Sonderdruck aus VDI Jahresausgabe 2016/2017, Seiten 107-114 Die Markteinführung von kooperationsorientierten Projektabwicklungsformen als strategischer Prozess P. Racky Zusammenfassung Die Anwendung von Partnerschaftsmodellen für die Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Bauherrn und Bauunternehmen stellt eine konkrete Form der kooperationsorientierten Abwicklung von Bauprojekten dar. Die erfolgreiche Implementierung von Partnerschaftsmodellen auf dem Baumarkt, das heißt eine stetige Akzeptanz und Nachfrage dieser Modelle durch Bauherren, ist allerdings kein Selbstläufer, sondern bedingt seitens der Bauunternehmen auch eine strukturierte Unterstützung und kontinuierliche Begleitung der Markteinführung im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung. In diesem Beitrag werden hierfür Handlungsempfehlungen sowie ein entsprechendes Controllinginstrument in Form einer Balanced Scorecard vorgestellt. Darüber hinaus werden Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau kooperativer Geschäftsbeziehungen benannt. 1 Einleitung Für die Abwicklung großer und komplexer Bauvorhaben in Deutschland bedarf es innovativer Projektabwicklungsformen, die in Bezug auf das gegenseitige Verhältnis der Bauvertragsparteien und weiteren Projektbeteiligten konfliktreduzierend, effizienzerhöhend sowie kooperationsfördernd wirken. So spricht sich zum Beispiel auch die vom ehemaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2013 gegründete Reformkommission Bau von Großprojekten in ihrem Endbericht für die verstärkte Anwendung kooperationsorientierter Vertragsmodelle aus [1]. Dies hatte die VDI-Initiative „Partnerschaft am Bau“ bereits 2009 in ihrem Positionspapier empfohlen [2]. Einen entsprechenden Lösungsansatz seitens der Bauwirtschaft stellen die sogenannten Partnerschaftsmodelle dar. Hierbei handelt es sich um konkrete kooperationsorientierte Geschäftsmodelle von Bauunternehmen, mit denen eine reale Umsetzung der Grundprinzipien des Managementansatzes Partnering ermöglicht wird [3]. Der vorliegende Beitrag betrachtet die Entwicklung und Anwendung von Partnerschaftsmodellen auf dem Baumarkt aus Sicht der Bauunternehmung und in diesem Rahmen als einen Prozess der strategischen Unternehmensplanung. In diesem Kontext lässt sich die Markteinführung von Partnerschaftsmodellen als das Prozesselement der Strategieumsetzung bezeichnen. Letztere ist wiederum als ein in Phasen gegliederter Teilprozess zu verstehen, der zudem vom strategischen Controlling zu erfassen ist. Die nachfolgenden Ausführungen liefern zunächst einen auf Projektanalysen des Verfassers basierenden Überblick bezüglich des Stands der Praxis und der Erfolgsfaktoren bei der Abwicklung von Projekten mit Partnerschaftsmodellen Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Racky Universität Kassel Institut für Bauwirtschaft, Fachgebiet Baubetriebswirtschaft Mönchebergstr. 7, 34109 Kassel [email protected] Jahresausgabe 2016/2017 auf dem deutschen Baumarkt. Daran anschließend werden praxisorientierte Handlungsempfehlungen für Bauunternehmen bezüglich der Strategieumsetzung inklusive des zugehörigen Controllings dargelegt. Die Empfehlungen transferieren entsprechende betriebswirtschaftliche Grundlagen aus den Bereichen strategische Unternehmensplanung und Innovationsmanagement auf die konkrete Anwendung bei der Markteinführung von Partnerschaftsmodellen. Zudem sind diese Handlungsempfehlungen aus methodischer Sicht durchaus übertragbar auf Umsetzungsprozesse bei anderen kooperationsorientierten Geschäftsmodellen, nicht nur in Bauunternehmen, sondern zum Beispiel auch in Ingenieurbüros. 2 Projektabwicklung mit Partnerschaftsmodellen: Stand der Praxis und Erfolgsfaktoren 2.1 Grundsätzliches zu Konzept und Ablauf Partnerschaftsmodelle sind vornehmlich konzipiert für Bauvorhaben privater Auftraggeber (AG) im Segment schlüsselfertiger Hochbau. Demnach wird nachfolgend unter der AG-AN-Beziehung das Vertragsverhältnis zwischen privatem Bauherrn und Generalunternehmer verstanden. Partnerschaftsmodelle entsprechen in ihrem Ablauf dem klassischen zweiphasigen Construction-Management-atRisk-Modell [4]. Die erste Vertragsphase, bauvorbereitende Phase genannt, umfasst, im Anschluss an einen Kompetenzwettbewerb zur Auswahl des Auftragnehmers (AN), dessen Projekteinbindung während des Planungsprozesses [5]. Zu den Leistungen des AN in der ersten Vertragsphase zählen insbesondere die fortlaufende kalkulatorische Bewertung (Bau- und Betriebskosten) der AG-seitig erstellten Planung inklusive der Bewertung von Planungsalternativen im Rahmen eines Value Engineerings, die Steuerung der Planung „in das Budget hinein“, die Bewertung der Planung hinsichtlich Ausführbarkeit, möglicher Bauverfahren und deren Auswirkungen auf die Terminplanung, Logistik etc. sowie die Mitwirkung bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung für die komplette Bauleistung. Auf Grundlage der am Ende der ersten Phase vorliegenden Planungsergebnisse erarbeitet der AN ein Angebot für die Bauleistung. An dieser Stelle besteht eine beiderseitige Option zur Beendigung der Zusammenarbeit. Der