INFORMATIONEN ÜBER DAS MESSIESYNDROM DEFINITION MESSIE - WAS IST EIN MESSIESYNDROM? Der Begriff « Messie» kommt ursprünglich aus den USA. Dort entstand er in den Anfängen der 80er Jahren. Das Messiesyndrom (von engl. Mess = Unordnung, Dreck, Schwierigkeiten) bezeichnet das Problem, den Alltag zu organisieren, die Wohnung ordentlich zu halten und das Leben zu meistern. Messie ist eine Wortschöpfung der selbst betroffenen US- amerikanischen Sonderschulpädagogin Sandra Felton. Um sich aus ihrer Situation zu befreien, entwickelte sie ein Bewältigungskonzept und publizierte Ratgeberliteratur. Die Ratgeberliteratur und die Presseberichte machten den Begriff « Messie» auch im deutschsprachigen Raum bekannt. EIN MESSIESYNDROM KANN SICH IN VERSCHIEDENEN LEBENSSITUATIONEN AUSDRÜCKEN: Zwanghaftes Sammeln und Horten Unordentlichkeit in der Wohnung bis zu Geruchsbelästigung und Probleme mit der Hygiene Chronischen Problemen mit Zeiteinteilung und Pünktlichkeit „Lähmung“ der Handlungsfähigkeit auch in wichtigen Situationen Versäumen bzw. nicht erledigen normaler sozialer Verpflichtungen (Es kann beispielsweise vorkommen, dass die gesamte Post z.B. Werbung, wichtige Briefe oder Mahnungen ungeöffnet liegen bleibt.) Eingeschränktem sozialen Umgang, den u. a. eine oft extrem unordentliche Wohnung mit hervorruft Hilflosigkeit unter dem Druck des Chaos - Keine Motivation mehr um das Chaos zu beseitigen WAS SAMMELN MESSIES? Messies sammeln und horten die unterschiedlichsten Dinge. Die nachfolgenden Begriffe zeigen lediglich einen Teil dieser Sammelleidenschaften auf: Zeitungen, Zeitschriften und Bücher Papier- und Plastiktüten Fotografien Haushaltsvorräte Bekleidung und Schuhe 1 Büroklammern und Gummibänder Kartonschachteln Geschirr Lebensmittel Broschüren und Ferienprospekte Werkzeug und Metallsachen Pet-Flaschen Glas Besteck jeglicher Art Abfall Tiere WIE SIEHT EIN MESSIE AUS ODER WIE ERKENNT MAN EINEN MESSIE? Messies können durchaus äusserlich nicht erkennbar sein. Es gibt Messies, die gehen einer geregelten Arbeit nach und können ihr Messiesyndrom gut verbergen. Bei solchen Menschen findet man zu Hause kaum Besuch. Sie stehen permanent unter Druck nicht ertappt zu werden. Dann gibt es auch Messies, die isoliert zu Hause wohnen und nur sehr selten ihre Wohnung verlassen. Meistens besteht dort bereits eine leichte bis starke Vernachlässigung der Körperhygiene und somit eine beginnende Verwahrlosung. ABBILDUNG 1: Messiefrau, die einem Berufsleben nachgeht 1 1 URL: http://www.extratipp.com/1128210030-messies.9.jpg 2 ABBILDUNG 2: Messiemann, beginnende Verwahrlosung 2 Menschen mit dem Messiesyndrom leiden teilweise sehr unter ihrer Wohnsituation. Sie empfinden ihren Gesamtzustand als ein bedrohliches inneres und äusseres Chaos. Diese Störung nimmt einen chronischen Verlauf. Die mit dem „Messie-Sein“ zusammenhängenden Verhaltensweisen zeigen sich überwiegend im privaten Bereich, wie auch am Arbeitsplatz oder an Orten, wo von aussen Strukturen vorgegeben sind. Meist geben diese Messietypen zu erkennen, dass sie Veränderungen für ihr Verhalten wünschen. Es fehlt ihnen vielfach jedoch die geeignete Struktur und die Motivation, das innere und äussere Chaos alleine zu bewältigen. Typische Merkmale des Messietypen sind, dass sie Unmengen an Gegenständen ansammeln. Es wird Brauchbares und Unbrauchbares in grossen Mengen in der ganzen Wohnung aufbewahrt. Der Sammeltrieb ist eine krankhafte Neigung die verschiedensten Gegenstände, ohne Rücksicht auf ihre Brauchbarkeit, einzusammeln und aufzubewahren. Messies sammeln Gegenstände verschiedenster Art. Meist ist es für Aussenstehende nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien ein Messie seine Sammelstücke auswählt. Oft vergessen sie auch schnell wieder, was sie eigentlich sammeln und was sie bereits besitzen. Hier wäre eine einfache Entsorgung durch Helfer keine gute Lösung, denn der Messie würde sofort wieder anfangen zu sammeln und in kürzester Zeit würde die Wohnung wieder gleich aussehen. Eine weitere Problematik bei Menschen mit dem Messiesyndrom ist, dass sie erhebliche Mühe haben beim Treffen von Entscheidungen. Die Anhäufung der zahlreichen Gegenständen, basieren auf einer deutlichen Entscheidungsunfähigkeit der Messies. Sie sind störungsbedingt nicht in der Lage zu beurteilen, was sie benötigen oder was nützlich ist und was nicht. Sie sind nicht in der Lage zu entscheiden, was man entsorgen muss oder was noch brauchbar ist. Es liegt also eine sogenannte Entscheidungsschwäche vor, die sich auf viele unterschiedliche Lebensbereiche auswirkt. 