Orientierung Allgemeine Meteoritenkunde

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[email protected] Andreas Scherrer1
Anmerkung: Dieser Vortrag wurde im Freien (d.h. vor Ort) gehalten. Das
Anschauungsmaterial (wie Plakate und Bilder in Büchern) habe ich nicht
gescannt und es ist zum grössten Teil in den Abfall gewandert. (Sorry :-( )
Der Vortrag wurde im 11. Schuljahr am Mathi-Gymnasium Rämibühl Zürich
gehalten und mit 5.75 bewertet.
Orientierung
Wir befinden uns auf dem Burgstall, 520 Meter über Meer. Das Steinheimer Becken misst
etwa 3 Kilometer im Durchmesser.
Im Becken hat es zwei Ortschaften, nämlich Sontheim am Eingang zum Steinheimer Becken
und Steinheim hinter dem Hügel in der Mitte des Kraters. Er heisst Steinhirt oder Klosterberg
und ist 579 Meter hoch. Der Kraterrand ist durchschnittlich etwa 60 m höher als der
Beckenboden. Das Steinheimer Becken und das Stubental bekannte, wo unser Car parkiert ist,
werden in Richtung Osten entwässert. 7 km östlich von hier fliesst das Wasser bei
Heidenheim in die Brenz. Heidenheim ist die grösste Ortschaft in der näheren Umgebung.
Allgemeine Meteoritenkunde
Ein Meteorit ist ein natürlicher Körper aus dem Weltraum. Er ist wesentlich kleiner als der
Körper, mit dem er kollidiert. Auch als Meteorit wird der feste Rest bezeichnet, den wir auf
der Erde finden.
Meteore und Sternschnuppen sind die Himmelserscheinungen die beim
Atmosphährendurchgang eines Meteoriten beobachtet werden.
Meteorite lassen sich in vier Gruppen unterteilen:
•
•
•
•
Eis-Stein-Meteorite: das sind Kometen oder Reste derselben
Steinmeteorite bestehen vorwiegend aus silikaten, der wichtigsten Mineralgruppe.
Stein-Eisen-Meteorite bestehen zur Hälfte aus Nickel-Eisen-Masse und Silikaten.
Eisenmeteorite haben ein hohes spezifisches Gewicht und eine rostrote Farbe.
Über 90% aller beobachteten Meteoritenfälle sind Steinmeteorite.
Ob ein Meteorit den Erdboden erreicht hängt weitgehend von seiner Beschaffenheit und seiner
Masse ab. Wiegt er unter 10 kg wird er wahrscheinlich vollständig verglühen. Die meisten
Sternschnuppen sind jedoch nur reiskorngrosse Stückchen. Schwerere Meteoriten
durchstossen die Atmosphäre unter Donner und Lichterscheinungen.
Je nachdem ob sie gegen oder mit der Bewegungsrichtung der Erde fliegen bewegt sich ihre
Geschwindigkeit zwischen 11 und 72 km/s. In der Atmosphäre werden sie gebremst und
aufgeheizt, so dass der am Boden aufgefundene Rest von einer Schmelzkruste umhüllt ist.
Grosse Meteoriten werden kaum gebremst. Beim Aufschlag dringen sie tief in den Boden ein
und sprengen Krater aus. Unter der Einschlagsstelle finden Gesteinsumwandlungen durch
Druck statt. Die Drücke können bis zu 5000 kbar betragen. Zur Erinnerung: 1 bar ist der
Luftdruck auf Meereshöhe!
Vor dem Beginn des Raumfahrtzeitalters bestand die einzige Möglichkeit, ausserirdische
Materie kennenzulernen, darin, Meteorite zu untersuchen. Die Raumfahrt brachte uns aber
trotzdem nur Materie aus nächster Umgebung. Meteorite hingegen kommen aus weit
entfernten Teilen des Sonnensystems. Sie sind mit 4 Milliarden Jahren auch die älteste bisher
Materie. In ihnen liegt uns fast unveränderte Urmaterie vor!
Peter Schürch, Andreas Scherrer
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Die Entstehung des Steinheimer Beckens
Das Nördlinger Ries und das Steinheimer Becken sind die einzigen nachgewiesenen
Einschläge kosmischer Körper in Deutschland. Sie entstanden vor etwa 14 Millionen Jahren.
