Reinkarnation

Werbung
www.komyoji.at | Nr. 43 | Frühjahr 2012 | Preis € 5,- | ISSN 2225-4803
Z E I T S C H R I F T F Ü R I N T E R K U LT U R E L L E S P I R I T U A L I T Ä T
© Dieter Schütz / pixelio.de
Reinkarnation
Persönliches Wachstum
mit Buddha Gautama
Fernkurs Buddhismus
Lehre & Praxis des Gautama
FERNKURS
Ein Jahresprogramm zum Nachdenken,
Üben & Meditieren
Monatliche Skripten per Post. Supervision
und Diskussion im internen Forum
Von Volker Zotz, Autor des Buchs Mit Buddha das Leben meistern
Für Mitglieder von Komyoji kostenlos - Mitgliedsbeitrag € 30,00 /Monat
Die traditionsübergreifende Basis des Buddhismus in der Lehre und Praxis des Buddha
Gautama. Wissenschaftlich fundiert und allgemein verständlich
Lernen Sie von der Weisheit des Buddha
Gautama für ein bewusstes, intensives und
erfülltes Leben.
Größte Flexibilität: unabhängig vom Wohnort mit individueller Zeiteinteilung
Informieren Sie sich zum Kurs unter
Die Wurzeln
der Lehre entdecken!
www.komyoji.at
Mit Buddha das Leben meistern - Seminar mit dem Autor
SEMINAR
Ist mein Alltag unbefriedigend?
Wie verlasse ich die gewohnte
Tretmühle um dies zu ändern?
Die Lehre des Buddha hält wertvolle Impulse bereit, die durch
erstaunlich einfache Maßnahmen zu einem bewussten, bereicherten und glücklichen Leben
Wer bin ich? - Seminar
SEMINAR
Ich bin mir der nächste und zugleich der
fremdeste Mensch. Eine Reise mit Buddha
zu den Wurzeln der Identität. Die Weisheit
Gautamas und seine Methoden zur Analyse
des menschlichen Wesens dienen als Spiegel zur Selbsterkenntnis. Je klarer ich erkenne, wer ich bin, umso freier kann ich denken
führen. Simple Übungen machen buddhistische Philosophie
zur persönlichen Erfahrung.
Ein Seminar für alle, die durch
den Buddha ihr Leben effektiv verwandeln möchten. Die
Kenntnis des Buchs ist hilfreich,
aber keine Voraussetzung.
Termin: 18.-20.5.12
(Fr. 19-22.00, Sa./So. 10-18.00)
Leiter: Dr. Volker Zotz
Ort: Fleischmarkt 16, 1010 Wien
Kosten: € 280,- (Mitgl. € 250,-)
Anmeldung erforderlich
Nähere Infos zum
Seminarleiter und
Autor auf S. 32
und handeln. Wer ich bin, ist eine von vielen
Möglichkeiten dessen, wer ich sein könnte.
Das Seminar richtet sich an Menschen, die
sich besser verstehen und mit Veränderungen ernst machen wollen – denn: Man kann
selbst bestimmen, was man denkt und will,
also wer man ist.
Termin: 15.-17.6.12
(Fr. 19-22.00, Sa./So. 10-18.00)
Leiter: Dr. Volker Zotz
Ort: Fleischmarkt 16, 1010 Wien
Kosten: € 280,- (Mitgl. € 250,-)
Anmeldung erforderlich
Eurasischer Humanismus | Interkulturelle Spiritualität
www.komyoji.at, offi[email protected]
Loibes 19, A-3812 Groß Siegharts, Tel. 0043-676-731 77 70
Fernkurse | Seminare | Vorträge
Impressum
Inhalt
Ḍamaru Nr. 43 Frühjahr 2012
Herausgeberin: Birgit Zotz
Medieninhaber: Komyoji – Eurasischer Humanismus und Interkulturelle
Spiritualität, Waidhofen an der Thaya,
Österreich (ZVR-Zahl: 461055651)
Birgit Zotz
Anschrift: Komyoji, Loibes 19, 3812 Groß
Siegharts, Österreich
Richard Wilhelm
Redaktion: [email protected]
Anzeigen: [email protected]
Anschrift der Redaktion: Komyoji, Loibes 19, 3812 Groß Siegharts, Österreich
Website: www.komyoji.at
Druck: digitaldruck.at Druck- und
Handelsges.m.b.H., 2544 Leobersdorf,
Österreich
Autoren dieser Ausgabe: Lama Anagarika Govinda, Richard Wilhelm, Birgit
Zotz, Volker Zotz
„Ist nicht die ganze Ewigkeit mein?“
Reïnkarnation
4
6
Lama Anagarika Govinda
Wiederverkörperungslehre
und Wissenschaft
15
Volker Zotz
„Wiedergeburt“
19
Zitate zur Wiedergeburt
24
Titelfoto: Dieter Schütz / pixelio.de
Für unverlangt eingesandte Bilder und
Manuskripte wird keine Haftung übernommen.
ISSN 2225-4803
© 2012 Komyoji – Eurasischer Humanismus und Interkulturelle Spiritualität
Das Wort Ḍamaru weist auf gegensätzliche Bedeutungen. Im Sanskrit bezeichnet
es eine sanduhrförmige Handtrommel
mit zwei Trommelfellen aus Leder. Sie
wird durch Drehen des Handgelenks mittels kleiner Steine am Ende von Schnüren
geschlagen, die am Korpus der Trommel
befestigt sind (siehe das Bild oben auf dieser Seite). Das japanische Wort „Damaru“
bedeutet hingegen Schweigen (siehe das
Schriftzeichen unten auf dieser Seite). So
vereint die dreisilbige Klangfolge Damaru die Widersprüche Laut und Stille, was
sie zum Symbol für den Zusammenfall
der Gegensätze (coincidentia oppositorum)
werden lässt: „Gestalt ist Leere, Leere ist
Gestalt.“ (Prajñāpāramitāhṛdayasūtra).
Berichte | Meldungen:
Shinran und Hōnen: Jubiläumsjahr
2011/2012 im Buddhismus Japans
27
Berichte | Meldungen:
„Einzigartig in Europa“ - Interview über
die buddhistische Kultur der Kalmücken 28
Berichte | Meldungen
29
Bücher
30
Ḍamaru erschien von 1982 bis 1988 in
Wien, von 1989 bis 1998 in Kyōto (Japan)
und seit 1999 in Luxemburg. Heute erscheint die Zeitschrift in Groß Siegharts,
Österreich. Verleger: Komyoji – Eurasischer Humanismus und Interkulturelle
Spiritualität. www.komyoji.at
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 3
Editorial
„Ist nicht die ganze Ewigkeit mein?“
Birgit Zotz
Herausgeberin
Wenn mit dem Jahreswechsel wieder zwölf Monate zuende gingen, kann uns dies
an die Endlichkeit unseres Daseins erinnern. Aber wie endlich ist unser Dasein
wirklich? „Das uns bekannte Leben des Menschen zwischen Geburt und Tod ist seit
alten Zeiten als Fragment empfunden worden.“ Mit diesem Satz beginnt ein Artikel von Richard Wilhelm, einem Vorreiter des eurasischen Humanismus, in dieser
Ausgabe von Ḍamaru. Eine verbeitete Antwort auf das Fragmentarische des befristeten Menschseins war die als Wiedergeburt, Reinkarnation, Seelenwanderung und
Palingenese bezeichnete Idee, man lebe nicht nur einmal: Wie jedem vergangenen
Jahr ein neues folgt, löst ein Dasein das frühere ab.
Seit dem Altertum findet sich diese Vorstellung bei Philosophen des eurasischen
Kontinents. So bestand ein Element im Erwachen des Buddha in seiner Schau vieler
früherer Existenzen: „Dort lebte ich in dieser Familie, das waren mein Stand, Beruf,
Glück und Leid. Das war mein Tod, und dort gestorben, kam ich hier wieder zum
Dasein.“ 1
Ovid lässt Pythagoras lehren, die Seelen würden nie vergehen, sondern nur ihr Haus
wechseln.2 Sokrates war Platon zufolge der Überzeugung, dass es „ein Wiederaufleben und ein Werden der Lebenden aus den Toten“ gibt. Das Lernen des Menschen
wäre „Wiedererinnerung, und dass wir deshalb notwendig in einer früheren Zeit
gelernt haben müssten, wessen wir uns wiedererinnern.“3
Die Idee der Wiedergeburt fand im Lauf der Zeiten sehr unterschiedliche Deutungen und Wertungen. Die Hauptströmungen christlicher Theologie verwarfen sie
seit dem 6. Jahrhundert mit der Idee einer Präexistenz und betonten dagegen die
4 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Einmaligkeit eines jeden Daseins. In Hinduismus, Jainismus und Buddhismus blieb
die Wiedergeburt bei abweichenden Auffassungen im Detail stets ein Ausgangspunkt
ihrer Erlösungslehren. Auch viele ihrer jüngeren Vertreter sahen sie bis in die Gegenwart als erfahrbare Tatsache, etwa Lama Anagarika Govinda, wovon sein Artikel „Wiederverkörperung und Wissenschaft“ zeugt.
Andere Interpreten wollten die Wiederkehr weniger wörtlich nehmen, sondern als
Metapher für das Auf und Ab eines Daseins verstehen, eines Lebensgefühls wie es in
Goethes „Gesang der Geister über den Wassern“ anklingt:
„Des Menschen Seele / Gleicht dem Wasser: / Vom Himmel kommt es, / Zum Himmel steigt es, / Und wieder nieder / Zur Erde muß es, / Ewig wechselnd.“4
Die Auswahl der Artikel in dieser Ḍamaru-Ausgabe will keine Antwort auf die Frage
nach Metapher oder Wahrheit der Wiedergeburt nahe legen, sondern zum Nachdenken über dieses alte Motiv eurasischer Geistesgeschichte einladen. Gotthold Ephraim
Lessing hat es 1780 als „Hypothese“ bezeichnet: „Warum könnte jeder einzelne Mensch
nicht mehr als Einmal auf dieser Welt vorhanden gewesen seyn?“
Das Wiederkehren galt Lessing als umfassender Lernprozess: „Warum sollte ich
nicht so oft wieder kommen, als ich neue Kenntnisse, neue Fertigkeiten zu erlangen
geschickt bin?“ Dennoch war er froh, keine Fracht aus früheren Leben bewusst mit
sich zu schleppen: „Wohl mir, daß ich das vergesse. Die Erinnerung meiner vorigen
Zustände, würde mir nur einen schlechten Gebrauch des gegenwärtigen zu machen
erlauben.”
Sogar wenn man wiederkehrte, verfügt das Gedächtnis nur über dieses eine Dasein als
jener Mensch, der man heute ist. Aber was einem jetzt nicht mehr zugänglich ist, fragte
Lessing rhetorisch, „habe ich denn das auf ewig vergessen?“ Trotz dieser Hoffnung
auf künftige Erinnerung hatte es Lessing nicht eilig, klingen doch seine Gedanken zur
Hypothese der Wiedergeburt mit den Worten aus: „Und was habe ich denn zu versäumen? Ist nicht die ganze Ewigkeit mein?“5
Quellen
1 Majjhimanikāya 36
2 Metamorphosen XV
3 Phaidon zitiert nach F. Schleiermacher: Platons Werke. II. Teil, III. Band. Berlin 31861, S. 33
4 Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. II. Band. Stuttgart und Tübingen 1827, S. 58
5 Gotthold Ephraim Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts. Berlin 1780
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 5
Der protestantische Theologe Richard Wilhelm (1873-1930) kam
ursprünglich als christlicher Missionar nach China. Dort setzte
er sich intensiv mit der chinesischen Kultur auseinander, die er
schließlich durch seine bekannten Übersetzungen klassischer
Werke wie den Gesprächen des
Konfuzius, des I Ging und des Li
Gi in den deutschen Sprachraum
vermittelte.
Der hier wiedergegebene Artikel
entspricht einem Vortrag, den
Wilhelm 1922 in Wuchang hielt,
als er für die deutsche Botschaft
in Beijing als wissenschaftlicher
Berater tätig war.
Derzeit läuft in deutschen Kinos
der Film „Wandlungen - Richard
Wilhelm und das I Ging“.
