10652_KM_19-12-10_Kinder_b:Layout 1 16.12.2010 14:18 Uhr Seite 1 Sonntag 19. Dezember 2010 16:00 Kinder-Abo 3 Dominik Wilgenbus Diogenes Quartett Seit 2002 spielt das Diogenes Quartett in seiner jetzigen Besetzung. Bereits 2003 wurde es vom Amadeus Scholarship Fund, London, mit einem Stipendium ausgezeichnet. Seine rege Konzerttätigkeit führte es zu verschiedenen Festivals, beispielsweise dem Würzburger Mozartfest und den Europäischen Wochen Passau. Außerdem war es wiederholt Gast der Osnabrücker Kammermusiktage. Das Diogenes Quartett sammelte wichtige Erfahrungen bei bedeutenden Lehrern und Ensembles. Unter anderem arbeitete es mit Mitgliedern des Amadeus Quartetts und des La Salle Quartetts. Zu seinen Kammermusikpartnern zählen Hariolf Schlichtig, Lydia Dubrovskaya, Priya Mitchell, Tyler Duncan, Nabil Shehata und das Buchberger Quartett. Zahlreiche Aufnahmen und Live-Mitschnitte des Quartetts entstanden beim Bayerischen Rundfunk, Hessischen Rundfunk sowie dem Deutschland Radio Berlin. Neben Werken von Haydn, Cherubini, Mozart, Brahms und Dohnányi enthalten die bisherigen CD-Produktionen des Ensembles Ersteinspielungen von Engelbert Humperdinck, George Onslow, Egon Kornauth und Friedrich Gernsheim. 2000 gründete das Diogenes Quartett gemeinsam mit seinem regelmäßigen Kammermusikpartner, dem Pianisten Andreas Kirpal, seine eigene Konzertreihe. Besonders am Herzen liegt dem Ensemble die Arbeit mit Kindern. So gehören die Kinderkonzerte von »concierto münchen« schon seit Jahren zu seinen Engagements. Auf Anfrage des Henschel Quartetts führt das Diogenes Quartett seit 2010 als »Ensemble in Residenz« Münchner Kinder in regelmäßigen Kursen in die Welt der Kammermusik ein. Die Grenzen des klassischen Genres überschreitet das Diogenes Quartett gemeinsam mit Andreas Kirpal und den Jazz-Kollegen des Max Grosch Quartet im Crossover-Projekt A Dream of Brahms. Seinen Namen verdankt das Quartett der langjährigen Freundschaft, die die vier Musiker mit Rudolph C. Bettschart, dem Mitinhaber des Schweizer Diogenes Verlags, verbindet. Bei uns ist das Diogenes Quartett zum ersten Mal zu Gast. Fotonachweis: Diogenes Quartett ©wildundleise.de, Dominik Wilgenbus © Künstleragentur Illustrationen: © Luca Sienkiewicz Dominik Wilgenbus, geboren in Memmingen, studierte von 1987 bis 1991 Theaterregie bei August Everding in München und arbeitet seitdem freischaffend als Regisseur, Übersetzer und Autor. 1997 war er Mitbegründer des Metropol-Theaters München sowie 2003 der Kammeroper München, mit welcher er eigene Fassungen u.a. von Mozarts La Finta semplice, Rossinis Pietra del Paragone, Piccinnis La Cecchina und zuletzt das Haydn-Pasticcio Untreue lohnt sich! oder auch nicht … herausbrachte. Seine Regietätigkeit im Musiktheater führte ihn nach München ans Gärtnerplatztheater, an die Wiener Volksoper sowie u.a. nach Dortmund, Klagenfurt, Leipzig und Chemnitz. Das von ihm geschriebene und inszenierte Heidi – das Heimatmusical (Musik von H. C. Mylla) steht seit 6 Spielzeiten auf dem Spielplan der Musikalischen Komödie Leipzig. Für den Münchner Barocksommer inszenierte er Händels Orlando mit dem Carissimi-Consort unter Alexander Weimann, beim Wiener Festival »Klangbogen« Ralph Benatzkys Bezauberndes Fräulein sowie für den J:opera Festivalsommer zum Haydn-Jubiläumsjahr dessen Welt auf dem Monde unter dem Dirigat von Julia Jones. Seit 2004 ist er Dozent an der Musikhochschule Nürnberg-Augsburg. Mit seinen Studenten erarbeitete er bisher Inszenierungen u.a. von Le nozze di Figaro und Die Fledermaus. 