Untersuchungen der Effekte von Trypanosoma cruzi und seiner

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Untersuchungen der Effekte von Trypanosoma cruzi und seiner Glykosylphosphatidylinositole (GPI) auf die Apoptose von Kardiomyozyten und STAT-Aktivierung*
[Study on the effects of Trypanosoma cruzi and its glycosylphosphatidylinositols (GPIs) on
cardiomyocyte apoptosis and STAT activation]
von
Dr. Françoise Debierre-Grockiego1 (Projektleiterin)
Prof. Dr. Ralph T. Schwarz1
Prof. Dr. Bernhard Maisch2
1) Institut für Virologie – AG Parasitologie, Philipps-Universität Marburg, Hans-MeerweinStr. 2, 35043 Marburg
2) Abteilung für Kardiologie, Klinik für Innere Medizin, Klinikum der Philipps-Universität
Marburg, Baldingerstr. 1, 35033 Marburg
* Dieses Projekt ist durch die Deutsche Stiftung für Herzforschung gefördet.
Die Chagas-Krankheit ist eine Infektionserkrankung, die in Mittel- und Südamerika verbreitet
ist, wobei in 90% der Fälle das Herz mitbetroffen ist (Herzinfarkte, Herzinsuffizienz).
Insgesamt gibt es mehr als 18 Millionen Infizierte. Durch Migranten wird die Krankheit auf
andere Kontinente eingeschleppt und dort auch in seltenen Fällen durch Blutspenden
verbreitet. In Spanien und in den USA sind nach Schätzungen mehrere 100.000 Einwanderer
aus Lateinamerika infiziert (Schumnis 2007). Der verantwortliche Erreger Trypanosoma cruzi
ist ein Einzeller, der durch Raubwanzen aus der Familie der Reduviidae übertragen wird
(Abb. 1 und 2). Die Raubwanze überfällt Schlafende, sticht und saugt meist unbemerkt Blut.
Währenddessen setzt das Insekt Kot ab. Die Infektion erfolgt durch Einreiben des
erregerhaltigen Kotes in die frische Stichwunde durch den Menschen selbst oder durch
Eindringen des Erregers in unverletzte Schleimhaut, besonders des Auges. Nach dem Biss der
Raubwanze tritt meist eine Schwellung um die vom Insekt erzeugte Stichwunde auf. Eine
konnatale Infektion des Fötus durch die Mutter ist ebenfalls möglich. In seltenen Fällen kann
es auch zu einer Übertragung durch Nahrungsmittel kommen. Eine akute Phase tritt bei ca.
einem Drittel der Neuinfizierten mit einer Vielzahl von Symptomen auf und klingt nach ca. 4
Wochen wieder ab. Nach einer Latenzphase, die 10 bis 30 Jahre dauern kann, kommt es zur
chronischen Erkrankung. Die Symptome der chronischen Phase entstehen vorwiegend aus der
Herzvergrößerung (Megacor, Abb. 3) und dem Untergang von Nervenzellen im
Verdauungstrakt, der ebenfalls zu massiver Dilatation neigt. Häufig sterben die Patienten am
plötzlichen Herztod oder durch die Folgen der sich entwickelnden biventrikulären
Herzinsuffizienz.
Bei
der
Chagas-Myokarditis
(Herzmuskelentzündung)
können
Extrasystolen, Rechtsschenkelblock, atrioventrikulärer Block, ventrikuläre Tachykardien
sowie Abnormalitäten der Repolarisation durch das Elektrokardiogramm ermittelt werden.
Unbehandelt endet die Chagas-Krankheit in bis zu 10 % der Fälle tödlich; besonders
gefährdet sind Säuglinge und Kleinkinder. Eine Impfung gibt es bisher nicht. Die wenigen
verfügbaren Arzneimittel (z. B. Nifurtimox und Benznidazol) wirken vor allem kurz nach der
Infektion bzw. in der akuten Phase der Erkrankung, haben jedoch teils schwere
Nebenwirkungen und gelten als mutagen. Außerdem sind manche Erreger gegen die Mittel
resistent.