Die Forscher sind sich nicht einig ob die zwei so nahe beieinander liegenden Krater durch
einen Meteoriten entstanden sind, der beim Eintritt in die Atmosphäre auseinandergebrochen
ist oder ob zwei Meteore die schon im All nebeneinander hergeflogen sind auf die Erde
stürzten oder ob durch einen riesigen Zufall innert kurzer Zeit (d.h. mit etwa 100’000 Jahren
abstand) zwei Meteoriten so nah beieinander eingeschlagen haben (Die Distanz von hier zum
Nördlinger Ries beträgt etwa 40 km). Die Feststellung, ob es sich um nur einen Meteoriten
gehandelt hat, wird erschwert durch die Tatsache, dass die beim Einschlag entstehenden
Temperaturen von 10’000-40’000 °C den kosmischen Körper verdampfen lassen und man
keine Rückstände vergleichen kann.
Was passiert genau wenn ein Meteorit einschlägt?
Im Falle des Meteoriten, der das Steinheimer Becken bildete, handelte es sich sehr
wahrscheinlich um einen Steinmeteoriten, der Eisen Nickel und Chrom enthielt. Sein
Durchmesser (vorausgesetzt er war annäherungsweise eine Kugel) war ca. 140 m und die
Einschlaggeschwindigkeit 20 km/s (66fache Schallgeschwindigkeit). Man hörte ihn also nicht
kommen! Wenn man eine höhere Einschlaggeschwindigkeit annimmt, was durchaus möglich
ist, wäre sein Durchmesser kleiner. Das einzige was man sicher weiss, ist dass die
Endgeschwindigkeit eines Meteoriten dieser Grösse zwischen 11 und 72 km/s liegt.
Beim Einschlag laufen gewaltige Stosswellen durch das getroffene Gestein und den
Meteoriten. Diese erzeugen riesige Drücke und die Temperatur um den Meteoriten steigt auf
ca. 20’000 °C. Die oberste Verwitterungsdecke spritzt zur Seite. Das darunterliegende Gestein
schmilzt und verdampft. Das Grundwasser und die Materie des Meteoriten wird weit in die
Luft geschleudert.
Während der vordere Teil des Meteoriten gebremst wird, schlägt der Rest bis ins
Grundgebirge ein. Die Stosswellen sprengen den Krater um den Einschusskanal herum aus.
Riesige Gesteinsstücke (z.T. so gross wie Häuser) fliegen durch die Luft. All dieses Gestein
kommt aus den oberen Schichten um den Einschlagspunkt herum. Das Gestein unter dem
Meteoriten kann nicht ausweichen und wird komprimiert oder verdampft.
Wenn all das passiert ist, erreicht die Stosswelle, die durch den Rest des Meteoriten läuft,
etwa die Rückseite des Körpers. Dadurch explodiert er. Sekundenbruchteile später erfolgt eine
zweite, viel stärkere Explosion. Dann schnellt nämlich die unter der Wucht des Einschlags
zusammengedrückte Erdkruste zurück. In der Folge wird der Krater erneut vergrössert und
Gesteinstrümmer in die Luft geschleudert. Das zurückschnellende Gestein bildet in der Mitte
des Kraters einen Zentralberg. Ihr könnt euch das ähnlich vorstellen wie das Aufspritzen in
der Mitte der Wellenringe wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Die Gesteinstrümmer
fallen kurz darauf im Umkreis von vielen Kilometern wieder herunter. In der näheren
Umgebung des Kraters kommen die Trümmer hageldicht vom Himmel. Grosse Trümmer
können sogar selber noch einmal kleine Krater bilden.
Nachdem der ganze Auswurf meterdick wieder auf dem Boden liegt, steigt eine WasserStaub Wolke bis in die Stratosphäre auf. Die aus dem Zentrum des Kraters aufsteigende
Glutwolke vermischt sich mit dem Staub und Wasserdampf. Nach dem Abkühlen fällt das
Wasser in sturzbachartigen Regenfällen auf die Erde zurück. Noch wochenlang fällt staubiger
Regen. Alles Leben im Umkreis von 50-100 km wird innert Sekunden ausgelöscht.
Peter Schürch, Andreas Scherrer
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Die Einschläge im heutigen Riesgebiet veränderten auch die Oberfläche der Erde nachhaltig.
So fliessen heute Flüsse ins Schwarze Meer die früher in die Nordsee flossen. Was das
anbelangt, ist der Rieseinschlag aber weitaus bedeutender als der des Steinheimer Beckens.
Bau des Steinheimer Beckens
Ringstrukturen mit Zentralberg
Das Steinheimer Becken weist die für Meteoritenkrater typische, ringförmige Zonierung auf.
Im Gegensatz zum Ries, einem anderen, 40 km nordöstlich gelegenen
Meteoriteneinschlagskrater, hat das Steinheimer Becken in der Mitte einen Hügel.