AG hat die Möglichkeit, sich die Bauleistung auch von anderen Bauunternehmen anbieten zu lassen. Somit ist er grundsätzlich in der Lage zu prüfen, ob der AN ihm ein marktgerechtes Angebot vorgelegt hat. Können sich beide Seiten über die Vergütung der Bauleistung einigen, tritt die zweite Vertragsphase, die Bauphase, in Kraft. Hierfür wird ein Bauvertrag abgeschlossen (Bild 1). Partnerschaftsmodelle setzen nicht allein auf die Optimierung der Regelungen im konventionellen Generalunternehmervertrag, sondern modifizieren die Organisation des Zusammenwirkens der Projektbeteiligten. Die Integration des AN in die der Bauausführung vorgelagerten Projektphasen, unter Gewährleistung der Wettbewerbsmöglichkeit für VDI-Bautechnik 107 Fachwissen hält. Für den Fall, dass der AN den Bauauftrag erhält, wird dann dieser Pauschalbetrag mit der Vergütung für die Bauleistung verrechnet. Sehr wichtig ist es, für die erste Vertragsphase insbesondere die folgenden vier Punkte vertraglich konkret zu regeln: – Leistungsumfang des AN, – Vergütung, – Haftung des AN, – Ende der ersten Vertragsphase. Das Vorliegen einer von AG und AN identisch verstandenen Leistungsbeschreibung vor Abschluss des Bauvertrags sowie die gemeinsame Erörterung und Verteilung der Projektrisiken gelten als elementare Erfolgsfaktoren von Partnerschaftsmodellen. Bezüglich der Risiken werden häufig gemeinsame monetäre Bewertungen vorgenommen und in der Vertragskalkulation entsprechende Risikobudgets gebildet. Die Vertragskalkulation wird bei Open-Books-Verfahren dem AG offengelegt. Die Vereinbarung einer entsprechenden Regelung hat sich zu einem Standard bei Partnerschaftsmodellen entwickelt. Verbreitet ist die Regelung, dass im Falle eines Risikoeintritts der AN bis zur Höhe des zugehörigen Budgets für die entstehenden Kosten aufkommt und der AG die darüber hinausgehenden Kosten zu tragen hat. In dem Fall, dass ein Risiko nicht eintritt, wird das Budget am Projektende zugunsten des AG aufgelöst. Für die zweite Vertragsphase wird oftmals eine Vergütungsregelung mit einem Guaranteed Maximum Price (GMP) vereinbart. Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis und eine Angleichung der Projektziele zwischen AG und AN. Häufig werden als Vergütungsregelung auch hybride Modelle gewählt, die für verschiedene Leistungsteile jeweils unterschiedliche Regelungen vorsehen (pauschal, GMP, Cost plus Fee). Hierdurch lassen sich verschiedene Projektspezifika flexibel berücksichtigen. Im Regelfall erhält der AG im Rahmen der GMPRegelung Mitwirkungsrechte bei den Nachunternehmervergaben. Die Mitwirkung des AG besteht zumeist aus der gemeinsamen Abstimmung der Bieterlisten, der Möglichkeit zur Teilnahme an den Vergabeverhandlungen und der Genehmigung der vom AN vorgelegten Vergabevorschläge. 108 Bild 1. Ablaufstruktur von Partnerschaftsmodellen [5] den AG, begründet das mit Partnerschaftsmodellen verknüpfte Innovationspotenzial hinsichtlich Konfliktreduzierung und Effizienzsteigerung [6]. Diese Modelle sind seit längerem auf dem Markt eingeführt und erprobt sowie in Anwendung, sodass die analysierten Bauvorhaben nicht mehr als Pilotprojekte, sondern als Beispiele für den sich etablierenden Modellstandard anzusehen sind. Bild 2 stellt die typischen Merkmale des so identifizierten Stands der Praxis im Überblick dar [7]. 2.2 Vertragliche Strukturierung der beiden Vertragsphasen Bei Partnerschaftsmodellen hat es sich mittlerweile zum Standard entwickelt, dass für die bauvorbereitende Phase eine vertragliche Regelung getroffen wird, die auch eine Vergütungsvereinbarung für die Leistungen des AN enthält. In vielen Fällen wird bezüglich der Vergütung vereinbart, dass ein bestimmter Pauschalbetrag fällig wird, falls der AN keinen Auftrag für die anschließende Bauausführung er- VDI-Bautechnik 3 Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau kooperativer Geschäftsbeziehungen 3.1 Vertrauen als kritischer Erfolgsfaktor Als stärkstes Fundament und kritischer Erfolgsfaktor für Kooperation in Geschäftsbeziehungen gilt gegenseitiges Vertrauen [8]. Deshalb gehört es zu den strategischen Aufgaben der Anbieter von Partnerschaftsmodellen, bei ihren bestehenden und potenziellen Kunden sowie den anderen Marktteilnehmern ein grundsätzliches Vertrauen in ihr Unternehmen zu erzeugen. Diese Vertrauensbildung bezieht sich auf drei Ebenen, die einzeln zu betrachten, jedoch auch eng miteinander verknüpft sind [9]. Die erste Ebene ist das Unternehmen als solches, das als technisch kompetent, wirtschaftlich stabil, rechtlich zuverlässig und gesellschaftlich anerkannt gelten sollte. Die zweite Ebene sind die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens, deren technische und gestalterische Qualität, Kosten- und Terminkonformität, langfristige Effizienz sowie andauernder Kundenmehrwert und hoher Innovationsgrad vertrauensbildend wirken. Die dritte Ebene bilden die Mitarbeiter, die neben der fachlichen Kompetenz auch über ein hohes Jahresausgabe 2016/2017 Fachwissen Maß an sozialer Kompetenz verfügen sollten. Dies umfasst insbesondere Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit, Team- und