Leseprobe

Werbung
Liebe Leserin, lieber Leser,
es folgen nun auszugsweise einige Beispielseiten aus unserer Broschüre:
„Professionelles Deeskalationsmanagement in Einrichtungen für betagte oder schwerstpflegebedürftige Menschen, Menschen mit Demenz oder chronischen psychischen Erkrankungen“.
Der vorliegende Praxisleitfaden gibt Verantwortlichen und Beschäftigten Hinweise und Anregungen, wie mit dem Thema „Gewalt und Aggression“ professionell und fachkundig umgegangen
werden kann und welche Voraussetzungen in der Einrichtung vorhanden sein müssen.
Mit folgender Leseprobe haben Sie die Möglichkeit sich einen ersten Eindruck über die Inhalte zu
machen.
Bei Interesse können sie das vollständige Exemplar (Din A4, 116 Seiten) zum Preis von 16,00 Euro
(zzgl. Versandkosten: 2,20 Euro) bei uns bestellen.
Herzliche Grüße
Ralf Wesuls
Ralf Wesuls
Ingeborg Thurner-Dierolf
Uwe Pester
Christa Dauber
Praxisleitfaden
z u m U m g a n g m i t G e w a l t u n d a g g r e s s i v e n Ve r h a l t e n s w e i s e n
Professionelles
Deeskalationsmanagement
in Einrichtungen für betagte oder schwerstpflegebedürftige Menschen,
Menschen mit Demenz oder chronischen psychischen Erkrankungen
Institut
für Professionelles
Deeskalationsmanagement
Inhalt
Vorwort 4
Ein herzliches Dankeschön 5
Erläuterungen
5
Abkürzungen
5
I. Einführung
9
1. Gewalt und Aggressionen in menschlichen Systemen
9
2. Gewalt und Aggressionen in den Gesundheitsberufen
9
3. Verbreitung von Aggression im Altenhilfebereich
11
II. Theoretische Grundlagen
16
1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 Begriffsdefinitionen
Deeskalation
Ärger, Wut und Empörung
Aggression
Herausforderndes Verhalten
Abwehrendes Verhalten
Befremdliches Verhalten
Gewalt
Abgrenzung der Begriffe und Definitionen
16
16
16
16
18
18
19
19
21
2. 2.1 2.2 2.3 Aggressionstheorien, Arten und Formen von „AHAB-Verhaltensweisen“
Aggressionstheorien
Arten von AHAB-Verhaltensweisen
Formen von Aggressionen
24
24
24
25
3. 3.1. 3.2. Das Präventionskonzept Professionelles Deeskalationsmanagement®
Deeskalation und Deeskalationsmanagement
Das Stufenmodell® der Deeskalation
27
27
28
III. Deeskalation in der Praxis
31
Deeskalationsstufe I
31
1. 1.1
1.2 1.3 1.4 1.5. 1.5.1. 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6.
1.6. 32
Aggressionsauslösende Reize Stationsregeln, Hausordnung und Gewohnheiten im Umgang
mit betagten und pflegebedürftigen Menschen -> strukturelle Gewalt Aufgezwungene Werte und Einstellungen
Hohe Fremdbestimmung, zu wenig Autonomie und Mitbestimmung
Verhinderte aktuelle Bedürfnisbefriedigung
Ungünstige Verhaltensweisen, Interaktions- und Kommunikationsmuster von Pflegenden
Unangemessene Annäherung und Unterstützung bei pflegerischen Handlungen und Bewegungsabläufen
Unangemessener Umgang mit Betreuten
Frustrationserlebnisse Nichtbeachtung von Schamgefühl
Überforderung und Stress der Betreuten
Drohungen und Bestrafungen
Aversionen und Trigger 32
34
34
35
36
36
36
36
37
37
37
38
Deeskalationsstufe II
39
1. 1.2. 1.3. 1.4
1.5 Subjektive Wahrnehmungsprozesse und deren Auswirkungen
Die Entstehung eines zu großen Appellohres und die Folgen
Die Entstehung eines großen Beziehungsohres und die Folgen
Lösungen: Die Wahrnehmung auf dem Selbstoffenbarungsohr Beziehungsmuster
39
40
42
43
45
2. Der systemische Eskalationskreislauf/Deeskalationskreislauf 46
3. Macht
48
4. Eigenes Aggressionspotential
50
Deeskalationsstufe III 51
1. 1.1
1.2 Individuelle Ursachen und Beweggründe
AHAB-Verhaltensweisen aufgrund von gerontopsychiatrischen oder neurologischen Erkrankungen sowie neuropsychologischen Störungen
Psychologische Ursachen und Beweggründe von AHAB-Verhaltensweisen
51
2. Anwendung und Nebenwirkungen von Medikamenten (Hülsewede, 2008)
64
3. Systemische Ursachen von AHAB-Verhaltensweisen
66
52
58
Deeskalationsstufe IV
73
1.
