Schulfernsehen Schulfernsehen Vor uns die Sintflut? Naturkatastrophen Ein Film von Georg Antretter Beitrag: Georg Antretter, Simon Demmelhuber & Volker Eklkofer Inhalt Völlig überraschend donnert die Lawine ins Tal, die 1999 im österreichischen Pitztal das ganze Dorf Galtür verschüttet. Verzweifelt versuchen Hilfsmannschaften Opfer aus den meterhohen Schneebergen zu retten. Für 31 Touristen und Einheimische kommt jedoch jede Hilfe zu spät. Am 26. Dezember 2004 löst eines der stärksten Erdbeben seit Beginn der Aufzeichnungen eine Riesenwelle im Indischen Ozean aus. Für mindestens 231.000 Menschen gibt es an den Küsten des Indischen Ozeans keine Rettung mehr. Die größte Katastrophe, an die man sich in Deutschland erinnern kann, ist die Sturmflut von 1962. 315 Menschen verloren damals ihr Leben, mehr als 20.000 mussten evakuiert werden und 100.000 waren tagelang von der Außenwelt abgeschnitten. Mit Windstärke 12 hatte die Sturmflut in der Nacht zum 17. Februar 1962 rund 50 Dämme gebrochen. Der Großraum Hamburg © Bayerischer Rundfunk versank in den Fluten der Nordsee. Nur mit Spezialfahrzeugen konnten die Opfer versorgt werden. Die Schäden für die fruchtbaren Ackerflächen, Bauernhöfe, aber auch ganze Stadteile der Großstadt Hamburg waren immens: Ungezählte Menschen verloren ihr Hab und Gut, mehr als 4.000 Stück Vieh ertranken. Naturkatastrophen erschüttern unseren Glauben an die Beherrschbarkeit der Natur Sicherheit, so scheint es, gibt es für den Menschen trotz modernster Technik nicht. Die Sendung zeigt, wie Naturkatastrophen durch Überschwemmungen, Vulkane, Erdbeben und Lawinen ausgelöst werden und ganze Regionen in Mitleidenschaft ziehen. Nicht selten steht das Ausmaß von Naturkatastrophen in engem Zusammenhang mit menschlichem Tun. Umweltsünden oder verfehlte Eingriffe in die Natur (z. B. Fällen von Mangroven, Vernichtung von Korallenriffen, Abholzen der Regenwälder) verursachen immer wieder Überschwemmungen, Dürren, Waldbrände oder Erdrutsche. Überbevölkerung führt dazu, dass in vielen Ländern Regionen mit erhöhtem Katastrophenrisiko besiedelt werden. Mit Technik versuchen sich die Menschen den Naturgewalten entgegenzustemmen (z. B. Lawinenverbauungen, Deiche, Frühwarnsysteme). 1 Schulfernsehen Schulfernsehen Wichtig ist aber vor allem ein aktiver Klimaschutz. Der Ausstoß der Treibhausgase muss dringend eingedämmt werden. Fakten Naturkatastrophen Naturkatastrophen werden in fünf Arten unterteilt: 1. Meteorologische Katastrophen: Stürme, starke Niederschläge, Dürre- und Kältewellen, Blitzschläge, Wald-/Busch-/Steppenbrände. 2. Hydrologische Katastrophen: Sturzfluten, Überschwemmungen, Hochwasser, Grundwasseranstieg, Rück-/Eisstau in Flüssen, Gletscherwasser, Gletschereisabbruch. 3. Geologische Katastrophen: Erdbeben, Vulkanausbrüche, Erdabsenkungen. 4. Astronomische Katastrophen: Meteoriten-/Kometeneinschlag. 5. Biologische Katastrophen: Seuchen, Schädlingsbefall. intakter, gut durchwurzelter Boden nimmt Regenwasser auf und gibt es gemächlich an das Grundwasser ab. Funktioniert dies nicht mehr, strömt das Wasser ungehindert in die Flüsse. Wie schnell bei Starkregen eine Flutkatastrophe hereinbrechen kann, zeigt der Film am Beispiel der Überschwemmung des Ortes Eschenlohe im Landkreis Garmisch-Partenkirchen im August 2004. Die Dämme brachen, der Fluss Loisach trat über die Ufer. Mehr als 60.000 Sandsäcke halfen nichts mehr. Es war ein tagelanger Kampf gegen die Loisach. Das wahre Ausmaß der Katastrophe zeigte sich erst danach. Die Wassermassen hatten Teerstraßen und Fußwege weggespült, die Fundamente der Häuser ausgeschwemmt. Die Einwohner waren geschockt. Einige dieser Bedrohungen stellt der Film vor. Hochwasser Hochwasser gab es schon immer. Seit jeher haben Menschen von