Reïnkarnation
Richard Wilhelm
D
as uns bekannte Le-
Die eine Richtung nimmt ein
schlagen, daß man annahm, daß
ben
Menschen
Fortleben des Menschen in einer
das Seelische des Menschen ir-
zwischen Geburt und
andern Welt an, die andere läßt
gendwie in einer andern Welt fort-
Tod ist seit alten Zeiten als Frag-
den Menschen in dieser Welt zu
lebe. Diese Welt wurde als etwas
ment empfunden worden. So hat
neuem Leben kommen. Diese
Schattenhaft-Düsteres,
der fromme Glaube schon sehr
beiden Richtungen greifen viel-
haft-Unwirkliches
früh versucht, die ergänzenden
fach ineinander über, und Mo-
höchstens, daß einzelne bevor-
Linien von der Sichtbarkeit in
tive aus der einen finden sich
zugte Helden gewürdigt wurden,
die Unsichtbarkeit hinüberzu-
auch in der andem verwertet.
im Verein mit den Göttern im
ziehen. Zwei Hauptrichtungen
Das europäische Denken hat im
Himmel, der hehren Lichtwelt,
lassen sich dabei beobachten.
allgemeinen mehr den Weg einge-
ein schöneres Dasein zu führen.
des
6 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Traum-
empfunden,
Anschauung von der Unsterb-
zu der Geisteshaltung, die er bei
lichkeit der Seele, die im An-
all seinen Jüngern voraussetzt.
schluß an Plato gar leicht geneigt
Auch Paulus ist in diesem Stück
ist, das bessere Jenseits auf Kos-
vollkommen einig mit Jesus. Die
ten des irdischen Jammertals zu
Handlungen des Menschen sind
ersehnen, hat dann im allgemei-
die Saat, deren Ernte ihm zu-
nen auch unsre christlichen An-
wächst, so wie sie reif geworden
schauungen bestimmt.
ist. Er lebt durchaus in dem Ge-
Doch ist in der Bibel auch noch
ein
anderer
Vorstellungskreis
vorhanden, der in der Gegenwart im allgemeinen weniger
betont zu werden pflegt: der Gedanke der Auferstehung. Auch
dieser Vorstellungskreis hat sich
erst allmählich zu größerer Deutlichkeit entwickelt. Es scheint,
daß er nicht sowohl in Israel als
in den umliegenden Ländern
seinen Ursprung hat. Er wurde
erst als Beispiel für das Wiederaufleben des bedrückten Volkes
und später auch mit Beziehung
auf die einzelnen Menschen in
die biblische Gedankenwelt aufgenommen. Bei Jesus finden wir
danken einer Auferstehung nicht
nur der Seele, sondern auch des
Leibes. Dabei ist die Vorstellung
nicht ausgeschlossen, daß, ehe
diese Neuverkörperung stattfindet, eine Pause, ein Zustand des
Schlafens eintreten werde, der
eine gewisse Ruhe mit sich bringt.
Die Bibel gibt wenig Einzelheiten
über die Art und die Möglichkeit
dieser Wiederverkörperung. Nur
das Eine ist ganz deutlich, daß
man nach einer gewissen, nicht
allzu langen Pause mit einer Wiederverkörperung zu rechnen hat,
bei der die Ernteerträgnisse des
gegenwärtigen Lebens bei der
Gestaltung des neuen Leibs entscheidenden Anteil haben.
Aus diesen Gedanken haben sich
ihn als Angelpunkt seiner gan-
allmählich
Verbindung
zen Zukunftshoffnung. Er faßt
Diese Vorstellungen ruhen zu-
mit moralischen Erwägungen
eine Erneuerung der Körper-
nächst auf dem Boden des Glau-
von Lohn und Strafe die Vorstel-
lichkeit ganz ebenso ins Auge
bens an ein baldiges Weltende.
lungen von Himmel und Erde
wie eine seelische Erlösung. Eine
Man war überzeugt, daß diese
gebildet, verbunden mit einem
Unsterblichkeit der Seele, bei der
böse Welt in ganz kurzer Zeit ih-
irgendwie gestalteten Zwischen-
der Leib im Tode bleibt, ist für
rem Untergang entgegengehen
zustand - da die meisten Men-
ihn undenkbar. Nicht nur rech-
werde und ein neuer Himmel
schen bei ihrem Tode weder für
net er mit seiner eigenen Wieder-
und eine neue Erde an ihre Stel-
den Himmel noch für die Hölle
kunft, sondern das Warten auf
le zu treten bestimmt seien. Eine
reif empfunden wurden. Diese
das Neue, die Bereitschaft, gehört
merkwürdige Kombination der
durch
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 7
Lehre von der Wiederverkörpe-
le wieder in die Erscheinung trat
schrumpften die Vorstellungen
rung mit der populären Anschau-
und die Summe der Ergebnisse
vom Leben nach dem Tode doch
ung eines Übertritts der Seele ins
seines früheren Lebens als Ka-
immer mehr und mehr zusam-
Jenseits: der platonischen von
pital körperlicher und seelischer
men zu einer Hoffnung auf per-
der Verderbtheit des materiellen
Dispositionen und Schicksalsten-
sönliche Dauer, auf ein Wieder-
Daseins, die die Rettung der See-
denzen in den neuen Lebenslauf
sehen mit den Verwandten und
le aus dem Kerker der Wirklich-
mitbrachte.
Freunden, auf eine Auflösung
keit als alleiniges Ziel kennt, und
und Aufklärung der schmerzvol-
der biblischen Vorstellung von
len Rätsel des Daseins. Daß bei
einer Wiederverkörperung unter
Auswirkung der Samen des gegenwärtigen Lebens, ergab dann
schließlich die Vorstellungen von
einem
tausendjährigen
Reich,
das auf Erden sich zeigen und
Im Christentum
konzentriert sich der
Glaube an das
Weiterleben aufs
Jenseits
der Abwanderung der Menschen
diesen Hoffnungen viel Menschliches, Allzumenschliches
mit
unterlief, ist klar. Nicht nur die
alte Witwe, die ohne ihre kleine
Kommode die himmlische Seligkeit nicht als voll empfand,
ist ein Beispiel von ungereimten
in die unkörperlichen Gebiete
Bekanntlich hat die christliche
Hoffnungen, die auf diesen Ge-
des Himmels und der Hölle vo-
Kirche unter Einfluß der grie-
bieten spuken. Manche Ketzerei-
rangehen werde.
chischen Philosophie den ersten
en treiben sich mit dem besten
Nachdem sich der Eintritt des
Weg gewählt. Der ganze Glaube
Gewissen auf diesem Gebiet um-
Weltendes immer mehr hinaus-
an das Weiterleben des Menschen
her: so z. B. wenn irregeleitete Er-
schob und immer mehr klar wur-
konzentrierte sich auf das Jen-
zieher den Kindern vorerzählen,
de, daß mit einem unvermittelten
seits. Der Gedanke der Wieder-
daß die Menschen im Himmel zu
Weltuntergang mit nachfolgen-
kunft bzw. Wiederverkörperung
Engeln werden. Das ist so falsch,
dem Weltgericht phänomena-
bildete im allgemeinen eher eine
als wenn Kamele ihren Jungen
ler Art nicht wohl zu rechnen
Art Verlegenheitskapitel in der
erzählten, daß sie im Himmel zu
sei, war ein doppelter Ausweg
christlichen Dogmatik, mit dem
Pferden würden. Aber wir kön-
möglich: entweder man ließ den
man nichts Rechtes anzufangen
nen ja überhaupt beobachten, wie
Gedanken einer Wiederverkör-
wußte.
mit dem Schwinden des eigentli-
perung verblassen und rückte
Aber auch die Jenseitsvorstellun-
chen Glaubens in diesen Dingen
das Jenseits in die Mitte der Ge-
gen waren im Verlauf der Jahr-
eine konventionelle Mythologie
dankenwelt, oder man gab dem
hunderte recht blaß und mager
in die Kinderstube verpflanzt
Gedanken der Wiederverkörpe-
geworden. Während in früheren
wird, deren Gestalten, (der in der
rung eine Wendung, die ihn in
Zeiten eine glühende Phanta-
Regel weibliche Christengel, der
den Weltlauf sozusagen einreih-
sie das himmlische Jerusalem
Weihnachtsmann, der Osterha-
te, indem der einzelne Mensch
ausmalte, zu dem man sich aus
se, der Klapperstorch, vollends
nach seinem Tod an anderer Stel-
dem Erdentreiben hinaufsehnte,
gar der Geburtstagsmann) nur
8 | Frühjahr 2012 | DAMARU
nach dem Grundsatz ausgewählt
Spiel. Aber es scheinen sich doch
Doch es könnten sich ja geringere
scheinen, daß für die Kinder das
gewisse psycho-physische Tat-
Geister mit den fremden Federn
Oberflächlichste gerade gut ge-
sachen herauszuschälen, die ge-
großer Namen schmücken, wie
nug sei. Die Folge ist denn auch
eignet sind, unserer Anschauung
das ja selbst unter lebenden Men-
der allgemeine Unglaube. Die
von den psychischen Vorgängen
schen vorkommen soll. Immer-
Eltern lügen ihre Kinder an mit
neue Züge hinzuzufügen. Aber
hin wird man die spiritistischen
zarter Rücksicht auf ihre kind-
die Frage, ob wir es hier mit ir-
Unternehmungen zunächst be-
liche Geistesart, und die Kinder
gendwie momentan wiederver-
ruhigt einerseits streng wissen-
stellen sich so, als ob sie an diese
körperten
oder
schaftlicher Forschung, anderer-
Mythen glaubten, aus Rücksicht
mit bisher noch nicht geklärten
seits dem Erbauungsbedürfnis
auf ihre Eltern, denen sie die
Kundgebungen
derer überlassen können, die sich
Freude nicht verderben wollen.
Medien zu tun haben, ist für die
davon angezogen fühlen.
Wissenschaft zur Zeit noch nicht
Man kann wohl sagen, daß die
entschieden. Die Äußerungen
Frage nach der Wiederverkörpe-
der erscheinenden „Spirits“ sind
rung in Europa in der allgemei-
jedenfalls ganz überwiegend der
nen Meinung der religiösen Krei-
Art, daß sie uns kein beachtens-
se nicht darüber hinausgeht, daß
wertes Bild von ihrem Geistes-
aus moralischen oder gefühls-
zustand geben. Die Vorgänge er-
mäßigen Gründen ein Fortleben
Das Bedürfnis, in diesen Fragen
etwas Zuverlässig-Greifbares zu
erfahren, ist wohl zum größten
Teil der Grund, daß gegenwärtig
allerlei Geheimlehren über diese
Dinge verbreitet werden. Durch
den Spiritismus sucht man direk-
Verstorbenen
der
lebenden
te Beweise zu bekommen von der
der Persönlichkeit nach dem Tod
Weiterexistenz der Verstorbenen
postuliert wird, ohne daß jedoch
und ihren ferneren Schicksalen
nach ihrem Abscheiden von der
Erde. Schien die Wissenschaft
früher bereit, alles, was sich in
spiritistischen Sitzungen zeig-
Der Spiritismus
sucht direkte
Beweise von der
Weiterexistenz der
Verstorbenen
irgendwelche
einzelnen
Züge
des Wie mit irgendwelcher Bestimmtheit festgestellt würden.
Daß es zu allen Zeiten einzelne
Menschen gegeben hat, die über
te, für Schwindel zu erklären,
diese dunklen Gebiete intuitive
so ist man neuerdings zu einer
Klarheit besaßen, ohne sich da-
vorsichtigeren Stellung diesen
Dingen gegenüber geneigt. Ge-
schöpfen sich in der Regel in oft
rüber je zu äußern, kann hierbei
recht minderwertigen Versuchen,
außer Betracht bleiben.
wiß, das Gebiet ist an sich durch
ihre Existenz zu beweisen. Daß
seine
sehr
die geistige Höhenlage dessen,
Wiederverkörperung bzw. der
schwer wissenschaftlicher For-
was an solchen Versuchen gebo-
Unsterblichkeit gibt uns die Na-
schung zugänglich, und nachge-
ten wird, keineswegs den hohen
turwissenschaft an die Hand. Sie
wiesenermaßen treibt in diesem
Namen, die zum Teil als anwe-
zeigt uns, daß schon bei den nie-
Dämmerungsnebel
bewußter
send sich kundgeben, entspricht,
dersten Lebewesen eine dauern-
und halbbewußter Betrug sein
ist eine oft beobachtete Tatsache.
de Regeneration stattfindet. Die
Dämmerhaftigkeit
Eine
DAMARU
andere Auffassung
|
der
Frühjahr 2012 | 9
einzelligen Urwesen vereinigen
und Tochterpflanze gleichzeitig
entscheidender Wichtigkeit - bil-
sich, und wenn die so entstan-
vorhanden sind. Wir haben hier
det? In der Pflanzen- und Tier-
dene Zelle eine gewisse Größe
eine Wiederverkörperung, wobei
welt wird man wohl im allgemei-
überschreitet, so spaltet sie sich
Entstehen und Welken des alten
nen annehmen dürfen, daß das
wieder, und jeder Teil lebt als
und neuen Geschlechts zeitlich
Individuum den Zwecken der
selbständige Zelle weiter. Man
ineinander übergreifen, so daß,
Art durchaus untergeordnet ist.
kann hier ganz wörtlich von ei-
anders als bei den Einzellern, bei
Immerhin sind auch hier schon
ner dauernden Wiedergeburt des
Ansatzpunkte vorhanden, die
Plasmas dieser Zellen reden. Sie
dem Individuum eine wenigs-
sind, wenn sie nicht durch äußere
Gründe gewaltsam zerstört werden, unsterblich. Aber freilich,
der Gedanke der Individualität
geht hier vollständig verloren:
Es fragt sich,
welche Bedeutung
dem Individuum
zukommt
aus zweien wird eins, aus einem
tens artmäßige Selbständigkeit
gewähren.