Im vorliegenden Forschungsvorhaben werden Glykosylphosphatidylinositole (GPI) des
Erregers der Chagaskrankheit, einer bei protozoären (einzelligen) Parasiten weit verbreiteten
Klasse von Glykolipiden bearbeitet, die als Pathogenitätsfaktoren erkannt wurden. Es handelt
sich bei diesen um eine Zelloberflächen-Glykolipidstruktur, die Proteine in der äußeren
Lipidschicht der Plasmamembran verankert. Das evolutionär konservierte Kernglykan des
Glykolipidmembranankers besteht aus: Phosphat-Mannose-Mannose-Mannose-GlukosaminInositol-Phosphat geknüpft an einen Lipidanteil (Abb. 4). Dieses Grundgerüst wird durch
Seitenketten modifiziert; wir haben bereits die Strukturen von GPIs von Plasmodium
falciparum (dem Erreger der gefährlichen Malaria tropica) und von Toxoplasma gondii (dem
Erreger der Toxoplasmose) charakterisiert (Gerold et al 1994, Striepen et al 1997). GPI von P.
falciparum, T. gondii und T. cruzi induzieren die Produktion inflammatorischer
(entzündungsauslösender) Zytokine (Mediatoren) in Makrophagen (Fresszellen) des Wirts
(Schofield et al 1993, Debierre et al 2003, Camargo et al 1997). So sind die GPIs von T. cruzi
höchstwahrscheinlich an dem Auftreten eines Teils der klinischen Symptome verantwortlich.
Unsere vorläufigen Resultate zeigen, dass ein Teil der Intermediate der GPI Biosynthese in
der Lage sind, die TNF-α Produktion durch Makrophagen anzuregen (nicht veröffentlichte
Vorarbeiten). Um zu verstehen was die minimale Struktur ist, die benötigt wird, um eine
Zellantwort zu verursachen, sollen in diesem Projekt die Charakterisierungen der
Kohlenhydrat- und Lipidstrukturen der verschiedenen Moleküle durch kombinierte
Gaschromatographie / Massenspektrometrie (GC-MS) weiter fortgeführt werden.
Augenscheinlich trägt die Apoptose (programmierter Zelltod) von Kardiomyozyten
(Herzmuskelzellen) zur progressiven hämodynamischen Verschlechterung bei Patienten mit
ausgeprägter Myokarditis (entzündliche Erkrankung des Herzmuskels) bei. Wir haben bereits
früher gezeigt, dass nach 48-stündiger Inkubation mit GPIs aus P. falciparum, der Prozentsatz
von apoptotischen Kardiomyozyten stark erhöht ist (Wennicke et al 2008). Wir stellen die
Hypothese auf, dass GPIs von T. cruzi ebenfalls in der Lage sind, eine starke Apoptose von
Kardiomyozyten zu verursachen. Um diese Vorstellung zu überprüfen und gegebenenfalls zu
belegen, werden Kardiomyozyten mit aus T. cruzi gewonnenen GPIs, oder mit lebenden T.
cruzi Trypomastigoten (der freien Form des Parasiten) inkubiert und auf Apoptose untersucht.
Der intrazelluläre JAK-STAT-Signalweg [Janus-Kinase (JAK) - Signaltransducer und
Aktivator der Transkription (STAT)] ist mit myokardialer Nekrose, Herzhypertrophie,
Myokarditis und dilatativer Kardiomyopathie in Zusammenhang gebracht worden (Barry et al
2006, Terrell et al 2006, Linde et al 2007). Während der Anfangsstadien der Infektion werden
Makrophagen durch T. cruzi aktiviert, und so hohe Spiegel von proinflammatorischen
Zytokinen produziert (Hunter et al 1996). Lokal abgesonderte Zytokine, welche den JAKSTAT-Signalweg aktivieren, könnten für die Apoptose von Kardiomyozyten und die
resultierende Kardiomyopathie verantwortlich sein. Kardiomyozyten werden deshalb mit
GPIs aus T. cruzi oder mit lebenden Parasiten zusammengebracht und die Aktivierung von
STAT1 und STAT3 untersucht.
Wenn wir eine Verbindung zwischen Chagas-Krankheit und Aktivierung oder Hemmung der
Apoptose und des spezifischen STAT Signalweges erarbeiten und demonstrieren können,
kann eine spezifische Therapie über diese zellulären Mechanismen entwickelt werden. Diese
würde dann den Einsatz unspezifischer entzündungshemmender Mittel ersetzen. Parallel
hierzu könnte unser gestiegenes Verständnis der Wirt-Parasit Interaktionen die Entwicklung
von GPI-basierten Impfstoffen ermöglichen und zu einem verbesserten Verständnis der
Pathogenese einer häufigen Infektionserkrankung beitragen.
Literatur (marburger Veröffentlichungen fett gedruckt)
Almeida IC, Camargo MM, Procopio DO, Silva LS, Mehlert A, Travassos LR, Gazzinelli RT Ferguson MAJ.
(2000) Highly purified glycosylphosphatidylinositols from Trypanosoma cruzi are potent proinflammatory
agents. EMBO J 19: 1476-1485.
Barry SP, Townsend PA, Latchman DS, et al. (2006) Role of JAK-STAT pathway in myocardial injury. Trends
Mol Med 13: 82-89.