Lösungsorientierung sowie Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft. Die persönliche Beziehungsqualität zwischen den zentralen Personen im Geschäfts- und Projektleitungsbereich ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg einer kooperationsorientierten Geschäftsbeziehung [10]. Nur Unternehmen, die diese Vertrauensvoraussetzungen auf allen drei Ebenen in hohem Maße erfüllen, werden auch mit ihren Partnerschaftsmodellen mittel- und langfristig anhaltend auf auftraggeberseitiges Interesse stoßen. Aus diesem Bild 2. Projektabwicklungen mit PartGrund sind die genannten nerschaftsmodellen: typische Merkmale des Stands der Praxis [7] Faktoren auch projektübergreifend auf Ebene des strategischen Unternehmensmanagements zu fokussieren und zu steuern. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das Unternehmensmarketing, das mit einem ganzheitlichen Ansatz darauf abzielen sollte, das Ansehen und die Attraktivität des Unternehmens, das heißt seine Reputation, zu steigern. Ebenfalls von elementarer Bedeutung für eine grundsätzliche Vertrauensbildung ist das intern (im Unternehmen) und extern (am Markt) eindeutig und kontinuierlich kommunizierte persönliche Bekenntnis der Geschäftsleitung zu kooperationsorientierten Projektabwicklungsformen sowie den dahinterstehenden Managementprozessen und Verhaltensweisen. 3.2 Erforderliche Kompetenzen für die erste Vertragsphase Für die erfolgreiche Abwicklung eines Partnerschaftsmodells ist es sehr wichtig, dass sich bereits mit Beginn der ersten Vertragsphase zwischen AG und AN – vor allem fachlich – eine Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ einstellt. Hierfür ist es wiederum erforderlich, dass der AN in das Projekt hauseigenes Know-how einbringt, das für den AG einen deutlichen Mehrwert liefert. Aus Sicht des AG ist es von Bedeutung, dass er im Rahmen der ersten Vertragsphase vom AN eine eindeutig definierte Ingenieurleistung erhält, die in Bezug auf den weiteren Projektfortgang auch „drittverwendungsfähig“ ist. Neben den bereits in Abschnitt 2.1 genannten Leistungen werden in der ersten Vertragsphase häufig auch Leistungen nachgefragt, die aktuelles Know-how bezüglich der konkreten Umsetzung von LeanConstruction-Methoden [11], der Digitalisierung der Planungs- und Projektabwicklungsprozesse (Stichworte: Building Information Modeling (BIM) und Collaboration) sowie bezüglich eines projektbegleitenden Risikomanagements erfordern. Hieraus resultiert insgesamt die Notwendigkeit, im unternehmenseigenen Technischen Büro sowie in den Bereichen Kalkulation und Arbeitsvorbereitung (AV) über Jahresausgabe 2016/2017 109 genügend entsprechend qualifiziertes Personal und eine geeignete IT-Infrastruktur zu verfügen. 3.3 Anforderungen an die Personalentwicklung Im Rahmen der Personalentwicklung spielt die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter eine zentrale Rolle. Im hier betrachteten Kontext ist seitens des Unternehmens dafür Sorge zu tragen, dass die oben beschriebenen partneringrelevanten fachlichen und sozialen Kompetenzen der Mitarbeiter kontinuierlich und hinreichend geschult werden. Aufgabe der Geschäftsleitung sollte es sein, den entsprechenden Schulungsmaßnahmen im Unternehmen – vor allem hinsichtlich ihrer strategischen Relevanz – eine angemessene Bedeutung zu verschaffen und adäquate Ressourcen bereitzustellen. Eine hohe Bedeutung kann zum Beispiel durch die persönliche Präsenz der Geschäftsleitung bei einzelnen Schulungsveranstaltungen vermittelt werden. Bei der inhaltlichen Konzeptionierung ist darauf zu achten, dass neben der Schulung sozialer Kompetenzen, wie zum Beispiel team- und kundenorientiertes Verhalten sowie Kommunikationskompetenz, insbesondere die spezifischen fachlichen Kompetenzen vermittelt und geschult werden. Dies betrifft sowohl die interdisziplinären methodischen Grundlagen von Partnerschaftsmodellen im Allgemeinen als auch das für die erfolgreiche Abwicklung beider Vertragsphasen relevante fachliche Know-how im Speziellen. Darüber hinaus kann das Unternehmen die Motivation seiner Mitarbeiter zur Akquisition und Abwicklung von konkreten Bauaufträgen mit Partnerschaftsmodellen durch entsprechende individuelle Zielvereinbarungen und vergütungsbezogene Anreize, zum Beispiel Prämien, fördern [12]. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Unternehmen, die kooperationsorientierte Projektabwicklungsformen als strategischen Ansatz verfolgen, dies auch im Rahmen ihrer Maßnahmen zur Personalgewinnung, -schulung und -bindung entsprechend konsequent verfolgen sollten. VDI-Bautechnik Fachwissen strategische Zielplanung (Leitbildentwicklung), Strategieentwicklung (bis hin zur Festlegung von Maßnahmen), Strategieumsetzung und strategisches Controlling [13], [15] (Bild 3). Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich im Wesentlichen als Handlungsempfehlungen in Bezug auf die beiden Prozesselemente Strategieumsetzung und strategisches Controlling. Sie setzen voraus, dass vom Unternehmen im Zuge der Strategieentwicklung bereits als Strategie festgelegt wurde, Bauvorhaben bevorzugt mit Partnerschaftsmodellen abzuwickeln. Die Strategieumsetzung befasst sich folglich mit der Markteinführung bzw. der weiteren Marktdurchdringung des unternehmensspezifischen Partnerschaftsmodells. 