Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP) Am Zollhof 2a D‐47829 Krefeld Messie‐Syndrom: Hilfe im Haushalt für die Betroffenen nicht nützlich Das so genannte Messie‐Syndrom (von engl. mess = Unordnung) bezeichnet eine stark ausgeprägte Unfähigkeit von Menschen, das Alltagsleben zu organisieren und die private Wohnung ordentlich zu halten. Personen, die unter einem Messie‐Syndrom leiden, brauchen meist Hilfe. Diese sollte sich aber nicht auf die Bewältigung des Haushalts oder auf Aufräum‐ und Entrümpelungsarbeiten beschränken, sondern die psychischen Hintergründe miteinbeziehen. „Messies sind meist Menschen mit ausgeprägten Desorganisationsproblemen, die im Inneren der Betroffenen ihren Ursprung haben. Sie haben Probleme damit, dass ihre Gedanken um die Bewältigung der einfachsten alltäglichen Arbeiten kreisen und Entscheidungsschwierigkeiten sie daran hindern, diese Dinge zu verrichten. Auch sind sie oft nicht in der Lage, bei anfallenden Tätigkeiten Prioritäten zu setzen. Zudem schätzen sie den Wert und Nutzen von Dingen anders ein als der Durchschnitt der Bevölkerung, was sie zuweilen daran hindert, sich von Sachen zu trennen“, berichtet Dr. Christa Roth‐ Sackenheim vom Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP) in Krefeld. „Wird ihre Wohnung nun aufgeräumt oder gesäubert, wird dies die Probleme nicht lösen, solange das innere Chaos weiter besteht. Eingriffe im privaten Bereich sollten sogar zunächst vermieden werden, weil der Wohnbereich von Menschen mit dem Messie‐Syndrom oft sehr schambelastet ist und sie emotional stark an gehorteten Gegenständen hängen können.“ Durch vermeintlich gut gemeinte Aufräumarbeiten können Betroffene in eine schwere psychische Krise geraten, weil sie das Gefühl haben, mit den Gegenständen sei auch das Leben oder die Kontrolle darüber weggeworfen worden. Scham stellt große Belastung dar Vom Messie‐Syndrom Betroffene sind häufig gesellschaftlich und beruflich engagiert bis hin zur Selbstüberforderung. Durch dieses Verhalten versuchen sie meist ihre Probleme im privaten Bereich zu kompensieren. „In sozialen Beziehungen werden Betroffene jedoch immer wieder mit ihren Problemen und der Scham darüber konfrontiert. Oft mündet dies in sozialer Isolation, weil Einladungen vermieden werden und Kontakte abgebrochen werden. Auch Partnerschaften und das Familienleben sind besonders großen Belastungen ausgesetzt“, erklärt die Psychiaterin und Psychotherapeutin aus Andernach. Betroffene leiden oft unter Ängsten, großer Anspannung, und innerer Zerissenheit und fühlen sich unter dem Druck des Chaos hilflos. Daneben können auch psychosomatische Symptome auftreten. Therapiemaßnahmen setzen auf verschiedenen Ebenen an Hilfreich kann eine professionelle psychotherapeutische Therapie sein, die dann zum Erfolg führt, wenn der Betroffene den Willen hat, an seiner Situation etwas zu verändern. Viele lehnen zunächst jedoch Hilfsangebote ab und nehmen diese erst an, wenn sie mit erheblichen Konsequenzen, wie der Kündigung der Wohnung konfrontiert sind. Bei der Therapie geht es darum, die betroffene Person in die Lage zu versetzen, sich besser organisieren zu können und sie auch psychisch zu stärken. „Eine Verhaltenstherapie, in denen die Gründe und Ursachen mit dem Therapeuten besprochen und bestimmte Verhaltensformen festgelegt werden, kann erfolgreich sein. Schritt für Schritt können beispielsweise Bereiche in der Wohnung ausgewählt werden, die in Ordnung gehalten werden“, schildert Dr. Roth‐Sackenheim. „Betroffene können so erfahren, sich wieder selbst zu kontrollieren und sich auf sich verlassen zu können. Dadurch verbessern sie ihr Selbstwertgefühl, welches störungsbedingt oft beeinträchtigt ist.“ Neben einer Verhaltenstherapie ist es meist sinnvoll, auch die Angehörigen einzubeziehen und zu unterstützen. Selbsthilfegruppen können darüber hinaus das Verständnis und die Akzeptanz bei Betroffenen und auch Angehörigen fördern und dadurch den Umgang mit der Störung erleichtern. Das Messie‐Syndrom tritt in allen sozialen Schichten, Einkommens‐ und Altersklassen auf. Anders also oft in den Medien verbreitet, hortet nur eine kleine Minderheit der Betroffenen auch Abfälle und Essensreste oder lebt zwischen Schmutz und Ungeziefer. Das Messie‐Syndrom kann sich eigenständig entwickeln aber auch Begleitumstand verschiedener psychiatrischer Krankheitsbilder sein. Ist es Teil einer anderen psychiatrischen Erkrankung, wie einer Depression, Sucht, Zwangserkrankung oder einer Psychose, ist eine psychiatrisch‐psychotherapeutische Behandlung unbedingt erforderlich. Mehr Informationen unter www.psychiater‐im‐netz.org