Camargo MM, Almeida IC, Pereira ME, Ferguson MA, Travassos LR, Gazzinelli RT. (1997)
Glycosylphosphatidylinositol-anchored mucin-like glycoproteins isolated from Trypanosoma cruzi
trypomastigotes initiate the synthesis of proinflammatory cytokines by macrophages. J Immunol 158: 58905901.
Debierre-Grockiego F, Azzouz N, Schmidt J, Dubremetz JF, Geyer H, Geyer R, Weingart R, Schmidt RR,
Schwarz RT. (2003) Roles of glycosylphosphatidylinositols of Toxoplasma gondii. Induction of tumor
necrosis factor-α production in macrophages. J Biol Chem 278: 32987-32993.
Gerold P, Dieckmann-Schuppert A, Schwarz RT. (1994) Glycosyl-phosphatidylinositols synthesized by
asexual erythrocytic stages of the malaria parasite, Plasmodium falciparum. Candidate for plasmodial
glycosyl-phosphatidylinositol membrane anchor precursors and pathogenicity factors. J Biol Chem
269: 2597-2606.
Hunter CA, Slifer T, Araujo F. (1996) Interleukin-12-mediated resistance to Trypanosoma cruzi is dependent on
tumor necrosis factor alpha and gamma interferon. Infect Immun 64: 2381-2386.
Linde A, Mosier D, Blecha F, et al. (2007) Innate immunity and inflammation. New frontiers in comparative
cardiovascular pathology. Cardiovasc Res 73: 26-36.
Schofield, L. and Hackett, F. (1993) Signal transduction in host cells by a glycosylphosphatidylinositol toxin of
malaria parasites. J Exp Med 177:145-153.
Schumnis GA. (2007) Epidemiology of Chagas disease in non endemic countries: the role of international
migration. Mem Inst Oswaldo Cruz 102 suppl.1, 75-86.
Striepen B, Zinecker CF, Damm JBL, Melgers PAT, Gerwig GJ, Koolen M, Vliegenthart JFG, Dubremetz
JF, Schwarz RT. (1997) Molecular structure of the ”low molecular weight antigen” of Toxoplasma
gondii: A glucose α1-4 N-acetylgalactosamine makes free glycosyl-phosphatidylinositols highly
immunogenic. J Mol Biol 266: 797-813.
Terrell AM, Crisostomo PR, Wairiuko GM, et al. (2006) JAK/STAT/SOCS signaling circuits and associated
cytokine-mediated inflammation and hypertrophy in the heart. Shock 26: 226-234.
Wennicke K, Debierre-Grockiego F, Wichmann D, Brattig NW, Pankuweit S, Maisch B, Schwarz RT,
Ruppert V. (2008) Glycosylphosphatidylinositol-induced cardiac myocyte death might contribute to
the fatal outcome of Plasmodium falciparum malaria. Apoptosis 13: 857-866.
Abb. 1. T. cruzi Parasiten im Blut (Giemsafärbung).
Aus Diaserie zu: Frank W, Lieder J. (1986) Taschenatlas der Parasitologie für Humanmediziner,
Veterinärmediziner und Biologen. Stuttgart, Franckh'sche Verlagshandlung, W. Keller & Co.
Abb. 2. T. cruzi, Entwicklungszyklus. Als Überträger ist hier Triatoma megista.
Aus: Dönges J. (1988) Parasitologie. Mit besonderer Berücksichtigung humanpathogener Formen.
Stuttgart, Georg Thieme Verlag.
Abb. 3. Chagas-Herz mit apikalem Aneurhysma.
Aus: Peters W, Gilles HM. (1981) A colour atlas of Tropical Medicine and Parasitology. Chicago,
Wolfe Medical Publications Ltd, Year Book Medical Publishers, Inc.
A EtNP
R4
Man – Man – Man – GlcN – Ino – R5
R1
R2
R3
P
Lipidanteil
B EtNP
Man – Man – Man – GlcN – Ino – Lipid
Man
P
Lipidanteil
C EtNP
Man – Man – Man – GlcN – Ino
GalNAc
+/- Glc
D EtNP
P
Lipidanteil
AEP
Man – Man – Man – GlcN – Ino – Lipid
Man
Gal (0-4)
P
Lipidanteil
Abb. 4. (A) Struktur des GPI mit dem evolutionär konservierten Kernglykan (in roter Farbe),
Seitenketten (R1-R5) und Lipidanteil. (B) Struktur von P. falciparum GPI. (C) Struktur von T. gondii
GPI. (D) Struktur von GPI aus Mucin von T. cruzi Trypomastigoten (Almeida et al 2000).
(EtNP: Ethanolamin-Phosphat, Man: Mannose, GlcN: Glukosamin, Ino: Inositol, GalNAc: Acetyl
Galaktosamin, Glc: Glukose, Gal: Galaktose, AEP: Aminoethylphosphonat).
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