Grundregeln der Deeskalation
73
2
2.1. 2.1.1. 2.1.2. 2.1.3. 2.1.4. 2.1.5. 2.1.6. 2.2. Verbale und nonverbale Deeskalationstechniken
Verbale Deeskalation I bei Betreuten mit keinen, leichten oder mittleren kognitiven oder sprachlichen Einschränkungen
Die Situation des Betreuten
Die Deeskalationsphasen
Eigene Gefühle und Solidarität zeigen
Reaktionen auf negative Entwicklungen in der Deeskalation
Vorsicht vor zu großem Ehrgeiz
Deeskalation von Betreuten mit Halluzinationen oder psychotischem Wahnerleben Verbale Deeskalation II bei Betreuten mit schweren kognitiven oder sprachlichen Einschränkungen 76
76
76
77
82
83
83
88
91
Deeskalationsstufe V
1.
Vermeidungstechniken/Sichere Annäherung
2
Verletzungsfreie und schonende Löse- und Abwehrtechniken
98
98
105
Deeskalationsstufe VI
1.
Schonende Begleittechniken
2
Immobilisationstechniken (4-SIK®)
108
108
109
Deeskalationsstufe VII
1.
Kollegiale Erstbetreuung
2
Professionelle Nachbearbeitung
110
110
111
IV. Professionelles Deeskalationsmanagement in Institutionen (ProDeMa®)
112
Das ProDeMa® Schulungskonzept Literaturliste und Quellennachweise Impressum
113
114
115
I. Einführung
1. Gewalt und Aggressionen in menschlichen Systemen
Zusammenleben und Zusammenarbeit ohne Gewalt und Aggressionen wäre etwas
Wunderbares!
Diesen Wunsch äußern viele von uns, er wird aber ein Traum bleiben. Gründe und Ursachen hierfür sind
sehr komplex, da jeder Mensch auf Grund seiner Erfahrungen, seiner Erlebnisse, seiner Persönlichkeit und
seiner Wertehaltung unterschiedlich auf Ereignisse und Situationen reagiert und handelt. Unterschiedliche
Interessen erzeugen immer wieder Konflikte, die auch sehr stark emotional besetzt sein können.
Es wird also kein gewaltfreies Zusammenleben und -arbeiten geben. Für die Art und Weise wie wir mit unserer eigenen Gewaltbereitschaft und Aggressivität umgehen und auf die Gewalt und Aggression unserer
Mitmenschen reagieren, lassen sich aber Lösungen finden, die den Wunsch auf und das Bedürfnis nach
einem besseren Miteinander erfüllbar machen.
2. Gewalt und Aggressionen in den Gesundheitsberufen
Aus der Verantwortung für das Wohl der Betreuten und der Betreuenden ergibt sich
eine besondere Notwendigkeit für Institutionen/Einrichtungen im Gesundheitswesen, Wissen und Kompetenzen zum Thema „Umgang mit Gewalt und Aggressionen“
zu vermitteln.
Einführung
In jedem menschlichen System (Familie, Dorf, Verein, Arbeitsplatz, etc.) entstehen aggressive Verhaltensweisen aus dem wechselseitigen Aufeinanderwirken der jeweiligen Beteiligten.
Die Tätigkeit in der Pflege und Betreuung von pflegebedürftigen Menschen ist geprägt von hoher Belastung
im psychischen wie im physischen Bereich.
Zeitdruck, sowie ein hohes Maß an Verantwortung, Überlastung und Überforderung durch oft nicht auskömmliche Personalschlüssel, die Konfrontation mit Leid, Trauer und Tod, Teamkonflikte, Organisationsund Führungsprobleme sind Stressoren.
Hinzu kommt die Situation der kontinuierlichen Überprüfungsoption der Institutionen durch externe Organe wie z.B. MDK oder Heimaufsicht. Diese Überprüfungen erfolgen jährlich und unangekündigt.
Für alle Beschäftigten einer Einrichtung/Institution bedeutet dies kontinuierliche Anspannung. Diese Stressoren/Stressauslöser fördern die Entstehung von Aggressionen bei Beschäftigten, die sich gegen KollegInnen, gegen Führungskräfte, gegen Betreute und/oder gegen sich selbst richten können.