2007 inszenierte er im Rahmen des Internationalen Opernkurses der Jeunesses Musicales Rossinis La Cenerentola in Weikersheim. Mit seinem literarisch-musikalischen Solo Mein Wagner (als Hörbuch erschienen) tritt er seit 1997 auf. Das nächste Kinderkonzert Die Münchner Stadtmusikanten Diogenes Quartett Stefan Kirpal Violine Gundula Kirpal Violine Stephanie Krauß Viola Stephen Ristau Violoncello Dominik Wilgenbus Erzähler Joseph Haydn Poco adagio, cantabile aus: Streichquartett C-Dur op. 76,3 Hob. III:77 »Kaiser-Quartett« Sonntag 10. April 2011 11:00 Kinder-Abo 4 für Kinder ab 6 Calefax Oliver Boekhoorn Oboe Ivar Berix Klarinette Alban Wesly Fagott Raaf Hekkema Saxophon Jelte Althuis Bassklarinette Die Musikwerkstatt Fünf Männer arbeiten hart in einer Musikwerkstatt und haben ziemlich viel zu streiten. Aber worum geht es? Darum, wer der Boss ist und wer am besten spielt. Ein szenisches Konzertprogramm für das junge Publikum. Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V. »Die Musikwerkstatt« ist eine Koproduktion von Oorkaan und Calefax Serenade. Andante cantabile aus: Streichquartett F-Dur op. 3,5 Hob. III:17 (fälschlicher Weise Haydn zugeschrieben) Streichquartett G-Dur op. 77, 1 Hob. III:81 Allegro moderato Adagio Menuetto. Presto – Trio Finale. Presto Keine Pause | Ende gegen 17:00 Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V. 10652_KM_19-12-10_Kinder_b:Layout 1 16.12.2010 14:18 Uhr Seite 3 Die Münchner Stadtmusikanten Fast alles, was wir im Alltag benutzen, wurde irgendwann einmal von jemandem erfunden: das Rad, das Telefon, die Glühbirne oder der Computer, ein Reißverschluss, eine Gabel oder ein Koffer, den wir auf Rollen hinter uns herziehen können. Erfindungen entstehen manchmal zufällig oder weil jemand einen Fehler gemacht hat, manchmal träumt jemand von einer Erfindung und manchmal tüftelt jemand viele Jahre herum, bis er endlich die Lösung für ein Problem gefunden hat. Auch Komponisten sind Erfinder. Sie erfinden Musik. Ein sehr berühmter Musik-Erfinder war Joseph Haydn. Er wurde vor rund 280 Jahren in einem kleinen Städtchen in der Nähe von Wien geboren. Haydn hatte viele Geschwister, sein Vater war ein Handwerker, der auch die Musik liebte. Und weil der achtjährige Joseph besonders schön singen konnte, schickten ihn seine Eltern als Sängerknaben nach Wien. Als Haydn mit siebzehn Jahren für den Chor im Stephansdom zu alt wurde, musste er alleine sein Geld verdienen. Er begleitete Sänger am Klavier, unterrichtete und komponierte erste Stücke. Diese Stücke waren so originell, dass der Fürst Nikolaus Eszterházy auf Haydn aufmerksam wurde und den jungen Komponisten an sein prunkvolles Schloss holte. Die Familie Esterházy war damals eine der reichsten und mächtigsten Familien in Österreich-Ungarn und der Fürst wurde nicht umsonst der Prachtliebende genannt. Sein Schloss hatte über 160 Zimmer, eine große Bibliothek und eine Gemäldegalerie, eine Reitschule, ein eigenes Marionettentheater und ein Opernhaus mit Orchester. Sonst war in der Gegend allerdings nichts los, denn das Schloss lag mitten in einem Sumpfgebiet am Neusiedler See. Fast 30 Jahre arbeitete Haydn für den Fürsten und er hatte sehr viel zu tun: er schrieb Sinfonien für das große Orchester, Opern für die Bühne, Messen für die Gottesdienste und Musik für die Kammer. Er leitete das Orchester, musste sich immer sehr ordentlich kleiden, war für die Pflege der Instrumente zuständig, unterrichtete die Kinder des Fürsten, spielte Geige und Klavier und leitete in diesen Jahren über tausend Opernaufführungen! Auch der Fürst selbst spielte Musik. Sein Lieblingsinstrument war das Baryton, ein tiefes Streichinstrument, das ein bisschen aussieht wie unser heutiges Cello. Mehr als 170 Stücke hat Joseph Haydn für dieses Lieblingsinstrument des Fürsten geschrieben. Haydn hatte also alle Hände voll zu tun. Dennoch experimentierte er sehr gerne und probierte ständig neue Dinge in der Musik aus. Dabei spielte der Zufall manchmal eine große Rolle. Zum Beispiel als einmal der wohlhabende Baron Karl Joseph Edler von Fürnberg Haydn mit einem neuen Werk beauftragte. Öfter hatte der Baron Haydn auf sein Schloss in Weinzierl zu Hauskonzerten eingeladen. Dort waren auch der Geige spielende Dorfpfarrer und der ebenfalls