Flüssen gelebt und mit ihnen gerungen. Sie lernten im Laufe der Zeit, sich mit den Gewässern zu arrangieren. Seit einigen Jahrzehnten nehmen Hochwasserkatastrophen jedoch zu. Der Grund: Immer mehr Menschen lassen sich an Stellen nieder, die traditionell überschwemmungsgefährdet sind. Wohnsiedlungen werden gebaut, Fabrikhallen errichtet. Kommt es zu einer Flut, sind die Schäden hoch. Hauptursache für Überschwemmungen sind die Begradigung und der Ausbau der Flüsse. Überflutungsräume wurden trocken gelegt, Auwälder abgeholzt, der Abfluss der Ströme durch Baumaßnahmen beschleunigt. Durch die hohe Fließgeschwindigkeit sinkt jedoch die Hochwasser-Vorwarnzeit, oft fallen Hochwasserspitzen eines Hauptstromes und seiner Nebenflüsse zusammen. Weitere Ursachen für Hochwasser sind die zunehmende Versiegelung und Verdichtung des Bodens und die kränkelnden Wälder. Blätter und Nadeln der Bäume haben u.a. die Aufgabe, Regen aufzufangen, der dann verdunstet. Auch ein © Bayerischer Rundfunk Die Hochwassergefahr könnte vielerorts gemindert werden, wenn man den Flüssen mehr freien Lauf lassen würde. Doch Anwohner wehren sich dagegen. Bauern wollen ihre Wirtschaftsflächen nicht überfluten lassen, Hausbesitzer fürchten feuchte Keller durch ansteigende Grundwasserspiegel. So setzten viele Gemeinden auf den Bau neuer Dämme und Schutzmauern. Fest steht aber: Technischer Hochwasserschutz allein reicht nicht, der Hochwasserschutz muss Teil einer nachhaltigen, ökologischen Flussentwicklung sein. Vulkane Eine Naturgewalt ganz anderer Art und Wirkung sind Vulkane. Ihre Ausbrüche gelten als beeindruckende Naturschauspiele, doch mit ihren Glutwolken, Ascheregen und Bränden wirken sie sich für die Anwohner oft katastrophal aus. Auf der äußeren Gesteinsschale der Erde, der Lithosphäre, sind die Vulkane wie die Perlen einer Kette in schmalen Gürteln verteilt. Sie sitzen meist an den Rändern der Kontinentalplatten, die sich auf der heißen Asthenosphäre wenige Zentimenter pro Jahr über den Globus bewegen. In bis zu 100 Kilometern Tiefe entsteht zähflüssiges 2 Schulfernsehen Magma aus Steinen, die bei 1.000 bis 1.300 Grad Celsius geschmolzen sind. Wenn der Druck in den höherliegenden Magmaherden zu groß wird, steigt das Magma auf und gelangt über Spalten und Klüfte (der Lithosphäre) als Lava an die Oberfläche. Schulfernsehen Ein weiterer Vulkan in Süditalien ist der Vesuv. Er ist seit 1944 ruhig, die verheerenden Folgen des Ausbruchs im Jahr 79 sind jedoch in der Ruinenstadt Pompeji eindrucksvoll dokumentiert: Die komplett verschüttete Stadt und ihre Bewohner werden seit etwa 250 Jahren wieder freigelegt, durch die erkaltete Vulkanasche perfekt konserviert. Vulkanologen stehen Vorhersagemöglichkeiten zur Verfügung. Messgeräte registrieren Gase, die einen Ausbruch ankündigen, Radargeräte vermessen die Bewegungen von Kratern und Lavakuppen. Erdbeben Diesen Prozess kann man im Atlantik sehen. Auf dem „mittelatlantischen Rücken“ liegt Island – mit „Rissen“ mitten auf der Insel. Genau dort, wo die amerikanische und die europäischen Kontinentalplatte auseinanderdriften, kommt Magma an die Oberfläche. Es ist die Zone der rund 130 isländischen aktiven Vulkane. Die Vulkane Hekla und Krafla brechen alle 10 Jahre aus; die Anwohner haben sich längst darauf eingestellt. Unberechenbarer ist der größte und aktivste Vulkan Europas, der über 3.300 Meter hohe Atnä auf Sizilien. Sein Ausbruch im Jahr 2002 war ein besonderes Spektakel für Touristen und eine Bedrohung für die Sizilianer. Sie sagen „die Mamma schimpft“. Die Glutwolken waren auf der ganzen Insel zu sehen. Tagelang strömte Lava aus 16 Kratern. Neben vier Gipfelkratern sind auf dem Ätna-Gebirgsstock (mit einem Umfang von rund 250 Kilometern) rund 400 Nebenkrater zu zählen – und, einzigartig in Europa, mehrere Lavagrotten, als Folge der dünnflüssigen Lava. Gefährlich wird der Vulkanausbruch erst, wenn sich Schaulustige zu weit heranwagen. Eine andere Gefahr ergibt sich aus Lauffeuern, Glut- und Aschewolken, die nahe liegende Ortschaften oder Städte erreichen. In Catania war 2002 zeitweise der Verkehr lahm gelegt. Frühere Vulkanausbrüche haben aber schon viele Menschenleben gefordert. © Bayerischer Rundfunk Als Erdbeben bezeichnet man messbare Erschütterungen der Erdoberfläche. Weltweit werden jährlich rund 20.000 Beben registriert. Voraussetzungen für die Entstehung von Beben sind Störungszonen in der Erdkruste, wie sie vor allem an tektonischen Plattengrenzen vorkommen. Ein im Film gezeigtes Beispiel ist die kalifornische San-Andreas-Bruchzone. Hier schiebt sich die pazifische Platte etwa 2.000 Kilometer am amerikanischen Festland entlang. Durch Plattenbewegungen entstehen Spannungen an den Schwächezonen, die sich durch Bewegungen der Erdkruste entladen können. Immer wieder haben Erdbeben die Menschen in Kalifornien erschüttert: Am 18. April 1906 traf es San Franciso. Das Beben mit der Stärke 7,8 forderte mehr als 3.000 Todesopfer. 250.000 Menschen wurden obdachlos, vor allem durch das vom Erdbeben ausgelöste Großfeuer. Es vernichtete einen Großteil der Stadt. Welche immensen Schäden Erdbeben auch in heutigen Städten anrichten können, zeigte das Beben im japanischen Kobe am 17. Januar 1995: Mehr als 6.400 Menschen starben, fast 44.000 wurden verletzt, rund 300.000 obdachlos. Weite Flächen der Stadt wurden zerstört. Der Schaden betrug rund 100 Milliarden Euro. 3 Schulfernsehen Schulfernsehen Weltweit finden wir die meisten Beben rund um den Pazifischen Ozean. Hier taucht die ozeanische Kruste unter die Kontinente und Ozeane ab. Die Platten reiben aneinander, Spannung entsteht, es kommt zu Erdbeben. Wenn die abtauchende Platte schmilzt, werden zusätzlich Vulkanausbrüche verursacht. Ein Tsunami-Frühwarnsystem, mit dem per Satellit selbst geringe Meeresbewegungen überwacht werden können, wurde erst nach der Katastrophe im Dezember 2004 im Indischen Ozean eingerichtet. Auch im europäischen Raum kommt es zu Erschütterungen der Erdoberf läche. 1976 bebte es in Friaul, 1980 in der Gegend um Neapel – jedes Mal waren die Folgen verheerend: Tausende Todesopfer, zerstörte Dörfer und Städte. Nicht die Naturgewalt für sich alleine war die Katastrophe, sondern die Auswirkungen auf die bebauten Lebensräume: Menschen wurden in ihren Häuser begraben. Auch in den verschneiten Alpen lauern Gefahren: Lawinen. Wahrscheinlicher als Erdbeben oder Tsunamis kann man sie oftmals vorhersagen, wenn man die Qualität und den Schichtenaufbau des Schnees im Blick hat. Lawinen werden nicht selten durch Pistenrowdies ausgelöst, auch verantwortungslose Tourengeher und „Freerider“ bringen sich und andere Menschen häufig in Gefahr. Andererseits gibt es unberechenbare Lawinenabgänge, die immer wieder katastrophale Auswirkungen haben. Völlig überraschend kam die Lawine ins Tal, die 1999 im österreichischen Pitztal das ganze Dorf Galtür verschüttete. 31 Touristen und Einheimische starben. Es ist immer noch nicht möglich, Erdbeben räumlich und zeitlich exakt vorherzusagen. Nur kurzfristige Warnungen sind bislang möglich. Frühwarnsysteme, die die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Erdbebenwellen im Gestein messen, alarmieren wenige Sekunden oder Minuten vor der größten Zerstörungswucht eines Bebens. Tsunamis Sie entstehen im Gegensatz zu anderen Wellen nicht durch Wind, sondern durch Beben unter dem Meeresboden. Auf dem offenen Meer verlaufen die Wellen zunächst recht flach, können aber mit mehreren Kilometern eine beträchtliche Länge erreichen. Kommt der Tsumani in