrohlich erlebt Gegenwärtige Wirklichkeit Wahrnehmung Körperreaktion Gedanken Handlungsdrang „Normale“ Beziehungen Gefühle Vergangenes traumatisches Erleben Wahrnehmung Körperreaktion Gedanken Gefühle Handlungsdrang = Freeze/Fight/Flight „Gefährliche“ Beziehungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 „Glaubenssätze“ „Selbstbild“ | 87 Wirkungsweise der Milieutherapie Gegenwärtige Wirklichkeit Wahrnehmung Körperreaktion Gefühle Gedanken Handlungsdrang ´Traumapädagogisches Milieu / Therapie Korrigierende Erfahrungen mit Gefühlen und Beziehungen im pädagogischen Alltag. Schutz vor Retraumatisierung und den damit verbunden Gefühlen. Wahrnehmung Körperreaktion Gefühle Gedanken Vergangenes traumatisches Erleben Handlungsdrang Förderliche Beziehungsgestaltung Wahrnehmung Körperreaktion Gefühle „Glaubenssätze“ und Gedanken „Selbstbild“ verändern sich nur durch Handlungsdrang = Freeze alternative Beziehungserfahrungen und gute Therapie. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 88 Neue Beziehungserfahrungen führen zu Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 89 Traumapädagogik: Korrigierende Beziehungserfahrung Traumapädagogische Haltung Traumatisierendes Umfeld Traumapädagogisches Milieu › Unberechenbarkeit › Transparenz /Berechenbarkeit › Einsamkeit › Beziehungsangebote/ Anwaltschaft › Nicht gesehen/gehört werden › Beachtet werden/wichtig sein › Geringschätzung › Wertschätzung (Besonderheit) › Kritik und Entmutigung › Lob und Ermutigung › Bedürfnisse missachtet › Bedürfnisorientierung › Ausgeliefert sein – andere Bestimmen absolut über mich › Mitbestimmen können Partizipation › Leid › Freude Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 90 Der sichere Ort Kooperation mit dem Herkunftssystem Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 91 Der sichere Ort Konzept des sicheren Ortes Nur ein „sicherer Ort“ erlaubt es die hochwirksamen Überlebensstrategien aufzugeben und alternative Verhaltensweisen zu erlernen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 92 Haltung Sicherer Ort Sicherer Ort = Äussere Sicherheit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 + Innere Sicherheit | 93 Was können Pflegeeltern aus der Traumapädagogik übernehmen? › Bedeutung von Psychohygiene und emotionaler Entlastung › Wissen über Psychotraumatologie und Verbesserung des Fallverständnis › Regelmäßige traumapädagogische Reflektion der Arbeit › Förderansätze bei den unterentwickelten Fertigkeiten › Resilienzstunden und Spiel und Spaßzeit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 94 Besonderheiten von traumapädagogischen Konzepten bei Pflegefamilien › Pflegeeltern sind immer im „Dienst“ – Psychohygiene muss sein. › Unterstützungssysteme von Pflegeeltern sind oft nicht institutionalisiert – erst langsam entstehen entsprechende Strukturen – Intervisions- und Supervisionsgruppen sind wichtig. › Fördermöglichkeiten und Resilienz müssen in normalen Wohnhäusern umsetzbar sein. › Positive und negative Effekte der Gleichaltrigen auf die Indexkinder fallen weg. › Gemeinsames Narrativ aller Beteiligten über die Hilfe noch wichtiger. In der Regel noch größere Gefahr, dass mit den Herkunftseltern eine Konkurrenzsituation entsteht. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 95 Mitarbeiter als Teil des pädagogischen Konzeptes › Traumatisierte Kinder lösen bei professionellen Helfern intensivste Gefühle aus – Phänomen der sekundären Traumatisierung. › Letztlich ist für die Frage, ob ein Kind nach einer Eskalation auf einer Wohngruppe verbleiben und gehalten werden kann, nicht das Problemverhalten sondern die Tragfähigkeit des Teams ist entscheidend. › Nur „stabile, sichere Mitarbeiter“ können in Krisensituationen stabilisieren und deeskalieren. › Mitarbeiter benötigen in Krisensituationen ähnliche innerpsychische Fertigkeiten (natürlich auf viel höherem Niveau), wie die Kinder (Emotionsregulation, Resilienzfaktoren). › Sowohl die Heranwachsenden als auch die Mitarbeiter brauchen letztlich einen sicheren Ort, an dem sie sich selbstwirksam erleben. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 96 Haltungselemente Ebene des Kindes Unbedingte Wertschätzung Wertschätzung Ebene der Mitarbeiter der Überlebensleistung Wertschätzung der Arbeitsleistung und und der Besonderheit des Kindes. "Guter Grund" Hinter jedem Persönlichkeit. Problemverhalten und Hinter Fehlverhalten oder Widerstand Widerstand des Kindes steckt ein "guter eines Grund". Die Bedürfnisse Mitarbeiters zugrundeliegenden Grund". müssen beachtet steckt Die und Bedürfnisse "ein guter zugrundeliegenden müssen beachtet und "versorgt" werden, um ein Gefühl von "versorgt" werden. Sicherheit wieder zu erlangen. Individualisierung Jedes Kind benötigte eine andere Es kann unterschiedliche Erwartungen an Förderung und es darf nicht über- und Mitarbeiter unterfordert werden. Auf die Bedürfnisse braucht der Kinder wird individuell eingegangen. Achtsamkeit Achtsamkeit auf Anzeichen Wichtige von Über- Jeder andere Mitarbeiter Form der Unterstützung. und Out, Symprome von Burn- Unzufriedenheit, Über- und Unterforderung. Entscheidungen Regelungen eine Spannungszustände, Achtsamkeit auf Unterforderung. Partizipation geben. und Wichtige Entscheidungen gemeinsam Regelungen werden werden und gemeinsam ausgehandelt. Das Kind darf, wo immer ausgehandelt. Mitarbeiter können, wo möglich, (mit)entscheiden. Ziel ist das Erleben Selbstwirksamkeit. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 immer möglich, (mit)entscheiden. von Ziel ist das Erleben Selbstwirksamkeit. | 97 von Institution Leitung „Versorger„ „Fachdienst“ „Gruppenpädagogen“ Kind Externe Hilfen: Kollegiale Intervision/ Supervision/ Coaching/ Verband Traumapädagogische Krisenanalyse „Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es aber vorwärts. Sören Kierkegaard Traumapädagogische Verhaltensanalysen: Jedes kindliche Verhalten macht auf Basis vorheriger sozialer Lernerfahrungen einen Sinn – es gibt einen „guten Grund“ für jedes noch so bizarre Verhalten! Gibt es Auslöser (Trigger) die mit traumatischen Erlebnissen assoziiert sind? Beziehungs- und Sicherheitsbedürfnisse des Kindes und der pädagogischen Fachkraft müssen versorgt werden (im Alltag, in weiteren ähnlichen Situationen)! http://de.wikipedia.org/wiki/Datei :Kierkegaard.jpg Was muss ein Kind lernen um sich in ähnlichen Situationen zukünftig adäquater verhalten zu können, wie kann dieser Lernprozess gefördert werden? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 99 Drei Ebenen der Unterstützung › Administrative Ebene (eher Fachdienst) › Abläufe › Fachliche Weisungen › Rechtliche Rahmenbedingungen › Edukative Ebene › Vermittlung von Wissen, Techniken › Fallverstehen › Supportive Ebene › Emotionale Unterstützung/ Entlastung › Verständnis Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 100 Prinzipien der Interaktionsanalyse I Überblick › Sachliche Verhaltensbeschreibung und Identifikation des möglichen Auslösers. › Beachtung der emotionalen Reaktion und eventueller negierter Emotionen und der daraus resultierenden oder unterdrückten Handlungsimpulse. › Analyse der Gegenübertragung und der eigenen emotionalen Reaktion. › Analyse der Grundlegenden Beziehungsbedürfnisse des Kindes bzw. der zu beratenden Fachkraft. › Autonomie- vs. Bindungsbedürfnis vorherrschend – auf dem Hintergrund der psychosozialen Lerngeschichte des Kindes verstehen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 101 Prinzipien der Interaktionsanalyse II Überblick › Suche nach dem „guten Grund“ für jedes Verhalten. › Es gibt immer mehr als eine mögliche Erklärung und eine Lösung – erhöhe stets die Zahl deiner Handlungsmöglichkeiten. › Ressourcen-, Lösungs- und Verhaltensorientierung. › Herstellen von Selbstwirksamkeit und Aufbau von Selbstfürsorge für die beteiligten Fachkräfte und Kinder. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 102 Die „Weil-Frage“ und der „gute Grund“ Die „Weil-Methode“ als eine Möglichkeit: 1. Eine andere Perspektive auf ein Problemverhalten einzunehmen. 2. Den „guten Grund“ für ein Problemverhalten zu identifizieren. 3. Einen Ansatzpunkt für eine Versorgung des zugrundliegenden Bedürfnisse zu identifizieren. 4. Eine gemeinsame Perspektive in einem Team für ein Problemverhalten entwickeln zu können. Ein Fallbeispiel: Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 103 AG: Schwierige Interaktionen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 104 Traumapädagogische Matrix (Lang et al., 2009) Ebenen des sicheren Ortes Ansatzpunkte › Verbesserung der Fertigkeiten der Emotionsregulation. Kinder Institution Struktur Mitarbeiter › Verbesserung der Sinnes- und Körperwahrnehmung – Reduktion der Dissoziationsneigung. › Selbstfürsorge › Aufbau von positivem Selbstbild, Selbstwirksamkeit und sozialen Fertigkeiten (inkl. Verbesserung der Stresstoleranz). › Erarbeitung von dynamischen Resilienzfaktoren. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 105 Tabelle: Gesamtkonzept (Lang et al. 2009) Balance der Sinneswahrnehmung Emotionsregulation Resilienzfaktoren / Bindung Selbstwirksamkeit Farbkonzept, Materialien, Heile Umgebung Gefühlsraum Einzelstunden Die Hoheit übers eigene Zimmer, Regeln aushandeln Mitarbeiter Imaginationsübungen / Achtsamkeitsübungen Emotionales Versorgungsteam „Birgit kommt um zehn“ Erlebnisorientierte Teamtage Judotraining / Haltetechniken Kinder Massagen, Öle, Schmecken, Aufmerksam machen Gefühle kennen lernen / unterscheiden Aktivitäten die stark machen Notfallkoffer, Soziale Kompetenz Struktur Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 106 Förderung der Sinneswahrnehmung › Wahrnehmungsförderung im „Hier und Jetzt“ reduziert die Dissoziationsneigung › Methoden: - Geschmack (schmecken, genießen, kochen) - Wellness (entspannen, sich schön machen und pflegen, Gerüche) - Taktile Sinneswahrnehmung (z.B. Barfußpfade, Erlebnispädagogik) - Kreativtherapien - Natur wahrnehmen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 107 Tabelle: Gesamtkonzept (Lang et al. 2009) Balance der Sinneswahrnehmung Emotionsregulation Resilienzfaktoren / Bindung Selbstwirksamkeit Farbkonzept, Materialien, Heile Umgebung