geigende Gutsverwalter des Barons zu Besuch und der Organist und Cellist Johann Georg Albrechtsberger. Und weil Haydn Bratsche spielte, sollte er für diese Besetzung ein neues Stück schreiben. Haydn freute sich. Für zwei hohe Geigen, die etwas tiefere Bratsche und das große, tiefe Cello hatte er noch nie komponiert. Er setzte sich also gleich an sein Schreibpult, tauchte den Federkiel tief ins Tintenfass und schrieb das erste Streichquartett. Ihm selbst und allen anderen gefiel dieses Werk so gut, dass Haydn in den nächsten Jahren immer neue Streichquartette komponierte, insgesamt über 70 Stück. Darum gilt Joseph Haydn als der Erfinder des Streichquartetts. Was war so neu und besonders an seiner Musik-Erfindung? In den Streichquartetten von Joseph Haydn hatten alle vier Instrumente zum ersten Mal in der Musik gleich viel zu sagen. Selbst das tiefe Violoncello hatte nun eine eigene Stimme und begleitete nicht mehr nur die anderen Instrumente, wie das bis dahin üblich war. Wenn die erste Geige eine Melodie spielte, tauchte diese Melodie jetzt auf einmal auch in den Stimmen der anderen Instrumente auf. Umgekehrt spielten manchmal die Geigen einen Rhythmus, der vorher beim Cello lag. Im Streichquartett waren alle gleichberechtigt und oft klang es, als würden sich die vier Instrumente miteinander unterhalten. Für Musiker ist es gar nicht leicht, ein Streichquartett von Joseph Haydn zu spielen. Denn sie müssen nicht nur die Töne auf dem Notenblatt richtig treffen, sondern sich auch auf ein gemeinsames Tempo einigen, gleichzeitig lauter oder leiser werden und einen schönen, sauberen Ton auf ihren Instrumenten produzieren. Wenn Du selbst ein Instrument spielst, weißt Du sicher, wie schwer das am Anfang ist. Gerade bei einem Streichinstrument kratzt und jault es nur so, wenn man mit dem Bogen zum ersten Mal über die Saiten streicht. Das ist dann eine richtige Katzenjammermusik. So eine Katzenjammermusik haben die vier Bremer Stadtmusikanten gemacht, als sie eine Räuberbande aus einem Haus im Wald vertreiben wollten. Kennst Du die Geschichte? Die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm haben das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten vor rund 200 Jahren aufgeschrieben. Ob die Grimm-Brüder die Streichquartette von Joseph Haydn kannten? Gut möglich. Denn als sie geboren wurden, war Haydn über 50 Jahre alt und hatte schon viele Streichquartette komponiert. Die Bremer Stadtmusikanten waren auch ein Quartett, allerdings spielten der Hahn, die Katze, der Hund und der Esel keine Streichinstrumente. Getroffen haben sie sich vor langer Zeit auf einer staubigen Landstraße in Norddeutschland (sehr weit von dem prächtigen Schloss entfernt, in dem Joseph Haydn lebte). Die Tiere waren von ihren Bauernhöfen fortgelaufen, weil der Hahn zu alt geworden war, um den Bauern morgens zu wecken, die Katze keine Mäuse mehr fing, der Hund zu langsam wurde für die Jagd und der Esel keine schweren Lasten mehr tragen konnte. Aber wovon sollten sie leben? Warum nicht nach Bremen gehen und Stadtmusikant werden, schlug der Esel vor. Eine gute Idee fanden die anderen und zusammen machten sie sich auf den Weg. Bis Bremen war es aber ziemlich weit und als es dunkel wurde, kamen die Vier in einen Wald. Dort entdeckten sie ein Haus, in dem Räuber an einem reich gedeckten Tisch saßen. Weil unseren Stadtmusikanten der Magen knurrte, überlegten sie, wie sie die Räuber aus dem Haus verjagen konnten. Da stellte sich der Esel mit den Vorderbeinen aufs Fensterbrett, der Hund sprang auf seinen Rücken, die Katze klettere auf den Hund und der Hahn flog auf den Kopf der Katze. Dann stießen sie das Fenster auf, wieherten, bellten, miauten und krähten so laut und wild durcheinander, dass die Räuber vor Schreck in den Wald flüchteten. In dem Haus gefiel es unseren Freunden aber so gut, dass sie nicht mehr nach Bremen wollten, sondern in dem Haus wohnen