Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) 1 EINFÜHRUNG.............................................................................................................1 2 ÖKONOMISCHE GRUNDLAGEN DER UMWELTPOLITIK ...............................4 2.1 EXTERNE EFFEKTE IM UMWELTBEREICH ......................................................................4 2.2 UMWELT ALS KOLLEKTIVGUT ......................................................................................5 2.3 MONETÄRE BEWERTUNG VON UMWELTSCHÄDEN.........................................................5 3 TEILE UND INSTRUMENTE DER UMWELTPOLITIK........................................7 3.1 UMWELTPOLITISCHE ZIELE UND PRINZIPIEN.................................................................7 3.2 UMWELTPOLITIK DURCH STAATLICHE REGULIERUNG ...................................................8 3.3 DAS ÖKONOMISCHE UMWELTOPTIMUM ALS ALLOKATIONSTHEORETISCHE ZIELSETZUNG 10 4 MARKTWIRTSCHAFTLICHE ANSÄTZE DER UMWELTPOLITIK................11 4.1 4.2 4.3 4.4 DER INTERNALISIERUNGSANSATZ VON PIGOU ............................................................11 DER PROPERTY-RIGHTS-ANSATZ VON COASE ............................................................12 UMWELTABGABE UND STANDARD-PREIS-ANSATZ......................................................14 UMWELTZERTIFIKATE ................................................................................................17 Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 1 1 Einführung Sustainable Development als Leitmaxime einer umweltgerechten Entwicklung Seit der Veröffentlichung des Berichts der Brundtland Kommission (1987) und der Umweltkonferenz in Rio (1992) wird intensiver über die Rahmenbedingungen eines „Sustainable Development„ diskutiert. Sustainable Development wird auch als dauerhaft – umweltgerechte Entwicklung bezeichnet. Im Vorwort zum Brundtland Bericht werden die Ziele des Sustainable Development wie folgt dargestellt: „Unter dauerhafter Entwicklung“ verstehen wir eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Der Ursprung ökonomischer Nachhaltigkeitserwägungen ist in der deutschen Forstwirtschaft zu finden. Diese Erkenntnisse können generell auf den Abbau regenerativer Ressourcen übertragen werden. Die Bestimmung der langfristigen ertragsmaximalen Erntemenge / Abbaumenge einer regenerativen Ressource basiert auf der Annahme einer Bestandsentwicklung mit logistischem Verlauf. k 1 + e a −bt t = Zeit k = Sättigungsmenge (max. Bestand) X = Ressourcenbestand X= Xm Xm 2 w k stellt die Sättigungsmenge dar, die durch Xm gekennzeichnet ist. t Der Ressourcenbestand nähert sich damit der „carrying capacity“ des Ökosystems. Will man auf Dauer eine möglichst hohe Ressourcenausbeute erzielen, ist zu berücksichtigen, dass jede Entnahme den Ressourcenbestand vermindert. Langfristig sind daher nur Ausbeutungsstrategien praktikabel, bei denen sich Entnahmen und Regenerationsmenge ausgleichen. X‘ X‘max Die Abbildung zeigt die aus der logistischen Funktion ableitbare Regenerationsmenge X‘ in Abhängigkeit vom jeweiligen Ressourcenbestand X 0 Xm 2 X Von allen Ausbeutungsstrategien, bei denen sich Entnahmen und Regenerationsmenge auf Dauer entsprechen, ermöglicht die Ausbeute e = X 'msy den höchsten Ertrag. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 2 Sie wird als Maximum – sustainable Yedel? (msy) bezeichnet. Voraussetzung ist, dass der Ressourcen bestand die Menge X > Xm/2 aufweist. Bei einem Bestand von X < Xm/2 und kontinuierlicher Entnahmen von e = X 'msy würden die Ressourcen aussterben. Bei einem Bestand.... Das Modell liefert erste Aufschlüsse über die Strategie der Umweltgüternutzung, die ein „Sustainable Development” aus ökologischer Sicht bezweckt. Das Problem der Nachhaltigkeit bei erschöpfbaren Ressourcen. Betrachtet man das Problem erschöpfbarer Ressourcen, so entsteht zunächst ein Definitionsproblem und in diesem Zusammenhang auch Differenzen über das Volumen abbaubarer Ressourcen. Erschöpfbare Ressourcen (Kohle, Erdgas, Kupfer, Eisenerz, etc.) werden in der Regel wie folgt klassifiziert: Förderkosten (c) Marktp reis (PM) unrentabel, gewinnbare Ressourcen PM > C Ressourcen bekannt vermutete (spekulative) Ressourcen vermutet (spekulativ) Bekanntheit Es stellt sich die Frage nach einer Regel unter deren Befolgung nicht-regenerative Ressourcen “nachhaltig” abgebaut werden können. Hotelling stellte im Jahr 1931 eine ökonomische Regel auf, nach der (modellhaft) nichtregenerierbare Ressourcen abgebaut werden können. Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Investitionsalternative eines Eigentümers von Ressourcen. Es besteht folgende Alternative. Lasse die Ressource im Boden und warte darauf, daß die Marktpreise dieser Ressource infolge zurückgehender Verfügbarkeit zukünftig ansteigt Fördere Die Ressource und investiere den Nettoertrag in alternative (Finanz-) investitionen. Das Modell von Hotelling, das die obige Fragestellung beantworten soll, beruht zunächst auf folgenden Annahmen: 1. Die Rohstoffunternehmen wollen den Gegenwartswert ihres heutigen und zukünftigen Gewinns maximieren. 2. Sie befinden sich auf einem Markt mit vollständiger Konkurrenz. 