Der Zentralberg heisst laut Karte Klosterberg oder Steinhirt. Er misst etwa 1 km im
Durchmesser. Der Kern des Zentralberges besteht aus Malm und Braunjura-Schichten, die im
Umland etwa 300m tiefer liegen. Umgeben wird der Kern von Weissjurakalk. Der
Zentralberg war früher von Seeablagerungen umhüllt, welche heute weitgehend abgetragen
sind. Der Zentralberg entstand durch zurückfedern der Erdkruste nach dem Einschlag. Er ist
also quasi eine steingewordene Welle. Zentralberge finden sich auf der Erde nur in Kratern
mittlerer Grösse, d.h. 2-6 km Durchmesser.
Das eigentliche Kraterbecken mit den Orten Steinheim und Sontheim befindet sich
zwischen Zentralberg und innerem Kraterrand, der rund 1250m vom Zentrum entfernt liegt.
Die Schollenzone besteht aus zertrümmerten und verschobenen, jedoch nicht ausgeworfenen
Gesteinen. Sie umschliesst das Kraterbecken als Ring von 500 m breite. Rund um die
Schollenzone verläuft der tektonische Kraterrand. Dies ist die äusserste Linie der Veränderung
der Erdoberfläche und der darunterliegenden Schichten durch den Einschlag.
Impaktgesteine
Impaktgesteine sind durch Meteoriteneinschläge entstandene Gesteine. Sie zeigen allgemein
Spuren von Krafteinwirkung.
Impaktbrekzien
Brekzien sind Festgesteine mit eckigen Gesteinstrümmern, zwischen denen sich eine
Grundmasse oder ein Zement befindet. Impaktbrekzien entstehen auf verschiedene Weise bei
einem Meteoriteneinschlag:
• Am Ort des Einschlags durch Zertrümmerung des Gesteins; diese nennt man
Beckenbrekzie.
• Ausgeworfene Gesteine fallen nach dem Einschlag ungeordnet zurück; Die auf diese
Weise entstandene Brekzie heisst Auswurf- oder Rückfallbrekzie
• Ein weiterer Typ ist die Reibungsbrekzie. Sie entsteht an Scherflächen, welche durch
den Einschlag gegeneinander verschoben wurden.
Primäre Beckenbrekzie:
Die Primäre Beckenbrekzie besteht hier vor allem aus Kalken und Mergelsteinen des
unteren und mittleren Malm, daneben sind Dogger und Liasanteile enthalten. Sie füllt den
Kraterboden unter den tertiären Seeablagerungen. Nach Bohrungen beträgt die Dicke bis 50
m.
Verkieselte Kalkbrekzie:
Die verkieselte Kalkbrekzie (Stein zeigen) ist eine Reibungsbrekzie. Durch die Druckwelle
wurden Teile des Kalkes an den Reibflächen zu einer griesähnlichen Masse zerrieben. In diese
Masse sind Kalkstücke eingebettet, welche durch den Einschlag nicht pulverisiert wurden.
Peter Schürch, Andreas Scherrer
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Verkittet wird das Gemisch einerseits durch Kalk und andererseits durch Quarz. Die Bindung
eines Gesteins mit Quarz nennt man Verkieselung.
Sprengschollen
Sprengschollen sind grössere , beim Einschlag nicht auseinandergebrochene Gesteinspakete
die geschoben oder gekippt wurden. Als schönstes Beispiel dafür gelten hier im Steinheimer
Becken die Galgenbergschollen, welche wir dort drüben als niederen Hügel sehen.
Druckwirkungen
Strahlenkalke
Strahlenkalke sind das berühmteste meteoritische Phänomen im Steinheimer Becken. Sie
entstehen unter der Einschlagstelle. Sie haben eine büschelig-strahlige Oberflächenstruktur.
Für ihre Entstehung sind Drücke zwischen 15 und 200 kbar nötig. Gut ausgebildete Strahlen
finden sich vor allem in feinkörnigen Gesteinen. Die Strahlenkalke sind Gemengeteile der
Primären Beckenbrekzie.
Palaentologie im Steinheimer Becken
Die Palaentologie ist die Wissenschaft der Geschichte der Lebewesen auf der Erde und
schöpft ihre Erkenntnisse aus Fossilien. Ein an Fossilien sehr reiches und darum in
Fachkreisen international bekanntes Gebiet ist die schwäbisch-fränkische Alb.
In Ablagerungen von Seen findet man gewöhnlich die Tierwelt eines fest umrissenen
Zeitraumes. Das St.B. (wie übrigens auch das Nördlinger Ries) war vor etwa 14 Millionen
Jahren von einem See erfüllt, da der Grundwasserspiegel damals einiges höher lag. Der See
überlief an zwei Stellen. Die eine ist bei Sontheim und die zweite Richtung Heidenheim. An
diesen Stellen wurde der Kraterrand wegerodiert und heute führen die Strassen durch diese
Einschnitte aus dem Steinheimer Becken heraus. Die Existenz des Sees wird durch Algen,
Klappen von Schalenkrebsen, Gehäusen von Süsswasserschnecken und vollständige Skelette
von Fischen bezeugt. Das St.B. ist eine der reichsten Tertiärfundstellen des süddeutschen
Raumes. Es finden sich neben Fischen auch Reste von Reptilien, Vögeln und Säugetieren.