Problematische Helferbeziehungen, eingeschränkte oder fehlende Kommunikationsmöglichkeiten (z.B. bei
neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen) und hohe Erwartungshaltungen aneinander führen zu
Spannungen bei Pflegenden und Betreuten.
9
Ein Teil der Gewaltanwendungen im Gesundheitswesen ist notwendig und ethisch begründbar. Diese legitimierten Gewaltanwendungen sind Zwangsmaßnahmen, für deren Anordnung und Durchführung es drei
Legitimationsgründe gibt:
Selbst- oder Fremdgefährdung
Gewährleistung der Aufsichtspflicht bei Unterbringungsbeschluss
Behandlungsmöglichkeit bei mangelnder Krankheitseinsicht
Die Notwendigkeit der Anwendung von Gewalt im Sinne der obigen Definition ohne eine dieser Legitimationen ist nicht statthaft oder zumindest fragwürdig.
BEISPIEL
Eine alte Dame in einer Pflegeeinrichtung wird lediglich auf Grund der Routineabläufe bereits am
Nachmittag zu Bett gebracht, obwohl sie das nicht möchte; der Rollstuhl eines lebhaften, sehr mobilen Betreuten wird fest arretiert, damit er besser zu beaufsichtigen ist; eine Bewohnerin einer Pflegeeinrichtung wird genötigt am gemeinsamen Essen teilzunehmen, obwohl sie dort nicht sitzen möchte; eine hochbetagte . . .usw.
Da es aus Sicht der Betreuten völlig unerheblich ist, ob die (von ihnen) subjektiv erlebten Gewaltanwendungen legitimiert sind oder nicht, befinden sich Pflegepersonen in einem nicht zu unterschätzenden Dilemma, auch sie geraten in innere Not und fühlen sich mitunter hilflos.
Die Entscheidung, notwendige pflegerische oder medizinische Maßnahmen auch gegen den Willen/
Wunsch des Betreuten durchzusetzen/umzusetzen, bedeutet immer, mit einer Gegenwehr, mit abwehrenden oder aggressiven Verhaltensweisen rechnen zu müssen. Die Reaktion auf subjektiv erlebte Gewaltanwendungen kann direkt erfolgen, es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass aggressive Verhaltensweisen aufgestaut werden und sich zu einem späteren Zeitpunkt „entladen“.
Pflegepersonen befinden
sich in einem nicht zu
unterschätzenden Dilemma
Durch Befragungen von Patienten in der Psychiatrie wissen wir, dass ein einzelner Patient im Laufe eines
Tages ca. sechzig mal subjektiv Gewalt im Sinne der oben aufgeführten Definition erlebt, entweder an sich
selbst oder an Mitpatienten beobachtet.
20
3.2. Das Stufenmodell® der Deeskalation
Das folgende Stufenmodell® der Deeskalation unterscheidet sieben verschiedene Stufen. Jede dieser Stufen ist ein unverzichtbarer Baustein für einen bestmöglichen Umgang mit Gewalt und Aggression in einer
Institution.
Das Stufenmodell
Das Stufenmodell zur Deeskalation von Gewalt und Aggressionen
Deeskalationsstufe I: Verhinderung der Entstehung von Gewalt,
aggressivem oder abwehrendem Verhalten
durch systematische Verminderung auslösender Reize
Deeskalationsstufe II: Veränderung der Sichtweisen und Einstellungen
zu aggressiven Verhaltensweisen durch Reflexion
der eigenen Wahrnehmungs-, Interpretationsund Bewertungsprozesse
Deeskalationsstufe III: Vertieftes Verständnis der Ursachen und Beweggründe
aggressiver, herausfordernder, abwehrender und
befremdlicher Verhaltensweisen von betreuten Menschen
Deeskalationsstufe IV: Verbale und nonverbale Deeskalationstechniken im direkten
Umgang mit hocherregten, hochgespannten und verbal oder
körperlich agierenden betreuten Menschen
Deeskalationsstufe V:
Vermeidungstechniken/Sichere Annäherung
Verletzungsfreie und schonende Löse- und Abwehrtechniken
bei An- und Übergriffen von betreuten Menschen
Deeskalationsstufe VI: Verletzungsfreie und schonende Begleit- und Immobilisations
techniken bei extremer Selbst- oder Fremdgefährdung
von betreuten Menschen
Deeskalationssstufe VII: Kollegiale Erstbetreuung, Nachsorge und Nachbereitung
28
von Vorfällen mit dem Ziel der Tertiärprävention
1. Aggressionsauslösende Reize
Zusammenfassend kann man aggressionsauslösende Reize in sechs Kategorien einteilen.