3. Jedes einzelne Unternehmen verfügt über die Förderrechte eines homogenen Rohstofflagers, dessen gesamter Lagerstätteninhalt zu konstanten Stückkosten c abgebaut werden kann. Ausgehend von diesen Voraussetzungen beruht das Modell auf folgender Überlegung: Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 3 Wenn zum Zeitpunkt t0 der Marktpreis dieses Rohstoffes P0 > c beträgt, fließt dem Eigentümer des Rohstoffes eine Rente / Gewinn pro Einheit in Höhe von λ0 = P0 – c > 0 zu. Diese Rente ist durch die physische Knappheit des Rohstoffes bedingt; man spricht deshalb von Knappheitsrente. Wenn nun der Eigentümer mit der Gewinnung (Förderung) des Rohstoffes eine Periode wartet, kann er für die nächste Periode eine Knappheitsrente λ1 erwarten. Wird der Rohstoff hingegen in der laufenden Periode gefördert und die dabei erzielbare Knappheitsrente am Finanzmarkt zum Marktzins i angelegt, so ergibt dich ein Vermögen von λ0(1+i). Sofern λ1 < λ0(1+i) ist, loht es sich für den Eigentümer den Rohstoff sofort zu gewinnen und die Knappheitsrente auf dem Finanzmarkt anzulegen. Ist umgekehrt λ1 > λ0(1+i) so vergrößert der Eigentümer sein Vermögen, wenn er auf die Förderung vorerst verzichtet. Solange der Wert des Rohstoffes mit einer Rate wächst, die mindestens dem Marktzinssatz entspricht, ist das Rohstofflager eine ausgezeichnete Form der Kapitalanlage. Im Grenzfall des Gleichgewichts gilt: λ1 = λ0(1+i) Wenn die Knappheitsrente mit dem Marktzins wächst, ist der Eigentümer indifferent gegenüber den oben angeführten Investitionsalternativen. Aus der Gleichgewichtsbestimmung folgt ein Zeitpfad für die Entwicklung der Knappheitsrente λt für jeden Zeitpunkt t > 0: λ1 < λ0(1+i)t Hotelling-Regel Verhalten sich alle Eigentümer in dieser Weise optimal, d.h. streben sie einen möglichst hohen Gegenwartswert ihres Vermögens an, so folgt unter den oben getroffenen Annahmen eine mit dem Marktzins i exponentiell ansteigende Knappheitsrente des Rohstoffs. Frage: Gibt die Hotelling-Regel eine Antwort auf die Nachhaltigkeit des Abbaus nicht— regenerativer Ressourcen? è Es gilt zunächst die Feststellung, dass steigende Knappheitsrenten zu einer Exploration weitere Ressourcen führt. è steigende Knappheitsrenten eines Rohstoffes ermöglicht ab einem kritischen Preis (Psubst) die Markteinführung von Substituten, oder anderer Technologien. Man spricht in diesem Fall von sogenannten „Backstop“ - Technologien. Die Rolle der Backstop-Technologien Nach der Hotelling-Regel steigt der Preis eines Rohstoffes kontinuierlich im Zeitablauf an. Dies wird in der Realität voraussichtlich nicht eintreten, da der Rohstoff bei erreichen eines kritischen Preisniveaus durch eine andere Lagerstätte, durch eine anderen Energieträger oder durch eine andere Technologie substituiert wird. Solche Substitutionsmöglichkeiten werden auch als „Backstop-Technologien“ bezeichnet. Durch die Existenz einer Backstop-Technologie ist implizit ein Preis gegeben, bei dem die Nachfrage nach dem aus einer erschöpfbaren Lagerstätte gewonnenen Rohstoff zusammenbricht. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Preis (r) K‘ der Rohstoffförderung Seite 4 Preis (p) P1 Psubst Knappheitsrente Psubst K‘ der Backstop-Techn. DTK der Backstop-Techn. DTK der Rohstoff. Menge ( ) Menge ( ) Fazit: Das heutige Niveau der Nutzung erschöpfbarer Energieträger braucht im Interesse zukünftiger Generationen umso weniger reduziert werden, je mehr praktikables Know-how verfügbar gemacht wird, um neue, vor allem regenerierbare Energieträger zu erschließen. Das Potential, aus dem heraus neue Technologien entwickelt werden können, ist praktisch unbeschränkt und wird durch seine Verwendung nicht aufgebraucht. Der kritische Engpass erschöpfbarer Energieträger besteht somit in der Frage, ob die heutige Menschheit fähig ist im Interesse zukünftiger Generationen einen ökologisch-technischen Innovationsprozess im erforderlichen Umfang fortzusetzen. 2 Ökonomische Grundlagen der Umweltpolitik 2.1 Externe Effekte im Umweltbereich Bei der Betrachtung der Produktions- und Konsumtätigkeit der Wirtschaftssubjekte haben wir uns lange Zeit auf Güterwirtschaftliche Aspekte von Marktangebot und Marktnachfrage beschränkt. Die mit der Produktions- und Konsumtätigkeit der Wirtschaftssubjekte verbundenen „externen Effekte“ blieben (oder bleiben immer noch) ausgeblendet. Unter externen Effekten verstehen wir Einflüsse, die durch Aktivitäten einer Wirtschaftseinheit auf andere Wirtschaftseinheiten ausgeübt werden, ohne dass diese über den Marktmechanismus gesteuert werden. Externalitäten sind vorhanden, wenn die Produktionsfunktion bzw. Nutzenfunktion der HH geschrieben wird als Y = f(x1, x2, …, xn, Z) U = f(x1, x2, …, xn, Z) Wobei Y der Output, xi die zur Produktion bereitgestellten Güter und Z die Externalität ist, bzw. u der Nutzen und xi die konsumierten Güter darstellt. Z unterscheidet sich von xi dadurch, dass es nicht unter direkter Kontrolle der Produzenten bzw. Konsumenten steht, sondern einen exogenen Einflussfaktor darstellt. Folgen: Externe Effekte führen zu suboptimalen Allokation und somit zu Wohlfahrtsverlusten. Es kann damit kein pareto-optimaler Zustand erreicht werden. Im folgende soll das Auftreten externer Effekte anhand der Wirkungszusammenhänger zwischen ökonomischen System und Umwelt näher dargestellt werden. Die Umwelt dient dem ökonomischen System einerseits als Entnahmemedium, aus dem Inputs für die Produktion und den Konsum in Form von - Luft - Wasser - Boden - Ressourcen Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 5 entnommen werden. Andererseits dient die Umwelt als Aufnahmemedium für Outputs aus Produktion und Konsum in Form von - Ablauft - Abwärme - Lärm - Abwasser - Abfälle. Sowohl bei der Entnahme als auch bei der Aufnahme können externe Effekte auftreten. 