Einführung in die Indologie, 14. Mai 08, ht Zum historischen Buddha In der Untersuchung der Berichte über das Leben des Buddha sind verschiedene Ausgangspunkte zu unterscheiden, die einen entscheidenden Einfluß auf die Untersuchungsmethode und das Ergebnis haben, z.B.: - die historisch-kritische Forschung versucht die historische Persönlichkeit des Buddha aus den sein Leben darstellenden Legenden herauszuarbeiten - die Vertreter unterschiedlicher Schulen versuchen, die Biographie Buddhas im Sinne der von ihnen vertretenen Lehrmeinungen zu interpretieren und auszugestalten - ein gläubiger Buddhist sieht in dem Legendschatz, der ihren Religionsstifter umgibt, eine Verdeutlichung der Lehre und ihr eigentliches Zentrum - ein persönlicher Zugang kann Forschung, Lehrmeinungen und Legenden über den Buddha mit der Frage zur Kenntnis nehmen, ob diese irgendeine Relevanz für die persönliche Lebensgestaltung haben Der Religionswissenschaftler KLIMKEIT hält insbesondere zwei methodische Ausgangspunkte für den Wissensfortschritt in seinem Fach für sinnvoll: Einerseits den der historisch-kritischen Forschung, der den Ballast der die tatsächlichen Verhältnisse verschleiernden Legenden beiseite schiebt, um den historischen Kern herauszuarbeiten, andererseits den der hermeneutischverstehenden Methode, die versucht Motive, Intentionen, herauszuarbeiten, mit denen ein Bericht über eine historische Tatsache verändert wird und mit dieser Methode zum Verständnis einer bestimmten historischen Erscheinungsform des Buddhismus zu gelangen. Die klassische Indologie leistet ihren Beitrag zur Erforschung des Buddhismus durch die Bearbeitung von Quellen aus Südasien, d.h. überwiegend durch die Konzentration auf Zeugnisse in alt- und mittelindoarischen Sprachen (im Vergleich mit Übersetzungen dieser Quellen in andere Sprachen, insbesondere Tibetisch und Chinesisch), und ist damit von der Erforschung des Buddhismus in Tibet, Südostasien, Ostasien und auf der westlichen Hemispähre abzugrenzen. Bechert grenzt den Forschungsgegenstand „Der historische Buddha und seine Lehre“ gegenüber der „Geschichte des Hinayāna in Indien“, dem „Theravāda-Buddhismus“, dem „Mahāyāna“ und dem „tantrischen Buddhismus“ weiter ein (s. BECHERT: 118-124). „Die Erschließung der ältesten Überlieferung“ (und damit den noch am wenigsten überformten Berichten über das Leben des historischen Buddha) „bedarf der vergleichenden Betrachtung der verschiedenen ‚Sektenrezensionen’ der kanonischen Schriften, und da der größte Teil dieser Literatur im Orginal verloren ist, oft der Heranziehung tibetischer und chinesischer Übersetzungen dieser Werke ...“ (BECHERT: 70). 1 Neben dem einzig vollständigen erhaltenen Kanon in der mittelindoarischen Sprache Pāli sind Teile des Kanons in Gāndharī, im buddhistischen hybriden Sanskrit und im klassischen Sanskrit erhalten. Zur Veranschaulichung der historischen Verwerfungen: Der Pāli-Kanon stammt ursprünglich aus dem Gebiet des heutigen Madhya Pradesh, wurde 89-77 v.u.Z. aufgezeichnet, ist aber noch bis ins 2. Jh. u.Z. durch Texte ergänzt worden, die aus dem Mutterland nach Ceylon gebracht wurden und ist erst im 5./6. Jh. durch die großen Kommentare endgültig fixiert worden (s. BECHERT: 70f.). Buddha Eingang ins Nirvāňa wird heute zwischen 420 und 350 v.u.Z. datiert: „In sum ... the dating of the historical Buddha’s Nirvāňa in a time-frame between 420 and 350 B.C. emerges as most likely (even if it cannot yet be definitively pronounced to be beyond all possible doubt).“ (SEYFORT RUEGG: 86) Zurück zum Pāli-Kanon als einer der ältesten und umfangreichsten Quellen zu Leben und Lehre des Siddhārtha (Eigenname) Gautama (Familienname), dem Śākyamuni („the Sage of the Śākya clan, LAMOTTE: 17): Gut 300 Jahre liegen zwischen Buddhas Tod und der ersten Niederschrift; gut 1000 Jahre bis zur Fixierung durch die Kommentare: Zeiten, in denen sich nicht nur die ursprüngliche Lehre, sondern auch die Berichte über Buddhas Leben gewandelt haben. Eine Aufgabe der Forschung ist es, authentische Berichte von späteren Legenden abzugrenzen, s. z.B. VETTER: 3 für einen zuverlässigen Bericht aus Buddhas Leben. BECHERT KLIMKEIT LAMOTTE SEYFORT RUEGG VETTER Heinz Bechert: „Buddhismus“. In: Einführung in die Indologie. Hrsg. von Heinz Bechert und Georg von Simson. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 21993, pp. 115-123. Hans Joachim Klimkeit: Der Buddha. Leben und Lehre. Stuttgart: Kohlhammer 1990. Étienne Lamotte: History of Indian Buddhism. Translated from the French by Sara Webb-Boin. Louvain: Institut Orientaliste Louvain-la-Neuve 1988. D. Seyfort Ruegg: A new publication on the date and historiography of the Buddha's decease (nirvāňa): A review article on: The dating of the historical Buddha. Göttingen 1991-97. Bulletin of the School of Oriental and African Studies 62,1 (1999) 82-87. Tilmann Vetter: The Ideas and Meditative Practices of Early Buddhism. Leiden etc.: Brill 1988. Empfohlene Darstellungen des frühen Buddhismus: – Erich Frauwallner: Die Philosophie des Buddhismus. Berlin: Akademie Verlag 41994. – Ders.: „Der Buddha und der Jina.“ In: Geschichte der indischen Philosophie. I. Band. Salzburg: Otto Müller Verlag 1953, pp. 147-272. 2