blieben. Die vier Musiker, die Du heute im Kinderkonzert hörst, kommen nicht aus Bremen, sondern aus München. Darum nennen sie sich die Münchner Stadtmusikanten. Und weil sie alle ein Streichinstrument spielen, sind sie ein – na, Du weißt schon ... Mit ihren Instrumenten können die Münchner Stadtmusikanten schreien wie ein Esel, bellen wie ein Hund, miauen wie eine Katze und krähen wie ein Hahn. Und sie können auch die Streichquartette von Joseph Haydn spielen. Vielleicht hast Du noch nie ein Streichquartett von Haydn gehört. Eine Melodie, die Haydn geschrieben hat, kennst Du aber bestimmt: unsere Nationalhymne. Man kann sie hören, wenn sich zum Beispiel bei der Fußballweltmeisterschaft die deutsche Mannschaft aufstellt. Joseph Haydn hat aber nicht an Fußball gedacht, als er das Stück schrieb, sondern an den österreichischen Kaiser. Haydn hat den Kaiser sehr verehrt und zu dessen Geburtstag wurde die Hymne das erste Mal aufgeführt. Damals hat man noch einen anderen Text dazu gesungen: »Gott erhalte Franz, den Kaiser«. Das Streichquartett in der strahlenden Tonart C-Dur heißt darum auch »Kaiser-Quartett«. Die Melodie ist das Thema des langsamen Satzes. Alle Streichinstrumente spielen sie erst zusammen, dann wird die Melodie verziert, so wie Du vielleicht manchmal um ein Bild ein schönes Muster malst. Die Melodie selbst veränderte Haydn nicht, denn die Macht und die Stärke des Kaisers sollte unerschütterlich bleiben, egal was um ihn herum passierte. Und das war in dieser Zeit um 1789 eine ganze Menge, schließlich tobte im nahen Frankreich die Revolution. Zwei Jahre nach dem KaiserQuartett schrieb Joseph Haydn seine beiden letzten Streichquartette. Das vorletzte dieser Quartette kannst Du gleich hören. Haydn hat sich im ersten Satz zwei sehr unterschiedliche Melodien ausgedacht, einen zackigen Marsch und ein schönes, leichtes Lied, das man gleich mitsummen möchte. Beide Melodien tauchen erst nacheinander auf, dann zerlegt Haydn sie in kleine Stückchen, malt sie mit einer anderen Tonartenfarbe an, lässt sie mal in hellem Dur und mal in etwas dunklerem Moll aufschimmern oder durch zusätzliche Töne verändern. Am Schluss erklingt noch einmal der Marsch, das leichte Lied ist verschwunden. Dann folgt ein feierlicher langsamer Satz, in dem sich das höchste Instrumente, die erste Geige, und das tiefste Instrument, das Cello, miteinander unterhalten, während die zweite Geige und die Bratsche sie dabei begleiten. Der dritte Satz ist ein Menuett, ein Tanz, der früher von Fürsten und Königen getanzt wurde. Wenn Haydn ein Menuett schrieb, hatte das mit diesem alten Tanz aber nur noch wenig zu tun. Haydn experimentierte auch hier, indem er das Tempo veränderte oder den regelmäßigen Rhythmus durchbrach. Tänzer würden dabei wohl ziemlich durcheinander geraten. Wie erfindungsreich Haydn war, das kann man auch im letzten Satz dieses Quartetts hören. Hier genügten Haydn die ersten drei Töne des Themas, mit denen er kunstvoll jonglierte. Haydn, der Erfinder, liebte es Regeln aufzustellen, die er sofort wieder umwarf und veränderte. So als würdest Du einen Turm mit bunten Bausteinen bauen, ihn einstürzen lassen und mit denselben Steinen ganz anders wieder aufbauen. Die Musik von Joseph Haydn war schon damals so berühmt, dass andere Komponisten ihn nachahmten. Die Serenade, die die Münchner Stadtmusikanten gleich spielen, stammt vermutlich gar nicht von Joseph Haydn, sondern von dem Komponisten und Bratschisten Roman Hofstetter, der viele Jahre als Mönch in einem Kloster lebte und Joseph Haydn sehr bewunderte. Als Haydn später seine Werke sortierte, tauchte dieses frühe Quartett mit der Serenade auf. Haydn konnte sich nicht erinnern, ob er das Werk selbst geschrieben hatte. Es wird ihm aber gefallen haben, sonst hätte er seinen Namen nicht darunter geschrieben. Und Dir gefällt diese heitere Musik hoffentlich genauso wie ihm. Sylvia Systermans