Erfolgreiche Auswilderung von Rebhühnern Was tun für’s Huhn? Das Aussetzen von Rebhühnern wird in ganz Europa oft probiert, doch in der Regel bleibt der Erfolg weit hinter den Erwartungen zurück. Klaus Schmidt ist eine echte Wiederansiedlung im Gemeinschaftsjagdrevier Schönbrunn-Breitenbrunn bei Wunsiedel gelungen. Auf einer internationalen Fachtagung wurde bestätigt, dass diese Ansiedlung vermutlich die einzige in Mitteleuropa ist, die Erfolg hatte. Immerhin hält sich der Bestand dort nun schon seit elf Jahren. I m Gemeinschaftsjagdrevier Schönbrunn-Breitenbrunn war das Niederwild zu Pachtbeginn 1995 praktisch bedeutungslos geworden. Die Hasendichte betrug damals zwischen 2,5 und Der Autor im Blickfeld: Klaus Schmidt Klaus Schmidt ist stellvertretender Teamleiter und Jagdsachbearbeiter bei den Bayerischen Staatsforsten, Forstbetrieb Fichtelberg, und Referent an der BJV-Landesjagdschule Wunsiedel. 32 6/2013 vier Hasen pro 100 Hektar. Nach intensiven Bemühungen zur Biotopverbesserung, vor allem bei der Heckenpflege und der Ansaat von Buntbrachen in Verbindung mit intensiver Raubwild- bejagung, stieg der Hasenbesatz inzwischen auf die bisherigen Höchstwerte von 31,3 Hasen an. Im Jahr 2000 gelang die Wiedereinbürgerung des Fasans, der damals schon viele Jahre ausgestorben war. Seitdem kann sich der Fasan in einem geringen Bestand von 15 bis 25 Stück halten. Im Jahr 2003 wurde das Rebhuhn wieder eingebürgert, das ebenfalls bei Pachtbeginn nicht mehr im Revier vorkam. Ausgewildert wurden damals 18 so genannte autochthone Hühner aus einem Wildfang und ausgemähten Gelegen. Denn Rebhühner, die sich zum Auswildern eignen, gibt es nicht zu kaufen. Daraus entwickelte sich in den Jahren 2005 bis 2007 schnell ein Bestand von rund 120 Hühnern, die tatsächlich gezählt wurden, verteilt auf bis zu 16 Ketten. Als die Blühflächen zurückgingen, sank auch die Zahl der Hühner wieder auf 25 bis 35 Exemplare in den Jahren 2011 und 2012. Die Hühner besiedeln seitdem nur zwei angrenzende Reviere, eines davon ist das BJV-Lehrund Forschungsrevier in Wunsiedel. Besiedlungsversuche gab es in allen angrenzenden Revieren, jedoch ohne Erfolg. Es gelang nicht, eine Verbindung zum letzten Restvorkommen an der etwa zehn Kilometer entfernten tschechischen Grenze herzustellen. Es fehlt der Lebensraum in Form von Buntbrachen und gepflegten Hecken mit tauglicher Winterdeckung, außerdem war die Raubwildbejagung zu wenig effektiv. Schließlich birgt die Nach- und Aufzucht in der Voliere eine ganze Reihe von Risiken. Eine Wildart, die aus der Voliere kommt und dann mit starkem Feinddruck und einer nicht mehr intakten Umwelt konfrontiert wird, überlebt in freier Wildbahn meist nur kurze Zeit. Die für die Art typische Naturbrut oder ein auf Feindvermeidung ausgerichtetes Verhalten gehen verloren, weil in der Voliere entsprechende Auslesekriterien im Gegensatz zur freien Wildbahn ausgeschaltet sind. Ein weiteres Handi- cap stellt für die Junghühner die Ernährung in der Voliere dar: Rebhühner sind Grünpflanzenfresser, weniger Körnerfresser. Schon die Küken nehmen in den ersten Tagen Grünäsung in hohen Anteilen auf. Der Magenumfang von Hühnern aus der Voliere ist im Gegensatz zu wilden Hühnern etwa 40 Prozent kleiner, haben Wildbiologen festgestellt. Das heißt, nur wenn alle diese Probleme möglichst ausgeschaltet werden, kann die Bestandsstützung über Auswilderung gelingen. Dann müssen natürlich auch die Lebensraum-Strukturen passen, um den Bestand zu halten. Die wichtigsten Stationen auf dem Weg zur erfolgreichen Auswilderung: Schon die künftigen Elterntiere wurden in Grünvolieren aufgezogen. Rebhühner sind sehr anfällig gegen Parasiten. Deshalb verwende ich zerlegbare Volieren, die jedes Jahr an einer