Küstennähe bzw. erreicht niedrige Gewässer, wird er gestaucht und türmt sich auf. So werden Höhen bis zu 30 Metern erreicht. © Bayerischer Rundfunk Lawinen Schutz vor künftigen Lawinen verspricht man sich von Stützbauten, Schutzzäunen und Ablenkdämmen. Auch Sprengungen werden vorgenommen. Besonders wichtig ist jedoch die Pflege der Schutzwälder. Gegen die „weiße Gefahr“ bieten sich verschiedene Vorbeugemaßnahmen. Hilfreich sind automatische Messstationen, die Parameter wie Schneehöhe, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind regelmäßig an eine Zentrale melden. Auch Schneedichte und Nebenbildung müssen erfasst werden. So lassen sich Prognosen erstellen, Verkehrswege können rechtzeitig gesperrt und Häuser evakuiert werden. Die Katastrophen häufen sich Seit Mitte des 20. Jahrhunderts steigt die Zahl der Naturkatastrophen. Klimaforscher machen für solche Ereignisse die globale Erwärmung verantwortlich, vor allem verursacht durch die Abgabe von Kohlendioxid in die Atmosphäre. Wenn die Temperaturen ansteigen, nimmt die Luft mehr Wasserdampf auf, es kommt zu Stark- und Sturzregen, Überschwemmungen und Erdrutsche drohen. Die obersten Ozeanschichten erwärmen sich ebenso wie die Luft und damit steht mehr Energie für die Bildung von Wirbelstürmen zur Verfügung. Hinzu kommt das Schmelzen der Gletscher und des Polareises. Das Überschwemmungsrisiko für Küstenstädte wie Venedig oder New Orleans steigt. 4 Schulfernsehen Schulfernsehen Didaktische Hinweise Die Sendung ist für den Einsatz in den Fächern GSE und Erdkunde ab der 7. Jahrgangsstufe geeignet. Lernziele Die Schülerinnen und Schüler sollen • erfahren, dass Naturereignisse zunehmend Auswirkungen auf den Lebensraum des Menschen haben; • verstehen, dass natürliche Faktoren und menschliches Handeln für die folgenschweren Auswirkungen auf unseren Lebensraum verantwortlich sein können; • wissen, dass die Menschen in den Industrienationen trotz des hohen wirtschaftlichen und technischen Standards immer wieder Naturkatastrophen ausgesetzt sind; • die Notwendigkeit und Begrenztheit von Vorsorgemaßnahmen einsehen. Arbeitsaufträge Welche Faktoren können zu einem Hochwasser führen? Wie kommt es zu Vulkanausbrüchen? Wie entstehen Erdbeben und Tsunamis? Was versteht man unter Lockerschneelawinen, Nassschneelawinen und Schneebrettlawinen? Fasst zusammen, welche wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen entstehen? Warum ist die globale Erwärmung auch eine wirtschaftliche Gefahr? Warum hängen das Anwachsen der Weltbevölkerung und die Auswirkungen von Naturkatastrophen eng zusammen? Wie viele Menschen leben heute auf der Erde? Wie viele waren es vor 50 Jahren? Bildet Arbeitsgruppen und überlegt, welchen Beitrag jeder Einzelne zum Klimaschutz leisten kann und wie sich der klimaschädliche Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid vermeiden lässt. Gruppe 1: Autofahren Gruppe 2: Haushalt Gruppe 3: Hausbau Gruppe 4: Urlaub Literatur- und Internettipps Berz, Gerhard. Wie aus heiterem Himmel? Naturkatastrophen und Klimawandel - Was uns erwartet und wie wir uns darauf einstellen sollten. München: dtv, 2010. © Bayerischer Rundfunk 5 Schulfernsehen Schulfernsehen Links http://www.munichre.com Homepage der Münchner Rückversicherungsgesellschaft http://www.waldwissen.net/wald/schutzfunktion/wasser/index_DE Hochwasser-Informationen in waldwissen.net http://www.hnd.bayern.de/ Der Hochwassernachrichtendienst Bayern http://www.swisseduc.ch/stromboli/index-de.html Vulkane der Welt – virtuelle Exkursionen http://www.naturgewalten.de/quake.htm Erdbebeninfos von naturgewalten.de http://www.lawinenwarndienst-bayern.de/ Lawinenwarndienst Bayern http://www.naturgefahren.de/tsunami.htm Tsunami-Informationen © Bayerischer Rundfunk 6