Gefühlsraum Einzelstunden Die Hoheit übers eigene Zimmer, Regeln aushandeln Mitarbeiter Imaginationsübungen / Achtsamkeitsübungen Emotionales Versorgungsteam „Birgit kommt um zehn“ Erlebnisorientierte Teamtage Judotraining / Haltetechniken Kinder Massagen, Öle, Schmecken, Aufmerksam machen Gefühle kennen lernen / unterscheiden Aktivitäten die stark machen Notfallkoffer, Soziale Kompetenz Struktur Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 108 Psychoedukation Emotionen › Welche Gefühle gibt es? Wozu? › Was ist XX für ein Gefühl? Welche Funktion könnte das Gefühl XY haben? Welchen Handlungsimpuls? › Wann hat man so ein Gefühl? Was ist eine typische Situation für das Gefühl XY? › Was denkt man in solch einer Situation? › Woran erkennt man, dass jemand anders als XY ist? › Was ist der typische Gesichtsausdruck, wenn man XY ist? › Wie fühlt sich das im Körper an? › Wie wird das Gefühl stärker oder schwächer? › Welche Gefühle hast Du, wie häufig? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 109 Gefühle als Basis der Handlungsmotivation Gefühl Handlungsimpuls Angst Flucht Wut Aggression, Abgrenzung Trauer Rückzug, Trost Ekel Ausspeien Scham Verstecken Schuld Ungeschehen machen Neid Zerstörung/Anstrengung Eifersucht Zugehörigkeit definieren Glück Ich will mehr! Transfer des Handlungsimpulses zu einem situationsadäquaten Verhalten Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 110 Nutzung von Medien › Distanzierung hilft, über Emotionen im Alltag zu sprechen – Filme und Bücher nutzen? › Welche Gefühle hat XY in dieser Situation? Wie kommst Du drauf? Was macht er? Was könnte er noch tun? › Welche Gefühle kommen in Songtexten vor? › Welche Musik zu welchem Gefühl? › Welche Gefühle können wir bei 10 Minuten DVD schauen entdecken (hat Bruce Willis Gefühle)? › Welche Lösungsmöglichkeiten gäbe es? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 111 Emotionale Verwundbarkeit reduzieren › Ritualisierte Alltagsabläufe – Ruhephasen im Alltag › Rückzugsräume – beruhigendes Umwelt – Farben/Pflanzen › Ausreichend Schlaf › Viel Bewegung › Gesunde Ernährung › Ausreichend trinken (Dehydration verstärkt Dissoziation) › Keine Drogen (THC) › Behandlung von körperlichen Erkrankungen › Soziale Alltagsprobleme ansprechen und abschließen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 112 Förderung Emotionsausdruck Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 113 Tabelle: Gesamtkonzept (Lang et al. 2009) Balance der Sinneswahrnehmung Emotionsregulation Resilienzfaktoren / Bindung Selbstwirksamkeit Farbkonzept, Materialien, Heile Umgebung Gefühlsraum Einzelstunden Die Hoheit übers eigene Zimmer, Regeln aushandeln Mitarbeiter Imaginationsübungen / Achtsamkeitsübungen Emotionales Versorgungsteam „Birgit kommt um zehn“ Erlebnisorientierte Teamtage Judotraining / Haltetechniken Kinder Massagen, Öle, Schmecken, Aufmerksam machen Gefühle kennen lernen / unterscheiden Aktivitäten die stark machen Notfallkoffer, Soziale Kompetenz Struktur Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 114 Prinzip der Einzelstunde › Äußere Struktur erleichtert professionelle Beziehungsgestaltung › Vor- und Nachbereitung der Stunden › Positive Zeit zwischen Bezugsbetreuer und Kind/Jugendlichem › Verlässliche Beziehungszeit ohne Störungen › Man muss sich „vergeben“ können. Inhaltlich dient die Stunde der Förderung von „Resilienzfaktoren“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 115 Resilienzfaktoren › Gesunder Attributionsstil › Problemlösefähigkeiten › Mut › Selbstwirksamkeitsüberzeugung › Selbstvertrauen / Selbstwertgefühl › Fähigkeit zur Emotionsregulation › Sicheres Bindungsverhalten/ Vertrauen › Soziale Kompetenz › Zuversichtliche Lebenseinstellung / Spiritualität › Intelligenz- Talente - Kreativität › Humor usw….. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 116 Prinzip der Einzelstunde › Bezugsbetreuer und Kind nutzen die Zeit für eine gemeinsame Aktivität / gemeinsames Spiel. › Für jedes Kind wird im Team eine Reihe von sinnvollen Aktivitäten ausgewählt. › Der Mitarbeiter wählt aus, welchen Resilienzfaktor er in dieser Stunde fördern möchte („Absicht wirkt“). › Der Mitarbeiter füllt vor und nach der Stunde ein Formular aus, in welchem er zuerst Ziele für die Stunde formuliert und nachher den Grad der Zielerreichung einschätzt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 117 Tabelle: Gesamtkonzept (Lang et al. 2009) Balance der Sinneswahrnehmung Emotionsregulation Resilienzfaktoren / Bindung Selbstwirksamkeit Farbkonzept, Materialien, Heile Umgebung Gefühlsraum Einzelstunden Die Hoheit übers eigene Zimmer, Regeln aushandeln Mitarbeiter Imaginationsübungen / Achtsamkeitsübungen Emotionales Versorgungsteam „Birgit kommt um zehn“ Erlebnisorientierte Teamtage Judotraining / Haltetechniken Kinder Massagen, Öle Aufmerksam machen Gefühle kennen lernen / unterscheiden Aktivitäten die stark machen Notfallkoffer, Soziale Kompetenz Struktur Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 118 Gruppenregeln und SelbstwirksamkeitSelbstunwirksamkeit › Mit traumatisierten Kindern eskalieren viele Situationen, bei denen die Einhaltung von Regeln eingefordert wird. › Starre Gruppenregeln überfordern besonders belastete Kinder häufig. › Je rigider die Anwendung von Regeln desto unsicherer sind in der Regel die Fachkräfte. › Regeln werde daher individuell ausgehandelt und begründet (Selbstwirksamkeit; Regeln sichern gute Beziehungen). › Regeln sollen personifiziert und internalisiert werden (familienähnliche Struktur). http://www.phpresource.de/forum/atta chments/out-order/2455d1181334360na-toll-na-toll.jpg › Regeln sind dazu da, Ausnahmen zu begründen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 119 Individuelle Regeln „Der reißende Fluss wird gewalttätig genannt. Warum nicht das Flussbett, welches ihn einengt?