110 Bild 3. Prozessmodell der strategischen Unternehmensplanung 4 Die Markteinführung von Partnerschaftsmodellen aus Sicht der strategischen Unternehmensplanung 4.1 Das Prozessmodell der strategischen Planung Im Rahmen der strategischen Planung bestimmt ein Unternehmen seine grundsätzliche Ausrichtung im Markt und legt den entsprechenden Einsatz seiner Ressourcen fest. Ziel hierbei ist die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs [13]. Auf der Geschäftsfeldebene besteht die zentrale Aufgabe der strategischen Planung darin, festzulegen, wie das Unternehmen in einem Geschäftsfeld operieren soll, um im Wettbewerb erfolgreich zu bestehen [14]. Bauvorhaben bevorzugt mittels Partnerschaftsmodellen abzuwickeln, lässt sich bei einer Reihe von Bauunternehmen als Teil ihrer auf den deutschen Baumarkt und die angrenzenden Nachbarländer bezogenen Strategie im Geschäftsfeld schlüsselfertiger Hochbau identifizieren. Partnerschaftsmodelle sind in diesem Kontext zudem als Innovation zu betrachten. Das Prozessmodell der strategischen Unternehmensplanung enthält die miteinander gekoppelten Prozesselemente strategische Analyse (Umwelt- und Unternehmensanalyse), VDI-Bautechnik 4.2 Die Gliederung der Strategieumsetzung in vier Phasen Innerhalb des strategischen Prozessmodells lässt sich die Strategieumsetzung als ein in vier Phasen gegliederter Teilprozess verstehen. Bei diesen vier nacheinander ablaufenden Phasen handelt es sich um die Orientierungsphase, die Implementierungsphase, die Intensivierungsphase und um die Verselbständigungsphase [16]. Die Orientierungsphase stellt den Übergang zwischen der Strategieentwicklung inklusive der Maßnahmenfestlegung und der Strategieumsetzung dar. Hier trifft das Unternehmen den Entschluss, mit einem eigenen Partnerschaftsmodell, welches zudem in dieser Phase entwickelt wird, auf dem Markt zu agieren. Die Implementierungsphase stellt das Anfangsstadium der Strategieumsetzung dar. Hier präsentiert das Unternehmen sein Modell intern und extern zum Beispiel im Rahmen von Kick-off-Veranstaltungen und versucht, erste Aufträge für die Projektabwicklung im Partnerschaftsmodell zu akquirieren und erfolgreich abzuwickeln. Ziel dabei ist die Generierung sogenannter „Quick Wins“ und von Referenzprojekten. Während der Intensivierungsphase werden weitere Unternehmenseinheiten (Niederlassungen, Geschäftsstellen etc.) in die Umsetzung eingebunden und die Anzahl der mit dem Partnerschaftsmodell abgewickelten Projekte wird kontinuierlich erhöht. Die Verselbständigungsphase zeichnet sich aufgrund der zunehmenden Marktakzeptanz des Modells dadurch aus, dass ein kontinuierlicher Projektfluss erfolgt, der aus Sicht des Unternehmens einen signifikanten jährlichen Umsatz- und Ergebnisbeitrag liefert. Zu beachten ist, dass die Schwerpunkt-Aktivitäten der beteiligten Hierarchieebenen des Unternehmens in verschiedenen Phasen liegen [16]. Die Geschäftsleitung ist insbesondere in die Orientierungs- und Implementierungsphase eingebunden, die Niederlassungs- und Bereichsleitungen in die Implementierungs- und Intensivierungsphase und die Mitarbeiter auf der Projekt- oder Bauleitungsebene in die Intensivierungs- und Verselbständigungsphase. In der Praxis ist allerdings immer wieder zu beobachten, dass Strategieprozesse ins Stocken geraten oder sogar abgebrochen werden, weil sich die Geschäfts- und Niederlassungsleitungen zu früh aus der Intensivierungsphase zurückziehen. Deshalb müssen die einzelnen Phasen sowohl intern als auch extern ausreichend konsolidiert sein, bevor die Verantwortung für den Umsetzungserfolg auf die nächste Hierarchieebene übertragen wird. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor in Bezug auf die Strategieumsetzung/Markteinführung ist die phasengerechte Prozessunterstützung durch Kommunikation und Marketing [16]. So sollten die Ergebnisse der Orientierungsphase schriftlich fixiert und unternehmensintern zugänglich ge- Jahresausgabe 2016/2017 Fachwissen macht werden. Dies erhöht im Unternehmen die Transparenz und damit die Motivation der Mitarbeiter, wie auch die Verbindlichkeit in Bezug auf ihre Mitwirkung an der Umsetzung. Zu Beginn der Implementierungsphase sollten die ersten Referenzprojekte intern und extern herausgestellt werden. Dadurch wird die Markteinführung des Partnerschaftsmodells sichtbar, was das Interesse an ihm erhöht. Auch in der Intensivierungs- und in der Verselbständigungsphase sollten jeweils aktuelle Referenzprojekte intern und extern regelmäßig kommuniziert werden. Vor diesem Hintergrund lassen sich aus Sicht des Verfassers in Bezug auf die Markteinführung und -durchdringung mittels Kommunikation und Marketing des Unternehmens die folgenden konkreten Maßnahmen empfehlen: – Erstellung einer aussagekräftigen Kundenbroschüre über das Partnerschaftsmodell, – Einbindung des Themas in den Internetauftritt des Unternehmens, – Erstellung einer Master-Präsentation über das Partnerschaftsmodell