M E D I Z I N AKTUELL/FÜR SIE REFERIERT Risikokinder für eine Suchterkrankung schon in jungem Alter erkannt werden können (13, 14, 21, 28). Diese Risikokinder zeigen bereits im Kindergarten aggressiv-expansives Verhalten, mangelnde Selbstkontrolle, erhöhte Impulsivität, sind leicht erregbar, gefahrenblind, zeigen vorschnelles Handeln, eine ausgeprägte Suche nach unmittelbaren Verstärkern, eine erhöhte Empfindlichkeit für Außenreize, verhalten sich häufig rücksichtslos, und sie zeigen deutliche Defizite in den sozial-adaptiven Fähigkeiten. Im weiteren Verlauf ergibt sich eine hohe Überschneidung dieser Merkmale mit den sich entwickelnden Störungen des Sozialverhaltens. Die hier genannten Temperamentsmerkmale sowie ein früher Beginn der dissozialen Probleme bereits im Vorschulalter, aggressives Verhalten, ungenügende Sozialfertigkeiten, schlechte Beziehungen zu Gleichaltrigen und später hinzutretende Schulschwierigkeiten können als Risikomerkmale für eine Störung im Sozialverhalten und für Alkohol- und Drogenmißbrauch angesehen werden. Kinder mit diesen Temperamentsmerkmalen und entsprechenden sozialen Auffälligkeiten bedürfen einer frühzeitigen Diagnostik und Therapie. Für eine wirkungsvolle Prävention muß durch weitere sehr sorgfältige kinderpsychiatrische Untersuchungen geklärt werden, welche protektiven Faktoren Kinder mit den gleichen problematischen Temperamentsmerkmalen vor der Entwicklung einer Suchterkrankung schützen. Zitierweise dieses Beitrags: Dt Ärztebl 1999; 96: A-414–418 [Heft 7] Kontrollierte Studie zu neonatalem Screening auf Hörschäden Umfangreiche technische Hörprüfungen gehören in den meisten europäischen Ländern und den USA nicht zum allgemeinen Vorsorgeprogramm für Säuglinge im ersten Lebensjahr. Zwar prüfen Kinderärzte meist bei Kindern im Alter von etwa sieben Monaten, ob diese auf Geräusche reagieren, doch werden bei den orientierenden Tests etliche Säuglinge mit Gehörschäden nicht identifiziert. So werden etwa in Großbritannien 50 Prozent der dauerhaften angeborenen Hörschäden bei Kindern erst im Alter von 18 Monaten festgestellt; ein Viertel von ihnen bleibt sogar bis zum Kindergartenalter unentdeckt. In den USA werden angeborene Hörschäden durchschnittlich im Alter von drei Jahren diagnostiziert. Dies hat erhebliche Konsequenzen für das spätere Leben der betroffenen Kinder: Sie bleiben in der sprachlichen, möglicherweise auch in der geistigen Entwicklung entscheidend zurück. Beginnt die Behandlung dagegen vor dem ersten Geburtstag, werden die meisten dieser Spätfolgen vermieden oder gebessert. Mit Tests wie der Messung A-418 evozierter otoakustischer Emissionen der äußeren Haarzellen in der Cochlea oder der auditorischen Hirnstammreaktionen können dagegen angeborene Hörschäden bereits im Alter von weniger als sechs Monaten sehr sicher festgestellt werden. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die zwischen 1993 und 1996 insgesamt 53 781 Babys einbezog, die in zwei britischen Kliniken geboren wurden. Während der Hälfte dieser Zeit wurde je an einer Klinik das technische Hörscreening durchgeführt. Ob die Kinder getestet wurden, hing demnach vom Zeitpunkt ihrer Geburt ab. Insgesamt testete man 25 609 Kinder; das entspricht 87 Prozent der in diesen Zeitspannen Geborenen. In mehr als 90 Fällen wurde eine bilaterale Schwerhörigkeit von 40 Dezibel oder mehr im Verhältnis zur normalen Hörschwelle festgestellt. Während der Testperioden wurden 71 weitere Kinder mit moderaten bis schweren Hörstörungen (bezogen auf jeweils 100 000 dieser Zielgruppe in der Bevölkerung) zur weitern pädaudiologischen Prüfung und Be- (46) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 7, 19. Februar 1999 Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über die Internetseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist. Anschriften der Verfasser Prof. Dr. med. Eberhard Schulz Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindesund Jugendalter Albert-Ludwigs-Universität Hauptstraße 8 79104 Freiburg Prof. Dr. med. Dr. phil. Helmut Remschmidt Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Philipps-Universität Hans-Sachs-Straße 6 35033 Marburg handlung überwiesen; das erhöhte die Raten einer frühen Feststellung und Behandlung dauerhafter angeborener Hörschäden signifikant. Daher, so die Autoren, ist dieses erweiterte Screening effektiv und besonders sinnvoll für Kinder mit mäßigen und schweren Hörschäden. silk Wessex Universal Neonatal Hearing Screening Trial Group: Controlled trial of universal neonatal screening for early identification of permanent childhood hearing impairment. Lancet 1998; 325: 1957–1964. Dr. C. R. Kennedy, Department of Paediatric Neurology, Mailpoint 21, Southampton General Hospital, Southampton SO16 6YD, Großbritannien. Normierende Texte Normierende Texte (Empfehlungen, Richtlinien, Leitlinien usw.) können im Deutschen Ärzteblatt nur dann publiziert werden, wenn sie im Auftrag von Bundesärztekammer oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als Herausgeber oder gemeinsam mit diesen erarbeitet und von den Herausgebern als Bekanntgabe klassifiziert und der Redaktion zugeleitet wurden.