Beim Menschen wird das Individuum zur Persönlichkeit, und
wir finden, je höher der Mensch
steht, desto selbständiger und
werden zwei, und das geht so
denen die Mutterzelle restlos in
bedeutender ist die Rolle, die
weiter, ohne daß man irgendwie
den Tochterzellen aufgeht, au-
das Individuum der Gattung
eine Schranke setzen könnte. Die
ßer der Gattung das Individuum
gegenüber einnimmt. Das Gat-
Individualität ist nur ein vorü-
eine Rolle spielt. Derselbe Vor-
tungsmäßige bildet für den Men-
bergehender Grenzfall, der mit
gang findet sich bei allen höhe-
schen durchaus einen Teil des
anderen Zuständen abwechselt.
ren Lebewesen bis herauf zum
Materials für die Gestaltung des
Menschen.
Individuums. Das wird ohne
Einzellern die ganze Form be-
Es fragt sich nun, welche Bedeu-
weiteres klar, wenn wir uns die
trifft, finden wir bei den höheren
tung dem Individuum und seiner
Heroen der Menschheit vor Au-
Lebewesen, von der Pflanze an,
Dauer über die Fortpflanzung
gen halten. Die Bedeutung dieser
bei der Samenbildung auf beson-
hinaus zukommt. Ist das Indivi-
Großen liegt ganz wo anders als
dere Zeiten und Zellgruppen des
duum nach der Fortpflanzung
in den oft recht unbedeutenden
Individuums verteilt. Aber in den
einfach ein übrigbleibender Rest,
Nachkommen, denen sie das Le-
Samenzellen finden wir auf die
dessen Bedeutung höchstens in
ben geschenkt. Nur für die aller-
allermerkwürdigste Art unsicht-
der Brutpflege läge - wie etwa bei
niedrigsten Persönlichkeiten läßt
bar die Tendenzen der ganzen
gewissen Insekten das Muttertier
sich das Leben zusammenfassen
Pflanze vorhanden, so daß das
durch sein Schild die junge Brut
in die Ereignisse: er lebte, nahm
aus dem Samen entstehende Indi-
gegen den Winter schützt - oder
ein Weib und starb.
viduum als Wiederverkörperung
gewinnt das Individuum eine
Die Frage nach der Wiederver-
der Mutterpflanze gelten muß,
Bedeutung, so daß in seinem Le-
körperung ist damit von der Gat-
wobei nur die rätselhafte Tatsa-
ben die Fortpflanzung nur eine
tung auf das Individuum über-
che entsteht, daß Mutterpflanze
Episode - oft nicht einmal von
tragen. Hier setzt nun der Orient
Denselben Vorgang, der bei den
10 | Frühjahr 2012 | DAMARU
ein mit seiner Lehre von der Wie-
Den
derverkörperung als Seelenwan-
und Vergehens schildert z. B.
derung. Die Grundlagen dieser
die chinesische Auffassung fol-
Lehre sind einmal der Gedanke
gendermaßen: 1. Geburt und
des Karma, das mit der christli-
Wachstum, das Hervortreten zu
chen Vorstellung, daß jede Tat
neuem Leben; 2. Taufe. Alles neu
eine Saat bedeutet, die zur Ern-
Entstehende bedarf des Wassers
te reift, übereinstimmt, und an-
zur Reinigung und Belebung; 3.
dererseits die Vorstellung einer
Bekleidung. Der Stoff erfüllt all-
Stufenfolge des Daseins in ver-
mählich die Form. Der Mensch
schiedenen Ebenen. Diese Ebe-
wächst in seine Gestalt hinein; 4.
nen sind das Feld der Betätigung
Arbeit. Allmählich steht der Kör-
auflösenden Leib in einen neu-
für die Einzelwesen. Jede Ebene
per der Seele als Werkzeug zur
en, sich bildenden. Es muß ohne
kann erst dann erreicht werden,
Verfügung; 5. Blüte, die Zeit der
weiteres zugegeben werden, daß
wenn die Aufgaben der vorheri-
Vollendung der gegebenen Mög-
ein exakter, empirisch-wissen-
gen erledigt sind. Innerhalb der
lichkeiten; 6. Welken, allmähli-
schaftlicher Beweis hierfür nicht
einzelnen Ebenen herrschen be-
cher Eintritt des Rückganges; die
gegeben werden kann. Alle diese
stimmte Gesetze des Wachstums,
Kraft beginnt, sich aus der Form
Fragen sind für die Wissenschaft
der Entfaltung, des Rückgangs,
zurückzuziehen; 7. Krankheit. In
unbekanntes Land. Es läßt sich
Kreislauf
des
Werdens
heit; 12. Heranreifen im Mutterleib.
Davon sind die ersten zehn
Stufen ohne weiteres der Beobachtung zugänglich, und auch
an der zwölften wird niemand
zweifeln. Der einzige Punkt, der
uns Europäern fraglich erscheint,
ist der elfte, das geheimnisvolle
Überspringen der Lebensenergie
des Individuums von dem sich
die kreisförmig in sich geschlos-
auch nicht beweisen, daß die
sen sind und aus denen man nur
Seele in einem andern Daseins-
durch den Übertritt in eine höhere Ebene herauskommt. Die Welt
der Geburten und des Sterbens,
in der wir Menschen uns befinden, ist eine solche Ebene. Die
Möglichkeit der Verkörperung
bzw.
Wiederverkörperung
Grundlage der
Wiederverkörperung
als Seelenwanderung
ist der Gedanke des
Karma
zustand fortlebt, und es läßt sich
ebenfalls nicht beweisen, daß mit
dem Tode das seelische Leben erlischt. Alles, was wir hier erwarten können, sind nur mehr oder
weniger bedeutende Deutungen
des
ist
rätselvollen
Zusammen-
durch die Tatsache der Fortpflan-
die Lücken drängen sich frem-
hangs, in dem wir uns befinden.
zung der Menschheit gegeben.
de, zerstörende Einflüsse ein; 8.
Es verlohnt sich, den Wahrschein-
Denn durch die Fortpflanzung
Sterben, Aufhören des körperli-
lichkeitsgründen nachzugehen,
werden zwar die Bedingungen
chen Daseins; 9. Begräbnis, Ber-
die die orientalische Wiederver-
geschaffen, unter denen ein nach
gung in der Erde; 10. Auflösung,
körperungslehre
Geburt strebendes Wesen sich
Trennung der körperlichen und
hat, und dabei gleichzeitig diese
verkörpern
keineswegs
seelischen Bestandteile; 11. Emb-
Lehre in ihrer über das plump
aber entstehen diese Wesen je-
ryonale Wiederverkörperung an
Populäre hinausgehenden Form
weils mit der Geburt neu.
einer andem Stelle der Mensch-
kennenzulernen. Wir tun dabei
kann,
DAMARU
|
anzuführen
Frühjahr 2012 | 11
zugleich einen Blick in eine Psy-
wußtsein. Dieses Ichbewußtsein
wird. In Wirklichkeit wohnen
chologie, die nicht ohne Interesse
ist etwas Sekundäres, durchaus
nicht nur zwei Seelen in unse-
sein dürfte.
nicht die ursprüngliche Quelle
rer Brust, sondern noch mehr. Es
des Individuums. Vielmehr kann
kommt nur darauf an, welcher
dieses bewußte Ich immer nur ei-
wir die Herrschaft verleihen. So
nen Teil des ganzen Organismus
muß der Mensch vermöge dieses
in sein Bewußtseinslicht erheben.
Ichbewußtseins, das der lichten
le ist wieder zusammengesetzt.
Die größte Masse bleibt unter-
Sphäre der Welt angehört, sein
Der Leib hat seine verschiedenen
bewußt. Es scheint, daß dieses
unterbewußtes, der Schattenwelt
Organe, in denen weit mehr Ei-
bewußte Ich an einen gewissen
angehöriges Gesamtselbst orga-
genleben und eigene Tendenzen
Zustand der Gehirnentwicklung
nisieren und soviel wie möglich
stecken, als wir für gewöhnlich
gebunden ist. Dieses Ich behaup-
zur einheitlichen, harmonisch
annehmen. Jedes dieser Organe
tet sich in der Zeit mit Hilfe der
zentralisierten
hat eine innere Verwandtschaft
Kontinuierlichkeit der Erinne-
umgestalten, was natürlich nur
mit den Gegenständen der Au-
rung. Es leuchtet auf und erlischt
dann gelingt, wenn man den
ßenwelt, die es uns vermittelt,
(z. B. im Schlaf), aber wir fühlen
Schwerpunkt der Ichbetonung
wodurch wir nicht nur auf die
uns dennoch als dieses eine Ich
in solche Tiefen verlegt, die einer
Außenwelt zu wirken vermö-
infolge einer erinnerungsbeton-
Umwälzung durch äußere Erleb-
gen, sondern auch von der Au-
ten Färbung aller unserer Erleb-
nisse entzogen sind.
ßenwelt beeinflußt werden. Aber
nisse. Es können Fälle eintreten,
Es gibt nun feste, ewige Ge-
ebenso wie der Leib einen zu-
durch die eine Umwälzung der
setze für alle Taten der kleinen
Der Mensch ist ein komplexes
Wesen. Er besteht in seinem irdischen Dasein aus Leib, Seele
und Geist. Jeder dieser drei Tei-
sammengesetzten
Persönlichkeit
Organismus
Weltsysteme, die wir Menschen
bildet, so auch das Seelische. Die
nennen - denn jeder Mensch ist
chinesische Lehre nimmt sieben
seelische Zentren an, die sich
alle mehr oder weniger selbständig entwickeln können, wobei
Der komplizierte
Organismus wird
erleuchtet durch das
Ichbewußtsein
ein Weltsystem im Kleinen wie
Himmel und Erde. Diese Gesetze sind nicht wie Strafgesetze
etwas äußerlich Gesetztes, son-
natürlich jede Überentwicklung
dern sie sind nur der Ausdruck
auf der einen Seite eine Unter-
für das Dasein in der Zeit. Jede
entwicklung einer andern Fähig-
seelischgeistigen
Organisation
Handlung ist ein Komplex, der
keit mit sich bringt. Aber selbst
eintritt, in deren Folge ganz neue
über Raum und Zeit ähnlich
das geistige Individuum ist ja
Gebiete
Ichbewußtsein
ausgebreitet ist wie eine Pflanze.
nicht einheitlich, sondern be-
identifiziert werden. Das sind
Was ein Baum ist, kann nicht an
steht wieder aus einer Dreiheit.
die großen Bekehrungen, durch
einem Punkt auf einmal überse-
Dieser
leib-see-
die das, worin man früher sein
hen werden, sondern nur in der
lisch-geistige Organismus wird
Ich hatte, bekämpft wird und ein
räumlichen Ausdehnung, die er
nun erleuchtet durch das Ichbe-
neues Gebiet als Ich bezeichnet
einnimmt, und in der Dauer, über
komplizierte
12 | Frühjahr 2012 | DAMARU
vom
die er sich im Wechsel der Zeiten
lichkeit des Aufstiegs in höhe-
gen ein -, so wenig verschwindet
erstreckt. Aber in der Blüte steckt
re Gebiete vorhanden. Aber die
der Körper, wenn er verwest - er
schon die Frucht. Sie muß sich
Menschenseelen, die von so ent-
dient nur zur Ernährung neuen
nur entwickeln. So ist es mit dem
gegengesetzten Wirkungen ihrer
Lebens, denn auch die ihm anhaf-
Gesetz der menschlichen Hand-
verschiedenen Bestandteile hin
tenden Lebendigkeiten wandern
lungen. Jede Handlung, wenn sie
und her gezerrt werden, sind
weiter. Darum bilden Erde und
begangen wird, ist ein Komplex
beim Abschluß meist nicht so
Wasser die Lebewesen, die von
von Wirkungen, die sich räum-
weit, daß sie die höhere Sphäre
ihnen leben, auf bestimmte Art
lich und zeitlich ausbreiten. Die
ohne weiteres betreten könn-
um. Die Natur leistet sich nicht
Wirkungen dieses Karma betref-
die Verschwendung, die Arbeit
fen sowohl andre als auch beson-
eines ganzen Lebens der Ver-
ders uns seIbst. Diese Wirkungen
sind es nun, die als Erfahrungen
sich in dem unterbewußten Ich
Geburt und Tod
sind die Pforten
zweier Welten
nichtung preiszugeben. Es stirbt
nichts. Geburt und Tod sind nur
die Pforten zweier Welten, durch
des Menschen allmählich nieder-
die die Geschöpfe aus- und ein-
schlagen. Sie gehen nicht verlo-
treten.
