ARBEITSSICHERHEIT/GESUNDHEIT Schlechte Sichtverhältnisse im Wald Besser sehen mit Gelbglasbrillen Die je nach Tageszeit und Witterung wechselnden Lichtverhältnisse im Wald beanspruchen die Augen von Förstern, Waldarbeitern oder Maschinenführern stark und führen zu Ermüdungserscheinungen. Die Schutzgitter an der Kopfschutzkombination verstärken dieses Problem. Abhilfe können in vielen Fällen Gelbglasbrillen schaffen, wie deutsche Studien an der Fachhochschule in Göttingen ergeben haben. S eit 1991 führt der Fachbereich Forstwirtschaft und Umweltmanagement an der Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen Studien durch, die zum Ziel haben, die Sicht- und BeleuchtungsVon Friedbert Bombosch* verhältnisse unter verschiedenen Einsatzbedingungen zu bewerten und Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Die Diplomarbeit von Andreas Preuss zum Thema «Die physischen und psychischen Belastungen von Maschinenführern» gibt einen Einblick in die überwiegend widrigen Sicht- und Beleuchtungsverhältnisse bei Harvesterarbeiten. Die Belastungen führten zu starken Ermüdungen bzw. psychischen Beanspruchungen, die als vordringlich verbesserungsbedürftig eingestuft wurden. Mittels Zusatzscheinwerfern an verschiedenen Stellen der Maschine wurde versucht, die Beleuchtungsverhältnisse zu verbessern, aber ohne Erfolg. Ein verändertes Zeitmanagement mit Fahrerwechsel in kürzeren Zeitabschnitten erwies sich als schwer umsetzbar und kostspielig. So stehen die Maschinenführer mit ihren sehr teuren Maschinen und bei hohen Ansprüchen an Bestandespfleglichkeit und Aufarbeitungsqualität buchstäblich im Dunkeln. Hauptproblem auf dem Weg zu besserern Sichtverhältnissen sind der Arbeitsplatz an sich sowie fehlende rechtliche Vorschriften und Grenzwerte für Arbeitsplätze im Freien. * Der Autor ist Dozent für Waldarbeit, Wegebau und Betriebswirtschaftliches Management an der Fachhochschule DE-Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fachbereich Forstwirtschaft und Umweltmanagement. Die beiden im Artikel erwähnten Diplomarbeiten können bei Interesse von der FH-Bibliothek angefordert werden, Fax 0049 551 5032 299. 32 W A L D U N D H O L Z 7/02 Probandin mit der Uvex-Gelbglasbrille Modell «astrospec». Uvex-Grauspiegelbrille «Skyper». Die Untersuchung von Jürgen Hochrein zum Thema «Schutzbrillen als Alternative zu Gesichtsschutzgittern bei Freischneidearbeiten?» geht auf diese Problematik nochmals ein. Der Waldarbeiter muss laut Unfallverhütungsvorschrift bei Freischneidearbeiten ein Gesichtsschutzgitter tragen, das allerdings einen Verlust von bis zu 40 % bei der Lichtdurchlässigkeit aufweist. Ein gross angelegter Gebrauchsmustertest findet in der Verwendung von weitgehend beschlagfreien Sicherheitsbrillen (z. B. UVEX Astrospec) eine Lösung für die motormanuelle Bestandespflege und Ästung. Der Diplomarbeit entnehmen wir ferner Hinweise, dass «eine verbesserte Beleuchtungssituation neben den physio- logischen auch psychologische Auswirkungen wie zum Beispiel gesteigertes Sicherheitsgefühl und erhöhte Motivation bewirkt». Sicherheitsaspekte und Schwierigkeiten mit dem Gehörschutz haben zwar positive Auswirkungen auf die Entwicklung lichtdurchlässigerer Gesichtsschutzgitter gehabt, lösen die Gesamtsituation bisher jedoch nicht befriedigend. Der Lichtverlust beträgt je nach Typ noch 20–25 % gegenüber der freien Sicht. Wie sehen wir? In Nachfolgenden kurz einige Eigenschaften des Auges in Bezug auf die Wahrnehmung von Licht und Farben, wobei ARBEITSSICHERHEIT/GESUNDHEIT Übersicht Gelbglasbrillen und Grauspiegelbrillen. Links: Modell Nassau (Peltor). Mitte, unten: Modell Astrospec (Uvex). Mitte, oben: Modell Skyper (Uvex). Rechts: Modell Millennia (Dalloz Saftey) als Gelbglas- und Grauspiegeltechnik. dem Helligkeitsempfinden ein besonderer Stellenwert beigemessen werden soll. «Die menschliche Netzhaut (Retina) besteht aus Zäpfchen und Stäbchen. Die Zäpfchen sind Fotorezeptoren für das Sehen bei Licht höherer Intensität (bei Tag) und für das Farbsehen. Die Stäbchen ermöglichen das Sehen bei Licht niederer Intensität (bei Nacht), wobei keine Farbinformationen wahrgenommen werden (Schwarz-Weiss-Sehen). Zusätzlich befinden sich Stäbchen eher in den Randbereichen der Retina, so dass die