mit Anpassungsmöglichkeiten auf konkrete Bauherren und deren Projekte, – Durchführung unternehmensinterner Schulungsveranstaltungen, – gezielte persönliche Ansprache von für die Anwendung des Partnerschaftsmodells infrage kommenden Bauherren, – zentrale Archivierung erstellter kundenspezifischer Präsentationen und der Referenzprojekte, – Erstellung einer Kundenbroschüre mit Referenzprojekten, – persönliche Mitwirkung der Geschäfts- und Niederlassungsleiter an einschlägigen externen Fachtagungen und -kongressen als Referenten zum Thema Partnerschaftsmodelle, – Durchführung regelmäßiger unternehmensinterner Erfahrungsaustausche, Workshops und spezifischer Weiterbildungs- sowie Personalentwicklungsmaßnahmen, – regelmäßige Vorstellung von Referenzprojekten in Mitarbeiter- und Kundenzeitschriften sowie Fachmedien, – Durchführung themenbezogener Kundenveranstaltungen, zum Beispiel in Form von Hausmessen. Die fünf erstgenannten Punkte beziehen sich insbesondere auf die Implementierungsphase, wobei der vierte und fünfte sowie alle darauf folgenden Punkte auch in der Intensivierungsphase eine hohe Relevanz aufweisen. In der Verselbstständigungsphase sollte das Hauptaugenmerk auf den vier letztgenannten Punkten liegen. 4.3 Die Rolle der Promotoren bei der Innovationsdurchsetzung Wie die betriebswirtschaftliche Forschung und die Praxis zeigen, sind Innovationen – obwohl der Begriff im alltäglichen Sprachgebrauch eigentlich positiv besetzt ist – in vielen Fällen keine Selbstläufer, sondern internen und externen Widerständen ausgesetzt [17]. Diese Widerstände zielen darauf ab, die betreffenden Innovationen zu verhindern oder sie zumindest zu verzögern. Aus diesem Grund ist zur erfolgreichen Durchsetzung von Innovationen eines Unternehmens ein Innovationsmanagement erforderlich, das sowohl nach innen – auf die eigenen Mitarbeiter – als auch nach außen – auf Kunden, Geschäftspartner und weitere Jahresausgabe 2016/2017 Marktteilnehmer sowie Interessengruppen – gerichtet ist. Hierdurch wird die Innovationsdurchsetzung als Projekt „organisiert“ und durch ein formalisiertes Projektmanagement unterstützt. Eine wesentliche Rolle beim Überwinden von Widerständen kommt im Rahmen des Innovationsmanagements den sogenannten Promotoren zu, die in Interaktion den Durchsetzungsprozess aktiv unterstützen und an seinem Ablauf intensiv mitwirken [17]. Zu besetzen sind die Rollen des Machtpromotors, des Fachpromotors und des Prozesspromotors. Bei diesen muss es sich nicht zwangsläufig um drei verschiedene Personen handeln, eine Person kann auch mehrere Rollen innehaben. Der Machtpromotor verfügt aufgrund seiner hohen hierarchischen Position im Unternehmen über die Entscheidungsgewalt und die notwendigen Ressourcen, um den Durchsetzungsprozess zu ermöglichen. Der Fachpromotor ist Träger des erforderlichen Expertenwissens in Bezug auf die der Innovation innewohnende neue Materie. Er fungiert als Informationsmittelpunkt gegenüber den eigenen Mitarbeitern, Kollegen und den externen Kunden. Der Prozesspromotor fördert die Innovationsdurchsetzung durch seine administrative Steuerung. Er initiiert und koordiniert entsprechende Aktivitäten und motiviert die beteiligten Personen. Auch Partnerschaftsmodelle, die in Bezug auf die am Markt etablierten Abwicklungsformen für Bauprojekte eine Innovation darstellen, sind Widerständen ausgesetzt. So ist zum Beispiel gegenüber Bauherren und sogar innerhalb der Bauunternehmen teilweise Überzeugungsarbeit zu leisten. Um diese Widerstände zu überwinden, das heißt um die Markteinführung und die Marktdurchdringung erfolgreich zu gestalten, bedarf es im betreffenden Unternehmen zu allererst von Partnering innerlich überzeugter Führungskräfte, die diesen Managementansatz intern und extern authentisch „vorleben“. Externe Widerstände sind insbesondere durch persönliche Beziehungspflege, das heißt persönliche Überzeugungsarbeit gegenüber den Bauherren, zu überwinden. Innerbetriebliche Widerstände können vor allem durch interne Kommunikation, eine entsprechende Unternehmenskultur sowie Anreizsysteme abgebaut werden. Darüber hinaus sind die Promotorenrollen zu besetzen, inhaltlich zu füllen und ihre Interaktionsbeziehungen aufzubauen. Wie die praktische Erfahrung des Verfassers zeigt, wirkt sich die konsequente und dauerhafte Umsetzung des Promotorenmodells auch bei der hier betrachteten Innovation in hohem Maße positiv auf deren Durchsetzungsgeschwindigkeit und Durchsetzungserfolg aus. Das Promotorenmodell lässt sich zudem mit dem voranstehend beschriebenen Vier-Phasen-Modell konsistent verknüpfen. In der Praxis ist anzunehmen, dass der Machtpromotor Mitglied der Geschäftsleitung ist. In Bezug auf die Abschnitt 4.2 aufgelisteten Maßnahmen kommt ihm die Aufgabe zu, die hierfür erforderlichen Personalressourcen und finanziellen Mittel freizugeben. Darüber hinaus obliegt ihm maßgeblich die externe Kommunikation. Auch trägt erfahrungsgemäß seine persönliche Teilnahme an den internen Schulungsveranstaltungen, Erfahrungsaustauschen etc. in sehr hohem Maße zum Abbau interner Widerstände bei. Deshalb sollte der Machtpromotor