ren, wie überhaupt in der WeIt
ten. Es kommt daher für sie ein
nichts verloren geht. Wie aber die
Puppenzustand, in dem sich die
Pflanze aus dem raum-zeitlichen
Erlebnisse der Vergangenheit in
Dasein wieder in das Dasein der
Fähigkeiten und Kräfte oder in
reinen
Wirksamkeit
Mängel und Leidenschaften ver-
(Entelechie) übergeht im Samen,
wandeln. Das ist die Auflösung,
in dem die Erfahrungen der Ver-
wenn das Äußere durch die Ver-
gangenheit unsichtbar vorhan-
wesung abfällt und sich ins un-
den sind, so folgen auf Zeiten des
sichtbare Gebiet der Entelechie
Daseins in der bewußten Licht-
der Monade zurückzieht.
geistigen
welt für den Menschen Zustände
Was nun die Wiederverkörperung anlangt, so bekommt die
Monade durch sie einen neuen
Körper, auf dessen Gestaltung
im Mutterleib sie einen gewissen Einfluß hat, dessen Material
und Beschaffenheit aber von der
elterlichen Familie geliefert werden. Die neu ins Leben tretende
Monade findet also bestimmte
Aber solange diese Monade sich
Bedingungen vor, sie nimmt Teil
nicht in höhere Sphären auf-
an den Geschicken der Familie,
schwingen kann, muß sie den
in die sie eingetreten ist. Dieser
unvollendeten Teil der Lekti-
Eintritt in eine Familie wird aber
on auf dieser Erde nachlernen.
durch geheimnisvolle Gesetze
Kein Orientale zweifelt daran,
bestimmt, die im Unsichtbaren
daß dieser geistige Keim unzer-
so wirken, daß jede Monade den
Nun ist die räumlich-zeitliche
störbar ist. So wenig die Atome
Familienzusammenhang findet,
Daseinssphäre keineswegs die
verschwinden, wenn das Feuer
der für die Auswirkung ihrer
einzige, die uns zur Verfügung
erlischt – sie treten nur nach eini-
Schicksale am geeignetsten ist. -
steht. Vielmehr ist die Mög-
ger Zeit in neue Atomverbindun-
Fragen wir nun, wie wir uns zu
der Zusammenziehung der ausgebreiteten Welt des Daseins in
unsichtbare
Entwicklungsmög-
lichkeiten. Alles Gute, alles Böse
wird dadurch ein Teil des innersten Werdekeims.
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 13
diesen Gedanken stellen sollen,
zwischen Geburt und Tod erleben
ich nenne nur Lessing und Goe-
so ist zunächst zu betonen, daß
wir aber immer nur Ausschnitte.
the - in dem Gedanken der Wie-
vom Standpunkt des Christen-
Wir erleben gewisse Vorgänge,
derverkörperung ein durchaus
tums aus diese Annahme ohne
innerhalb deren ein Karmakom-
beachtenswertes Problem gese-
weiteres möglich ist. Das Chris-
plex sich folgerichtig auswirkt
hen haben. Abschließend sei aber
tentum behauptet nur das Kar-
und zum Abschluß kommt. Wir
doch bemerkt, daß das Wichtigste
magesetz mit aller Schärfe. Über
sehen aber auch, wie Karmafäden
für den orientalischen Gedanken-
das Wie seiner Auswirkung ent-
angesponnen werden, die sich in
kreis nicht die Theorie der Wie-
hält es sich der Äußerung. Es ist
diesem Leben nicht auswirken,
derverkörperung als solche ist.
nur auf die Zukunft, auf die Zeit
weil ihre Entwicklung durch
Nicht darum handelt es sich, daß
der Vollendung gerichtet und be-
den Tod unterbrochen wird. Wir
man sich Gedanken und Phan-
schäftigt sich nicht mit der Zwi-
sehen andererseits Folgen in ei-
tasien hingibt über Zeit und Art
schenzeit.
nem Leben sich auswirken, de-
der Wiederverkörperung. Auf
alle Fälle ist ja die Wiederverkör-
Ein sehr beachtenswerter Punkt
scheint mir folgender zu sein:
So sicher es ist, daß die Familienvererbung im Menschenleben
eine Rolle spielt, so wenig reicht
sie aus zur Erklärung des ganzen
Tatbestands. Die Kinder dersel-
Wiederverkörperung
ist mit einer weitgehenden Auflösung
der Persönlichkeit
verbunden
ben Eltern zeigen bei aller Fami-
sie aus Vererbung allein nicht zu
erklären sind. Ja, man wird nicht
umhin können, zuzugeben, daß
oft in derselben Familie reifere
und unreifere Seelen zur Welt
kommen. Was aber vor allem ins
Gewicht fällt, ist die Wirkung
des Karma. Unbefangene Beobachtung und vernünftige Über-
den Auflösung der Persönlichkeit verbunden, so daß mit einem
einfachen Wiedererscheinen mit
allem Drum und Dran so wenig
gerechnet werden kann wie mit
einem Himmel, in dem man all
lienähnlichkeit so deutlich unterschiedene Charakterzüge, daß
perung mit einer sehr weitgehen-
seinen Nachbarn und Freunden
ren Ursachen sicher nicht in diesem Leben liegen. Hier sind die
großen Probleme, mit denen ein
Hiob kämpft und auf die es trotz
allen Jenseitsglaubens, der die
Frage nicht löst, nur das „Dennoch“ des Psalmisten gibt, wenn
nicht irgendwie die Hilfslinie der
Weisheit des Ostens in das Leben
eingezeichnet wird.
wieder begegnet. Vielmehr soll
der Gedanke nur dazu dienen,
um die Frage: „Warum muß gerade mich das treffen? Wo bleibt
da die Gerechtigkeit ?“, die man
so oft hören kann, zu beschwichtigen und alle Energie daraufhin
zu konzentrieren, wie man aus
dem ewig ermüdenden Rad des
Wahnes herauskommt zur Ruhe
legung führen uns in gleicher
So ist es denn auch zu verstehen,
und Seligkeit eines überpersön-
Weise darauf, daß dieses Gesetz
daß manche gerade der tiefsten
lichen Seins, wo aller Kampf ein
tatsächlich besteht. In dem Leben
und klarsten unserer Denker -
Ende hat.
14 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Lama Anagarika Govinda war Mystiker, Maler, Dichter, Autor und Gelehrter. 1898 als Ernst
Lothar Hoffmann in Deutschland geboren,
ging er 1928 nach Indien, dessen Staatsbürger er wurde. Durch Bücher wie Der Weg der
Weißen Wolken, Grundlagen Tibetischer Mystik
und Die Innere Struktur des I Ging trug er wesentlich zum Interesse an buddhistischer und
daoistischer Philosophie in Europa und Amerika bei und gilt heute als einer der wichtigsten
Brückenbauer zwischen Ost und West. Lama
Govinda unterhielt enge Kontakte zu Denkern
wie Rabindranath Tagore, Jean Gebser und
Alan Watts. Er starb 1985 in Kalifornien.
Der Abdruck des Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Lama Anagarika und
Li Gotami Govinda Stiftung.
Wiederverkörperungslehre
und Wissenschaft
Lama Anagarika Govinda
E
in Wissenschaftler, der
geprüfte Rückerinnerungen, die
fach erbracht worden, und falls
sich von der Ethik des
ja auch der Buddha von sich be-
Wissenschaftler sich die Mühe
Buddhismus angezogen
hauptet hat und die in einzelnen
nehmen wollten, diesen Beweisen
fühlte, aber mit der Wiederge-
Fällen, wenn auch nicht kritisch
nachzugehen und das vorhande-
burtslehre
genug untersucht, in unserer Zeit
ne Tatsachenmaterial kritisch zu
wußte, meinte, daß diese Lehre,
vorgekommen sein sollen.
prüfen, würde die Wissenschaft
wenn sie einen realen Hinter-
Diese Forderung ist vollkommen
in kurzer Zeit hierüber ebenso
grund habe, mit der Zeit doch
richtig. Aber der hier verlangte
gut unterrichtet sein wie über
auch wissenschaftlich beweisbar
Beweis einwandfrei nachgewie-
das Leben der Mikroben und das
sein müsse - durch einwandfrei
sener Rückerinnerungen ist viel-
Sternensystem der Milchstraße.
nichts
anzufangen
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 15
Daß man sich aber seitens der
genen Innern und das Zeugnis
oder denkbare Form absolute
Wissenschaft diese Mühe bisher
eines Buddha und unzähliger
Realität ist, sondern nur Erschei-
nicht gemacht hat, zeigt nur die
anderer, die seinen Weg gingen?
nungsform einer Wirklichkeit, die
Voreingenommenheit einiger ih-
Ist der Weg der nach außen
auf jeder Stufe der Erkenntnis in
rer Vertreter wie die Lückenhaf-
schauenden Wissenschaft etwa
anderen Formen zum Ausdruck
tigkeit des wissenschaftlichen
weniger anthropozentrisch als
kommt - gemäß dem Instrument
Weltbildes - nicht aber die Un-
derjenige der Innenschau? Wer
der Beobachtung.
möglichkeit der Wiederverkör-
bedient sich denn die Mikrosko-
Diese Relativität entwertet nicht
perung.
pe und Teleskope, wenn nicht
die Resultate der Beobachtung
Ein Wissenschaftler sollte sich
oder der Erfahrung, sondern
also
weist ihnen nur ihren Platz an.
logischerweise
auf
den
Standpunkt stellen: Ich habe bisher selbst keine Erfahrungen dieser Art gemacht noch auch ermitteln können, ob andere, die sich
früherer Geburten zu erinnern
glauben, hierfür einen vollgülti-
Ist eine
wissenschaftliche
Perspektive weniger
anthropozentrisch
als die Innenschau?
Sie macht es möglich, die Beobachtungen der Wissenschaft und
des religiösen Erlebens jede in
ihrer Art zu verstehen und ihrem Charakter entsprechend zu
verwerten. Dieses »Sowohl-als-
gen Beweis erbringen konnten.
Auch« ist den westlichen Dog-
Ich lasse diese Frage daher offen,
matikern der Wissenschaft wie
bis ich zureichende Beweise in
das menschliche Auge, und wer
der Theologie äußerst peinlich,
Händen habe.
deutet das Gesehene, wenn nicht
denn sie befinden sich, wie C.
Aber hier zeigt sich der Mangel
der menschliche Geist! Laß den
G. Jung (in seinem Vowort zum
an wirklich wissenschaftlicher
vom modernen Wissen unbe-
Tibetischen Totenbuch) so schön
Unvoreingenommenheit.