2.2 Umwelt als Kollektivgut Eine der wichtigsten Ursachen für die Umweltzerstörung und Belastung ist der Kollektivgutcharakter der Umwelt. Kollektivgüter bzw. öffentliche Güter können im Gegensatz zu privaten Gütern nicht durch das Marktsystem zur Verfügung gestellt werden. Die Ursachen dieses Marktversagens sind durch - die Nichtrivalität und die - Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips gekennzeichnet. Nicht-Rivalität bedeutet: Ein öffentliches Gut steht allen Konsumenten, Produzenten gleichzeitig zur Verfügung. Die Nutzung des Gutes durch den Konsumenten A beeinträchtigt in keiner Weise die Nutzung durch den Konsumenten B. Diese Güter können zur gleichen Zeit in die Nutzenfunktion mehrerer Individuen eingehen. Die Inanspruchnahme der Leistung durch ein zusätzliches Individuum verursacht keine zusätzlichen Kosten. Aber die Grenzkosten sind Null und wegen der Effizienzbedingung ist auch der Preis Null. Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips bedeutet: Niemand kann vom Konsum ausgeschlossen werden, potentielle Konsumenten kann die Nutzung dieser Güter nicht vorenthalten werden. Würden solche Güter von einem privaten Anbieter bereitgestellt, so fände sich niemand, der freiwillig zahlt. Ökonomische Folgen der Kollektivguteigenschaft sind: - Es besteht kein Markt für öffentliche Güter, - Es besteht das Problem des sogen. „free rider“ – Verhaltens. Jeder hofft individuell und rationell darauf unentgeltlich in den Genuss dieser Güter zu kommen. Dieses sogen. free rider – Verhalten entwickeln wir als - als Individuum - als Unternehmer - als Nation 2.3 Monetäre Bewertung von Umweltschäden Die mit der Problematik der externen Effekte und des Kollektivgutcharakters verbundenen Aspekte einer Internalisierung der externen Effekte über den Markt, macht es erforderlich, Umweltschäden monetär zu bewerten. Die Probleme einer Internalisierung externer Effekte sind folgende: Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 6 Emmission Quelle eines externen Effekts Zuordnungsproblem zum Veru rsacher Immission Schadwirkung der externen Effekte Bewertungsproblem (Methodik) Monetäre Bewertung der Schadwirkung Wirkungsproblem Wahl des umweltökonomischen Instruments zur Internalisierung externer Effekte (Umweltsteuer, Umwelltabgabe) Veru rsachergerechte Anlastung der externen Effekte Anlastungsproblem Die Methodik der monetären Bewertung von Umweltschäden ist komplex und noch nicht abschließend wissenschaftliche bearbeitet. Weiterhin bestehen Forschungslücken in der empirischen Erfassung der Umweltschäden. In der jüngsten Vergangenheit haben sich im wesentlichen folgende Methoden der Bewertung von Umweltschäden durchgesetzt: Methoden der Bewertung von Umweltschäden 1) Individualistische Bewertungsansätze 2) Marktdatenorientierte Bewertungsansätze 3) Schadensorientierte Bewertungsansätze Diese Methoden werden nicht nur isoliert, sondern auch kombiniert verwendet, um Umweltschäden zu bewerten. 1.) Individualistische Bewertungsansätze Die individualistischen Bewertungsansätze basieren auf der Norm Konsumentensouveränität unter Zugrundelegung der Nutzenfunktionen Wirtschaftssubjekte. Man unterscheidet zunächst die a1) direkte Erfassung nach dem sogen. „Willingness-to-pay“-Ansatz. Hierbei erfolgt Befragung der Wirtschaftssubjekte hinsichtlich ihrer Zahlungsbereitschaft für verbesserte Umweltsituation. Probleme: • Informationsproblem über die Schadenwirkungen der Umweltbelastungen • Bei unterschiedlichen Einkommens- und Vermögensverteilungen unterschiedliche Zahlungsbereitschaften. • Die Zahlungsbereitschaft ist u.a. auch abhängig vom Alter der Befragten der der eine eine bestehen a2) direkte Erfassung nach dem „Willingness-to-sale“-Ansatz. Hierbei erfolgt eine Befragung hinsichtlich Entschädigungsforderungen für erlittene Umweltbelastungen bzw. Umweltschädigungen. Probleme: Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) • Seite 7 wie bei „Willingness-to-pay“, zusätzlich aber besteht die Neigung bei Entschädigungsforderungen die zugrundeliegende Nutzeneinbußen zu überschätzen. b) indirekte Erfassung durch monetäre Bewertung des individuellen Anpassungsverhaltens bei Vorhandensein von Umweltschäden. • Prohibitivmaßnahmen • Ausweichmaßnahmen • Reparaturmaßnahmen Probleme: Schwierigkeiten hinsichtlich einer vollständigen empirischen Erfassung Anpassungsmaßnahmen. Die Anpassungsmaßnahmen sind ein Indiz für die Untergrenze des Umweltschadens der 2) Marktdatenorientierte Bewertungsansätze Bei diesem Bewertungsansatz erfolgt eine Bewertung von Marktdatendivergenzen, um ein Umweltschaden monetär zu bewerten. Diese Methode wird insbesondere verwendet, um durch Umweltschäden induzierte Wertverluste bei Grundstücken und Gebäuden zu ermitteln. Beispielhaftes Problem: Die Bewertung eines Grundstückes