Die Bekanntheit des St.B. geht schon ins 19. Jh. zurück und basiert neben den zahlreichen
Wirbeltierknochenfunden auch auf dem “Schneckensand”. Dies sind Ablagerungen in
welchen kleine Süsswasserschnecken, Planorben genannt, zu Millionen eingeschlossen sind.
Die ersten palaentologischen Indizien für die Richtigkeit der Darwin’schen Evolutionslehre
kamen aus Steinheim. Die Planorben im Schneckensand zeigen nämlich von unten nach oben
eine mehr oder weniger kontinuierliche Entwicklung ihrer Gehäuse.
Seit 1969 werden in Steinheim systematische Grabungen nach fossilen Wirbeltieren
vorgenommen. Diese Grabungen finden im südlichen Teil der Pharion’schen Sandgrube statt
(im Westhang). Die Grabung bewegt sich also etwa im mittleren Bereich der Seeablagerung.
Das Ziel der Grabung ist es, mit Hilfe möglichst vieler Fossilresten eine Rekonstruktion der
Lebensverhältnisse am Steinheimer See zu ermöglichen. Zu den wichtigsten Funden gehören
mehrere vollständige Skelette. Das eines Gabelhirsches, einer Schildkröte mit
dazugehörendem Panzer und ein etwas rekonstruiertes Skelett eines Zwerghirsches.
Der See im St.B. wurde zumindest zeitweise von Fröschen, Krokodilen,
Süsswasserschildkröten, Wasservögeln, Bibern, Fischottern und ähnlichem bewohnt.
Erhaltene Blattabdrücke sowie Früchte des Zürgelbaumes lassen auf eine reiche Vegetation in
Peter Schürch, Andreas Scherrer
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Nähe des Sees schliessen. Für die in der trockenen Umgebung der Albhochfläche lebenden
Tiere war der See eine natürliche Tränke. So lebten in der Umgebung des Sees
Landschnecken, Eidechsen, Schlangen, Landschildkröten, Fledermäuse, Eichhörnchen und
Zwerghamster. Man fand auch Überreste von drei Schweinearten, Zwerghirschen, etwas
grösseren Gabelhirschen, Tiere der weiten Verwandschaft der Giraffen, verschiedene Arten
von Nashörnern, ein Urpferd und Verwandte der Elefanten. Bei der Säugetiergruppe Raubtiere
fand man Marder, kleine Bären, Schleichkatzen und Säbelzahntiger. Diese reichen
Tierbestände lebten vor ungefähr 14 Millionen Jahren am Steinheimer See in einem
wesentlich wärmeren Klima als es heute hier herrscht.
Wieso aber gibt es im St.B. so viele Fossilien? Das hat zwei Gründe: Zum einen hat die
zeitweilige Austrocknung des Sees dazu geführt, dass die Fische an bestimmten Stellen, wo
länger Wasser lag, zusammengedrängt wurden und dann alle dort verendeten. Bei den
Wirbeltieren ist es etwas komplizierter. Immerhin verrät die Tatsache, das vollständige
Skelette gefunden wurden, dass der Sterbeort und der Einbettungsort nicht sehr weit
auseinander liegen können. Auch hier gibt es verschiedene Erklärungsversuche. Die Hypotese,
die Knochen seien Überreste von gefressenen Tieren kann fast 100% ausgeschlossen werden,
da an den Knochen nie Frassspuren gefunden wurden. Auch die Annahme, die Tiere seien
ertrunken als der Seespiegel anstieg und der Zentralhügel auf den sie sich gerettet hatten unter
Wasser gesetzt wurde, ist nicht über alle Zweifel erhaben. Immerhin die Vögel und ans
Wasser angepasste Tiere wie Biber u.ä. hätten sich in diesem Fall retten können. Schon
einiges Wahrscheinlicher ist folgende Theorie: Bestimmte feinkörnige Schichten der
Seeablagerungen werden im Volksmund sehr treffend als “Klebsand” bezeichnet. Diese
trocknen wenn sie freiliegen oberflächlich rasch an, bleiben aber darunter zäh und weich. So
können gefährliche Fallen für junge unerfahrene und schwache alte Tiere auf dem Weg zur
Tränke entstanden sein. Die so gefangen und gestorbenen Lebewesen wurden dann an Ort und
Stelle konserviert.
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