Bilder bei Nacht eher unscharf wahrgenommen werden. Die Zäpfchen tragen zur Farbwahrnehmung blau-, grün- und gelbsensible Pigmente und liegen im Zentrum der Netzhaut. Die Pigmente sind nicht nur ungleich über die Zäpfchen verteilt (64 % der Zäpfchen enthalten gelbe, 32 % grüne und ca. 2 % der Zäpfchen enthalten blaue Pigmente), auch die Zäpfchen selbst sind ungleich auf die Netzhaut verteilt. Im Zentrum der Retina befindet sich der Grünbereich, umgeben vom Gelbbereich, der wiederum vom Blaubereich umgeben wird.» (www.farbe.com/farbe1.htm). Diese Verteilung bewirkt, dass das Auge bei einer Wellenlänge von 555 nm (Gelbbereich: 550–590 nm) am empfindlichsten ist (aus: «Theoretische Grundlagen der Lichttechnik»). Das sichtbare Licht liegt bei Wellenlängen von 380 bis 780 nm. Die gelbe Farbe finden wir deshalb im täglichen Leben an Stellen, die erhöhte Aufmerksamkeit erfordern, zum Beispiel die Beleuchtung an Fussgängerüberwegen, bei Ampeln oder bei Autos die gelben Blinker. Ein neuer Ansatz Die Hersteller von Sicherheitsbrillen zeigten auf der Fachmesse Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (A+A) 2001 in Düsseldorf moderne Modelle der sogenannten Amber- oder auch Gelbglasbrillen, die bereits verschiedene Einsatzbereiche in der Industrie und des Schiesssports abdecken. Es lag nahe, diese Brillen auch im überwiegend Grünlicht-geprägten Wald zu testen. Es bestand die Vermutung, dass die hohe physiologische Wahrnehmungsempfindlichkeit durch die Intensivierung der Farbe Gelb mit den Brillen zu einem besseren Helligkeitsempfinden führt und damit auch zu einer erhöhten Arbeitssicherheit als zum Beispiel bei Brillen mit Klarglas. Trotz einer Reduktion der Lichtdurchlässigkeit im gelben Farbspektrum von ca. 10 % erscheinen die Ergebnisse einer Pilotstudie im Rahmen einer Semesterexkursion und eines Maschinenführertests mit nahezu 100 Probanden sehr vielversprechend (s. Tab. unten). Die Einsatzbereiche bei der Semesterexkursion reichten vom Auszeichnen über die Jungbestandespflege mit der Motorsäge bis hin zur Ästung. Die Maschinenführer steuerten Harvester und Forwarder. Zum Einsatz kamen die Brillen Astrospec mit Amberglas, beschlagfrei, der Firma Uvex. Frage positiv Wie empfinden Sie den Einfluss auf die Helligkeit des Sichtfeldes? 91 % 9% Wie beurteilen Sie den Einfluss auf das Kontrastempfinden? 82 % 18 % Meinen Sie, dass durch die Brille mehr Sicherheit in Bezug auf Stolpern, Augenverletzungen usw. gegeben wird? 88 % 12 % Umfrageergebnisse der Pilotstudie. negativ Im Rahmen dieses Tests wurden auch neu entwickelte Grauspiegelbrillen (Modell Skyper, Firma Uvex) getestet. Durch die verspiegelte Oberfläche und eine leichte Grautönung werden Blendungen durch Lichtkegel und Lichtreflexe merklich reduziert. An kontrastreichen Arbeitsplätzen wie zum Beispiel bei Forwarderfahrern (Sonnenschein in der Rückegasse) oder bei Arbeiten auf der Frei- oder Kulturfläche wird das Auge spürbar entlastet. Durch das relativ geringe Einsatzspektrum wird jedoch im Forst keine weite Verbreitung erwartet. Der Hinweis auf diesen Brillentyp erscheint im Hinblick auf andere Einsatzmöglichkeiten jedoch sinnvoll. Schlussfolgerungen Die überwiegend sehr schlechten Lichtund Sichtverhältnisse sowie die Kontrastunterschiede im Wald stellen höchste Anforderung an das Auge. Von Seiten des Gesetzgebers gibt es keine Vorgaben oder Grenzwerte für diesen Arbeitsplatz. Körperliche Schwerstarbeit, aber auch mental sehr hohe Belastungen sind mit Unfallrisiken und Qualitätsanforderungen zu vereinbaren. Ein Spannungsfeld, in dem der Faktor Licht eine zentrale Rolle spielt. Die dargelegten Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sich im Wald arbeitende Personen mit Hilfe von Brillen kostengünstig den gegebenen Lichtverhältnissen anpassen können. Die Gelbglasbrillen tragen massgeblich zu einer Verbesserung der Sichtverhältnisse bei und haben in den genannten Einsatzbereichen überzeugt. An dieser Stelle sei abschliessend noch erwähnt, dass Arbeitsschutzbrillen auch als Korrektions-Schutzbrillen (Einstärken-, Zweistärken- und Gleitsichtgläser) angeboten werden. Brillenträger können bei Bedarf vom Hersteller der Schutzbrillen ihre gewünschten Sehhilfen problemlos beziehen. ■ W A L D U N D H O L Z 7/02 33