besteht aus einer Vielzahl von Komponenten, die nur sehr schwierig oder gar nicht isoliert ermittelt werden kann. 3) Schadensorientierte Bewertungsansätze Dieser Bewertungsansatz versucht Umweltschäden mit Hilfe technischnaturwissenschaftlicher Schadensfunktionen zu ermitteln (z.B. Korrosion von StahlBetonschäden). Weiterhin werden die Kosten der Wiederherstellung der geschädigten Umweltgüter durch technisch-naturwissenschaftliche Gutachten bewertet. Fazit: Keine der oben dargestellten Methoden ist unangreifbar. Auch der kombinierte Einsatz der Methoden führt zu keiner unfehlbaren Schadenermittlung und Bewertung. Die monetäre Bewertung von Umweltschäden bleibt daher ein umstrittenes Feld der Umweltökonomie und Umweltpolitik. Wiche hat in einer Untersuchung in den 80er Jahren versucht, die Umweltschäden für die BRD zu ermitteln. Er gelangte dabei zu einer Größenordnung von 103,5 Mrd. DM für das 1984. 6 % des BSP sind die zahlenmäßige Erfassung der Umweltschäden (è Wiche) 3 Teile und Instrumente der Umweltpolitik 3.1 Umweltpolitische Ziele und Prinzipien. Erst im Jahre 1971 wurden in der BRD ein Umweltprogramm verabschiedet (BT-Drucksache VI / 27-10) In diesem Programm wurden erstmals Ziele der Umweltpolitik definiert. Umweltpolitik sollte demzufolge betrieben werden, um - den Menschen eine Umwelt zu sichern, wie er sie für seine Gesundheit und für ein menschenwürdiges Dasein braucht. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 8 - um Boden, Luft, Wasser, Pflanzen und Tierwelt vor nachteiligen Wirkungen meschlicher Eingriffe zu schützen und - um Schäden oder Nachteile aus menschlichen Eingriffen zu beseitigen. Für die einzelnen Umweltbereiche wurden im Jahr 1974 vom Rat von Sachverständiigen für Umweltfragen folgende Zielvorstellungen vorgegeben: Zur Fortschreibung des Umweltprogramms von 1971 wurden umweltpolitische Leitlinien (Prinzipien) zum Bestandteil der deutschen Umweltpolitik. Hierbei handelt es sich um folgende Prinzipien: • Vorsorgeprinzip Es besagt, dass Umweltgefahren nach Möglichkeit von vornherein vermieden und ökologische Aspekte bei allen Entscheidungen auf den unterschiedlichsten Gebieten berücksichtigt werden müssen. Dieses Prinzip wird durch folgende Gesetzeswerke der regulierenden Umweltpolitik unterstützt. 1. Bundesnaturschutzgesetz vom 12.3.1987 2. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz vom 12.2.1990 3. Baugesetzbuch è Eingriffsregelung gemäß § 8a Bundesnaturschutzgesetz • Verursacherprinzip (VP) Das VP besagt, dass dem Verursacher von Umweltschäden die dadurch verursachten Kosten angelastet werden sollen. Probleme: 1. Der bzw. die Verursacher sind nicht immer eindeutig festzustellen 2. Dadurch ist die Zurechenbarkeit schwierig oder gar unmöglich 3. Die Anlastung von Kosten erfordert eine monetäre Bewertung von Umweltschäden, die mit methodischen Problemen behaftet sind. • Gemeinschaftsprinzip Ist eine Inanspruchnahme des Verursachers nicht möglich oder politisch nicht gewollt, so muss die Finanzierung der Vermeidung oder Beseitigung aus öffentlichen Mitteln, also über den Steuerzahler, erfolgen. • Kooperationsprinzip Es besagt, dass im Vorfeld Umweltpolitisch relevanter Entscheidungen in einem Meinungsbildungsprozess Einzel- und Gruppeninteressen erörtert und entsprechend berücksichtigt werden sollen z.B. • im raumordnungsverfahren • bei der Umweltverträglichkeitsprüfung • bei der Bauleitungsplanung 3.2 Umweltpolitik durch staatliche Regulierung Der Staat versucht durch den Einsatz ordnungspolitischer Instrumente (Auflagen in Form von Ge- und Verboten) die Einhaltung von Umweltstandards durch die Wirtschaftssubjekte durchzusetzen. Es handelt sich hierbei um ein klassisches Umweltpolitisches Instrument, welches die Umweltpolitischen Ziele juristisch durchsetzt. Die Wirkungsweisen von Umweltauflagen kann wie folgt aufgezeigt werden: Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 9 Grenzkosten der Umweltverbesserung K‘UV. Norm 0 durch Auflagen keine angestrebte Umweltverbesserung . Umwelltvebesserung Umweltverbesserung 100% max. Umweltverbesserung . Das Instrumentarium der Umweltauflagen Das Instrumentarium der Umweltauflagen ist sehr vielgestaltig. Es wird generell zwischen - Emissionsauflagen - Auflagen für Produktionsverfahren - Produktionsauflagen unterschieden. Die verschiedenen Ansatzpunkte von Umweltauflagen Umweltauflagen (Ge- und Verbote) Auflagen für Produktionsverfahren Emissionsauflagen Produktnorm Reduzierungs verplichtung bei Konsumgütern bei Investitionsgütern Emissionsnormen InputAuflagen Umweltauflagen (Ge- und Verbote) Prozeßnormen (anzuwendende Technologien) Mengenlimitierung in bezug auf angewendete Produktionsprozesse in bezug auf angewendete Beseitigungsund Reduzierungsprozesse als generelle Norm als EinzelNorm Produktionseinstellung Ansiedlungsverbot Vor- und Nachteile von Umweltauflagen Vorteile: - schneller Wirksamkeit - große Reaktionssicherhit - hohe Praktikabilität - hohe Durchsetzbarkeit Nachteile: - geringe wirtschaftliche Effizienz - kein Anreiz zu höherer Umweltentlastung - geringe Marktkonformität - Tendenz zu Wettbewerbsverzerrung Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 10 3.3 Das ökonomische Umweltoptimum als allokationstheoretische