Der
rührten Tibeter durchs Mikros-
sagt, „noch im mittelalterlichen,
zitierte Wissenschaftler geht un-
kop schauen, und er wird darin
vorpsychologischen
vermittelt und ohne logische Be-
seine Krankheitsdämonen bestä-
wo nur die Aussagen gehört,
gründung zur entgegengesetz-
tigt finden; laß ihn durchs Te-
erklärt, verteidigt, kritisiert und
ten Behauptung über: Wenn die
leskop blicken, und er wird die
argumentiert werden, wo die In-
Wissenschaft nichts von der Wie-
strahlenden Welten seiner Schau-
stanz aber, welche die Aussagen
derverkörperung weiß, dann be-
ungen wiedererkennen.
macht, nach allgemeiner Verein-
deutet das, daß es so etwas nicht
Der Wissenschaftler, der seine
barung als nicht zum Programm
gibt, und daß darum der Buddha
Betrachtungen für objektiv und
gehörig von der Tagesordnung
eine unrichtige Behauptung auf-
für absolute Wahrheit hält, ist ein
abgesetzt ist“.
gestellt hat.
gut Teil naiver als der unwissen-
Dieser auf den Begriff beschränk-
Aber ist es denn wirklich so, daß
schaftliche Tibeter , der sich trotz
ten Wissenschaft, die vor lauter
Mikroskope und Teleskope eine
der ungleich stärkeren Realität
Begriffen den Begreifenden ver-
objektivere Wirklichkeit vermit-
seiner Schauungen und Medita-
gißt, steht die Wirklichkeit des
teln als das jedem zugängliche
tionserlebnisse darüber im klaren
Erlebens gegenüber. So sagt Paul
Erlebnis der Wirklichkeit im ei-
ist, daß keine sichtbare, hörbare
Dahlke:
16 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Stadium,
„Das künstlerische Moment des
mit der die Wissenschaft arbeitet,
schenverstand, der sich bei allen
Erlebens ist im tiefsten Grunde
arbeiten kann, ändert an dieser
Triumphen
begriffsfrei - Wirklichkeit als sich
bedingten Bewertung nichts: Lo-
Erkenntnis genügend Objektivi-
formend, Wirklichkeit in statu
gik ist anwendbar nicht nur auf
tät und Bescheidenheit bewahrt
nascendi. Man kann über den
hypothetische, sondern auch auf
hat, um einzusehen, daß es nicht
Wert der Wissenschaft nur urtei-
fiktive Voraussetzungen, ja Logik
„nur eine Welt gibt, nämlich die
len vom Begriff aus. Das Wesen
ist sogar um so strenger durch-
Welt, die sich unseren Sinnen
des Begriffes aber ist dieses, daß
führbar, je reiner hypothetisch, je
zeigt“, sondern ebenso viele Wel-
er die Wirklichkeit nur in vorläu-
reiner fiktiv diese Vorbedingun-
ten, wie es Bewußtseinsdimen-
figer, hypothetischer Form gibt.
gen sind, das heißt je weniger sie
sionen gibt, das heißt unendlich
Ein Baum ist ein Baum im be-
mit Wirklichkeit verquickt sind
viele.
grifflichen Sinne nur in vorläufi-
und je weniger ihnen die Wirk-
Dieses Zugeständnis läßt die
ger Form. Die Definition „Baum“
lichkeit den Text verdirbt. - Rei-
Wissenschaft in ihrem eigenen
gibt es nur auf Zeit. Es hat eine
ne Logik ist nur erkaufbar auf
Bereich gelten, ohne deshalb an-
Zeit gegeben, wo das, was ich
Kosten des Wirklichkeitsgehal-
dere Forschungsmethoden und
jetzt als Baum definiere, Same
tes. - So geschieht es immer wie-
-gebiete, wie die der Psychologie
war, es wird eine Zeit geben,
der, daß der Mensch das geistige
und der meditativen Erfahrung,
wo das, was ich jetzt als Baum
Leben der Menschheit für das
auszuschließen. Auch da, wo ex-
definiere, nicht mehr Baum ist,
Linsengericht der Ratio sich das
akt-wissenschaftliche Methoden,
sondern entweder wieder Same
Beste verscherzt: die Wirklichkeit
wie in der Physik und der Ma-
oder totes Holz oder sonst etwas.
selbst.“
thematik, nicht angewandt wer-
Das Wesen der künstlerischen
(wie der meditativen) Intuition ist letzten Endes dieses, daß
man, über die begriffliche Form
hinaussehend, das »verbindende
Band« sieht, wie Goethe es sah in
seiner Metamorphose der Pflan-
wissenschaftlicher
den können und wo rein logische
Die Entdeckungen
des Buddha bauen
auf strenge
Methodik und
Geistesschulung auf
zen.
Denkoperationen nicht ausreichend sind, um Resultate oder
Beweise zu erbringen, herrscht
keine Willkür, wie unser Wissenschaftler annimmt, wenn er sagt,
daß in einem solchen Falle „jede
Behauptung und ihr Gegenteil
So werde man sich darüber klar,
Das Zugeständnis, daß die Wis-
richtig sein kann“.
daß das Moment des Hypothe-
senschaft, trotz künftiger Ultra-
Die Entdeckungen eines Buddha
tischen, Bedingten aller Wissen-
mikroskope und Superteleskope,
und anderer Großer im Reiche
schaft anhängt; daß jede Definiti-
nur die Welt der Erscheinungen
des Geistes bauen, wie bereits
on, jede Begriffsbildung eben ein
zu zeigen und zu erforschen ver-
erwähnt, auf strenge Methodik
Nicht-Definitives, sondern ein
mag, nicht aber die Welt, wie sie
und Geistesschulung auf, die - in
Vorläufiges ist, und man gewöh-
wirklich ist, ist nicht „eine Anlei-
ihrer Weise - ebenso zu „objek-
ne sich beizeiten, danach den
he am Transzendenten“, wie der
tiven“ Beobachtungen und Re-
wahren Wert der Wissenschaft zu
anfangs zitierte Wissenschaftler
sultaten führen können wie die
bemessen. Die Strenge der Logik,
glaubt. Es ist gesunder Men-
Methoden der Wissenschaft . Der
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 17
Wissenschaftler, der in seinem ei-
sein (bodhi) löst die Widersprü-
der Buddha ausdrücklich erklärt,
genen Gebiet eine strenge Schu-
che, in die das niedere, an die
sie aus eigener Erfahrung er-
lung fordert, glaubt jedoch in Sa-
Sinnlichkeit gebundene Denken
kannt zu haben (bildet doch die
chen psychischer Erfahrung ohne
sich
Wiedergeburtserkenntnis einen
die geringste Anstrengung und
(Hermann Beckh)
Schulung urteilsfähig zu sein.
Dies ist aber, als ob ein Schuljunge, der kaum das Einmaleins
beherrscht, ein Urteil über die
Einsteinsche
Relativitätstheorie
abgeben wollte - die doch augenscheinlich jedem logisch-euklidischen Denken widerspricht.
Es ist ein verbreiteter Denkfehler,
Immanenz und Transzendenz
hoffnungslos
verstrickt.“
Hauptteil seines Erleuchtungs-
Wer diese höhere Bewußtseinsmöglichkeit ableugnet, um den
Buddhismus zur Magd der Na-
Die Wahrheit des
Buddhismus bedarf
keiner Bestätigung
durch die
Wissenschaft
als zwei sich ausschließende Ge-
vorganges) -, der erklärt hiermit
den Buddha zu einem armseligen
Scharlatan. Es ist nicht einzusehen, warum jemand, der eine solche Ansicht vertritt, Wert darauf
legen sollte, die „unumstößlichen
Erkenntnisse der Wissenschaft“
mit den Lehren des Buddhismus
zu verwässern.
Wer zum Buddhismus nur kam,
weil er glaubt, daß dieser mit
gensätze zu betrachten, anstatt
turwissenschaft
machen,
den Ergebnissen der modernen
zu begrüssen, daß es sich hier
drückt ihn damit auf das Ni-
Wissenschaft (die schon morgen
um relative Ausdrücke handelt
veau einer bloßen Morallehre
nicht mehr modern sein wird !)
- ebenso wie im Falle von „objek-
herab, die sich mit den nach Be-
übereinstimmt, der würde besser
tiv“ und „subjektiv“. Diejenigen,
lieben einfüllbaren Schablonen
daran tun, bei der Wissenschaft
die Immanenz und Transzendenz
des Achtfachen Pfades, der Vier
zu bleiben. Die Tatsache, daß der
als konstante Faktoren ansehen,
Heiligen Wahrheiten und even-
Buddhismus mit vielen Erkennt-
gehen von der falschen Voraus-
tuell in einer materialistisch miß-
nissen der Wissenschaft überein-
setzung aus, daß die Grenzen
verstandenen
Kausalitätslehre
stimmt, soll nicht in Frage gestellt
des menschlichen Bewußtseins
erschöpft,
„verbindende
werden. Es ist jedoch nicht der
unveränderlich seien und daß
Band“, nämlich die Allverbun-
Buddhismus, dessen Wahrheit
darum alles, was dieselben über-
denheit oder Allbezogenheit des
hierdurch bestätigt wird, son-
steigt, transzendent ist.
Bewußtseins, auf der die Wie-
dern es ist die Wissenschaft, die
Daß aber das Bewußtsein sich
dergeburtslehre ebenso wie die
endlich nach zweieinhalb Jahr-
verändern und über die will-
Anattä -Idee beruht, jedoch unter
tausenden sich den Erkenntnis-
kürlich angenommenen oder für
den Tisch fallen läßt.
sen des Buddhismus nähert.
Für jemanden, der glaubt, daß
Haben wir doch endlich einmal
der Buddha nur „aus missio-
den Mut, ohne die Krücken der
narischen Gründen“, das heißt
Wissenschaft auf unserer inners-
um äußerer Vorteile willen und
ten und tiefsten Überzeugung
entgegen seiner besseren Über-
zu stehen - gleichgültig, ob der
„Nicht logisches Denken, son-
zeugung die Wiedergeburtsidee
„moderne“ Zeitgenosse uns zu-
dern nur ein höheres Bewusst-
„übernommen“ habe - obwohl
stimmt oder nicht.
den Durchschnittsmenschen charakteristischen Grenzen hinauswachsen kann, sehen die Dogmatiker der Naturwissenschaft
nicht:
18 | Frühjahr 2012 | DAMARU
das
zu
Volker Zotz, Philosoph und Kulturwissenschaftler, lehrt als Professor an der
Universität Luxemburg. Seit seiner Kindheit beschäftigt ihn der Buddhismus. Seine Forschungen führen ihn regelmäßig
nach Indien, China und Japan.
Er ist Autor von Büchern, wie Buddha, Geschichte der buddhistischen Philosophie und
Mit Buddha das Leben meistern. Buddhismus
für Praktiker. Aus letzterem Buch wurde
das folgende Kapitel übernommen.
„Wiedergeburt“
Volker Zotz
G
autama betrachtet den
diese vom Körper abhängig? Man
haben wollen und wie wir sein
Menschen unter den
könnte fast umgekehrt sagen, der
wollen, entscheidet sich nach
fünf Aspekten
Körper sei an sie gebunden.
dem Gesetz des Karma. Diese
Arbeiten wir nach Gautamas
neutrale Werde-Kraft fächert sich
Methoden an unseren Absich-
in all das auf, was uns aktiv sein
ten, stellen wir fest, welch starke
lässt und vorantreibt: Absichten,
Energie sie sind. Es ist eine große
Wünsche, Triebe, Wollen, Nei-
Kraft, die uns denken, reden und
gungen und Interessen.
handeln lassen will, die uns Ab-
Nicht der Körper bringt diese
5. des Bewusstseins.
sichten haben lassen will. Gäbe
Kraft hervor. Es gäbe gar keinen
Stirbt der Körper, erlischt das an
es diese Kraft, diesen inneren
Körper ohne ihr Wirken. Der
ihn gebundene Gefühl. Auch das
Antrieb nicht, wir würden auf-
Körper wurde aus toter Materie
Wahrnehmen, das von Sinnes-
hören zu sein.
aufgebaut und besteht nach dem
organen abhängt, muss damit
Diese Energie, unsere Werde-
Sterben noch einige Zeit als sol-
aufhören. Doch wie steht es mit
Kraft, ist neutral, also auf nichts
cher.
unseren Strebungen, den Nei-
Bestimmtes gerichtet. Eines strebt
Vom Augenblick seiner Zeugung
gungen und Absichten, all dem,
sie aber immer an: Wir wollen
wurde das leibliche Werden von
was uns aktiv werden lässt? Sind
haben, wir wollen sein. Was wir
dieser Energie bedingt. Man muss
1. des Körpers,
2. des Gefühls,
3. des Wahrnehmens,
4. der Strebungen (Wille, Trieb,
Neigung, Interesse),
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 19
ein Kind nicht dazu bringen, Be-
fe, die ihn bildeten, sich den Ge-
weiterer
dürfnisse wie jenes nach Nah-
setzen der Natur entsprechend
wirkt in diesem Sinn über dieses
rung zu haben. Es trägt sie von
verwandeln, verpufft auch die
Leben hinaus.
Anfang an in sich und bringt sie
Energie nicht, die den Körper
Wichtig im Zusammenhang mit
laut zum Ausdruck. Ohne diese
aufbauen und bewegen ließ. Sie
Gautamas Lehre der „Wiederge-
grundsätzliche Werde-Kraft des
wandelt sich nach ihren eigenen
burt“ sind die Worte Kraft und
Entwicklung.
Karma
Sein- und Haben-Wollens, die
Energie. Die Natur des Menschen
sich stark in der Sexualität zeigt,
ist dynamisch, immer in Bewe-
entstünde kein Mensch.
Die Kraft, die unseren Körper
aufbaut und bewegt, Triebe und
Interessen verfolgen lässt, formt
im Wirken unseren Charakter.