“ Bertolt Brecht Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 120 Umgang mit Regeln Deeskalation hat immer Vorfahrt › Für welche Regel lohnt sich das Risiko einer pädagogischen Eskalation? Was sind die Folgen? (Lohnt eine Eskalation bis 1 Uhr nachts wegen Licht aus um 22.00 Uhr?). › Suche den richtigen Moment, um eine Regelverletzung zu besprechen. Achte auf eine wertschätzende Haltung und Argumente, warum Dir diese Regel wichtig ist. › Das Einfordern einer Regel macht nur in Situationen Sinn, in denen das Kind diese auch aufnehmen, annehmen und verstehen kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 121 Individualisierung Gleiche Ausgangslage für alle? Im Sinne einer gerechten Auslese lautet die Prüfungsaufgabe für alle gleich: „Klettern Sie auf einen Baum!“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 122 Notfallkoffer packen › Spannungszustände beobachten lassen – Skalierung. › Notfallkoffer für unterschiedliche Intensität der Spannungszustände entwickeln. › Bewältigung von Spannungszuständen verstärken – viel Zuwendung für Bewältigungsverhalten. › Hilfe holen einüben („Trockenübungen“). › Möglichst wenig Zuwendung direkt nach dem Problemverhalten. › Keine problemorientierten Gespräche in Spannungssituationen. › Jugendliche: Verhaltensanalysen schreiben lassen. › Gemeinsame Besprechung und Auswertung nach Austausch. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 123 Notfallkoffer Fazit & Schlussfolgerungen › Traumapädagogische Förderung: − Angebot eines sicheren Ortes/hoffnungsvolle Bindungen − Förderung der Sinnes- und Körperwahrnehmung − Förderung der Selbstfürsorge und Selbstwirksamkeit − Förderung der sozialen Kompetenzen − Förderung emotionaler Kompetenzen − Etablierung von Resilienzförderung › Elemente von traumapädagogischen Konzepten finden sich auf jeder Wohngruppe – sie unterscheiden sich somit eher durch Absicht, Intensität, Rahmenbedingungen und durch die Konsequenz in der Umsetzung. › Es geht eher um eine traumasensible Haltung als um neue Techniken. › Es geht darum, Beziehungsfallen zu vermeiden und Deeskalation zu üben. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 125 Elternarbeit - schwierige Balancen „Eltern sind auch Menschen“ R. Lempp Elternrecht Emotionales Engagement Reflektierende Distanz Ressourcenorientierung Risikoabschätzung Kinderschutz Drang zur Veränderung Akzeptanz & Validierung Notwendigkeit der Triangulation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 126 Eltern und Entwicklungsaufgaben Aufgaben von Eltern verändern sich … - andere Form der Elternarbeit Beschützer › Säuglingsalter: Versorgung › Kleinkindalter: Begrenzung Emotionale Validierung Eltern definieren › Vorschulalter: › Schulalter: Jugendliche definieren › Jugendalter: Bindung Idealisierte Modelle Unterstützer Verhandlungs partner Ermutiger Kritiker Lehrer Versteher/ Vertrauter Rategeber Sicherer Hafen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Autonomie fördern Welterklärer Finanzier Realistische Modelle | 127 Entstehung von Interaktionsstilen? Zentrale kindliche Bedürfnisse nach Young › Sichere Bindungen (Sensitivität, Stabilität, nährende Zuwendung, akzeptiert werden) › Autonomie, Kompetenz und Identitätsgefühl › Freiheit, berechtigte Bedürfnisse und Emotionen auszudrücken › Spiel – freies Kind › Realistische Grenzen und selbst die Kontrolle über die Grenze innehaben. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 128 | 129 Schemata Beziehungsgestaltung zum pädagogischen Team und zu Therapeuten Negative automatische Gedanken emotionales Priming Alltag: Typische Interpersonelle Probleme Ursprungsfamilie: Zentraler Beziehungskonflikt Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Grundannahme „Überlebensregel“ | 130 Beziehungsgestaltung Person des Helfers Beziehungsbedürfnisse Lebensgeschichte des professionellen Helfers Private und berufliche Situation Person des Klienten Beziehungsbedürfnisse Lebensgeschichte des Klienten Umweltbedingungen Private Situation Beziehungsebene Professionelle Begegnung „Sicherer Ort“ Professionelle Rolle Kooperationsebene Klientenrolle | 131 Grundbedürfnisse des Menschen Klaus Grawe › Bindungsbedürfnis › Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle - Autonomie › Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz › Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung › Was bedeutet dies für die Gestaltung von professionellen Beziehungen? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 132 Bedürfnis nach Bindung + Vermitteln, dass man da ist (Anwalt ist) + «gemeinsam» an Schwierigkeiten arbeiten + Vermitteln, dass Nöte bei Therapeut gut aufgehoben sind + Verständnis und Wertschätzung + Nonverbale Zuneigung und Nähe (Sitzhaltung, Arme, Blick, Kopfnicken, lächeln) + Aktives Zuhören + Selbstoffenbarung − Patient «allein» lassen (zu spät, vergessen, Termine häufig verschieben) − Störungen zu lassen (Telefonieren, Klopfen etc….) − Sich nicht an wichtige Dinge erinnern (Lebenssituation etc.) − Gefühl geben, er sei einer von vielen − Kritisieren und abwerten − Nonverbale Distanz (im Sessel versinken, Arme verschränken, wenig Blick, kaum nicken und lächeln) − Abgelenkt und ungeduldig − Nicht richtig zuhören − Auf persönliche Fragen abwehrend/kalt reagieren s. Stucki & Grawe (2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 133 Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle + Transparenz, Erklärungen + In alle Schritte/Entscheide explizit einbeziehen + Wahlmöglichkeiten bieten + Bereitschaft für Vorgehen/Techniken abklären + Spüren lassen, dass es um seine Anliegen geht + Auf Anregungen/Initiativen etc. eingehen + Eigenen Einfluss aufzeigen (Erfolge!) + Auf Über- und Unterforderung achten − Alles selber entscheiden − Therapieziel vorgeben − Patienten «drängen» − Eigeninitiative im Keim ersticken − Im Unklaren lassen was passiert − Uneindeutig und missverständlich ausdrücken − Zu starke Problemaktivierung − überfordern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 s. Stucki & Grawe (2007) | 134 Bedürfnisse nach Selbstwertschutz/ -steigerung + Interesse zeigen + Stärken berichten lassen + Themen mit positiver Bedeutung ansprechen + Loben/Komplimente (Veränderungsbereitschaft, Mut etc.) + Erfolge verstärken + Gesunde Anteile betonen + Erfolge auf Patienten attribuieren + Guten Grund für Symptomatik herausarbeiten (Überlebensleistung) − Desinteresse − Unbeeindruckt sein − Das bisher Erreichte als wenig hilfreich darstellen − Kritisieren und abwerten − Rollengefälle betonen − Kranke Anteile im Vordergrund halten − Misserfolge auf Patienten attribuieren s. Stucki & Grawe (2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 135 Bedürfnis nach Lustgewinn/Unlustvermeidung + Positive Gefühle erleben lassen + Entspannungs-Achtsamkeitsübungen (Wohlbefinden induzieren) + Erfolge auskosten + Gemeinsam lachen, freundliche, entspannte Mimik + «Abwechslung» + Einladende Gestaltung des Therapieraums + Gepflegte Erscheinung des/der TherapeutIn − Nur negative Gefühle haben Platz − Unter Druck setzen − Misserfolge überanalysieren − Gelangweilt wirken, monoton, auf die Uhr schauend − Monotonie − Unordentlich, ungepflegt (Raum + Therapeut) s. Stucki & Grawe (2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 136 Einleitung Psychosoziale Risiken › Bei psychisch kranken Eltern akkumulieren sich vielfältige psychosoziale Risikofaktoren (Armut, abweichende Elternsituation, Vernachlässigung, ungünstige Erziehungsstile, beengte Wohnverhältnisse, Misshandlungsrisiken) - diese Risikofaktoren addieren sich nicht nur auf, sondern verstärken sich wechselseitig (Mattejat, 2000). › Die Scheidungsrate bei psychisch kranken Eltern ist wesentlich höher als die 40% in der Allgemeinbevölkerung. › Die psychische Symptomatik der Kinder ist besonders ausgeprägt, wenn beide Elternteile unter einer psychischen Störung leiden (Kahn et al., 2004). Gesunde Elternteile können die psychische Erkrankung ihres Partners teilweise kompensieren. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 137 Folgen für die Kinder Sehr heterogen….. Die psychische Erkrankung eines oder gar beider Elternteile kann sich sehr unterschiedlich auswirken: › Unterschiedliche Konflikte und Symptome bei den Kindern › Kinder entwickeln oft ganz andere Symptome wie ihre Eltern › Entwicklungsalter und –aufgaben spielen eine grosse Rolle › Unterschiedliche Erkrankungen der Eltern › Sucht › Depression / Bipolare Störungen › Persönlichkeitsstörungen › Angsterkrankungen › Zwangserkrankungen › Schizophrener Formenkreis Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 138 Verläufe bei Pflegefamilien (Gassmann 2009) „Ersatzfamilien“ sehr intensive Bindung an Pflegefamilie Gute Kooperation mit Ursprungsfamilie „Ergänzungsfamilie“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 139 Störungsspezifische Probleme der Eltern Typische Probleme − Sucht: Kind wird wegen Sucht vernachlässigt, Misshandlung, Modellernen, Suchtstoffe in der Wohnung… − Persönlichkeitsstörungen: bedr. Autonomie, Impulsivität, Empathie, Abwertungen, unklare Bindungsangebote, Kind dient der Befriedung elterliche Bedürfnisse… − Depression: Bedürfnisse als Belastung, Freudlosigkeit, Grenzen, … − Trauma: Dissoziation, plötzliche Ängste, Misstrauen, Schlaf, … − Psychosen: Wahnsysteme, negative Symptome, Verunsicherung − Teilhabe: Paranoides Misstrauen, Scham… − Angst/Zwang: Übernahme der Überzeugungen, Modellernen, Einschränkungen aus Angst der Eltern… − ……………………………………………………………………………. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 140 Auswirkungen auf die Kinder Hauptsächliche Probleme -1› Schuldgefühle – Glaube das eigene Verhalten,……. › Scham › Hilflosigkeit / Ohnmacht › Angst vor Gewalt oder Selbstmord des Elternteils › Verunsicherung und Desorientierung › Vermindertes Selbstwertgefühl › Soziale Isolation, Stigmatisierung › Invalidierung – es fehlt jemand, der den Kindern die Welt erklärt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 141 Teufelskreis – Kinder psychisch kranker Eltern Kölch & Schmid 2008 Behandlung der Eltern ErziehungsProbleme Kindliche Bedürfnisse bleiben Unbefriedigt (Grenzen, Förderung) Elterntrainings reduzieren sowohl Die Symptomatik der Eltern als auch der Kinder!! (Heinrichs 2008) Psychische Belastung/ Symptomatik der Kinder Psychischen Erkrankung der Eltern Entlastung wird nicht erreicht Verbesserung der Interaktion Elterlicher Stress Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Behandlung der Kinder 142 Rückführungsoptionen beinhalten somit mindestens drei Prozesse Prozess des fremdplatzierten Kinder Prozess der Eltern –KindInteraktion Prozess der Eltern Veränderungen Veränderungen Veränderungen Prozess der Interaktion mit nicht platzierten Geschwistern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 143 Teufelskreis aus Bindung und Ausstoßung (Stierlin 1980, Schweitzer 2002) Ziele für die gesamte Familie definieren Familie drängt auf Entlassung nach Hause, für langfristige Platzierung nicht zu motivieren Familie ist überfordert, massive Konflikte drängen auf stationäre Aufnahme Stationäre Behandlung als Übergang definieren Starke Entlastung durch stationäre Behandlung, Konkurrenz um bessere „Elternschaft“ Eltern müssen in der Verantwortung gehalten werden Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 144 Heimerziehung als Übergang › Jede stationäre Maßnahme ist ein Übergang! – vgl. 34§ KJHG/SGB-VIII › Die Bindungen zum Ursprungssystem bleiben erhalten und sollten von der Maßnahme auch profitieren. › Eltern bleiben immer in der Verantwortung, die sie leisten können (fördern und fordern). › Beziehungen zum verbleibenden Ursprungssystem müssen neu definiert werden. › Jeder Beteiligte kann einen Teil zum Erfolg der Maßnahme beitragen und seine spezifischen Ressourcen einbringen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 145 Beachtung der Loyalitätsbindung eines Kindes im Rahmen der Fremdplatzierung Conen 2007 Starke Loyalitätsbindung der Kinder an die Eltern Wir sind gegen das Heim Ich werte Euch auf indem das Heim scheitert Eltern Sicher nicht - auch wenn es auf meine Kosten geht Wir sind Profis, wir können Ihr Kind besser erziehen Heim Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Kind Wir werden die besseren Eltern für Dich sein | 146 Loyalitätsbindungen Arbeit mit fremdplatzierten Kindern und ihren Familien „Wir können Kinder aus Familien nehmen, aber die Familien nicht aus den Kindern.“ Ried Portengen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 147 Biographiearbeit Elternschaft umfasst drei Aspekte : Biologische Elternschaft Viele Eigenschaften; Loyalität natürliche Zuneigung Soziale Elternschaft Versorgung und Unterstützung Juristische Elternschaft Behördengänge, Entscheide, Verantwortung Ryan & Walker 1997 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 148 Beachtung der Loyalitätsbindung eines Kindes im Rahmen der Fremdplatzierung Conen 2007 Starke Loyalitätsbindung der Kinder an die Eltern Eltern Wertschätzung der Eltern Betonung der elterlichen Kompetenzen Kind Heim Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Beachtung der Loyalitätsbindungen im pädagogischen Prozess | 149 Eltern von Hilfen überzeugen › „Zementiere“ die anstehenden Entwicklungsaufgaben und die Zukunftswünsche der Eltern für das Kind und ihre diesbezüglichen Sorgen. › Beschreibe die Teilhabebeeinträchtigung ressourcenorientiert - benutze das therapeutische Zauberwort „noch nicht“ so oft wie möglich. › Vermeide es, die Eltern nur im geringsten zu kritisieren, sondern lobe sie für ihre Bemühungen um das Wohl des Kindes. › Nehme konsequent eine Mehrgenerationsperspektive ein. › Beschreibe den pädagogischen Bedarf des Kindes so detailliert und verhaltensnah wie möglich. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 150 Eltern von Hilfen überzeugen › Informiere ausführlich fallbezogen über die Unterstützungsmöglichkeiten der avisierten Hilfen. › Benenne aktiv, wie schwer dieser Schritt ist. › Definiere die stationäre Maßnahme als Übergang und Chance für maximale Unterstützung zu einer entwicklungspsychologisch wichtigen Zeit. › Erfrage und interessiere dich für die Hindernisse, die die Eltern für eine Heimunterbringung sehen, nehmen Sie diese Argumente ernst. › Schätze das vergangene Engagement der Eltern wert – und analysiere besorgt, in welche Bereiche dennoch die Entwicklungsaufgaben nicht erreicht werden können. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 151 Eltern von Hilfen überzeugen › Betone die Bedeutung der elterlichen Beziehung für das Kind – Entlastung der Beziehung vom Erziehungsalltag führt oft zur nachhaltiger Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung. › Die Neudefinition der Beziehung zu einem Kind mit stationärem Hilfebedarf ist die Herausforderung und Chance für alle Beteiligten. › Weise auf die Gefahr des Teufelskreis von Ausstoßung und Bindung hin und definiere klare Entwicklungsziele – mache keine unrealistischen Versprechungen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 152 Eine Geschichte über die Heimerziehung erzählen können Aufnehmendes Heim Schule Vater Andere psychosoziale Helfer Wie kommt es, dass eine Fremdplatzierung eingeleitet werden muss? Mutter Zuweisende Behörde Grosseltern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Kind | 153 Isolation der Heimfamilien aufbrechen Eltern gemeinsam aktivieren Raus aus der IsolationRessourcen aktivieren Erlebnispädagogik Eltern -Kind Gezielte Eltern Kind -Therapie Gruppenangebote: unser Kind ist im Heim im Frauenhaus Wissen vermitteln Gemeinsam Feste feiern Erfahrungswissen Nutzen Aktivitäten für Eltern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 Aktivitäten für Eltern und Kinder | 154 Coverstory Was können Kinder erzählen? Meine Eltern haben sich scheiden lassen, was alle in der Familie sehr traurig gemacht hat. Ich habe danach viel Ärger in der Schule mit meiner Lehrerein und anderen Kindern gehabt. Meine Mutter konnte sich dann nicht mehr so um mich kümmern wie sie es selbst gerne wollte – wir haben auch viel gestritten. Weil mich meine Mutter sehr lieb hat und möchte, dass es mir gut geht, lebe ich jetzt im Kinderdorf. Dort kümmert man sich um mich, hilft mir in der Schule und ich lerne, besser mit anderen Kindern auszukommen und bin nicht mehr so traurig, auch wenn mir meine Mutter manchmal fehlt. Meine Mutter kommt mich im Kinderdorf oft besuchen. Sie sucht nun eine Arbeit. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 155 Coverstory Was können Eltern erzählen? Marcel ist ein Kind, das viel Struktur, klare Grenzen und viel Förderung in der Schule braucht. Wir haben uns schon immer viel um Alltagsdinge und die Schule gestritten. Nach der Scheidung habe ich gemerkt, dass mir alles zu viel wird. Ich konnte mich nicht mehr so um Marcel kümmern, wie er es für seine gute Entwicklung braucht, ich war selbst nur noch völlig erschöpft. Unsere Beziehung wäre kaputtgegangen, wir haben nur noch gestritten. Seit er im Kinderdorf ist bin ich von mich überfordernden Erziehungsaufgaben entlastet, unsere Beziehung hat sich gebessert und ich kann versuchen, eine gute Arbeit zu finden. Wenn wir uns sehen, können wir was unternehmen was uns beiden Spaß macht. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 156 Warum viele Mamas und Papas nicht jeden Tag für ihre Kinder da sein können Deine Mama hatte es als Kind nicht gut. Sie wurde schlecht behandelt und geschlagen. Sie hat nie bekommen, was Kinder brauchen. Wenn eine Mama es als Kind sehr schlecht hatte, dann schafft sie es oft selber nicht, für ihr Kind eine gute Mama zu sein. Dann hat sie einfach noch viel zu viel mit sich selber zu tun. Deine Mama kam nicht mit ihren Schwierigkeiten auf die Welt, sondern sie ist von anderen Menschen ein Stück kaputt gemacht worden. Wir können darüber unzufrieden und wütend sein. Wir können aber auch lernen, zu sagen: Das ist nun mal so. Deine Mama hat eine tolle Seite: Schliesslich hat sie dich zur Welt gebracht. Und sie hat eine Seite, die dir weh tut: Sie konnte dir nicht geben, was du gebraucht hättest. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 157 Warum kommen Kinder ins Kinderheim / in eine Pflegefamilie? – Entwickeln einer Coverstory 1/2 Was ist ein Kinderheim? › Ein Kinderheim ist zur Hilfe da. › Es ist zum Wohlfühlen, zum Versorgen (Essen usw.) da. › Im Kinderheim erlebt man etwas. › Man muss Regeln lernen und einhalten. › Im Kinderheim erlebt man Spass und bekommt Liebe. › Das Kinderheim ist zum Leben da. › Es ist ein Heim, wo Kinder drin leben, die Probleme mit ihren Eltern haben oder andere Probleme haben. › Die Erzieher sind für uns da. › Die Kinder sind für andere Kinder da. › Das Kinderheim ist dafür da, dass man etwas lernen kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 158 Gemeinsames Narrativ Warum werden Kinder fremdplatziert? Warum kommen Kinder ins Kinderheim? › Wenn Eltern sich nicht so um ihre Kinder kümmern, wie sie das wollen? Wenn Eltern selbst viele Probleme haben? › Wenn die Eltern das Kind nicht gut versorgen können,…. › Wenn Eltern krank sind. › Wenn Kinder mit den Eltern Krach haben. › Wenn Kinder geschlagen oder missbraucht werden. › Weil Kinder nicht mehr bei ihren Eltern leben möchten. › Wenn die Eltern abgehauen sind. › Wenn die Eltern gestorben sind. › Wenn Eltern im Gefängnis sind. › …………………………………………………………………………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 159 Gemeinsames Narrativ Narrativ für den Aufenthalt im Frauenhaus › Du bist hier weil……. › Deine Mutter ist mit euch hier hergekommen, weil › Deine Mutter und dein Vater haben Probleme, weil……. › Die Vater hat ……….. gemacht, weil……… › Das heisst für die Beziehung zu deinem Vater….. › Hier bekommen sie Unterstützung bei… › ……………………………………………………………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 160 Positive und negative Eltern-Introjekte › +++ ++ ++ Papa Mama Ich ++ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 161 Negative Eltern-Introjekte › +++ -- ++ Papa Mama Ich -- Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 162 AG: Elternarbeit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 163 Transgenerationale Weitergabe Mehrgenerationenperspektive „An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann beeinflussen, was aus seinen Nachkommen wird.