unbedingt auch noch während der Intensivierungsphase in diese die Markteinführung begleitenden Maßnahmen aktiv eingebunden sein. Seine Präsenz verdeutlicht, dass Partnerschaftsmodelle keinen Selbstzweck verfolgen, sondern über eine hohe Relevanz VDI-Bautechnik 111 Fachwissen Tabelle 1. Rolle der Promotoren im Rahmen der Strategieumsetzung 112 für den geschäftlichen Erfolg des eigenen Unternehmens verfügen. Der oder die Fachpromotoren üben in aller Regel eine Leitungsfunktion innerhalb der operativen Unternehmenseinheiten aus (Niederlassungsleiter, Projektleiter etc.) und verfügen bezüglich des Partnerschaftsmodells über projektbezogenes Know-how und persönliche Erfahrungen. Sie tragen innerhalb ihres Verantwortungsbereichs zur externen Kommunikation bei und wirken bei internen Veranstaltungen als Referenten und Experten mit. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten liegt zeitlich in der Implementierungsund Intensivierungsphase. Insbesondere während der Implementierungsphase ist die zusätzliche Einbindung externer Experten mit einschlägigem Fachwissen zur Unterstützung der internen Fachpromotoren denkbar und in der Praxis auch nicht unüblich. Im Zuge der Intensivierungsphase sollte die Anzahl der Fachpromotoren stetig erhöht werden, indem geeignete eigene Mitarbeiter, die an erfolgreichen Referenzprojekten des Unternehmens beteiligt waren, diese Promotorenfunktion mit übernehmen. Der Prozesspromotor ist im Regelfall auf einer Stabsstelle im Unternehmen angesiedelt (Tabelle 1). Er administriert und steuert – mit Ausnahme der direkten externen Kommu- Bild 4. BSC-Perspektiven für das strategische Controlling (in Anlehnung an [18]) VDI-Bautechnik nikation des Machtpromotors und der Fachpromotoren – die Umsetzung der in Abschnitt 4.2 aufgelisteten Maßnahmen, vor allem in den Bereichen Marketing und Personalentwicklung. Er sollte innerhalb der Promotorenkonstellation und im Unternehmen als Netzwerker sowie Motivator agieren und die betreffenden Unternehmenseinheiten einbinden. Dies setzt entsprechende soziale Kompetenzen und auf Partnerschaftsmodelle bezogene Fachkenntnisse und Erfahrungen voraus. In der Praxis ist dies bestätigend zu beobachten, dass Prozesspromotoren gleichzeitig auch als Fachpromotoren agieren. Ein sehr wesentlicher Erfolgsfaktor für die Innovationsdurchsetzung ist die ausreichende ressourcielle Ausstattung (zur Verfügung stehende Arbeitszeit, Budget) des Prozesspromotors, um den Umsetzungsprozess kontinuierlich vorantreiben zu können. 4.4 Strategisches Controlling mittels Balanced Scorecard Zu den Erfolgsvoraussetzungen für Strategieprozesse zählt auch, dass die Strategieumsetzung durch ein entsprechendes Controlling erfasst und dadurch unterstützt wird. Als Instrument ist hierfür insbesondere die Balanced Scorecard (BSC) geeignet (Bild 4). Die BSC verknüpft Unternehmenskennzahlen, die für vier verschiedene Perspektiven generiert werden [18]. Bei den vier Perspektiven handelt es sich um die Finanzperspektive, die Kundenperspektive, die Prozessperspektive sowie die Lern- und Entwicklungsperspektive, welche nachfolgend als Mitarbeiterperspektive bezeichnet und ausgestaltet wird. Die Finanzperspektive enthält die klassischen Finanzkennzahlen. Die Kennzahlen der Kundenperspektive beschreiben die Wirkung der von der Strategie umfassten Produkte und Leistungen des Unternehmens auf die Kunden. Die Prozessperspektive beleuchtet die Qualität der für die Strategieumsetzung erfolgskritischen internen Geschäftsprozesse des Unternehmens. Die Kennzahlen der Mitarbeiterperspektive befassen sich insbesondere mit der Mitarbeitersituation sowie -entwicklung. Für das strategische Controlling der hier als Strategieumsetzung betrachteten Markteinführung und -durchdringung von Partnerschaftsmodellen lassen sich Kennzahlen für alle vier BSC-Perspektiven definieren. Aus Verfassersicht empfiehlt sich das Erheben dieser Kennzahlen in einem jährlichen Turnus. Kennzahlen-Beispiele für die Finanzperspektive sind: – Bauleistung Partneringprojekte [€] / Gesamt-Bauleistung [€], – durchschnittliches Projektergebnis Partneringprojekte [%], – als Vergleichswert: Durchschnittliches Projektergebnis konventionell abgewickelte Projekte [%]. Mit diesen Kennzahlen lässt sich überprüfen, ob die im Partnerschaftsmodell abgewickelten Projekte den angestrebten Anteil an der Gesamtleistung ausmachen und vor allem, ob sie einen Beitrag zur Verbesserung des betrieblichen Ergebnisses liefern. Dies ist aus Unternehmenssicht das primär mit der Strategie verfolgte Ziel. Bei der Ermittlung der Projekter- Jahresausgabe 2016/2017 Fachwissen gebnisse ist darauf zu achten, dass die Kosten für die Durchführung der jeweiligen ersten Vertragsphasen (insbesondere Personalkosten in den Bereichen Technisches Büro, Kalkulation, AV, Projektleitung etc.) nicht als Allgemeine Geschäftskosten erfasst, sondern den jeweiligen Projekten direkt zugewiesen werden. Ansonsten käme es zu einer Verzerrung der Ergebnisse zu Lasten der konventionell abgewickelten Projekte, was zu Fehlinterpretationen der Kennzahlen führen könnte. Kennzahlen-Beispiele für die Kundenperspektive