Stationsregeln, Hausordnung und Gewohnheiten im Umgang
mit betagten und pflegebedürftigen Menschen -> strukturelle Gewalt
Aufgezwungene Werte und Einstellungen
Hohe Fremdbestimmung, Mangelnde Autonomie, Selbstkontrolle und Mitbestimmung
Verhinderte aktuelle Bedürfnisbefriedigung
Ungünstige Verhaltensweisen, Interaktions- und Kommunikationsmuster von Betreuenden
Aversionen und Trigger
Regeln und Prozessabläufe schränken eine
Orientierung an den
Bedürfnissen der zu
Pflegenden/Betreuenden
erheblich ein
1.1 Stationsregeln, Hausordnung und Gewohnheiten im Umgang
mit betagten und pflegebedürftigen Menschen -> strukturelle Gewalt
Pflegeeinrichtungen unterliegen der Notwendigkeit, eine Vielzahl von gesetzlichen Vorgaben, Richtlinien und Anforderungen einhalten zu müssen. Vorgaben, Strukturen, Heimordnungen, Stations-/Wohnbereichsregeln und Pflegestandards reglementieren die Verhaltensweisen und Handlungsweisen der zu Pflegenden und der Pflegenden.
32
Die dysfunktionale Rolle in einem System
Voraussetzung für die Einnahme bzw. Zuschreibung der dysfunktionalen Rolle ist eine Andersartigkeit Einzelner gegenüber dem Rest des Systems.
BEISPIEL
Eine türkische Kollegin mit Kopftuch, die morgens nach Knoblauch riechend inmitten eines Pflegeteams im bayrischen Wald sitzt.
Ein langsamer, gemütlicher Kollege unter lauten, flinken und hektischen Kollegen.
Zu Betreuende, die sich nicht einfach fügen wollen, im Gegensatz zu anderen Betreuten.
Ein Betreuter, der besonders viel Arbeit und Stress verursacht im Vergleich zu anderen Betreuten.
Eine Kollegin, die findet, man sollte die betagten Menschen nicht so viel bevormunden in einem Team,
das großen Wert auf Struktur legt.
Andersartigkeit reicht in der Regel aus. Noch weniger zuträglicher ist es, wenn zu der vermeintlichen Andersartigkeit noch eine gewisse Unbeliebtheit hinzukommt, z.B. die/der tratscht nicht mit, sie/er verursacht Mehrarbeit und hat keine Unterstützer. Dann erscheint es als gerechtfertigt, sie/ihn „besonders“ zu
behandeln, um sie/ihn in die Ordnung und Richtigkeit des Systems zurückzuführen. Dies kann nahtlos in
Mobbing-Prozesse übergehen. Von diesen Prozessen sind sowohl Betreuende wie auch Betreute betroffen, die vermeintlich nicht in das jeweilige System passen. Hier fehlt die Erkenntnis, wer dieses Phänomen
tatsächlich verursacht.
Fazit:
Betreute Menschen mit AHAB-Verhaltensweisen zeigen mit ihren Reaktionen eine Störung des Systems auf.
Sie werden zu Symptomträgern, ihre AHAB-Verhaltensweisen sind Ergebnis eines Interaktionsprozesses,
der diese Verhaltensweisen verursacht, aufrechterhalten oder verstärkt hat. Dabei spielt die Schuldfrage
keinerlei Rolle.
Lösungen und Deeskalationsmöglichkeiten
Die Veränderung einer oder mehrerer Systemvariablen ermöglichen dem Betreuten mit AHAB-Verhaltensweisen, ein anderes Verhalten entwickeln und zeigen zu können. Sind die entscheidenden Variablen nicht
durch oben genannte systemische Fragestellungen oder Betrachtungen zu finden, braucht es befristete,
klar vereinbarte experimentelle Versuche, um Erkenntnisse darüber zu erhalten, welche gezielte Veränderung einer oder mehrerer Variablen das Verhalten des Betreuten verschlimmert, verbessert oder keine
Änderung bewirkt.
Deeskalationsmöglichkeiten
In jedem System finden sich ein, manchmal zwei Systemmitglieder, die besondere Schwierigkeiten verursachen. Sie zeigen auffällige, zumeist AHAB-Verhaltensweisen in besonderer Stärke. Sie scheinen nicht
zum Rest des Systems zu passen, erscheinen als Sonderlinge oder Systemsprenger. Sie nehmen dabei aber
lediglich die dysfunktionale Rolle in dem System ein, wobei die dysfunktionale Rolle fest zu einem System
gehört. Entfernt man die unpassenden Systemmitglieder, nehmen nach einer Zeit andere diese Rolle ein.