Zielsetzung Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sollte beim Einsatz umweltpolitischer Instrumente eine allokationstheoretische Zielsetzung verfolgt werden, die als sogen. „ökonomisches Umweltoptimum“ bezeichnet wird. Die Erreichung des ökonomischen Umweltoptimum setzt voraus, dass die Gesamtkosteen resultierend aus den - Kosten der Umweltverbesserung und der - (externen) Kosten der Umweltbelastung minimiert werden. S Addierte Kostenfuntionen Kosten Kosten der Umweltverbesserung, KUV Kosten der Umweltschäden Umweltverbesserung 0 Akzeptierte Umweltverbesserung D Akzeptierte Umweltbelastung maximaler Betrag an Umweltschäden T 0 - Betrag an Umweltschäden D = ökonomisches Umweltoptimum Dies kann auch mit Hilfe der Grenzkostenfunktion dargestellt werden: Grenzkosten K K‘UV Umweltverbesserung 0 ökonomische Umweltverbesserung D ökonomisch akzeptierte Umweltverschmutzung T Die Lage des ökonomischen Umweltoptimums wird vom Verlauf der Kostenfunktionen determiniert. Aus ökologischer Sicht ist die Bestimmung des ökonomischen Umweltoptimums …, da nicht gewährleistet ist, dass ein ökologisch nachhaltiger Mindestabstand an Umweltverbesserungen erreicht wird. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 11 4 Marktwirtschaftliche Ansätze der Umweltpolitik 4.1 Der Internalisierungsansatz von Pigou Mit der Erweiterung der neoklassischen Mikroökonomie um die Theorie der externen Effekte bringt Pigou einen neuen theoretischen Ansatz in die Marktwirtschaft. Er gelangt dabei zu der Überzeugung, dass Marktdefekte in einer Marktwirtschaft mit entsprechenden Spielregeln repariert werden können. Konkret schlägt Pigout folgende Korrekturmaßnahmen vor: Preis A G = (K‘G) N0 A B+t* B B1 P1 P0 A t* A0 AG AB externe Grenzkosten A B = (K‘B ) C N0 X1 Y1 X0 Y0 Menge x, y ABAB – Angebotskurve eines Unternehmens aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Sie entspricht der Grenzkostenkurve (K’B) AGAG – Angebotskurve unter Einbeziehung der mit der Produktion verbundenen externen Effekte. è Gesamtwirtschaftliche Grenzkosten K’G. Es handelt sich somit um eine korrigierte Angebotskurve N0N0 – Nachfragefunktion Bei herkömmlicher Betrachtung besteht ein Marktgleichgewicht bei A0 mit dem Preis P0 und der Menge X0 / Y0. Als Korrekturmaßnahmen fordert Pigou nun eine Mengenproportionale Steuer t*, womit der Staat die externen Kosten dem sie veranlassenden Produzenten anlastet. Als Folge dieser Maßnahmen entsteht ein neues Marktgleichgewicht in B1, was t* gleich der Differenz zwischen K’B und K’G entspricht. Im neuem Marktgleichgewicht wird nunmehr die reduzierte Menge X1 / Y1 zum Preis P1 angeboten und produziert. Durch die Erhebung der sog. Pigou-Steuer werden nicht alle externen Effekte vermieden, sondern lediglich im Ausmaß A0, B, B1, C. Es verbleiben externe Effekte im Ausmaß A, C, B1. Fazit: Durch Ergebung der Pigou-Steuer können nicht alle externen Effekte vermieden werden. Die noch verbleibenden Effekte könnten z.B. durch Umweltauflagen, Klär- und Filteranlagen, reduziert werden. Hierdurch würden sich die Angebotskurve nach oben drehen. Es würde sich ein neues Marktgleichgewicht mit reduzierten Mengen und erhöhten Preisen bilden. Pigou hat mit seinem Ansatz einen theoretisch bestehenden einfachen Weg aufgezeigt, wie externe Effekte internalisiert werden können. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 12 Die praktische Umsetzung des Pigou-Ansatzes stößt jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten. Die wichtigsten davon sind: 1. Informationsprobleme über das Ausmaß der externen Effekte 2. Schwierige Verursacheridentifikation 3. Bewertungsproblem der monetären Bewertung der externen Effekte Dies Probleme machen es eigentlich unmöglich, den exakten Pigou-Steuerssatz wissenschaftlich korrekt zu ermitteln. Das Pigou-Konzept ist damit praktisch nicht umsetzbar. Dennoch waren die Arbeiten von Pigou Pionierarbeit für die weiteren Entwicklungen der Umweltökonomie. 4.2 Der Property-Rights-Ansatz von Coase Ronald Coase, ein Ökonom der sog, Chicago-Schule, kritisierte am Pigou-Konzept insbesondere die vorbehaltslose Gleichsetzung des physischen Urhebers von externen Effekten mit dem Verursacher der daraus resultierenden externen Effekte. Er traf folgende Feststellung: 1. Externe Effekte verursachen nur dann volkswirtschaftliche Grenzkosten (bzw. –erträge), wenn sie bei Dritten Wohlfahrtsänderungen auslösen. 2. Die Entstehung von externen Kosten setzt also nicht nur einen physischen Urheber externer Effekte (z.B. einen Emittenten) sondern auch die Existenz eines oder mehrerer Betroffener (Emmisions-Empfänger) voraus. 