sind: – Anzahl Wiederholkunden-Projekte / Anzahl alle Projekte, – Anzahl im Kompetenzwettbewerb erhaltene Aufträge / Anzahl alle erhaltene Aufträge, – Anzahl Aufforderungen durch Bauherren zur Teilnahme an Kompetenzwettbewerben. Mit diesen Kennzahlen lassen sich Erkenntnisse darüber gewinnen, ob das Unternehmen von seinen Kunden als kompetenter, zuverlässiger und vertrauenswürdiger Partner angesehen wird. Dies stellt eine grundsätzliche Erfolgsvoraussetzung für die Umsetzung der hier betrachteten Strategie dar. Darüber hinaus können die Ergebnisse von gegebenenfalls nach Projektabschluss durchgeführten standardisierten Feedback-Aktionen mit den jeweiligen AG und weiteren Projektbeteiligten Aufschlüsse über die Entwicklung der Kundenzufriedenheit liefern. Kennzahlen-Beispiele für die Prozessperspektive sind: – Anzahl akquirierte Aufträge / Anzahl erstellte Angebote, – Anzahl durchgeführte erste Vertragsphasen mit Vergütungsregelung pro Jahr, – Quote der Weiterbeauftragungen für die zweite Vertragsphase im Anschluss an durchgeführte erste Vertragsphasen [%]. Mit diesen Kennzahlen lassen sich Erkenntnisse über die Effektivität und die Qualität des Akquisitionsprozesses sowie über die von den Kunden wahrgenommene Qualität der in der ersten Vertragsphase des Partnerschaftsmodells angesiedelten Leistungen erlangen. Kennzahlen-Beispiele für die Mitarbeiterperspektive sind: – Anzahl Mitarbeiter-Tage pro Jahr für Teilnahmen an Schulungsveranstaltungen, Workshops, Fachtagungen etc. zum Thema Partnering, – Anzahl der zum Thema Partnerschaftsmodelle bereits geschulten Mitarbeiter / Anzahl der zu diesem Thema insgesamt zu schulenden Mitarbeiter, – Quote der Mitarbeiterfluktuation (im Bereich der operativen Leitungspositionen) [%]. Mit diesen Kennzahlen lassen sich Erkenntnisse über die Mitarbeiterentwicklung und über die Mitarbeitertreue gewinnen. Außerdem lassen sich Erkenntnisse zur Zufriedenheit und Motivation der Baustellenführungskräfte in Partneringprojekten oder vergleichend dazu in konventionellen Projekten mittels Mitarbeiterbefragungen generieren. Kompetente, motivierte und treue Mitarbeiter sind aus Unternehmenssicht das unabdingbare Fundament des langfristigen Erfolgs mit Partnerschaftsmodellen. Durch die miteinander verknüpfte Betrachtung und Analyse aller vier Perspektiven lassen sich sowohl der aktuelle Grad und Erfolg der Strategieumsetzung als auch UrsacheWirkungs-Beziehungen in Bezug auf die aktuelle Situation Jahresausgabe 2016/2017 und die weitere Entwicklung erkennen. Dem Unternehmen steht somit ein Controllinginstrument für eine nachhaltig erfolgreiche Strategieumsetzung zur Verfügung. Tabelle 2 zeigt exemplarisch einen Ausschnitt aus einer die oben beschriebenen Kennzahlen umfassende BSC in Tabellenform. Hierin sind die einzelnen Kennzahlen jeweils einer Perspektive zugeordnet und zeilenweise aufgelistet. Für jede Kennzahl sind ein Ziel und ein angestrebter SollWert zu definieren. Darüber hinaus sollten die festgelegten Maßnahmen zur Zielerreichung sowie die hierfür vorgesehenen Umsetzungszeiträume benannt werden. In Bezug auf die Erfassung und Dokumentation der Ist-Werte empfiehlt sich die Darstellung der jeweiligen Ist-Werte zum Zeitpunkt des Beginns der Maßnahmenumsetzung, die Festlegung des Turnus der Ist-Wert-Erfassung und der SollIst-Vergleiche sowie die Darstellung der Ist-Wert-Verläufe und -tendenzen. Falls für die Darstellung des aktuellen Status von Ist-Werten in Bezug auf ihre Soll-Werte sowie der Entwicklungstendenzen grafische Symbole, wie zum Beispiel Pfeile oder Ampeldiagramme, verwendet werden, sind im Vorfeld die Grenzen zwischen den einzelnen Symbolausprägungen eindeutig festzulegen. Insgesamt ist bei der Gestaltung einer BSC darauf zu achten, dass bei der Definition der Kennzahlen für die einzelnen Perspektiven sowohl relative als auch absolute Kennzahlen festgelegt werden. In aller Regel liefert erst deren sinnvolle Kombination eine umfassende Aussagekraft. So lässt sich zum Beispiel die absolute Anzahl der MitarbeiterTage für Teilnahmen an Schulungsveranstaltungen erst im Kontext zur Verhältniszahl „bereits geschulte Mitarbeiter/ insgesamt zu schulende Mitarbeiter“ durch den BSC-Anwender zielführend bewerten. Die Verantwortung für die Entwicklung und Pflege der BSC sollte dem Prozesspromotor übertragen werden. Als zentrales Controllinginstrument für die Strategieumsetzung dient sie vor allem dem Machtpromotor zur Informations- und Entscheidungsunterstützung. 