2 URL: http://www.pinzralle.bboard.de/penner.jpg 3 Ein weiteres Merkmal der Messies ist, dass sie vielfach unter Konzentrationsschwächen und unter Dauererschöpfung leiden. Aussenstehende merken dies vor allem in Gesprächen oder in unstrukturierten Arbeitsabläufen. Messies sind häufig auffallend unaufmerksam und lassen sich von begonnener Arbeit schnell ablenken Eine grosse Problematik von Messies ist auch, dass sie eigentlich im Dauerstress sind, weil sie sich bemühen gegenüber von Dritten die Menge von ihrem Gesammelten zu verstecken und zu verheimlichen. Beobachtet wird auch, dass sie ihre Wohnung teilweise verdunkeln, um den Wohnungszustand vor den Blicken Anderer zu verstecken. DIE VERSCHIEDENEN MESSIETYPEN DIE ZEITMESSIES Es handelt sich hier um Menschen, die Schwierigkeiten haben mit Terminen und Zeitangaben. Sie vergessen entweder all ihre Termine, verwechseln sie oder kommen einfach immer zu spät. Es wird beobachtet, dass sie ihr Zuspätkommen wieder versuchen gutzumachen, indem sie einfach im Nachhinein länger bleiben möchten. Das führt dann natürlich zu neuen Problemen, wenn weitere Verabredungen folgen. Diese Zeitproblematik wirkt sich sehr negativ aufs Privat- und Berufsleben der Messies aus. DIE CHAOSARBEITER Chaosarbeiter zeichnen sich durch einen völlig chaotischen Arbeitsplatz aus. Bei Büroarbeit erkennt man das vor allem daran, dass sich immer mehr Akten- sowie Papierberge stapeln. Ein Messie-Chaosarbeiter verliert immer mehr die Übersicht und findet daher meistens gar nichts mehr in all seinen Unterlagen. In der Folge entsteht ein gewaltiger innerlicher Druck, denn auf diese Weise lassen sich unmöglich anstehende Arbeiten zeitgerecht bearbeiten. DIE SOGENANNTEN ICH-CHAOTEN Ich-Chaoten sind Messies, die nirgends an einem interessierten Thema dranbleiben können. Sie haben den Drang über alle möglichen Themen Bescheid zu wissen. Sie sind sehr schnell zu begeistern und irren zwischen unterschiedlichen Themen, Trends und diversen Interessen hin und her. DIE VERMÜLLUNGSTYPEN Vermüllungstypen sind erkennbar daran, dass sie in grossem Umfang Müll ansammeln. Nicht nur ihr eigener, sondern auch Müll von Aussen wird in die Wohnung hereingetragen und dort aufbewahrt. 4 Dies können z.B. Abfallspeisen, alte Lebensmittel von Marktständen, diverses Verpackungsmaterial, alte Joghurtbecher sein. Die Ware wird nicht geputzt oder gereinigt. Sie wird so wie sie ist in der Wohnung aufbewahrt. Teilweise wird auch alles aufeinander gestapelt. DIE TIERHORTER „ANIMAL HOARDING“ Diese Messietypen sind noch gar nicht so lange bekannt. Sie sammeln diverse Tiere in grosser Anzahl. Die Tiere werden nicht mehr richtig versorgt und es fehlt nicht nur an Nahrung und Wasser, sondern die Anzahl der Tiere ist alleine gar nicht mehr zu bewältigen. Meistens werden Hunde, Katzen, Nagetiere und Vögel in hoher Anzahl auf kleinstem Wohnraum gehalten. Die Wohnungen sind übersät mit Kot und Urin und es stinkt fürchterlich. Ausserdem breiten sich diverse Krankheiten aus. UNTERSCHIEDLICHE ZUSTÄNDE DER MESSIE- WOHNUNGEN Wenn man in eine Messiewohnung kommt, dann wird man feststellen, dass es Messies gibt, die durchaus auch ein System in ihrem Horten und Sammeln haben, wenn dies auch für Nichtmessies ohne Vorkenntnisse, schwer erkennbar ist. Der Wohnungszustand lässt viel über den Menschen aussagen und lässt vor allem den Messietyp erkennen. SYSTEM VORHANDEN BEIM SAMMELN Einige Messies haben ein einmaliges System für sich gefunden, um all ihre Gegenstände doch irgendwie zu ordnen. Sie überlegen sich dabei genau, wie und wo sie ihre gesammelte Ware deponieren möchten. Hier könnten auch die sogenannten Tunnelsysteme entstehen, das heisst zwischen den deponierten Sachen