3. Externe Effekte haben einen reziproken Charakter Der Ansatz von Coase soll im folgendem mit einem Beispiel verdeutlicht werden:: In einem unbewohnten Bergtal wird ein großes Bergwerk betrieben. Seine externen Effekte (Lärm, Abgase, Staub) seien zwar erheblich, begrenzen sich aber auf das Bergtal. Da es nur einen physischen Schadensurheber, jedoch keinen Betroffenen Schadensempfänger gibt, entstehen keinen Wohlfahrtsverluste bei Dritten, also auch keine externen Kosten. Angenommen, im gleichen Bergtal wird wegen der landschaftlichen Schönheit ein Sanatorium angesiedelt, dessen Insassen unter dem Lärm und den Luftschadstoffen des Bergwerkes zu leiden haben. Nach herkömmlicher Auffassung i.S.v. Pigou sind die volkswirtschaftlichen Kosten dem physischen Urheber, also dem Bergwerk, anzulasten Coase unterscheidet nun hier zwischen physischer und wirtschaftlicher Verantwortung, was er als sogen. Reziprozität des Externalitätenproblems bezeichnet. Wer im vorstehenden Beispiel die externen Kosten verursacht und damit die wirtschaftliche Verantwortung zu tragen hat, ist nach Coase nicht von vornherein klar. Fest steht zunächst nur eins: Die externen Kosten entstehen durch konkurrierende Ansprüche auf dieselbe natürliche Ressource, nämlich als Folge der Nutzung des Luftraumes durch das Bergwerk und durch das Sanatorium. Wer nun für die Nutzung und Inanspruchnahme des Luftraumes zu bezahlen hat, hängt letztlich von der jeweils geltenden Nutzungs- und Eigentumsordnung ab. Beinhaltet die gesellschaftlichen institutionellen Rahmenbedingungen eine sogen. 1. Haftungsregel (Verursacherregel), so gilt folgendes: Es gilt ein generelles vorrangiges Recht auf Ruhe und Luftreinheit, das jedoch handelbar ist. Das Bergwerk ist zugleich physischer Urheber von Lärm und Luftbelastung und Verursacher der daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Kosten. Die Verhandlung über die Nutzung der Luftressource mit dem Sanatorium führt beim Bergwerk zu folgenden Marginalkalkül Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) beim Versuch des Aufkaufens Seite 13 von Luftbelastungsrechten. Sind nun die Grenzkosten des Kaufs von Luftbelastungsrechten größer kleiner als der Grenzerlös der dadurch ermöglichten Produktionsmenge Produktion wird eingestellt Produktion wird ausgeweitet Beinhaltet die institutionellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einen sogen. 2. Nicht-Haftungsregel (Laissez-faire-Regel), so vollziehen sich die Verhandlungen wie folgt: Es gibt ein vorrangiges Recht auf Produktion das ebenfalls habdelbar ist. Das Bergwerk ist zwar physischer Verursacher der Externalitäten, das Sanatorium gilt nun aber als Verursacher der volkswirtschaftlichen Kosten, die aus dem Verzicht des Bergwerkes auf Produktion und Arbeitsplätze resultieren. Die Verhandlungen des Sanatoriums über die Fortsetzung seiner Tätigkeit, die mit dem Bergwerk geführt werden, führen nun zu folgenden Marginalkalkül beim Sanatorium, wenn es Luftbelastungsrechte aufkauft: Grenzkosten des Kaufs von Lärm und Abgasen unbelasteten bzw. weniger belasteten Luftraums größer kleiner als der Grenzerlös der Fortführung / Erweiterung des Sanatoriumsbetriebs Sanatoriumsbetrieb wird nicht durchgeführt Sanatoriumsbetrieb wird durchgeführt bzw. erweitert Fazit: Je nach Ausgang des Marginalkalküls setzt sich die volkswirtschaftlich höhere Nutzungsart in ihrem Standortanspruch durch oder es kommt zu Kompromisslösungen. Schlussfolgerungen: Unter beiden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kommt es zu Verhandlungen, die es den Parteien gestatten, sich Schritt für Schritt sowohl auf des Gemeinsame, als auch zu individueller Gewinnmaximierung hinzubewegen. In beiden Fällen kommt es letztlich zu einem Produktionsoptimum mit effizienter Ressourcenallokation und effizienter Aufteilung von Umwelt- und Nicht-Umweltgütern auf die Wirtschaftssubjekte. Es wird somit ein volkswirtschaftliches Pareto-Optimum erreicht. Beide gesellschaftlichen Rahmenbedingungen führen zu identischen Allokationsergebnissen, wenn - vollständige Konkurrenz besteht (keine Verhandlungsmacht gegenüber anderen) - die Transaktionskosten gleich Null sind. Probleme der praktischen Umsetzung des Coase-Theorems: - Teilweise entstehen sehr hohe Transaktionskosten - Verhandlungspartner über Macht aus - Mit zunehmender Zahl der Verhandlungspartner werden die Verhandlungsergebnisse schwieriger bzw. gar nicht zu erreichen sein Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) 4.3 Seite 14 Umweltabgabe und Standard-Preis-Ansatz Zum Begriff der Umweltabgabe: Die hier zu behandelnde Umweltabgabe werden auch als Umweltqualitätsabgabe bezeichnet. Abgaben sind finanzwissenschaftlich definiert als Geldleistungen, die von der öffentlichen Hand aufgrund gesetzlicher Regelungen erhoben werden. Wir unterscheiden hierbei: Abgaben Steuern Steuren sind Abgaben, die ohne inen direkkte ökonomische Gegenleistung erhoben werden Gebühren Gebühren werden als Gegenleistung für eine Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung erhoben. Beiträge Beiträge dienen zur vollen oder teilweisen Deckung des Aufwandes einer bestimmten öffentlichen Einrichtung Bei Abgaben steht im traditionell Sinne die Finanzierungsfunktion des Staates im Fordergrund. Wir sprechen daher auch von fiskalischen Abgaben. Im Bereich der Umweltpolitik interessiert dagegen die Lenkungs- oder Anreizfunktion der Abgaben, die als sogen. ökonomischer Hebel eine Rolle spielt. Diese Abgaben bezeichnen wir nach Wicke dann als Abgaben im engeren Sinne. Formen von Umweltabgaben: Die Umweltabgaben im engeren Sinne können wie folgt klassifiziert werden: 1. Reine Emissionsabgabe 2. kombinierte Auflage / Abgabensysteme (Abwasserabgabe) 3. Produktabgabe (Mineralölsteuer) Wirkungen von Umweltabgaben Angebotsseite: Grundsätzlich sollen die Produzenten umweltschädigender Produkte bzw. die mit der Produktion verbundenen Umweltbelastungen durch die