anderen Stelle aufgestellt werden. Wichtig ist eine gute Besonnung und ein trockener Boden. Über den Winter werden die künftigen Zuchthühner in einer überdachten Voliere gehalten und im Frühjahr dann sicherheitshalber noch einmal entwurmt. Die Brutvolieren haben eine Größe von drei mal drei Metern, bei einer Höhe von 1,30 Meter. Neben einer Grasfläche sollte auch niedriges Gebüsch als Deckung vorhanden sein. Der Aufwuchs wird von den Hühnern selbst kurz gehalten, wächst die Voliere irgendwann zu, sollte man mit der Gartenschere nachhelfen. Der teilweise Rückschnitt garantiert immer junges Grün. Es wurden zwei Volieren nebeneinander errichtet und mit jeweils einem Paar besetzt. Wichtig ist eine Sichtblende, denn die Hühner sind in der Brutzeit sehr aggressiv. Die beiden Volieren wurden rundum und an allen Ecken mit stromführenden Litzen bespannt, gespeist von einem Weidezaungerät. Das Futter – Weizen und Ackerwildkräuter aus einem Biobetrieb – wurde auf den Boden gestreut. Die Keimlinge sind sehr eiweißreich und stellen eine absolut natürliche Hühnernahrung dar. 6/2013 33 Wichtig ist dann das Verhalten der brütenden Henne. Die Henne muss das Gelege nach dem ersten oder zweiten Ei immer abgedecken, sonst würde sie das Gelege in der Wildbahn sofort verlieren. Naht der Legezeitpunkt, sollte man die Voliere nicht mehr betreten. Die Henne tarnt ihr Nest so gut, dass die Eier leicht zertreten werden. Der Hahn sitzt oft direkt neben der Henne und hält Wache. Im Juni, als die Eier ausgebrütet waren, erfolgte ein regelmäßiger Rückschnitt der Vegetation, der Bewuchs muss immer ausreichend kurzes frisches Grün haben. Aus 15 Eiern schlüpften nach 24 Tagen neun Küken. Die Fütterung der Küken erfolgte ausschließlich mit Naturfutter: Ameisenpuppen der Wiesenameisen, Mehlwürmer, Wiesenplankton, Heuschrecken, Bienendrohnenbrut und Wespenlarven. Daneben wurde regelmäßig Druschabfall mit Wildkräutern eingestreut, damit Keimlinge zur Verfügung standen. Zwei Wochen nach dem Schlupf erfolgte die Auswilderung von acht Küken und den Elterntieren in einer Lebensraum 1Blühfläche. Zu diesem Zeitpunkt waren die Küken schon über eine kurze Strecke flugfähig. Gerade die Brust- und Schwingenmuskulatur kann sich am besten in freier Wildbahn entwickeln. 34 6/2013 17 Tage nach der Auswilderung erfolgte dann die große Überraschung: Auf der Wildkamera – direkt an der Stelle, wo die Auswilderungskiste stand – war zu erkennen, dass neben den Elterntieren alle acht Junghühner noch am Leben waren und außerdem hatten sich zwei wilde Hähne der Kette angeschlossen. Der ausgesetzte Hahn war leicht am geringen Brustschild zu erkennen. Eine Beringung lehne ich ab, da niemand sagen kann, wie sich dieser Fremdkörper bei Schnee und hohen Minusgraden auswirkt. Vier Wochen nach der Auswilderung gelang mir noch einmal ein Fotonachweis vom Auto aus. Die ausgesetzten Elterntiere kannten vermutlich mein Auto aus ihrer Zeit in der Voliere und ließen sich auf eine Entfernung von etwa 20 Metern fotografieren. Doch dann kamen die beiden Wildhähne, sahen das Auto und stießen sofort einen Warnlaut aus: Blitzartig drückten sich die Küken und liefen ins hohe Gras zurück. In den folgenden Monaten wurde die Kette immer wieder bestätigt, sie ging ohne Verluste in den Winter. Am 20. Januar 2013 gelang eine Aufnahme auf einem Rapsacker. Leider ließen sich die Hühner nicht zählen, es waren jedoch noch mindestens zehn Stück. Mitte Februar – zum Zeitpunkt des Auflösens der Kette – waren von den zwölf Hühnern noch sicher elf am Leben. Ende März wurde dort ein Huhn überfahren, das mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dieser Kette stammte. Wir erreichten also eine überdurchschnittliche Überlebensrate. 6/2013 35