hat es akribisch genaue Gänge zum in andere Räume oder Ecken zu gelangen. Diesen Überlegungen können „Nichtmessies“ kaum folgen. Die Vorstellungen über eine geordnete Wohnung variiert dementsprechend zwischen Messies und Nichtmessies erheblich. Aussenstehende denken ein Messie würde es wohl kaum bemerken, wenn man seine Waren entfernen oder gar entsorgen würde. Dem Messie mit einer Systematik fällt jedoch die geringste Veränderung in seiner Wohnung auf. Entfernt man einem Messie einfach seine Sachen, so bestätigen sich seine Ängste aufs Neue. KEIN SYSTEM VORHANDEN BEIM SAMMELN Bei Messies die überhaupt kein System beim Sammeln haben, liegt alles kreuz und quer herum. Der Wohnungszustand ist äusserst chaotisch und kaum überschaubar. Interessant ist bei diesen Messies, dass sie kaum unter Verlustängsten leiden und auch keinen oder nur wenig Bezug zu ihren gesammelten Sachen haben. 5 HORTEN Beim sogenannten Horten bewahren die Messies alles auf, was einmal in ihre Wohnungen gelangt ist auf. Sie entfernen auch keine Abfälle mehr. Es entstehen die bekannten Müllberge in der Wohnung. TROCKENE ODER FEUCHTE UMGEBUNG Viele Messiewohnungen haben eine trockene Umgebung, das heisst es befinden sich weder verdorbene noch faule Lebensmittel oder sonstige feuchte Abfälle in der Wohnung. Die Praxis zeigt, dass Fälle mit trockener Umgebung am häufigsten vorkommen. Einen erheblichen Unterschied macht es, wenn statt Staub und Chaos eine feuchte Umgebung vorhanden ist. Eine solche Umgebung entsteht durch eventuelle Exkremente oder verdorbene und faule Lebensmittel oder auch durch nasse Wäsche, die nicht aufgehängt wird. In der Wohnung entsteht schnell Schimmel an den Wänden und die feuchte Umgebung ist eine Brutstätte für zahlreiche Bakterien und Ungeziefer. FUSSBODEN IST NICHT MEHR BETRETBAR Die gesammelte Ware liegt überall gestapelt auf dem Fussboden. Es bestehen keine Durchgänge mehr zu den einzelnen Räumen. Man ist gezwungen über die Gegenstände zu steigen. Hier bildet sich die Gefahr, dass man stürzt und sich verletzt. Vor lauter Ware können auch eventuelle Schäden des Fussbodens nicht erkennt werden. SCHLAFRAUM / SCHLAFPLATZ NICHT MEHR BENUTZBAR Bei einigen Messies kommt es vor, dass sie gar keinen fixen Schlafplatz mehr haben. Das Bett oder die Matratze sind nicht mehr benutzbar, da diverse Sachen darauf gestapelt sind oder es ist derart verschmutzt, dass es einfach keine Möglichkeit zur Nutzung mehr gibt. Nebst dem Schlafplatz sind oft auch die Toiletten und Duschen aus, denselben Gründen, nicht mehr benutzbar. Das sind deutliche Anzeichen, dass eine beginnende oder bestehende Verwahrlosung im Gange ist und der Messies sich selbst nicht mehr ausreichend pflegen und versorgen kann. 6 URSACHEN FÜR DAS MESSIESYNDROM In Messiewohnungen leben Menschen, die nicht in der Lage sind, die Räumlichkeiten in einem von der Gesellschaft akzeptierten Zustand zu erhalten. Diese Unfähigkeit stellt kein eigenständiges Krankheitsbild dar. Vielmehr ist sie Ausdruck tief liegender psychischer Vorgänge. Die Ursachen sind äusserst vielschichtig. Eines haben jedoch alle Betroffenen gemeinsam, nämlich das Vorliegen einer Kumulation verschiedenster ungünstiger Faktoren. ALS URSACHEN KOMMEN IN BETRACHT: psychische und/oder physische Erkrankungen (werden in der Praxis am Meisten festgestellt) Verhaltensstörungen ohne Krankheitswert nicht erworbene Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen Behinderungen PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN: Depression Angststörung/ Angstneurose Zwangsstörung - man will nichts wegwerfen und entsorgen Psychotische Störung Demenz PHYSISCHE ERKRANKUNGEN: Herz- Kreislauferkrankungen Diabetes mellitus Augenerkrankungen mit teils starker Sehbehinderung Inkontinenz Erkrankungen des Bewegungsapparates HILFE UND UNTERSTÜTZUNG Experten halten eine professionelle Begleitung/ Coaching für ein geeignetes Mittel, Messies in ihrem Wohnalltag zu unterstützen. Durch eine entsprechende Begleitung werden die Wohnkompetenzen der Klienten gestärkt und eventuell drohenden Wohnungskündigungen kann so hilfreich entgegengewirkt werden. Zürich, 6.1.2011 7