Triebe und
Interessen, die wir
verfolgen formen
im Wirken unseren
Charakter
gung, steht nie still. Nichts bleibt
eine Sekunde lang ganz dasselbe, weder körperlich noch mental. Nehmen wir unsere leibliche
Änderung auch nicht von Tag zu
Welche Richtung der Gestal-
Tag wahr, nach einigen Jahren
tungsprozess nimmt, hängt vom
wird deutlich, wie wir alterten.
Denken, Reden und Tun ab: Wir
Gesetzen. Für den verbrauchten
Das Denken und Gefühlsleben
können an Einsicht und Fähig-
Körper, durch den sie sich zum
unterscheidet sich heute in An-
keiten wachsen oder auf Abwege
Ausdruck brachte, schafft sie ei-
sichten, Erfahrungen, Vermögen
geraten und uns im Kreis drehen.
nen Ersatz. Ihre Natur ist, sein
und Ausrichtung von dem unse-
Es kommt darauf an, wie unsere
und haben zu wollen. So drängt
rer Kindheit.
Absichten diese Kraft lenken.
sie einem neuen ihrer Orientie-
Was geschieht mit dieser Energie,
wenn der Leib unbrauchbar oder
rung entsprechenden Dasein entgegen.
Zwar wurden wir seither keine
ganz anderen, denn wir erinnern
uns einer ganz bestimmten Kin-
zerstört wurde? Wie wir sahen,
War der Verstorbene ein roher
derzeit als der unseren, doch ließ
gibt es sie schon vor Beginn kör-
Mensch mit grobem Wesen, des-
uns ein nie abreißender Strom
perlichen Daseins, dessen Vor-
sen absichtliches Wirken Neid
der Entwicklung anders und neu
aussetzung sie ist. Sie verbraucht
und Habsucht bestimmten, sucht
werden. Das Werden kommt mit
sich nicht bis zum Zeitpunkt des
sich die Energie eine Möglich-
dem Tod nicht zur Ruhe. Bei der
Todes. Wie viele Interessen, Nei-
keit, weiter in dieser Richtung
„Wiedergeburt“ tritt kein un-
gungen, Triebe und Wünsche hat
zu wirken. Arbeitete er engagiert
veränderliches Wesen erneut ins
ein Mensch noch in unmittelba-
heilsam, ist die Kraft positiv ge-
Dasein. Ein dynamischer Prozess
rer Todesnähe, vom grundsätz-
richtet und so das Werden nach
setzt sich fort.
lichen Willen zum Leben ganz
dem Tod.
abgesehen!
Mit anderen Worten: Worauf wir
lichen Werdens, das weit über
Gautama lehrte, dass nichts ver-
unsere Neigungen gelenkt ha-
unser überschaubares Leben hin-
loren geht. Wie der Körper nicht
ben, bestimmt nach dem Ende
ausgeht. Was wir im Augenblick
verschwindet, sondern die Stof-
leiblichen Daseins die Richtung
sind, ist der momentane Punkt
20 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Jeder ist Teil solch unermess-
eines Prozesses, der schon vor
dergeburt“, also das Aufgeben
ges Erleben, glauben oder nicht.
unserem Dasein in Bewegung
einer Form des Daseins, um eine
Sollte man solche Erfahrungen
war. Womit wir in diesem Leben
neue aufzubauen, sind zu große
anstreben?
begannen, hat seinen Ursprung
Umgestaltungen, um nahtloses
in früherem Karma.
Erinnern zuzulassen. Gautama
Die Überlegung, ob dieser große
zeigte uns, dass wir schon diesen
Prozess des Werdens jemals be-
Moment nicht vollkommen er-
gann, hielt Gautama für zweck-
fahren. Wir erfassen in aufmerk-
los. Eine befriedigende Antwort
samsten Zeiten nur Teile unseres
auf die Frage nach dem ersten
gegenwärtigen Daseins. Wie soll-
Anfang lässt sich nicht geben.
ten wir zu ferneren und fernsten
Spreche ich von einer höheren
Zeiten Zugang haben?
Macht als Urheberin allen Seins,
Gautama sagte nicht, das Ver-
nicht einmal alle Konsequenzen
gebe ich der unbegreiflichen An-
gegenwärtigen des Früheren sei
aus dem Wissen und den Erfah-
fangslosigkeit einen Namen, der
unmöglich. Sein Erwachen wird
rungen von uns überschaubaren
sie nicht begreiflicher macht. Von
als Erinnerung geschildert, bei
Jahren. Jahrhunderte würden uns
praktischem Wert für mein Le-
dem frühere Leben in sein Be-
zur erdrückenden Last. Es ginge
Wenn man statt verflossener
Jahrzehnte plötzlich Jahrhunderte oder Jahrtausende überblicken
könnte, dann würde dies wohl
tragisch enden. Wer, der noch
von Gier und Hass verblendet
ist, wäre dieser Weitung seines
Horizonts gewachsen? In unserer Beschränktheit ziehen wir
ben ist nicht der Glaube an einen
uns wie einem Spielsüchtigen,
Beginn oder ein Ende, sondern
der unerwartet viele Millionen
die Erfahrung, in einem großen
Werden zu stehen, dessen Fortgang ich durch Arbeit am eigenen Denken, Reden und Tun mitbestimme.
Das Wissen um
frühere Leben wäre
für Nicht-Erwachte
eine zu große Last
erbt. Da er nicht gelernt hat, das
wenige Geld, das er zuvor verdiente, achtsam zu verwenden,
wird er auch die Erbschaft zum
Glücksspiel tragen. Im Glauben,
jetzt mehr zu haben, gibt er viel-
Frühere Leben?
Beginnt die Geschichte dessen,
was ein Mensch ist, nicht mit seiner Geburt in diesem Leben, wa-
wusstsein traten, bis er den um-
leicht seine Arbeit und damit
fassenden Prozess des Werdens
letzte soziale Kontakte außerhalb
im Entstehen und Vergehen von
der Spielhöllen auf. Der Geld-
Welten erfuhr.
segen wirkte dann verheerend.
Was sollte mir die Erinnerung an
rum erinnert er sich dann nicht
Es heißt von hohen Würdenträ-
an frühere Existenzen? In der Re-
gern Tibets, deren bekanntester
gel kann er sich schon nicht der
der Dalai Lama ist, sie könnten
ersten Jahre der Kindheit oder
im Augenblick des Todes ab-
seiner Geburt entsinnen. Sogar
sichtsvoll und klar bewusst ein
Es ist gut, mit keinem Epochen
bei näheren Abschnitten dieses
Dasein verlassen, um ein nächs-
umfassenden Gedächtnis belas-
Lebens weist das Gedächtnis oft
tes zu beginnen. All dies kann
tet zu sein, sondern nur mit dem,
große Lücken auf. Tod und „Wie-
man, ist man selbst ohne derarti-
was man tragen kann. Menschen,
Jahrtausende nutzen, wenn ich
noch nicht verstehe, meine gestrigen Fehler zu korrigieren?
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 21
die sich in Europa und Nordame-
und ich bin nicht. In der Vergan-
he, um so klarer wird, dass dies
rika mit früheren Leben beschäf-
genheit war vergangenes Dasein
meine Vergangenheit ist. Dinge,
tigen, sind zu ihrem Glück oft
wirklich, unwirklich zukünftiges
an die ich niemals denke, tragen
stark von Wunschträumen gelei-
und gegenwärtiges. In Zukunft
zu meinem Werden bei.
tet. Darum herrscht unter ihnen
wird künftiges Dasein wirklich
kein Mangel an solchen, die sich
sein,
als Wiederkehr respektabler Per-
und gegenwärtiges. Jetzt ist mein
sönlichkeiten wähnen.
gegenwärtiges Dasein wirklich,
Doch was wäre, wenn es jeman-
unwirklich
dem bei seinen Experimenten
künftiges.“
dämmerte, er sei Adolf Hitler
Gautama erfuhr erst mit dem Er-
war. So konnte er meinem Vater
gewesen und er sich manchen
wachen frühere Dasein, die aber
die Ausbildung finanzieren, auf
Befehls entsinnt, der Millionen
in einer Schau, die das Werden
die sich der Wohlstand meiner
Menschen qualvoll ums Leben
der Welt einschloss, schon auf-
Familie gründete. Bin ich in Spa-
brachte? Was sollte er in seiner
hörten, „seine“ zu sein.
nien Jahrhunderte nach der Ver-
Beschränktheit mit der Schuld
tun, die im Erinnern zu seiner
würde?
unwirklich
vergangenes
vergangenes
und
Das Dasein als Gautama, ein begrenzter Ausschnitt des umfassenden Werdens, wurde offen
Um zu verstehen, was für Gau-
für diesen großen Prozess und
tama „Wiedergeburt“ im letzten
erlebte, wie es sich nie wahrhaft
Bin ich in England geboren,
nachdem Indien keine britische
Kolonie mehr war, arbeitete doch
mein Großvater für eine Firma,
die davon profitierte, dass Indern
die
Salzproduktion
verboten
treibung und dem Massenmord
an Muslims und Juden geboren,
wohne ich vielleicht doch auf einem Grundstück, auf dem jetzt
eine ihrer Familien leben würde,
Sinn bedeutet, muss man seine
hätte man sie nicht erschlagen.
Anātman-Lehre berücksichtigen.
Bin ich in Deutschland auch Jah-
Es gibt keine Persönlichkeit, die
Das Dasein
des Einzelnen
ist nie isoliert
vom Ganzen
für sich allein besteht. Prozesse
der unbelebten und belebten Natur, alles Wahrgenommene und
jeder, der mir begegnet, tragen
re nach den Gräueltaten des Nationalsozialismus geboren, trete
ich doch ihr Erbe an. In diesem
Sinn gehört dann Hitler wahrhaft
zu meinem früheren Leben, denn
was in seinem Namen geschah,
zu meinem Bewusstsein bei.
prägte die Kultur und Gesell-
Die Grenzen dessen, was zu mei-
schaft, die mich hervorbrachte.
nem Leben gehört, sind fließend.
vom Ganzen, aus dem es exis-
Weil mein Ich so relativ ist, kann
tiert, abtrennen kann. Schon in
Es geht nicht um das Zuweisen
es nie absolut sagen: „Dies war
einem äußeren Sinn kann ich nie
von Schuld an Dingen, die ge-
mein früheres Leben.“ Mit Gaut-
vor der Gesamtheit des Gewese-
schahen, als es mich bewusst
amas Worten: „In der Vergangen-
nen fliehen. Je weiter ich in der
noch gar nicht gab, sondern um
heit war ich, und ich war nicht. In
Vergangenheit meines Landes,
die Erkenntnis, dass mich ein um-
der Zukunft werde ich sein, und
Kontinents, der ganzen Erde oder
fassender Prozess trägt. Auch er
ich werde nicht sein. Ich bin jetzt,
des Planetensystems zurückge-
lässt mich sein, was ich bin, und
22 | Frühjahr 2012 | DAMARU
haben, was ich besitze. Neben
von seinem Schlechtsein abhän-
Dasein zu beschäftigen braucht.
der Geschichte, die ich bewusst
gig. Oft gründet eigene Freude
Erst wenn ich mein größeres
mitgestaltete, wirkt eine weitere,
auf dem Leid anderer, eigener
Erbe annehme, vom eigenen Na-
die nicht zuletzt von Blutvergie-
Besitz auf deren Armut oder die
bel aufblicke und lerne, andere
ßen, Mord und Brutalität geprägt
eigene Rechtschaffenheit auf den
wahrhaft zu schätzen, besitze ich
ist. Die Welt, in der ich lebe, ist
Grässlichkeiten anderer.
die Reife, mit einem Gewahrsein
auf Trümmern und Leichenber-
umzugehen das kontinuierlich in
gen errichtet. Schon der Test des
ferne Vergangenheiten weist.
Medikaments, das meine Krank-
Vieles, wovon ich
mich distanziere,
gehört zu mir.
heit heilt, ließ manchen Affen
qualvoll verenden.
Ich mag vehement zurückwei-
Deshalb warnte Gautama, sich
in Spekulationen über frühere
Daseinsformen zu verlieren oder
krampfhaft zu versuchen, etwas
sen, dass Hitler zu meiner Vor-
darüber zu erfahren. Gebrauchen
geschichte
wir uns jetzt Zugängliches ange-
gehört,
schließlich
wurde ich pazifistisch erzogen.
Vieles, wovon ich mich distan-
messen, schätzen den gegebenen
Aber vielleicht resultierte diese
ziere, gehört zu mir. Es gibt da-
Moment und lernen, über eigenes
Erziehung aus dem Schock an
rum genug konkret Vergangenes
Leid hinaus auf andere zu sehen,
den Wirkungen Hitlers. Mein
anzunehmen und aufzuarbeiten,
weitet sich das Bewusstsein auf
Gutsein wäre dann sehr direkt
bevor man sich mit früherem
einer sicheren ethischen Basis.
