Ulrich Leyendecker: 5. Sinfonie Orchester Pfalztheater

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DEUTSCHLANDFUNK
STUDIOZEIT MUSIKJOURNAL
14.10.2014, 22:05
5. SINFONIE VON ULRICH LEYENDECKER URAUFGEFÜHRT IN KAISERSLAUTERN
Ulrich Leyendecker: 5. Sinfonie
Orchester Pfalztheater Kaiserslautern/Markus Bieringer (GP)
„Man kann sagen, dass diese Uraufführung der 5. Sinfonie von Ulrich Leyendecker die Frucht
einer langen Entwicklung ist. Ich erinnere mich durchaus an vehemente Phasen der Auseinandersetzung mit dem Publikum über die Frage: Ist neue Musik in den Konzerten der Stadt
Kaiserslautern notwendig oder ist sie vielleicht entbehrlich – den Punkt hatten wir auch.“
(Dr. Andrea Edel, ehem. Kulturreferentin K’lautern)
„Es kostet Mut, in Kaiserslautern, das zu machen – das gebe ich gerne zu. Ich habe immer
versucht, auch seit 2006 begleitend an das 20. Jh. heranzuführen, also erst die Klassische
Moderne, dann sind wir weiter ins 20. Jh., aber immer parallel auch Uraufführungen, dann
auch kürzere, jetzt eine ganze Sinfonie von Komponisten, die noch leben und die heute in
ihrer Kunst das spiegeln, was in der Gesellschaft heute vor sich geht.“
(Uwe Sandner, GMD Pfalztheater K’lautern)
In der Problembeschreibung ist man sich durchaus einig, der Generalmusikdirektor Uwe
Sandner und die langjährige Kulturreferentin Andrea Edel. Offen bleibt einstweilen nur, ob
man schon über dem Berg ist: Zwar mag Kaiserslautern ja mit einer „Fruchthalle“ gesegnet
sein, dem im 19. Jahrhundert auf Bürgerkosten errichteten und vor gut zehn Jahren noch
einmal auf Bügerintitiative hin neu herausgeputzten Konzerthaus der Stadt – nur eben die
Früchte der zeitgenössischen Moderne wurden hier doch lange wie Exotika gehandelt, kamen
eher widerwillig in die Auslage respektive ins konzertante Schaufenster: Kennen wir nicht,
brauchen wir nicht.
Ulrich Leyendecker: 5. Sinfonie
Orchester Pfalztheater Kaiserslautern/Markus Bieringer (GP)
Dabei reiften und reifen besagte Früchte (man muss nur ins Land schauen) durchaus als
Regionalprodukte vor der Haustür. Komponisten wie Dieter Torkewitz oder Ulrich
Leyendecker, wiewohl gebürtiger Wuppertaler, sind hier verankert, ohne dass sie in jedem
Fall schon in einer Fruchthalle hätten vor Anker gehen dürfen. Will sagen: Es bleibt noch
etwas zu tun. GMD Uwe Sander:
„Als ich 2006 nach Kaiserslautern kam, hatte ich mit der damaligen Kulturleiterin Frau Edel
besprochen, dass wir doch eine Reihe regionale Komponisten machen und nach Möglichkeit
Werke dieser Komponisten aufführen oder sogar uraufführen.“
(Uwe Sandner, GMD Pfalztheater K’lautern)
Jetzt hat es tatsächlich geklappt. Vorausgegangen ein Maßnahmenmix zur Bodenlockerung,
Bodenbesserung: Komponistenkonzerte, Education-Programme, lange Kulturnächte. Am vergangenen Wochenende war es soweit. Unter seinem 1. Kapellmeister Markus Bieringer hat
das Orchester des Pfalztheaters Kaiserslautern Ulrich Leyendeckers „5. Sinfonie“ aus der
Taufe gehoben. Ein Werktitel, bei dem erkennbar viel mitschwingt. Lust oder Last? Der
Komponist sieht das ganz entspannt.
„Ich würde sagen, das bedrückt mich nicht und beglückt mich auch nicht besonders, denn was
ich in meiner Fünfte mache, bei Mahler ganz anders ist, d.h. die Fünfsätzigkeit ist wohl da,
aber ich hab an Mahler gar nicht gedacht und natürlich Beethoven die Fünfte ist ja ’n
Highlight und insofern könnte man denken: Na gut, da will er sich irgendwo einreihen.“
(Ulrich Leyendecker, Komponist)
Was er tatsächlich will, das Sicheinreihen nämlich, nur eben nicht mit Groß-Getöse, mit neualtem Schicksalspochen an der Pforten. Die Parallele liegt woanders. So wie Ulrich
Leyendecker als Künstler entschieden zum unprätentiösen Typus zu rechnen ist ohne jeden
Hang, ästhetische Bauchläden vor sich her zu tragen – so konsequent setzt er als Komponist
(wie er sagt) auf „Intuition“, auf „verständliche Sprache“, was die enttäuschte KonzertgängerLiebe ja jahrzehntelang an eine zeitgenössische Musik herangetragen und damit ebenso lang
auf Granit gebissen hatte. Ausgerechnet dies, die viel beschworene ‚Eingängigkeit’, nimmt
Ulrich Leyendecker nun für seine Komponierwerkstatt in Anspruch.
„Also mir ist immer nachgesagt worden, dass ich’n Traditionalist bin und das bin ich in der
Weise, dass ich zu der Art des Denkens der klassisch-romantischen Musik ne starke
Beziehung habe nämlich beispielsweise dialektische Entwicklungen wie bei Beethoven oder
auch Brahms aber vor allen Dingen eine verständliche Sprache zu finden, harmonisch, die
intuitiv ohne große Erklärungen aufgenommen werden kann.“
(Ulrich Leyendecker, Komponist)
Was man seiner Fünften denn auch durchaus anhört. Hier ist eine Musik, die sich in kaum
einem Takt quer legen möchte, die sich in ihrer fünfsätzigen Anlage, in ihren klaren
Satzabschlüssen und Satzkorrespondenzen transparent hält. Der letzte Satz, ein Adagio, greift
die Linien des Ersten auf, ebenfalls ein Adagio. Nicht anders die Symmetrie der Sätze Zwei
und Vier. Und im Dritten, da hat Leyendecker sogar ein kleines Bratschenkonzert versteckt.
Ganz klassisch: Soloinstrument im konzertierenden Dialog mit dem Orchester.
Am Ende freundlicher Beifall. Mehrmals muss der Komponist vors Publikum, dem man an
diesem Fruchthallen-Abend nun allerdings doch eine reichere fruchtständische Vermehrung
gewünscht hätte, will sagen, mehr Zutrauen zum Heimisch-Regionalen im Vorfeld.
Kaiserslautern? Da geht noch was.
(gb)
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