Erhebung von Umweltabgaben veranlasst werden, die Schadstoffe zu verringern. Möglichkeiten zur Verringerung von Emissionen bestehen in: a) der Entwicklung und Anwendung neuer Produktionstechnologien b) Substitution schadstoffintensiver Inputs (statt Braunkohle è Steinkohle) c) Installation von Verfahren der Schadstoffbeseitigung bzw. –Minderung. In seiner Entscheidung (z.B. Filter zu installieren) unterliegt ein Unternehmen dabei dem sogen. Marginalkalkül. Dieses Marginalkalkül … … … Lenkungseffekt, d.h. dem einzelwirtschaftlichen Nutzen, z.B. einer Emissionsabgabe. Beispiel: Marginalkalkül eines Unternehmens bei Erhebung einer Emissionsabgabe Behandele ich die Umwelt weiter wie bisher? Verbessere ich die Umwelt? Dann ist je emittierter Schadstoffeinheit (z.B. pro t SO2) eine Abgabe von DM 20,zu zahlen Dann kostet die Umweltverbesserung in Form einer Vermeidung von SO2 – Emissionen je t DM 10,- wobei die Grenzkosten zur Vermeidung ansteigen. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 15 K‘UV = Grenzkosten der Umwelt verbesserung K‘UV K‘UV A < K‘UV Abgabensatz pro t SO2 A > K‘UV 0 A = K‘UV 70% Umweltverbesserung maximale Umweltverbesserung Fazit: Was tun bei diesem Abgabensatz? Es lohnt sich für das Unternehmen die Emissionen von SO2 – Schadstoffen zu vermeiden, so lange die Höhe der Umweltabgabe A > K’UV den Grenzkosten der Umweltverbesserung durch verbesserte Filtertechnik ist. Die betriebswirtschaftlich optimale Situation ist erreicht, wenn A = K’UV. Bei A > K’UV macht das Unternehmen sogar noch Gewinn. A < K’UV ist zu teuer. Aktionsparameter des Staates ist hierbei die Höhe des Abgabensatzes. Aktionsparameter des Unternehmens sind: - Einsatz von Filtertechniken - Einsatz von Öl mit geringerem SO2 – Anteil - Einsatz neuer Produktionstechniken. Es ist festzuhalten, dass die Erhebung der Abgabe eine Kostenbelastung für das Unternehmen darstellt. Nachfrageseite: Die Erhebung einer Umweltabgabe führt beim Nachfrager des von der Umweltabgabe betroffenen Gutes zu Anpassungen je nach Preiselastizität der Nachfrage, da anzunehmen ist, dass sich die Endprodukte Abgabenbelasteter Produkte verteuern, sofern die Wettbewerbssituation die zulässt. Unter „normalen“ Marktbedingungen müssen in Unternehmen bei Preiserhöhungen c.p. mit einem Absatzrückgang rechnen. Bemessensgrundlage Voraussetzung für die Entfaltung der Lenkungsfunktion ist eine geeignete Bemessensgrundlage. Mögliche Bemessensgrundlagen sind: a) externe Kosten, wie Pigou sie vorschlug b) der Produktionsinput (Mineralöl è pro t Öl 100,- è Versteuerung Input è Lenkungseffekt è auf Gas umstellen usw.) c) der Output (das Produkt. Es muss nicht das Produkt selbst sein, sondern deren Produktion) d) die Emission (SO2 Ausstoß) Festlegung des Abgabensatzes: Die Festlegung des Abgabensatzes kann unter zwei Aspekten erfolgen: 1. Festlegung der Höhe des Abgabensatzes in der Weise, dass das sogen. ökonomische Umweltoptimum erreicht wird. 2. Festlegung der Höhe des Abgabensatzes in der Weise, dass ein bestimmter Umweltstandard realisiert wird. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 16 zu 1.) Abgabensatz und ökonomisches Umweltoptimum Die Realisierung des ökonomischen Umweltoptimums stellt im Sinne der Wirtschaftstheorie die optimale gesamtwirtschaftliche Allokation im Umweltbereich sicher. K‘UV K‘UV K‘UB K‘UB 0 ökonomisches Umweltoptimu m maximale Umweltverbesserung Theoretisch müsste ein Abgabensatz bestimmt werden, bei dem das ökonomische Umweltoptimum realisiert würde. Da keine Informationen über die Lage des Umweltoptimums besteht, kann die Höhe des Abgabensatzes praktisch auch nicht festgelegt werden. zu 2.) Abgabensatz und Umweltstandard Um eine Umweltpolitik mit Umweltabgaben praktikabel zu gestalten, haben Baumol und Oates in ihrem sogen. „Standard-Preis-Ansatz“ einen anderen Weg aufgezeigt. Dieser vermeidet die Bewertungsprobleme einer optimalen Allokation und auch die Kenntnis der marginalen Schäden bzw. Belastungen sind nicht erforderlich. Der „Standard-Preis-Ansatz“ wird nun in der Weise realisiert, dass die öffentlichen Umweltinstitutionen einen bestimmten Umweltstandard festlegen, der auch ökologisch begründet ist. Um diesen Umweltstandard auch tatsächlich zu erreichen, muss ein Abgabensatz festgelegt werden, gegebenenfalls durch mehrfache Korrektur (trial – and - error – Verfahren ). Dies ist z.B. auch bei der Abwasserabgabe geschehen, um den Umweltstandard kontinuierlich zu erhöhen. K‘UV TF - Technischer Fortschritt A - Abgabensatz Umweltstandard TF A St1 A St0 A > K‘U V 0 festgelegter Umweltstandard 100 % Umweltverbesserung Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 17 Fazit: Der „Standard-Preis-Ansatz“ stellt damit eine Möglichkeit dar, eine angabenorientierte Umweltpolitik praktikabel zu gestalten. Es kann gezeigt werden, dass eine Umweltabgabe gegenüber einer Umweltauflage gesamtwirtschaftlich effizienter ist. Beispiel: Es soll die Wirkung einer Umweltabgabe versus einer Umweltauflage für zwei Unternehmen aufgezeigt werden, die mit unterschiedlich hohen Grenzkosten der Umweltverbesserung (K’UV) umweltverbesserdende Maßnahmen realisieren können. Umweltauflage K 'UV je Einheit A K 'UV F F‘ Abgabe C G D‘ D D‘‘ B K 'UV 0 Y X Z Umweltverbesserung vermiedene Emission Umweltauflage 1. verminderte Schadstoffmenge für A: 0X für B: 0X 2. Grenzkosten K‘UV für A: XF für B: XD Umweltabgabe 1. verminderte Schadstoffmenge für A: 0Y für B: 0Z 2. Grenzkosten K‘UV für A: YF‘ für B: ZD‘ Vergleich Auflage / Abgabe 1. verminderte Schadstoffmenge (verminderter Emissionen) für A: Rückgang um XY è Verschlechterung* für B: Zuwachs um XZ è Verbesserung* 2. Grenzkosten K’UV für A: Rückgang um FG** für B: Zuwachs um D‘‘D** * Da XZ besser ist als XY è bessere Umweltqualität ** Da FG > D‘‘D è geringere Grenzkostender Umweltverbesserung Fazit: Die Umweltabgabe ist damit als marktwirtschaftliche Lösung ökonomisch und ökologisch effizienter als eine administrative Auflagenlösung in der Umweltpolitik. 