Vorträge von Volker Zotz
„Frauen im Buddhismus“ in Luxemburg
Wie in anderen Weltreligionen wurden im Buddhismus die Frauen institutionell seit früher Zeit an den Rand
gedrängt. Dennoch brachte der Buddhismus in Süd- und Ostasien eine große Reihe eindrucksvoller weiblicher Heiligengestalten und Frauenpersönlichkeiten hervor. Der Vortrag wird die Rolle der Frau und des
Weiblichen im Buddhismus von den Anfängen bis in die Gegenwart skizzieren. Dazu werden einige bedeutende Frauengestalten aus der Geschichte des Buddhismus in Biografie und Wirken vorgestellt.
29.03.2012 um 20:00 Uhr
Ort: ErwuesseBildung
Centre Convict, 5, avenue Marie-Thérèse, Luxemburg
„Gautamas Weg – Praxis im frühem Buddhismus“ in Renchen
in der Reihe „Religion im Gespräch“
27.03.2012 um 20:00 Uhr
Ort: Simplicissimus-Haus
Hauptstraße 59, 77871 Renchen (D)
„Der Buddhismus der Ideologen und Philosophen
des Nationalsozialismus“ in Wien
im Rahmen der Tagung Buddhismus & Nationalsozialismus der Universität Wien
und der Freien Universität Berlin
4.-5.05.2012
Ort: Universität Wien
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 23
Zitate
Reinkarnation
Giordano Bruno
Die Seele des Menschen ist ihrer besonderen und allgemeinen Wesenheit nach
dieselbe, als die Seele der Fliegen, der Muscheln und Pflanzen, sowie überhaupt aller Dinge, die beseelt sind, oder eine haben, wie es auch keinen Körper
gibt, der nicht in einer mehr oder minder vollkommenen und lebendigen Weise
an dem Geiste Teil hätte. Dieser Geist oder diese Seele nun verbindet sich, je
nachdem es das Schicksal oder die Vorsehung, die Ordnung oder das Glück
also will, bald mit einer, bald mit einer anderen Art von Körper, und je nach
der Verschiedenheit der Organisationen und Glieder erlangt er verschiedene
Grade und Vollkommenheiten von Verstand und Tätigkeiten.
Cabala del cavallo pegaseo (1585)
Johann Gottfried Herder
Jung oder alt – das Wiederkommen des menschlichen Geschlechts müßte merklich geworden sein, wenn auch nur muthmaßend, bemerkt sein. Ja wenn mit
dem Wiederkommen der menschliche Verstand und der moralisch-feine Sinn,
die innere Thätigkeit und Elasticität des Menschen, gar wüchse: Himmel, wie
vortreffliche Menschen müßten wir haben, an denen, die schon zehnmal da
gewesen wären! Und wo sind diese?“
Postscenien zur Geschichte der Menschheit. Tübingen
1807, S. 221
24 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Die Seelenwanderung war vorübergehend in Griechenland, hat kein philosophisches Interesse. Bei den Griechen ist das Bewußtsein höherer freier
Individualität schon zu stark gewesen, als daß die Vorstellung hätte haften
können, daß der freie Mensch, dieses fürsichseyende Beischseyn übergehe
in die Weise des Thieres. [...] Die Weise des Leibes ist nicht zufällig
zu der Weise der Seele, und ebenso nicht umgekehrt. Diese Zufälligkeit
liegt in der Seelenwanderung: Die menschliche Seele ist auch thierische
Seele.“
Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie.
Band 1. Berlin 1833, S. 271-272
Heinrich Heine
„Denn wisse, die Zeit ist unendlich; aber die Dinge in dieser Zeit, die
faßlichen Körper, sind endlich, sie können zwar in kleinste Teilchen zerstieben, doch diese Theilchen, die Atome, haben ihre bestimmte Zahl, und
bestimmt ist auch die Zahl der Gestalten, die sich gottselbst aus ihnen
hervorbilden; und wenn auch noch so lange Zeit darüber hingeht, so müssen doch, nach den ewigen Combinazionsgesetzen dieses ewigen Wiederholungsspieles, alle Gestaltungen, die auf dieser Erde schon gewesen sind,
wieder zum Vorschein kommen, sich wieder begegnen, anziehen, abstoßen,
küssen, verderben, vor wie nach.“
Reisebilder II, 1828-1831 (Säkularausgabe Band 6,
Berlin 1986, S. 234)
Rudolf Steiner
„Welche Eindrücke die Seele wird haben können, welche Wünsche ihr werden
befriedigt werden können, welche Freuden und Leiden ihr erwachsen, mit welchen Menschen sie zusammenkommen wird: das hängt davon ab, wie die Taten in
den vorhergehenden Verkörperungen des Geistes waren. Menschen, mit welchen
die Seele in einem Leben verbunden war, wird sie in einem folgenden wiederfinden
müssen, weil die Taten, welche zwischen ihnen gewesen sind, ihre Folgen haben
müssen. Wie die eine Seele, werden auch die mit dieser verbundenen in derselben
Zeit ihre Wiederverkörperung anstreben.“
Rudolf Steiner: Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung 1904
(nach Gesamtausgabe Bd. 9, S. 88-89)
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 25
Zitate
Arthur Schopenhauer
Ein „nicht weg zu erklärender Grundfehler des Christentums ist, daß es widernatürlicherweise den Menschen losgerissen hat von der Thierwelt, welcher er doch
wesentlich angehört, und ihn nun ganz allein gelten lassen will, die Thiere geradezu als Sachen betrachtend; - während Brahmanismus und Buddhaismus,
der Wahrheit getreu, die augenfällige Verwandschaft des Menschen, wie im
Allgemeinen mit der ganzen Natur, so zunächst und zumeist mit der thierischen,
entschieden anerkennen und ihn stets, durch Metempsychose und sonst, in enger
Verbindung mit der Thierwelt darstellen.“
Pererga und Paralipomena. I. Band. Berlin 1851, S. 310
Albert Schweitzer
„Nicht einmal die Erlösung des Menschen vermag die Wiedergeburtslehre in befriedigender
Weise begreiflich zu machen. Sie läßt Menschen zur Strafe für ihren schlechten Wandel
in die Existenz verachteter und böser Tiere eingehen. Aber wie sie aus dieser wieder zu einer
höheren heraufarbeiten können: diese Frage bleibt in ihr ungelöst. Die Wiedergeburtslehre
befindet sich hier mit sich selber in Widerspruch. Sie muß die Erlangung der höheren Existenzweise von dem ethischen Verlangen abhängig sein lassen. Wie aber kann sich die einmal
in ein Tierdasein herabgesunkene Seele ethische Verdienste erwerben?“
Die Weltanschauung der indischen Denker. Mystik
und Ethik. München 1935, S. 36-37
Johann Heinrich Jung-Stilling
„Die Seelenwanderung ist in den Gesetzen, und in der Natur des Geisterreichs nicht gegründet. Eine Seele kann Jahrhunderte lang im Hades zubringen, ehe sie weiter gefördert
wird, aber sie kehrt nie wieder in einen menschlichen Körper zurück, die Geisterwelt hat
Läuterungs-Mittel genug, es bedarf da keiner Rückkehr ins Sinnenleben.“
Theorie der Geister-Kunde. Nürnberg 1808, S. 374
26 | Frühjahr 2012 | DAMARU
Berichte | Meldungen
Shinran und Hōnen
Jubiläen 2011/2012 im Buddhismus Japans
Im Jahr 2011 beging man in Japan den 800. Todestag des buddhistischen Meisters Hōnen, mit dem die Schule vom Reinen Land in
der Kamakura-Epoche als wirkungsvolle Bewegung einsetzte. Am
16. Januar 2012 folgte der 750. Todestag von Hōnens bedeutendem
Schüler Shinran. In dem sich über zwei Kalenderjahre erstreckenden geistigen Gedenkjahr fanden in Japan zahlreiche kulturelle und
religiöse Aktivitäten statt. In Europa nimmt Kômyôji die Jubiläen
zum Anlass, sich der beiden buddhistischen Meister zu erinnern,
ist doch eine der Wurzeln von Kômyôji mit ihnen verbunden.
Mit Kōshō Ōtani (大谷光照, 1911-2002) beteiligte sich ein Nachfahre Shinrans in direkter Linie 1994 an der Gründung von Kômyôji. Kōshō Ōtani, ein Cousin des japanischen Kaisers Hirohito
und von 1927 bis 1977 Oberhaupt der Jōdo Shinshū Honganji-ha,
begleitete das Projekt von Anfang an mit regem Interesse und hielt
zur offiziellen Einweihung in Wien eine Festansprache. Der Name
Kômyôji geht auf diese Verbindung nach Japan zurück. Ōtani riet
damals, Kômyôji möge mit buddhistischen und anderen geistigen
Institutionen in Asien zusammenarbeiten, ohne sich an bestehende
Einrichtungen anzuschließen. Um buddhistische, konfuzianische
oder daoistische Inhalte in Europa fruchtbar zu machen, bedarf es
nicht vorrangig organisatorischer Zugehörigkeiten oder konfessioneller Bindungen, sondern eines freien und offenen Geistes sowie
angemessener Methoden der Vermittlung, des Studiums und der
Bereits seit dem vergangenen Jahr
gedenken Nachkommen japanischer
buddhistischer Auswanderer in den
USA in Veranstaltungen der Meister
Hōnen und Shinran. Die Abbildung
zeigt das Plakat eines in Kalifornien
aufgeführten Theaterstücks.
Praxis.
Kômyôji wird unter anderem den Kurs „Jōdo Shinshū – Das Tor
ins Mahāyāna“ weiter ausbauen und in naher Zukunft neu starten.
Auch wird es 2012 ein im Schwerpunkt Hōnen und Shinran gewidmetes Heft von Damaru sowie eine stark erweiterte Neuausgabe
des Buchs Der Buddha im Reinen Land geben. (BZ)
Weitere Informationen:
http://www.komyoji.at/content/shinran.htm
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 27
„Einzigartig in Europa“
Interview mit Volker Zotz über die
buddhistische Kultur der Kalmücken
Im Januar 2012 stellte Volker Zotz auf einer Tagung im indischen Bundesstaat Goa den Plan für ein
Forschungsprojekt über den Buddhismus der Kalmücken vor. Damaru fragte ihn nach Hintergründen und Perspektiven dieses Vorhabens, das auch von Kômyôji unterstützt wird.
Wann begann Ihr Interesse für die kalmückische Kultur?
Ich war sechzehn Jahre alt, als ich von einem kleinen kalmückischen Tempel las, den es in München
geben sollte. Durch Briefe gelang ein Kontakt, und
die folgenden Besuche dieses Tempels hinterließen
bei mir einen unauslöschlichen Eindruck. Anfang
der siebziger Jahre gab es in Deutschland noch
keine sichtbare Präsenz einer authentischen buddhistischen Kultur. Mich bewegte tief, wie diese
Menschen in einer ganz anderen Umgebung ihre
Traditionen bewahrten.
Bewog Sie deren kultureller Durchhaltewille zur weiteren Beschäftigung mit den Kalmücken?
Das war ein starker Auslöser. Schließlich hielt das
kalmückische Volk trotz Unterdrückung, Deportation und Exil immer am Buddhismus fest, was bewundernswert ist. Mich faszinierte zudem, wie in
der Geschichte Kalmückiens einzigartig in Europa
Östliches und Westliches ineinander floss. Kalmückien ist das einzige Land Europas mit traditionell
buddhistischer Kultur. Dass es in Europa überhaupt
seit Jahrhunderten einen heimischen Buddhismus
gibt, wird in Westeuropa sogar unter am Buddhismus Interessierten so gut wie nicht zur Kenntnis
genommen.
Die Geschichte dieser buddhistischen Kultur in Europa
verlief aber oft tragisch. Sie haben Deportation und Exil
erwähnt.
Man soll die Tragik zwar nie vergessen, doch ist
falsch, sie ins Zentrum zu rücken. Wie die Geschichte des deutschen Sprachraums dürfen wir
jene Russlands nicht auf die totalitäre Epoche um
die Mitte des 20. Jahrhunderts beschränken, um die
Jahrhunderte davor und Jahrzehnte danach auszu-
28 | Frühjahr 2012 | DAMARU
klammern. Es gibt unter Kalmücken und Russen
eine beachtliche Tradition des miteinander Lebens
und voneinander Lernens. Man würde der kalmückischen Kultur nicht gerecht, wollte man sie einseitig als Kultur von Opfern sehen. Es ist wichtig,
die Leistungen zu würdigen, die in einem bedeutenden interkulturellen Prozess von Kalmücken,
Russen und anderen beteiligten Völkern erbracht
wurden.