“ Francois de la Rochefoucault Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 164 Entscheidende Fragen bei der Organisation der Elternarbeit › Wer macht was? Wer hat ausreichende Ressourcen? › Welchen äusseren Rahmen braucht es? Ist eine Trennung von Bezugsbetreuung und Elternarbeit sinnvoll? › Was sind die impliziten und expliziten Aufträge für die Kooperation mit den Eltern? Sind die Aufträge der Wohngruppe, des Jugendamtes und der Eltern und nicht zuletzt der des Beraters mit den vereinbarten Zielen konform? › Auf welche Beziehungsbedürfnisse der Eltern muss ich in der Beratung besonders achten? › Welche Hindernisse für eine erfolgreiche Beratung der Eltern gibt es? Wie könnte man diese ausräumen? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 165 Meine persönliche Haltung zur Elternarbeit › Auch Eltern haben einen „guten Grund“ sich so zu verhalten, wie sie es tun. › 99% aller Eltern wollen das Beste für ihre Kinder. › Elternarbeit braucht Ressourcen und Strukturen. Eltern holen sich ihre Zeit sowieso, insbesondere die „Schwierigen“! › Achte sehr auf einen klaren Rahmen und Kontrakt (keine Türschwellen-Beratung)! › Gibt es ein gemeinsames Narrativ, warum das Kind im „Heim“ ist? Warum nicht? Wie kann man eines Erarbeiten? › Heimerziehung als Übergang definieren – Neudefinition der Mutter-Kind-Beziehung – es wird anders hoffentlich/vielleicht besser! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 166 Meine persönliche Haltung zur Elternarbeit › Psychoedukation – erkläre das Verhalten und die Bedürfnisse des Kindes – Sensibilisierung. › Um bei den oft sehr belasteten/selbst traumatisierten und mit Erziehungsaufgaben überforderten Eltern grundlegende Veränderungen erzielen zu können – braucht man Zeit für einen Beziehungsaufbau und muss die Beziehungsbedürfnisse der Eltern aufgreifen. › Viele psychisch kranke Eltern haben selbst überhaupt keine Idee/Erfahrung von adäquatem, emotional bezogenem Erziehungsverhalten – benötigen viel Hilfe beim Erlernen von Erziehungsfertigkeiten. › Soziales Problemlösen anwenden › Verhaltens-, Ressourcen- und Lösungsorientierung › VW-Regel - keine Vorwürfe - Wünsche für die Zukunft › Klarheit und Transparenz › Nicht argumentieren – „Für und Wider“ reflektieren lassen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 167 Elternarbeit benötigt Zeit und Geduld Verlange von Eltern keine Änderung bevor Du nicht wirklich verstanden hast, warum sie sich so verhalten „Um weiter zu springen, muss man manchmal einen Schritt zurücktreten.“ Französisches Sprichwort Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 168 Meine persönliche Haltung zur Elternarbeit › Nehme eine Mehrgenerationenperspektive ein und versuche zu verstehen, warum die Eltern grundlegende Erziehungsfertigkeiten nicht erlernen konnten (erleichtert Empathie mit Eltern). › Viele Eltern profitieren immens von Modellen und eigener emotionaler und alltäglicher Versorgung (in Gruppe mitlaufen lassen?). › Man darf auch mit Eltern Rollenspiele machen! › Erkenne den Schmerz und die Tragik an, dass das Kind nicht bei seinen Eltern leben kann! › Wertschätze die Bedeutung der Eltern für das Kind! › Nach Ausnahmen und Beispielen von positivem Elternverhalten suchen, herstellen und die Eltern für diese loben und wertschätzen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 169 Milieutherapeutische Grundsätze Elternarbeit „Gegen Kritik kann man sich wehren, aber gegenüber Lob ist man machtlos.“ Sigmund Freud Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 170 Meine Haltung zur Elternarbeit Mache Elternarbeit ohne Probleme zu wälzen › Verbringe Zeit mit den Eltern - habe Spaß mit den Eltern – binde sie in Aktivitäten ein – erlebnispädagogische Projekte für Eltern und Kinder – Elternarbeit ist viel mehr als über Probleme reden. › Nutze Biographiearbeit, insbesondere bei Kindern mit wiederholten Beziehungsabbrüchen, Betreuungswechseln und verleugneten, nicht wertgeschätzten Eltern(an)teilen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 171 DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT „Haltung ist eine kleine Sache, die einen großen Unterschied macht.“ Sir Winston Churchill http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:C hurchill_V_sign_HU_55521.jpg&filetimestamp=2 0080414235020 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 11. Oktober 2014 | 172