Dabei wird übersehen, dass die dysfunktionale Rolle vom System selbst hervorgebracht, sogar benötigt
wird. Sie erzeugt die Einigkeit der restlichen Systemmitglieder in ihren Einstellungen und Werthaltungen, in
dem, was passend und unpassend ist, was sich gehört und was sich nicht gehört, was in Ordnung und was
nicht mehr in Ordnung ist (vgl. Kap. Die Entstehung eines Problems).
71
Deeskalationsstufe V
Hierbei handelt es sich um Techniken, die der Vermeidung von abwehrendem Verhalten
und dessen Auswirkungen/Folgen Übergriffen dienen.
1. Vermeidungstechniken/Sichere Annäherung
Techniken der „Sicheren Annäherung“
Die zahlreich entwickelten Techniken körperorientierter Ansätze (z.B.: Kinästhetik, Bobath) haben wir dahingehend angepasst, dass sie zur „Sicheren Annäherung“ im Sinne deeskalierenden Arbeitens beitragen
können. Diese Techniken haben wir unter dem Begriff „Sichere Annäherung“ zusammengefasst. Sie erhöhen die Sicherheit bei Pflegehandlungen für Betreute und Betreuende.
Die Art und Weise
der Kontaktaufnahme
hat Einfluss
auf die Reaktion
des Betreuten
Bei pflegebedürftigen Menschen kommt es immer wieder zu abwehrenden Verhaltensweisen bei der Körperpflege, bei Transfers, z.B. vom Bett in den Rollstuhl oder bei anderen alltäglichen Betreuungssituationen. Schlagen, Kneifen, Kratzen, an den Haaren ziehen, Kleidung fassen oder Treten sind die häufigsten
Reaktionen, mit denen Betreuende konfrontiert sind. Die häufigsten Ursachen sind Angst, neuropsychologische Störungen, Schmerzen, ein Nicht-Verstehen oder ein Nicht-Einverstandensein mit der durchgeführten Maßnahme.
Dem Betreuten durch eine professionelle und sichere Annäherung Ängste zu nehmen und über einen zur
Person passenden Körperkontakt Sicherheit, Empathie und Fürsorge zu vermitteln, bewirkt eine sofortige
Reduktion abwehrender Verhaltensweisen. Die beschriebenen Kenntnisse neuropsychologischer Störungen und das Wissen über die Entstehung und die Auswirkungen von Ängsten sind dafür Voraussetzung.
Die Art und Weise, wie Sie vor der Pflegehandlung Kontakt mit einem Betreuten herstellen, wie Sie kommunizieren, wie Sie sich annähern, ob, wo und wie Sie ihn berühren, hat Einfluss auf die Art und Weise
der Reaktion. Je weniger der Kontakt und die Kommunikation (verbal und nonverbal) dem Bedürfnis und
der Situation des zu Betreuenden entspricht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit und das Risiko von
abwehrenden Verhaltensweisen.
Werden die Aspekte der „Sicheren Annäherung“ beachtet, können für Betreute und Betreuende pflegerische Handlungen möglichst frei von Ängsten, Bedenken und Verletzungen durchgeführt werden. Diese
trägt dazu bei, die pflegerische Beziehung bei Bewegungen, Transfers oder Pflegehandlungen sowohl für
den Betreuten als auch für den Betreuenden befriedigender gestalten zu können.
98
Das Aufsetzen an die Bettkante erfolgt wie schon beschrieben. Für den Transfer in den Rollstuhl ist ein Rutschbrett empfehlenswert. Mit diesem wird der Abstand zwischen Rollstuhl und Bett sowie die Hindernisse Rad
und Bremse besser überwunden. Das Seitenteil des Rollstuhls und die Fußstützen werden zuvor entfernt.
Die Pflegende setzt sich an der eingeschränkten Körperseite zum Betreuten auf die Bettkante, und nimmt
das gelähmte Bein und den gelähmten Arm in ihre Obhut.
Mit seiner weniger eingeschränkten Körperseite kann nun der Betreute den Bewegungsablauf unter Anleitung der Pflegenden unterstützen und hat dadurch ein hohes Maß an Eigenkontrolle.
Zurück ins Bett wird ein weiterer
Stuhl neben den Rollstuhl gestellt
und das zweite Seitenteil entfernt.
103
Herunterladen