Worum geht es in Ihrem geplanten ein Forschungsprojekt zum kalmückischen Buddhismus?
Das Thema hat viele Facetten, zum Beispiel die Geschichte des kalmückischen Buddhismus, besondere Elemente seiner spirituellen Praxis, Modifikationen des religiösen Lebens durch die Umstände
im christlichen Europa, das kulturelle Leben von
Kalmücken im Ausland und das heute starke Wiederaufleben des Buddhismus in der kalmückischen
Republik. Sich mit der buddhistischen und interkulturellen Situation Kalmückiens zu beschäftigen,
verspricht auf längere Sicht wertvolle Erkenntnisse
zur Frage der Identität eines größeren Europa und
dessen Verhältnisses zu Asien.
Kalmückischer Tempel (Historische Aufnahme)
Berichte | Meldungen
Kooperationen
Frühjahr 2012
Ausbildung für
Religionslehrer
Kômyôji-Vorträge
in Wien
Zunehmend werden bei Kômyôji
Volker Zotz wird im ersten Halb-
01.06.12 Jenseits von Sein und
absolvierte Seminare und Kur-
jahr 2012 wieder fünf öffentlich
Nicht-Sein. Nagarjunas Mad-
se von anderen Institutionen im
zugängliche Vorträge für Kô-
hyamaka
Rahmen
myôji in Wien halten:
Weil alle Theorien und Ansichten
ihrer
Ausbildungen
anerkannt. Im Sommer 2011 be-
einseitig sind, kann das Widerle-
schloss die Österreichische Bud-
16.03.12 Der heilende Buddha
gen aller Behauptungen weiter
dhistische Religionsgesellschaft
Gautamas Weg zum Erwachen ist
führen, als jeder Glaube an ir-
(ÖBR), den „Grundkurs Buddhis-
zugleich ein Weg der Heilung für
gendwelche Inhalte.
mus“, der von Kômyôji für die-
Geist und Körper. Doch was be-
sen Zweck angepasst wurde, als
deuten Gesundheit und Krank-
22.06.12 Die Philosophie des
Modul in der Ausbildung bud-
heit im Licht seiner Lehren?
Maitreya: Yogacara
dhistischer Religionslehrer anzurechnen. Durch die staatliche
Anerkennung des Buddhismus
als religiöse Konfession besteht
in Österreich ein buddhistischer
Religionsunterricht an öffentlichen Schulen. Zu Anfang machen
vier
angehende
Religionsleh-
rer von der Studienmöglichkeit
„Alles ist Bewusstsein,“ lautet
13.04.12 Individualität und Er-
die Lehre, die der indische Philo-
wachen. Lama Govindas bud-
soph Asaṅga von Maitreya, dem
dhistische Perspektive
Buddha der Zukunft empfangen
Die buddhistische Lehre vom
haben soll. Was kann uns diese
bedingten Entstehen scheint der
Aussage in der Praxis unseres
abendländischen Idee der Per-
Lebens bedeuten?
sön-lichkeit zu widersprechen.
Muss das wirklich so sein?
Die Vorträge beginnen um 19.00
Uhr am Buddhistischen Zent-
bei Kômyôji Gebrauch. Zudem
11.05.12 Kann man wirklich
rum, Fleischmarkt 16, 1010 Wien,
wird Material von Kômyôji auf
Buddhist sein? Nein!
1. Stock.
Initiative von Thule G. Jug, des
Vom groben Unfug und tiefen
Eine Anmeldung nicht erforder-
Verantwortlichen der ÖBR für
Sinn der Etiketten auf geistigen
lich. Wir empfehlen eine Ankün-
die Gefängnisseelsorge, für die
Wegen. Praktische Anregungen
digung per E-Mail, damit wir
Betreuung von Strafgefangenen
zur gelebten interkulturellen Spi-
über Änderungen informieren
eingesetzt.
ritualität ohne Scheuklappen.
können: [email protected]
DAMARU
|
Frühjahr 2012 | 29
BÜCHER ...
Armin Gottmann:
Reise zum inneren Licht. Spiritualität für Anfänger.
Stuttgart: Theseus Verlag 2009.
Im Buchhandel derzeit vergriffen, doch noch
erhältlich bei: Lama und Li Gotami Govinda
Stiftung, Stückelhäldenstr. 9, D - 75175 Pforzheim; [email protected]
„Unsere Gesellschaft beruht immer noch teilweise auf der Annahme, dass es erstrebenswert
ist, stets mehr zu haben. Uns wird
das Gefühl vermittelt, dass wir
glücklicher sind, wenn wir mehr
verbrauchen. Hier aufmerksam zu werden, dass das nicht
stimmt und dass uns weder der
neue Käse noch das größere Auto
glücklicher macht, schafft Freiheit.“ Dieser Gedanke findet sich
im letzten Abschnitt des Buchs
Reise zum inneren Licht, das wie
der Untertitel sagt, „Spiritualität
für Anfänger“ vermittelt. Er ist
charakteristisch für das Anliegen,
heutigen Europäern die spirituelle Suche als etwas vorzustellen,
das unmittelbar mit dem Alltag, der persönlichen
Einstellung und der Lebenspraxis zu tun hat.
Der Autor Armin Gottmann bringt für diese gelungene Anregung zum meditativen Leben manche
Voraussetzungen mit. Er ist Arzt und Psychotherapeut nach der Methode Carl Gustav Jungs. In Indien
absolvierte er eine Ausbildung zum Yogalehrer unter Swami Kuvalayānanda (1883-1966), der klassische Yoga-Methoden mit deren wissenschaftlichen
Erforschung verband. Als Schüler Lama Anagarika Govindas und des Zen-Meisters Kiichi Nagaya
(1895-1985) ging Armin Gottmann seit seiner frühen Jugend einen buddhistischen Weg. Heute leitet
er in der Nachfolge Lama Govindas als Ācārya das
Ārya Maitreya Maṇḍala, in dem er den Ordensnamen Asaṅga trägt.
30 | Frühjahr 2012 | DAMARU
In seinem Buch vereint der Autor ganz persönliche spirituelle Erfahrungen und prägnant wie anschaulich erzählte Geschichten von Menschen, die
ihm in seiner Praxis als Therapeut und spiritueller
Lehrer begegneten. Diese gingen
durch Krisen und fanden ihre
meditativen Wege. Da sind die
dreißigjährige Frau, die in einem
Ehekonflikt merkte, wie ihr der
Lebenssinn abhanden kam; der
Mann, der sich immer sehr wichtig nahm, bis die Vorgesetzten
seine Führungsqualitäten anzweifelten; der Frührentner, dem
eine Krebsdiagnose mitgeteilt
wurde... An jede dieser Erzählungen schließt sich ein konkreter Vorschlag zur Meditation an,
der ohne weitere Vorkenntnisse
sofort von jedermann umgesetzt
werden kann.
Indem den Übungsanweisungen
derartige Fallgeschichten vorausgehen, zeigt das Buch, dass es
für ein spirituelles Leben nicht um Theorien oder
Bekenntnisse gehen muss. Der Beginn eines meditativen Weges ergibt sich aus den Erfordernissen
und Problemen der eigenen Biografie. Hier vermag
jeder den ihm gemäßen Weg zu finden. In diesem
Sinn wirbt der Autor nicht für eine bestimmte Religion oder Methode, sondern lädt ein, im eigenen
Leben jenen Ausgangspunkt zu finden, der ihn in
eine bewusstere und glücklichere Zukunft führen
wird. Das Buch eignet sich bestens als Geschenk für
Suchende, denn es hilft bei der Erkenntnis, dass das
Gute meist nahe liegt. Der Autor stellte als Motto
ein Wort des Zen-Meistes Hakuin voran: „..wehe
den Menschen, die in weiter Ferne suchen und –
was nahe liegt – nicht wissen...“ (bz)
Mit Gita in Indien. Eine Erzählung
Autor: Richard Anders
Sehr unterschiedlichen Impulsen folgt das Paar, das sich
zu Beginn der Erzählung auf dem Flug nach Indien befindet: Robert hat in einem Schamanencamp an der Isar
unter der Wirkung eines rituellen Schwitzbades der ihm
bislang unbekannten, kaum dreißigjährigen Gita diese
Reise versprochen, deren Ziel der Ashram des Avatars ist,
wo Gita Erleuchtung, Robert aber Gita erlangen will.
€ 12,50
Der wandernde Narr. Die Liebe und ihre
Symbole - Eine christliche Tarot-Meditation
Autor: Valentin Tomberg
Französischer Originaltext mit deutscher Übersetzung
von Wilhelm Maas.
„Es ist das Mysterium von Adam - Eva. Der Narr ist auf
dem Wege, die Welt tanzt. Aber die Wahrheit, die den
Weg und das Leben eint, den wandernden Narren und
die tanzende Welt, das ist das Große Arcanum der 22
Arcana des Tarot – das ist das Wort, das aus diesen 22
Buchstaben besteht.“
€ 22,00
S
Sogar
der Gute wird erlöst, um
wieviel mehr der Böse
w
A
Autor: Takamaro Shigaraki
D
Der Weg des buddhistischen Meistters Shinran. Übersetzt und mit
eeinem Vorwort von Volker Zotz
€ 11,00
D
Die Suche nach einem sozialen
Buddhismus. Friedrich Fenzl und
B
JJôdo Shinshû
A
Autor: Volker Zotz
H
Herausgegeben von Kurt Krammer
€ 12,00
Bestellungen unter: Kairos ASBL, 16, rue de la montagne, 8386 Koerich, Luxemburg
Tel / Fax +352 26259415
www.kairos.lu
[email protected]
I GING
Seminar 20. - 22. April 2012
I GING - PHILOSOPHIE UND PRAXIS
NACH LAMA A. GOVINDA
Leben ist Wandlung und in seiner Dynamik zu bejahen. Wandel bedeutet nicht Chaos, sondern unterliegt Strukturen. Diese werden im I Ging
in Symbolen ausgedrückt, als Metaphern der eigenen Biographie. Die
Entschlüsselung meiner gegenwärtigen archetypischen Konstellationen
zeigt Möglichkeiten der Zukunft und damit Chancen zur Änderung auf.
Das Seminar bietet auf Basis der Erkenntnisse und Lehren von Lama
Anagarika Govinda philosophische und meditative Zugänge zum alten
chinesischen Orakel.
Ort: Fleischmarkt 16, 1010 Wien
Kosten: € 280,- (Mitgl. von Komyoji € 250,-)
Anmeldung & Info:
[email protected] | www.komyoji.at | Tel. +43-(0)676-73 17 770
SEMINARLEITER: DR. VOLKER ZOTZ
Volker Zotz lebt und forscht in Europa, Indien, China/Tibet
und Japan. Er lehrt Philosophie und Religionswissenschaft
an den Universitäten Luxemburg, Saarbrücken und Risshô
(Tokyo). Als Autor legte er ca. 25 Bücher zur Spiritualität Asiens vor, darunter Mit Buddha das Leben meistern,
Buddha, Geschichte der buddhistischen Philosophie und
Konfuzius für den Westen. Seit früher Jugend gehörte er zum engsten Schülerkreis des Lama Anagarika Govinda, der neben ihm nur zwei weitere Schüler in die Früchte seines langährigen Studiums des I Ging und daraus resultierende Praktiken einweihte.
LAMA
ANAGARIKA GOVINDA
Ernst Lothar Hoffmann
(1898-1985) emigrierte 1928 nach Indien,
dessen Staatsbürger
er wurde. Als Mystiker, Künstler und Gelehrter lebte er in den
Vorbergen des Himalaja. Unter
dem Namen Lama Angarika Govinda veröffentlichte er zahlreiche Bücher, darunter Der Weg der weißen
Wolken über seine Erfahrungen als
Pilger und Forscher in Tibet.
Jahrzehnte widmete Govinda dem
Studium des I Ging. Aus dieser intensiven Beschäftigung ging als
theoretische Frucht das Buch Die
innere Struktur des I Ging hervor.
Die praktischen Aspekte seiner Erkenntnisse zum Buch der Wandlungen behielt er dem engsten Schülerkreis vor.
Eurasischer Humanismus | Interkulturelle Spiritualität
Fördert kulturelle und spirituelle Begegnungen zwischen Europa und Asien durch:
Fernkurse | Seminare | Vorträge
www.komyoji.at | offi[email protected] | Loibes 19, A-3812 Groß Siegharts | Tel. 0043-676-731 77 70
Herunterladen