4.5 Kontinuierliches 360-Grad-Feedback Als Ergänzung zur BSC im Rahmen des strategischen Controllings empfiehlt sich die kontinuierliche Einholung eines 360-Grad-Feedbacks. Hierbei wird die Projektabwicklung mittels Partnerschaftsmodellen aus jeweiliger Sicht der AG, der weiteren Projektbeteiligten, wie zum Beispiel Architekten, Fachplaner und Nachunternehmer, der Mitarbeiter sowie externer Experten, zum Beispiel aus dem Bereich der Wissenschaft, in Form standardisierter Befragungen bewertet. Diese Bewertungen können sich sowohl auf das unternehmensbezogene Partnerschaftsmodell im Allgemeinen als auch auf entsprechende konkrete Projektabwicklungen im Speziellen beziehen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auch den internen Prozess der Strategieumsetzung aus Sicht der Mitarbeiter bewerten zu lassen. Während die Mitarbeiter- und die Kundensicht bereits in die BSC einfließen, vervollständigen die Feedbacks der weiteren Projektbeteiligten und der externen Experten die 360-Grad-Perspektive des Unternehmens. Wichtiger als das Generieren quantitativer Kennzahlen ist hierbei aus Verfassersicht das Einholen qualitativer Bewertungen, die dann im Zuge der weiteren Strategieumsetzung und weiterer Projektabwicklungen Berücksichtigung finden können. VDI-Bautechnik 113 Fachwissen Tabelle 2. Exemplarischer Ausschnitt aus einer Balanced Scorecard 114 Partnerschaftsmodelle können zu einer effizienteren und konfliktärmeren Abwicklung von Bauprojekten beitragen. Für schlüsselfertige Hochbauprojekte privater Bauherren mit Partnerschaftsmodellen haben sich auf dem deutschen Baumarkt mittlerweile diverse Elemente eines Modellstandards herausgebildet. Dennoch bedarf die erfolgreiche Markteinführung und -durchdringung solcher Modelle nach wie vor einer prozessorientierten Strategieumsetzung inklusive eines diesbezüglichen Controllings seitens der betreffenden Bauunternehmen. Der vorliegende Beitrag liefert Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Prozessmodellierung, die phasengerechte Prozessunterstützung Literatur [1] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.): Reformkommission Bau von Großprojekten – Endbericht. Berlin, 2015. [2] VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik (Hrsg.): Positionspapier „Partnerschaft am Bau“. Düsseldorf, 2009. [3] Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (Hrsg.): Referenzprojekte Partnering. Berlin, 2010. [4] Racky, P.: Construction Management – eine alternative Projektorganisa- durch Kommunikation und Marketing, die praktische Ausgestaltung des Promotorenmodells sowie die Entwicklung einer BSC für das Umsetzungscontrolling. Diese Empfehlungen basieren auf entsprechenden Praxiserfahrungen des Verfassers, in Kombination mit Erkenntnissen aus der einschlägigen Literatur. Sie sind bezüglich ihres Detaillierungsgrads als konzeptionell zu verstehen und bei konkreten Praxisanwendungen im jeweiligen Einzelfall weiter auszugestalten. Zudem sind sie transferierbar auf andere Strategieinhalte. Insgesamt soll der Beitrag Impulse für die weitere Befassung mit Partnerschaftsmodellen in Forschung und Praxis geben. Der deutsche Baumarkt benötigt dringend alternative Projektabwicklungsformen für große und komplexe Bauvorhaben. Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. In: Kaiser, St.; Kozica, A.; Lipowsky, U. (Hrsg.): Zukunftsfähige Unternehmensführung zwischen Stabilität und Wandel. zfbf Sonderheft 68 (2014), S. 123–146. [11] Schlabach, C.: Wechselwirkungen zwischen partnerschaftlichen Projektabwicklungsformen und dem Last Planner System. Tagungsband 3. Internationaler BBB-Kongress am 17.09.2015 an der RWTH Aachen. Shaker Verlag, Aachen, 2015. [12] Linz, C.; Müller-Stewens, G.: Lösungsanbieterstrategien. In: Fleig, G.; tionsform zur zielorientierten Abwicklung komplexer Bauvorhaben. Horváth, P.; Seiter, M. (Hrsg.): Integration von Produkt und Service – In: Bauingenieur 76 (2001), Heft 2, S. 79–85. Auf dem Weg zum Lösungsanbieter. zfbf Sonderheft 65 (2012), [5] Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (Hrsg.): Leitfaden für die Durchführung eines Kompetenzwettbewerbs bei Partnerschaftsmodellen. Berlin, 2007. [6] Racky, P.: Effiziente Bauprojektabwicklung mit Partnerschaftsmodellen. In: Bauingenieur 82 (2007), Heft 3, S. 150–158. [7] Racky, P.: Die Markteinführung von Partnerschaftsmodellen aus Sicht der strategischen Unternehmensplanung. Tagungsband ICC 2011 am 10.-11.11.2011 an der Universität Innsbruck. innsbruck university press, Innsbruck, 2011. [8] Ulbrich, M. C.: Performance und Vertrauen in Unternehmenskooperationen. Kassel, Universität Kassel, Dissertation, 2011. [9] Eschenbruch, K.; Racky, P. (Hrsg.): Partnering in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 2008. S. 1–24. [13] Bea, F. X.; Haas, J.: Strategisches Management. 6. Auflage, UVK Verlag, Konstanz, 2013. [14] Hungenberg, H.; Wulf, T.: Grundlagen der Unternehmensführung. 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin, 2015. [15] Kreikebaum, H.: Strategische Unternehmensplanung. 6. Auflage, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 1997. [16] Anwander, A.: Strategien erfolgreich verwirklichen. 2. Auflage, Springer Verlag, Berlin, 2002. [17] Hauschildt, J.; Salomo, S.: Innovationsmanagement. 5. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München, 2011. [18] Kaplan, R. S.; Norton, D. P.: Balanced Scorecard – Strategien erfolgreich umsetzen. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 1997. [10] Ringlstetter, M. J.; Klein, B.; Schäfer, B.: Interorganisationale Kooperationsfähigkeit in der Praxis – Zentraler Baustein zur Sicherung der VDI-Bautechnik Jahresausgabe 2016/2017 © Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf 2016 5 Fazit und Ausblick