4.4 Umweltzertifikate Umweltpolitik mit Umweltzertifikaten besteht darin, dass marktfähige Rechte (Emissionsoder Immissionsrechte) auf Inanspruchnahme der Umwelt geschaffen werden. Die Grundidee besteht darin, dass durch einen politischen Entscheidungsträger eine Emissionshöchstgrenze eines bestimmten Schadstoffes (z.B. SO2) für eine definierten Raum festgelegt wird un die Ausnutzung dieser Umweltkapazität auf die Umweltnutzer über einen Markt geregelt wird. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 18 Region max. 10.000 t SO2 /a Y + p .a. Z + p.a. X + p .a. Zur Emission einer bestimmten Menge eines Schafstoffes ist der Verursacher nur dann berechtigt, wenn er im Besitz einer entsprechenden Menge von Zertifikaten ist. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten zur Ausstattung der Verursacher mit Zertifikaten: a) Versteigerungen b) frei Vergabe Versteigerungen Bei der Versteigerung muss sich der Verursacher sein Emissionsrecht meistbietend ersteigern. Es ergibt sich dabei ein Marktkurs für Emissionsrechte. Diese können dann von den Unternehmen untereinander gehandelt werden. Zur Verbesserung der Umweltqualität in der Region gibt es folgende Möglichkeiten: 1. Abwertung der Zertifikate in bestimmten Zeitabständen 2. Ankauf der Zertifikate durch den umweltpolitischen Entscheidungsträger (Offenmarktpolitik) è Gemeinlastprinzip 3. Ankauf der Zertifikate durch Bewohner der Region è free – rider – Problem 4. Verkauf der Zertifikate auf befristete Zeit Freie Vergabe Die vorhandenen Emittenten, die genehmigte Anlagen betrieben, erhalten Zertifikate zugeteilt. Hiermit wird jedem in der Region bereits ansässigem Verursacher sein Recht auf Emission faktisch zugestanden und für übertragbar erklärt. Wächst das Unternehmen jedoch oder wollen neue Unternehmen in der Region ansiedeln, so müssen die Zertifikate zusätzlich gekauft werden. Dies schließt zur Verbesserung der Umweltqualität nicht aus, dass die oben beschriebenen Maßnahmen 1 – 4 zur Anwendung kommen. Praktische Umsetzungsprobleme Um nun anzusiedelnde Unternehmen vor Diskriminierung zu schützen, müssen „freie Reserven“ für solche Unternehmen vorgehalten werden. Variationsmöglichkeiten der Zertifikationspolitik Das Glockenkonzept (Bubble) In einer abgegrenzten Bereich (Region) eines Umweltmediums (SO2, NOX) soll ein staatlich vorgegebenes Emissionsniveau bezüglich eines oder mehrer Schadstoffe von den in diesen Raum bestehenden Emissionsquellen erreicht werden. Es muss also nicht der individuelle Schornstein, sondern die Gesamtheit der dort ansässigen Firmen die Emissionshöchstgrenze einhalten. Regionalwissenschaft III (Umweltpolitik) Seite 19 Emittiert z.B. nur eine Firma (mit mehreren Anlagen) unter der Glocke, so muss sie mit der Gesamtheit ihrer Emissionen die Höchstgrenze einhalten. Sie hat dann die Möglichkeit, der Umweltbehörde die für sie kostenminimale Vermeidungsleistung auf ihre Anlagen vorzuschlagen. Dieses Verfahren gilt analog auch für mehrer Firmen, die den selben Schadstoff unter der Glocke emittieren. Es werden dann Emissionsrechte zwischen Anlagen verschiedener Firmen übertragen. Zwei oder mehrere Firmen mit unterschiedlichen Emissionsvermeidungskosten können dann über die Ausnutzung der ihnen zustehenden Emissionsrechte verhandeln und sich über entsprechende Kompensationsleistungen einigen. Ausgleichspolitik Die Ausgleichspolitik überträgt den Grundgedanken handelbarer Emissionsrechte und existierender Emissionsquellen auf neu einzurichtende. Der Sinn dieses Konzepts liegt in der Entschärfung des Konflikts zwischen Umweltschutz und Wirtschaftswachstum auf regionaler Ebene. Umweltbanken Da Emissionsreduktionsstrategien die Emissionen häufig nicht beliebig teilbar vermindern, ist es oft schwer eine andere Firma zu finden, die gerade diese Emissionsmenge nachfragt. Die Möglichkeit des Emissionshandels mit Hilfe von Umweltbanken bietet dann die Möglichkeit von Gutschriften auf entsprechenden „Ökokonten“. Praktische Erfahrungen in den USA In den USA werden 70 % der SO2- und NOX – Emissionen von Kohle befeuerten Kraftwerken verursacht. Mit der Novellierung des „Clean Air Bat“ im Jahre 1995 wurden als Zielwert eine jährliche Mengenreduzierung von 10 Mio. Tonnen SO2 an dem Jahre 2000 vereinbart. Dies entspricht einer Reduzierung der SO2-Emission von 50% (Basis 1980). Die erwartete Kosteneinsparung durch Einführung eines Zertifikatsystems gegenüber dem konventionellen „Command and Central - System“ werden für den Gesamten Zeitraum bis 2010 auf 9,8 bis 13,8 Mrd. US-$ geschätzt.