Prof. Dr. A. Wakolbinger und HD Dr. J. Geiger Seminar über Wahrscheinlichkeitstheorie Ein Vortrag von Johannes Cuno Galton-Watson-Bäume Wir wollen untersuchen, wie sich die Generationengrößen in einer Population auf lange Sicht entwickeln, wenn jedes Individuum mit der gleichen Verteilung aber vollkommen unabhängig Nachkommen hervorbringt. In unserem Modell beginnen wir in Generation Null mit einem einzigen Individuum. Definition (Galton-Watson-Prozess). P Seien pk ∈ [0, 1] (wobei k ∈ N0 ) mit pk = 1 und sei L eine N0 -wertige Zufallsvariable mit der Verteilung: Ws ({L = k}) = pk (n) Seien (Li )i,n∈N unabhängige Kopien unserer Zufallsvariablen L. Dann wird der Galton-Watson-Prozess (Zn ) induktiv definiert durch: Z0 ≡ 1, Zn+1 = Zn X (n+1) Li i=1 Bemerkungen. 1. Der Galton-Watson-Prozess (Zn ) ist eine Markovkette. 2. Das Ereignis { ∃ n ∈ N0 : Zn = 0} nennen wir Aussterben. 3. Die Erzeugendenfunktion unserer Zufallsvariablen L lautet: ∞ X f : [−1, 1] → R, f (s) = E sL = pk sk k=0 Nachdem wir uns mit der obigen Definition ein wenig angefreundet haben, stellen sich drei wichtige Fragen: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir irgendwann aussterben? Gehen wir einfach mal davon aus, wir wüssten, dass wir nicht aussterben. Folgt daraus dann schon Zn → ∞? Kann man im Falle Zn → ∞ vielleicht sogar schon eine Aussage darüber machen, wie schnell die Zn wachsen? 1. Lemma. Sei p1 6= 1. Dann gilt, gegeben dem Ereignis, dass (Zn ) nicht ausstirbt, Zn → ∞ fast sicher. 2. Satz. E sZn = f ◦ . . . ◦ f (s) =: f (n) (s) 3. Corollar. Ws(Aussterben) = limn→∞ f (n) (0) =: q 4. Satz. Sei p1 6= 1. Dann gelten die beiden Aussagen: (a) q ist der kleinste Fixpunkt von f im Intervall [0, 1] (b) q = 1 ⇔ f 0 (1) ≤ 1 Hinweis. Da f zwar stetig ist, aber an der Stelle 1 im Allgemeinen nicht differenzierbar, bezeichnen wir hier mit f 0 (1) die linksseitige Ableitung. Es gilt: X f 0 (1) = E [L] = kpk =: m Sprechweise. Unseren Galton-Watson-Prozess (Zn ) nennen wir subkritisch, wenn m < 1, kritisch, wenn m = 1, und superkritisch, wenn m > 1 ist. 5. Satz. Wenn 0 < m < ∞, dann ist (Zn /mn ) ein Martingal. Dieses Martingal ist nichtnegativ, also konvergiert es nach dem Konvergenzsatz für Martingale fast sicher gegen eine endliche Zufallsvariable W . Wenn W > 0 ist, wächst unser Galton-Watson-Prozess (Zn ) bis auf einen zufälligen Faktor wie die Folge (mn ). Frage. Wann aber ist W > 0 und wann ist W = 0? 6. Sätzchen. Sei 0 < m < ∞. Dann gilt, gegeben dem Ereignis, dass (Zn ) nicht ausstirbt, entweder W = 0 fast sicher oder W > 0 fast sicher. 7. Kesten-Stigum-Theorem (ohne Beweis). Sei 0 < m < ∞. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: (a) Ws({W = 0}) = q (b) E[W ] = 1 (c) E[L log+ L] < ∞ 8. Seneta-Heyde-Theorem (ohne Beweis). Sei 0 < m < ∞. Dann gibt es Konstanten cn sodass gilt: (a) lim Zn /cn existiert fast sicher in [0, ∞) (b) Ws({lim Zn /cn = 0}) = q (c) cn+1 /cn → m